Vorkurs Mathematik und Informatik Mengen, natürliche Zahlen, Induktion
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- Mareke Kruse
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1 Vorkurs Mathematik und Informatik Mengen, natürliche Zahlen, Induktion Saskia Klaus Motivation In den ersten beiden Vorträgen des Vorkurses haben wir gesehen, wie man aus schon bekannten Wahrheiten neue Aussagen beweisen oder widerlegen kann. Aber von was für Wahrheiten kann man auf seiner Reise durch die Mathematik eigentlich ausgehen? Solche grundlegenden Wahrheiten, von denen aus man dann neue Aussagen finden will, nennt man Axiome. Durch geeignete Wahl eines Axiomsystems und präzise Definitonen erhält man das Fundament, auf das man seine Reise aufbauen kann. Üblicherweise wird dieses durch die sogenannten Mengen gebildet. In diesem Vortrag wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, was eine Menge (im naiven Sinn) eigentlich ist und was für Möglichkeiten wir haben, aus schon vorhandenen Mengen neue zu basteln. Außerdem betrachten wir das konkrete Beispiel der Menge der natürlichen Zahlen und untersuchen eine Besonderheit dieser Menge, die uns das Prinzip der vollständigen Induktion liefert. Mengen Definition 1 (Cantor). Eine Menge ist eine Zusammenfassung bestimmter wohlunterschiedener Objekte unserer Anschauung oder unseres Denkens zu einem Ganzen. Eine Menge ist nicht angeordnet. Bemerkung. Man spricht hier auch von naiver Mengenlehre. Es gibt aber auch einen strikten axiomatischen Zugang zur Mengenlehre. Üblicherweise wählt man heute das sogenannte ZF(C)- Axiomsystem, um über dieses Mengen widerspruchsfrei zu definieren. Für diesen Vortrag geben wir uns jedoch mit der naiven Definition zufrieden. Notation (Schreibweisen für Mengen). Sei M eine Menge. Man kann M als Aufzählung von Elementen notieren. Diese kann unendlich oder endlich sein: M = {x 1, x, x 3,... } oder M = {x 1, x 7, x 10 }. 1
2 Man kann M über eine charakterisierende Eigenschaft definieren: M = {x x erfüllt Eigenschaft E}. Ist m ein Element von M, d.h. tritt m in einer Aufzählung wie oben auf oder erfüllt die charakterisierende Eigenschaft, so schreiben wir m M. Ist m kein Element von M, so schreiben wir m M. Beispiel. M = {x N 3 < x < 7} = {4,, 6} Nach Cantor gilt auch M = {6,, 4, 4}, das versteckt sich hinter den Begriffen wohlunterschieden und nicht angeordnet. Bemerkung. Man kann Mengen eine sogenannte Kardinalität zuordnen. Auch diese hat eine formale Definition, in diesem Vortrag werden wir uns aber darauf beschränken, zu sagen, dass sie die Frage beantwortet: Wie viele Elemente enthält die Menge? Notation: #M oder M. Definition 3. Es gibt eine Menge, die keine Elemente enthält, d.h. eine Menge mit Kardinalität 0. Wir nennen sie die leere Menge und bezeichnen sie mit. Definition 4. Seien M und N Mengen. Es ist N eine Teilmenge von M, in Zeichen N M, falls n N : n M. Eine äquivalente Notation ist N M. Man kann auch schreiben M N bzw. M N und nennt M dann Obermenge von N. N ist eine echte Teilmenge von M (N M), falls n N : n M m M : m N. M und N heißen gleich, in Zeichen M = N, falls N M M N. Satz. Seine L, N, M Mengen mit L N und N M. Dann gilt L M. Beweis. Sei x L beliebig. Wegen L N gilt x N und wegen N M folgt x M. An dieser Stelle wollen wir aus zwei Mengen neue Mengen konstruieren. Dies funktioniert im Wesentlichen analog dazu, wie wir in den Vorträgen zu Logik neue Aussagen aus schon bekannten Aussagen konstruiert haben, und tatsächlich finden sich diese Operationen nun hier wieder. Definition 6. Sei M eine Menge und A, B M zwei Teilmengen. Wir definieren den Schnitt von A und B durch A B = {x M x A x B} und die Vereinigung von A und B durch A B = {x M x A x B}.
3 Das kartesische Produkt von A und B ist A B = {(a, b) a A, b B}. Zuletzt definieren wir das Komplement von A in M durch M \ A = {x M x A} Beispiel. Seien M = {1,, 3,..., 10}, A = {1,, 3, 4} und B = {1, 4, 7}. Dann sind A B = {1, 4} A B = {1,, 3, 4, 7} A B = {(1, 1), (1, 4), (1, 7), (, 1), (, 4), (, 7), (3, 1), (3, 4), (3, 7), (4, 1), (4, 4), (4, 7)} M \ A = {, 6, 7, 8, 9, 10} Zuletzt wollen wir noch eine weitere wichtige Menge aus einer gegebenen Menge M definieren. Definition 7. Die Potenzmenge von M ist die Menge aller Teilmengen von M: P(M) = {N N M}. Satz 8. Es gilt stets P(M) und M P(M). Satz 9. Sei M eine endliche Menge, d.h. M = n <. Dann gilt P(M) > M. Beweis. Schreibe M = {x 1, x,..., x n }. Dann gilt für alle i = 1,,... n: {x i } P(M). Es ist aber auch P(M), also P(M) n + 1 > n = M. 3 Die natürlichen Zahlen Definition 10. Eine Menge wird Menge der natürlichen Zahlen genannt und mit N bezeichnet, wenn sie die Peano-Axiome erfüllt: (P1) 1 N (P) n N n N, wobei wir n den Nachfolger von n nennen (P3) n N n 1 3
4 (P4) m, n N und m = n, so m = n (P) Ist M eine Menge, sodass 1 M und n N: (n M n M), so gilt M = N Es sind nun folgende Fragen zu klären, um das Axiomsystem zu untersuchen: 1. Existiert ein Objekt mit den geforderten Eigenschaften?. Ist das Objekt durch die vorliegenden Axiome eindeutig bestimmt? Wir geben hier nur die Idee für die Beantwortung der ersten Frage, da die meisten Leser noch nicht genügend wissen haben, um die mathematische Begründung beider Fragestellungen nachvollziehen zu können. Definition 11. Wir setzen usw. Dann ist N = {1,, 3,... }. 1 P( ) = { }, P(P( )) = {, { }}, 3 P (P(P( ))) = P ({, { }}) = {, { }, {{ }}, {, { }}} Wir können auf N eine Addition und Multiplikation definieren. Seien dazu n, m N. Definition 1. Setze n+1 n und n+m (n+m) ; und analog n 1 n und n m (n m)+n. Beispiel. Satz 13. Es ist N =. n + 3 = n + = (n + ) = (n + 1 ) = ((n + 1) ) = ((n ) ) n 3 = n = (n ) + n = (n 1 ) + n = ((n 1) + n) + n = n + n + n Beweis. Beweis durch Widerspruch. Angenommen N = m <. Dann existiert ein n 0 N, sodass n 0 maximal in N ist. Nach Konstruktion 11 ist dann auch P(n 0 ) N, aber nach Satz 9 gilt P(n 0 ) > n 0, im Widerspruch zur Maximalität von n 0. 4 Vollständige Induktion Aus den Peano-Axiomen kann man ein Beweisprinzip ableiten, welches sich vollständige Induktion nennt. Die Voraussetzung hierfür ist, dass wir eine Aussage für alle n N zeigen wollen. Man geht nach folgender Anleitung vor: 1. Induktionsanfang: Zeige die Aussage für n = 1.. Induktionsvoraussetzung: Gelte die Aussage für ein n N. 4
5 3. Induktionsschritt: Folgere aus der Induktionsvoraussetzung, dass die Aussage auch für n + 1 gilt. Wieso gilt dann die Aussage für alle n N? Angenommen wir haben eine Aussage A, die für 1 N wahr ist, und es gelte: Wenn A für n wahr ist, so ist A auch für n + 1 wahr. Setzen wir dann M = {n N A ist wahr für n}, so gilt nach (P), dass M = N. Satz 14. Für alle n N gilt: k = 1 n (n + 1). Beweis. Induktionsanfang: Sei n = 1. Dann ist 1 k = 1 = 1 1 (1 + 1). Induktionsvoraussetzung: Es gelte n k = 1 n (n + 1) für ein n N. Induktionsschritt: Wir müssen nun zeigen, dass Es gilt: k = 1 (n + 1)(n + ). k = k + (n + 1) IV = 1 ( ) 1 n (n + 1) + (n + 1) = (n + 1) n + 1 = 1 (n + 1)(n + ). Satz 1. Es gilt für alle n N: (k 1) = n Beweis. Induktionsanfang: Sei n = 1. Dann gilt 1 (k 1) = 1 1 = 1 = 1. Induktionsvoraussetzung: Es gelte n (k 1) = n für ein n N. Induktionsschritt: Wir müssen zeigen, dass (k 1) = (n + 1).
6 Es gilt aber: (k 1) = (k 1) + (n + 1) 1 IV = n + n + 1 = (n + 1) Man kann die vollständige Induktion auch mit mehreren Vorgängern durchführen. Wir betrachten dazu die Fibonacci-Folge, die definiert ist durch f 1 1, f 1, f n f n 1 + f n. Seien Satz 16. Für alle n N gilt ϕ 1 + und ψ 1. f n = ϕn ψ n Beweis. Induktionsanfang: Sei n = 1. Dann gilt: Für n = gilt ϕ 1 ψ 1 = = 1 = f 1. ϕ ψ = = = 1 = f. Induktionsvoraussetzung: Die Aussage gelte für n 1 und n. Induktionsschluss: Wir müssen nun zeigen, dass f n = f n 1 + f n. f n 1 + f n IV = ϕ n 1 ψ n 1 + ϕn ψ n = 1 ( ϕ n 1 + ϕn ψ n 1 ψ n ) = 1 ( ϕ n (ϕ + 1) ψ n (ψ + 1) ) = 1 (ϕ n ψ n ) = f n. Wir haben im vorletzten Schritt verwendet, dass ϕ + 1 = ϕ und ψ + 1 = ψ. Dies kann jeder selbst nachrechnen. 6
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