Hannoversche Allgemeine
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- Nelly Hartmann
- vor 7 Jahren
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1 Artikel aus der Hannoverschen Allgemeinen vom Neue Pläne für Erdkabel durch die Region S. 1-2 Netzbetreiber lassen Südlink im Boden versinken S. 3-4 Aufatmen in Burgwedel, Schreck in Neustadt S. 4-5 Hannover. Die Neuplanung der Stromtrasse Südlink als Erdkabelleitung nimmt konkrete Formen an: Gestern stellten die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW ihre Vorschläge für den Verlauf der 800 Kilometer langen Stromautobahn vom Norden nach Süddeutschland vor. Die Planung sieht derzeit noch mehrere Alternativtrassen vor, die aber allesamt durch die Region Hannover, den Kreis Hildesheim und das südliche Niedersachsen verlaufen. Die Stromautobahn soll von 2025 an die Regionen Brunsbüttel und Wilster in Schleswig-Holstein mit den Endpunkten im baden-württembergischen Großgartach und Grafenrheinfeld in Bayern verbinden. Die Leitungen sollen Strom von den Offshore-Windparks an der Nordsee in den Süden Deutschlands bringen. Ursprünglich waren die Trassen als Überlandleitungen geplant doch dann gab es massiven Widerstand bei Bürgerinitiativen und Politikern gegen die bis zu 70 Meter hohen Monstermasten, die dafür in die Landschaft hätten gebaut werden müssen. Im Oktober 2015 beschloss die Bundesregierung auch auf Druck des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) einen Neustart: Anstatt eine Freileitung zu bauen und nur in der Nähe von Wohngebieten eine unterirdische Verlegung zuzulassen, machte das neue Gesetz das Erdkabel zum Standard. next 2
2 S. 2 Damit aber musste die Stromtrasse komplett neu konzipiert werden. Wir planen Südlink als reine Erdkabelverbindung. Das ist der Wunsch der Bürger, für den die Politik den Weg frei gemacht hat, sagte Lex Hartmann, Mitglied der Tennet- Geschäftsführung. Die Verlegung des Kabels in die Erde ist aber nicht billig: Statt der bisher einkalkulierten rund 4 Milliarden Euro könnten die Baukosten beim Erdkabel das Dreifache betragen. Die Kosten sollen auf den Stromverbraucher umgelegt werden. Die Trassenverläufe beschreiben derzeit bis zu 1000 Meter breite Korridore. Erst in der Feinplanung und im Planfeststellungsverfahren soll der genaue Verlauf der dann nur noch bis zu 30 Meter breiten Erdkabeltrasse festgelegt werden. Dabei haben Unternehmen und Bundesnetzagentur eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung zugesagt. Die letzte Entscheidung über den Antrag der Unternehmen trifft dann die Bundesnetzagentur. Außerdem soll die fertige Erdkabeltrasse so gut wie unsichtbar sein: Über dem in 1,80 bis zwei Metern Tiefe liegenden Kabel sei Landwirtschaft problemlos möglich, erklärten Sprecher von Tennet und der Bundesnetzagentur. Bäume dürfen allerdings über dem Kabel nicht wachsen. Bei der Planung sollen daher Wälder möglichst gemieden werden. Wo es nicht geht, muss für das Erdkabel eine Schneise freigehalten werden. Der Vorschlag der Netzbetreiber wurde von Politikern aller Parteien begrüßt. Es freut uns sehr, dass sich der Einsatz für die Erdverkabelung gelohnt hat, betonten die Bundestagsabgeordneten aus der Region Hannover, Maria Flachsbarth (CDU) und Matthias Miersch (SPD) in einer gemeinsamen Erklärung. Auch das Landkreisbündnis der Hamelner Erklärung, in dem sich die Region Hannover und 19 Landkreise aus Niedersachsen, Hessen und Bayern gegen den Bau einer Freileitung zusammengeschlossen hatten, lobte den neuen Vorschlag von Tennet als transparent und tauglich, eine geeignete Trasse auszuwählen. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) nannte den neuen Vorschlag ebenfalls einen vollen Erfolg. Der Bau von Südlink sei ein wichtiger Beitrag für die Energiewende, sagte er. Dass das Kabel nun unterirdisch verlegt werde, schütze Umwelt und Landschaftsbild. next 3
3 S. 3 Der Bürgerprotest war erfolgreich: Die 70 Meter hohen Monstermasten, mit denen die Stromautobahn Südlink gebaut werden sollte, sind Geschichte. Nun soll der Strom über ein Erdkabel vom Norden in den Süden Deutschlands transportiert werden und das dürfte durch die Region Hannover verlaufen. Doch wie viel bekommt man als Anwohner von dem Kabel mit? Ab wann wird das Kabel gebaut? Die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW wollen den offiziellen Antrag bei der Bundesnetzagentur im Frühjahr 2017 stellen. Die endgültige Entscheidung, welche Trasse dann gebaut wird, fällt im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens, das mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann. Die Unternehmen planen die Fertigstellung für Südlink für das Jahr 2025, nennen diesen Zeitplan aber ambitioniert. Was bekommt man als Anwohner vom Bau der Leitung mit? Die vier bis acht Stromkabel müssen in 1,80 bis zwei Meter Tiefe verlegt werden. Dafür muss eine bis zu 30 Meter breite Trasse gelegt werden. Die Baustelle für den Graben werde vermutlich 60 Meter breit sein, sagte Tennet-Sprecherin Ulrike Hörchens. Die Landwirte, unter deren Feldern die Leitungen verlaufen sollen, werden für die Ernteausfälle entschädigt. Schlägt Südlink eine dauerhafte Schneise durch die Landschaft? Einmal fertiggestellt soll die Trasse weitgehend unsichtbar sein. Tennet hat bereits einige Kilometer Erdkabel in Niedersachsen verlegt, nämlich an den Anschlussstellen der Offshore-Windparks. Weil über den Erdkabeln ganz normale Felder und Weiden liegen, muss das Unternehmen den Verlauf der Trasse mit Pfeilern markieren, um ihn wiederzufinden. Auch im Winter wird über den Kabeln der Schnee angeblich nicht schmelzen. Allein in Wäldern wird es auffälliger sein: Weil über den Kabeln keine tief wurzelnden Pflanzen wachsen dürfen, muss der Waldboden dort von Bäumen freigehalten werden. next 4
4 S. 4 Nimmt man bei der Planung der Trasse Rücksicht auf Naturschutzgebiete, Wälder und Moore? Bei der Planung gibt es für jede Landschaft Plus- und Minuspunkte. Ein Wald, ein Windpark oder ein Berg sind für ein Erdkabel deutliche Minuspunkte, müssen aber nicht automatisch zum Ausschluss des Streckenabschnitts führen. Aber sie können es, wenn es in der Nähe eine bessere Alternative gibt. Bei Südlink ist von einer HGÜ-Leitung die Rede. Was ist das? HGÜ steht für Hochspannungsgleichstromübertragung und bezeichnet Gleichstromkabel. Diese Kabel sind Stromautobahnen ohne Zwischenabfahrt, eine Abzweigung zwischen Start und Endpunkt ist anders als beim Wechselstrom nicht möglich. Start ist in der Nordsee, Endpunkte Bayern und Baden-Württemberg. Der Vorteil einer Gleichstromleitung ist unter anderem, dass sie weniger Wärme als eine Wechselstromleitung produziert und keine Kompensationsanlagen zur Regulierung braucht. Welche Stromstärke wird Südlink haben? Die reguläre Hochspannungsleitung hat 380 Kilovolt, Tennet experimentiert aber derzeit mit 525-Kilovolt-Leitungen. Sollten diese bei Südlink eingesetzt werden, würde das bedeuten, dass weniger Kabel gebraucht würden und die Trasse damit schmaler werde, sagte Tennet- Sprecherin Ulrike Hörchens. Von einer ganz, ganz guten Nachricht sprach Axel Düker, Bürgermeister von Burgwedel, gestern, nachdem Netzbetreiber Tennet seine Alternativkorridore vorgestellt hatte denn seine Stadt wäre nun nicht mehr betroffen. Ebenso die Wedemark, deren Bürgermeister Helge Zychlinski sich sehr beruhigt zeigte. Gleichwohl werden wir alle Informationsveranstaltungen besuchen, um sicher zu sein, dass nicht noch mal was durch die Hintertür kommt. Im Bereich Stelle wäre nach früheren Plänen auch die Gemeinde Isernhagen betroffen gewesen. Bauamtsleiterin Heike Uphoff begrüßte die neuen Varianten aber diese gingen zulasten anderer Kommunen. Die Gemeinde werde eng dranbleiben am Thema Südlink. next 5
5 S. 5 Wir haben im bisherigen Verfahren schon viel erlebt. Das Neustädter Land im ersten Planungsstadium nur im äußersten Randbereich bei Esperke betroffen würde mit in einer von zwei Planungsvarianten vollständig von Süd nach Nord durchzogen. In einer ersten Stellungnahme zeigte sich Neustadts Verwaltung gestern überrascht: Wir haben die aktuellen Pläne heute zur Verfügung gestellt bekommen, teilte Sprecherin Kathrin Kühling mit. Die Südlinktrasse durch Garbsen widerspricht dem Bündelungsgebot und ist daher für die Bürgerinitiativen weiterhin inakzeptabel, sagt deren Vertreter Hans-Rüdiger Steinmetz und nimmt dabei Bezug auf die Belastung durch Autobahn, Schienentrasse und Flughafen. Er kritisiert: Die Erdverkabelung hat wie die Freileitung gravierende Auswirkungen auf Natur und Umwelt. Bürgermeister Christian Grahl hofft, weitere Belastungen der Garbsener abwenden zu können: Ich lehne jede weitere spürbare Zerschneidung des Stadtgebietes ab. Seelzes Bürgermeister Detlef Schallhorn fordert, die Beeinträchtigungen der Landwirtschaft gering zu halten sonst müsse man auch über Entschädigungen reden. Wennigsen ist wieder mit sensiblen Landschaftsräumen betroffen, sagt Bürgermeister Christoph Meineke. Die Planung ist mehr als erklärungsbedürftig. Auch Ronnenbergs Bürgermeisterin Stephanie Harms ist sehr überrascht. Wir haben gedacht und gehofft, dass wir aus der Planung raus sind, und sind doch wieder mittendrin. Aus Sicht von Barsinghausens Baudirektor Tobias Fischer ist es wichtig, dass die Trasse den jüngsten Plänen zufolge als Erdkabel geführt werden soll. Das ist eine ganz andere Wirkungsweise als bei den extrem hohen Freileitungsmasten, betont Fischer. Lehrte und Sehnde wären nach den neuen Plänen aus dem Spiel. Betroffen wäre dagegen Uetze, im Rathaus hielt man sich gestern jedoch noch bedeckt. Holger Hennies, Vorsitzenden des Landvolks in der Region Hannover und Landwirt in Schwüblingsen, ließ durchblicken, dass die Ausgleichzahlungen für die Landwirte angesichts der guten Böden in der Region teuer würden. next Kommentar
6 Kommentar Das große Versprechen Nun ist also klar: Auch die neue Südlink-Leitung wird durch die Region Hannover führen. Dass es so kommen würde, ist keine Überraschung, schließlich liegen Landeshauptstadt und Umland auf direkter Linie zwischen Brunsbüttel und Grafenrheinfeld (Bayern). Die Frage war also immer nur: Wo genau in der Region wird die Trasse liegen? Und diese Frage ist auch jetzt nicht beantwortet. Denn die breiten roten Streifen, die sich auf den Karten durch die Region ziehen, bilden nicht das spätere Bauwerk ab. Es sind Korridore die tatsächliche Trasse wird aber nur eine Linie sein. Und wenn die Versprechungen stimmen, dann wird auch diese Linie unsichtbar sein unter Feldern und Weiden. Es ist ein großes Versprechen, das mit dem Erdkabel gemacht wird: Ein narbenlos verheilender Riss statt kilometerweit sichtbarer Stahlungetüme. Dass es kommen soll, ist ein großer Erfolg der Bürgerinitiativen. Sie hatten das Kabel als erste gefordert und sich als Traumtänzer belächeln lassen müssen. Am Ende haben sie sich durchgesetzt, als Gruppe von Laien gegen die versammelte Expertenschaft, die mehrheitlich gegen das Erdkabel war. Auf diesen Sieg können sie stolz sein. Doch damit ist die Arbeit nicht getan, Laien und Experten müssen sich wieder zusammraufen. Um den besten Verlauf der Trasse zu finden, müssen noch viele Detailfragen geklärt werden. Und dafür braucht es beide Sichtweisen: die des Experten und die des Laien.
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