Erfahrungsbericht Erasmus. Gastuniversität: Istanbul Bilgi University WS 15/16

Transkript

1 Erfahrungsbericht Erasmus Gastuniversität: Istanbul Bilgi University WS 15/16

2 Bewerbung Schon zu Beginn meines Studiums war mir klar, dass ich während meines Bachelors ein Auslandssemester absolvieren möchte. Nach einem Informationsabend der Universität Würzburg, an dem wir ausführlich über die verschiedenen Möglichkeiten ins Ausland zu gehen informiert wurden, entschied ich mich für das ERASMUS+ Programm. Am besten geeignet um ins Ausland zu gehen ist das 5. Semester. Ich nahm dieses Semester als Urlaubssemester. Das bedeutet, dass es nicht als ein Semester in der Gesamtsemesterzahl des Bachelors eingeht (man geht im 5. Semester ins Ausland, kommt wieder und ist immer noch im 5. Semester) und, dass man mit seinen Kursen die Gesamt ECTS-Punktzahl von 29 nicht überschreiten darf. Nachdem diese Entscheidungen getroffen waren, musste ich mich anschließend für eine Universität entscheiden, die mich interessiert. Das Angebot für mein Studiengang ist sehr groß. Nach einiger Recherche über Land und Universität war mir schnell klar, dass mein Auslandssemester nach Istanbul gehen soll. Die Bewerbung gestaltete sich recht einfach: Man muss sich neben seiner Wunschuniversität noch für zwei andere Universitäten als Zweit- und Drittwahl entscheiden und einen Lebenslauf, Noten und ein Motivationsschreiben beifügen. Ist die Bewerbung abgeschickt heißt es warten und hoffen, dass man für seine Wunschuniversität ausgewählt wird. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass es fast allen, die gerne ins Ausland gehen möchten auch ermöglicht wurde. Kursauswahl Wenn man eine Zusage erhalten hat, sollte man sich zunächst näher mit dem Kursangebot der Gastuniversität auseinander setzen und sich für passende Kurse entscheiden. Das Kursangebot der Bilgi Universität für den Studiengang Wirtschaftswissenschaften ist vielfältig und man findet einige Kurse, die es auch im Kurskatalog der Universität Würzburg gibt (z.b. Entrepreneurship oder Supply Chain Management). Diese vorläufige Kursauswahl trägt man dann ins Learning Agreement ein und reicht es dem International Office ein. Aber keine Angst, die Kursauswahl kann im Ausland noch geändert werden und das werdet ihr auch müssen. Ich habe zum Beispiel erlebt, dass manche Kurse aus dem Kurskatalog gar nicht mehr angeboten wurden, sich mit anderen Kursen überschneiden oder sie obwohl sie für internationale Studenten empfohlen wurden auf Türkisch unterrichtet wurden.

3 Sprache Die Universität Würzburg bietet seit einigen Semestern einen Türkisch Sprachkurs an. Ich würde empfehlen diesen Sprachkurs für ein oder zwei Semester zu belegen, um die Basics der Sprache zu erlernen. Da die Plätze begrenzt sind und die Nachfrage erstaunlicher Weise groß war, habe ich leider keinen Platz bekommen. Ich habe aber dann im Voraus trotzdem versucht mit Babbels etwas Türkisch zu lernen. In der Türkei angekommen hat man nämlich oft das Problem, dass viele Menschen dort kaum oder gar kein Englisch sprechen. Man hat außerdem die Möglichkeit an der Bilgi Universität einen Türkisch Kurs für Anfänger zu belegen. Bafög Wenn man in Würzburg Bafög bekommt, dann bekommt man auch sicher Bafög im Ausland. Aber auch Studenten, die im Inland kein Bafög bekommen, haben die Chance im Ausland Bafög zu erhalten. Für das Auslands-Bafög in der Türkei ist allerdings nicht mehr das Studentenwerk in Würzburg zuständig, sondern das in Tübingen ( Alle relevanten Informationen und Unterlagen findet man auf der Homepage des Studentenwerks. Man solle den Antrag auf Auslands-Bafög sehr frühzeitig einreichen, da die Bearbeitungsdauer bis zu 6 Monate betragen kann. Auch wenn man noch nicht alle Unterlagen zusammen hat, sollte man den Antrag bereits sehr früh einreichen. Bei mir hat die Bearbeitung so lange gedauert, dass ich erst zur Mitte des Semesters im Ausland den Bafög Bescheid und das erste Geld bekommen habe. Das Auslands- Bafög ist immer etwas höher als das im Inland, da man einen Ausgleich für Reisekosten, Krankenversicherung etc. erhält. Ein Auslandssemester beeinflusst das Bafög im Inland nicht. Man erhält trotzdem bis zum Ende des Studiums Bafög auch wenn man mit Urlaubssemester insgesamt 7 Semester studiert. Geld In der Türkei bezahlt man mit türkischen Lira. Der Wechselkurs schwankte stark in meiner Zeit in der Türkei von 1 = 3,5 TL bis 1 = 2,8 TL. Ich würde empfehlen, erst in einer der vielen Wechselstuben in Istanbul Geld zu tauschen. Ich tauschte einige Euros schon zuvor in Deutschland und habe mich sehr geärgert, da der Wechselkurs in der Türkei um einiges besser war.

4 Buddy Von der Bilgi Universität bekommt man als Unterstützung einen Buddy zugeteilt. Hierbei handelt es sich um einen türkischen Studenten, der einem als Ansprechpartner bei allen Fragen dienen soll. Man erhält eine Mail mit den Kontaktdaten und kann somit seinen Ansprechpartner schon im Voraus kontaktieren und ihn wichtige Fragen stellen. In der Türkei angekommen habe ich mich schon am ersten Tag mit meinem Buddy getroffen und auch später hat er mir viel bei Behördengängen und Organisatorischem geholfen. Wohnung Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es nicht nötig und sogar eher eine schlechte Idee ist, sich im Voraus um eine Wohnung zu kümmern. Es ist besser erst vor Ort zu schauen um sich ein Bild von den Wohnungen zu machen. Für die ersten 10 Tage habe ich mir ein Hostel gebucht (world house hostel Istanbul), welches sehr zentral und mit Blick auf den Galatatower gelegen ist. Diese 10 Tage wollte ich dazu nutzen mir eine Wohnung zu suchen. Die Suche gestaltete sich nicht besonders schwer, da das Angebot sehr groß ist. Man kann sich in zahlreichen Facebook Gruppen oder auch auf Internetseiten wie nach Wohnungen umschauen. Ich fand eine Wohnung in Harbiye (5 Gehminuten Minuten zum Taksim) dort lebte ich mit 4 anderen Erasmus Studenten aus verschiedenen Ländern zusammen. Es handelt sich um ein sehr authentisch türkisches Viertel in dem viele Türken aber auch einige Erasmus Studenten leben. Freunde von mir lebten in Cihangir und Besikas. Auch diese beiden Viertel kann ich nur empfehlen. Sie sind allerdings etwas anders als Harbiye. Sie sind sehr belebt mit vielen jüngeren Menschen und haben süße und hippe Cafes/Bars an jeder Ecke. Ich verbrachte meine Freizeit des Öfteren dort. Die Mieten in Istanbul sind vergleichsweise günstig. Ich bezahlte um die 300, man kann aber auch schon Wohnungen ab 250 finden. Leben in Istanbul Das Leben in Istanbul ist sehr vielseitig und aufregend. Es wurde mir in den 4,5 Monaten, die ich dort verbracht habe nie langweilig, weil es so viele verschiedene Dinge zu sehen und zu erleben gibt. Am Anfang war es natürlich erstmal ein kleiner Kulturschock. Die Stadt ist laut, belebt, hektisch und chaotisch. Aber man gewöhnt sich schon nach kurzer Zeit daran. Schon auf der Fahrt vom Flughafen zu meinem

5 Hostel war mir klar, dass in Istanbul alles anders als im organisierten Deutschland ist. Es hält sich zum Beispiel keiner an Verkehrsregeln und Zebrastreifen haben keine Bedeutung. Neben dem klassischen Sightseeing, was man meistens erst dann macht, wenn Besuch aus der Heimat ansteht, hat die zauberhafte Stadt am Bosporus noch vieles mehr zu bieten. Zu einer meiner liebsten Freizeitaktivitäten gehörte es, mit der Fähre auf die asiatische Seite zu fahren und entweder in Kadiköy im Modapark spazieren zu gehen und nach Delphinen Ausschau zu halten oder in Üsküdar an der Küste zu sitzen und den Sonnenuntergang mit einem Cay in der Hand zu betrachten. In Istanbul wurde ich auch ein großer Fan von Roof-Top-Bars und -Restaurants, die es dort in einer Vielzahl gibt. Dort hat man meistens einen tollen Blick über den Bosporus und die Stadt, von dem man einfach nie genug bekommen kann. Am Morgen gingen wir oft in einem der vielen Frühstückslokale typisch türkisch frühstücken, am Nachmittag trafen wir uns auf einen Cay in einem der schönen Cafes am Bosporus und am Abend gingen wir in Bars oder Clubs in der Nähe des belebten Taksim-Platzes. Das Angebot an Freizeitaktivitäten ist unbegrenzt und nach meinem Aufenthalt dort habe ich noch nicht das Gefühl auch nur die Hälfte der riesigen Metropole entdeckt zu haben. Transportmittel Als Student kann man die öffentlichen Verkehrsmittel zu einem vergünstigten Studentenpreis nutzen. Neben Metro, Tram und Bussen gibt es noch kleine gelbe Minibusse (Dolmus), die die ganze Nacht zum Beispiel vom Taksim nach Besiktas oder Kadiköy fahren. Günstig ist es in Istanbul auch ein Taxi zu nehmen. Universität Zwei Wochen bevor die Universität beginnt, findet ein Orientation Day statt, an dem sich das International Center vorstellt und alle wichtigen organisatorischen Dinge erklärt werden (Kurswahl, Residence Permit ). Außerdem stellten sich die Bilgi Volunteers vor, eine Gruppe von türkischen Studenten, die im weiteren Verlauf des Semesters einige Events und Reisen organisierten (Türkisches Dinner, Shisha- Nacht, Willkommensparty etc.). Man musste sich schnell daran gewöhnen, dass an der Universität das meiste zunächst nicht so klappt wie es geplant war es aber am Ende doch irgendwie funktionierte. Am Anfang empfand ich das als sehr anstrengend, man gewöhnt sich aber schnell an die Mentalität und sieht viele Dinge gelassener. Der Unterricht in den Kursen gestaltete sich sehr anders als in

6 Deutschland. Man hat meistens kleinere Klassen und es ist dem Professor wichtig, dass du Studenten mitarbeiten. Neben einer Abschlussprüfung in jedem Kurs gab es noch ein Midterm (Klausur in der Mitte des Semesters), viele kleine Hausarbeiten, Projekte und Anwesenheitspflicht. Meine Kurse fanden alle am Santral-Campus statt. Der Campus gefiel mir sehr gut. Neben vielen Cafes, Restaurants, einem Starbucks und einem Campusarzt konnte man dort auch einen Friseur finden. Um zur Universität zu kommen, gibt es einen Shuttle Service von Campus zu Campus, den man als Bilgi Student kostenlos nutzen kann. Bei Fragen und Problemen stand einem das International Center immer gerne und freundlich mit Hilfe zur Seite. Reisen Da wir nicht jeden Tag in die Universität mussten und es auch während dem Semester einige Feiertage gab, unternahmen wir einige Reisen. Organisiert von den Bilgi Volunteers gab es im Wintersemester für sehr wenig Geld (um die 80 ) Trips nach Kappadokien und nach Izmir/Ephesus/Pamukkale. Mit Freunden machte ich im September einen Tagesausflug ans Schwarze Meer. Für eine kleine Gebühr konnten wir dort einen ganzen Tag am Schwarzen Meer in einem schönen, im Grünen angelegten Beachclub verbringen (Dalia Beach Club).Einen weiteren Trip machten wir Anfang Dezember nach Israel. Die Füge sind nicht sehr teuer und das Land hat mich einfach unglaublich begeistert. Fazit Die Entscheidung, mein Auslandssemester in Istanbul zu verbringen war eine der besten, die ich hätte treffen können. Ich hatte dort eine der besten und aufregendsten Zeiten meines Lebens. Wer nach einer ruhigen und gemütlichen Stadt für sein Erasmus Semester sucht ist in Istanbul an der völlig falschen Adresse. Wer aber neben dem Studium ein unvergessliches Abenteuer erleben will, sollte auf jeden Fall Istanbul als Stadt für sein Auslandssemester in Betracht ziehen. Diese Stadt hat einen ganz eigenen Charme, der nur schwer zu beschreiben ist und den man nur wirklich verstehen kann, wenn man es selbst erlebt hat.