Nachhaltiges Konsumentenverhalten. Univ.- Prof. Dr. Ingo Balderjahn. Universität Potsdam
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1 Nachhaltiges Konsumentenverhalten Univ.- Prof. Dr. Ingo Balderjahn Universität Potsdam 7. Januar 2005 Freie Universität Berlin
2 Gliederung 1. Konzept der Nachhaltigkeit und nachhaltige Konsumstile 2. Determinanten nachhaltiger Konsumstile 3. Schlüsselbarrieren zum nachhaltigen Konsum 4. Beeinflussungsmöglichkeiten 5. Fazit 2
3 Begriff der Nachhaltigkeit Sustainable Development ist ein Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung und für das nachhaltige Wirtschaften, wonach sich einerseits die Lebenschancen zukünftiger Generationen nicht gegenüber den Möglichkeiten der derzeitigen Generation verschlechtern darf (intergenerative Gerechtigkeit) und wonach sich andererseits ein Wohlstandsausgleich zwischen armen und reichen Ländern einstellen soll (intragenerative Gerechtigkeit). Der Begriff Sustainable Development stand dann im Zentrum der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (United Nations Conference on Environment and Development: UNCED) in Rio de Janeiro im Juni Staaten auf der Rio-Konferenz bekannten sich zur gemeinsame Verantwortung für den Erhalt der Lebensgrundlagen der Menschheit auf dieser Welt. Konzept der Nachhaltigkeit und nachhaltige Konsumstile 3
4 Konsumstile und Nachhaltigkeit Konsumstile sind habitualisierte Konsummuster, durch die das Verhalten von Konsumenten ein spezifisches Profil bekommt. Nachhaltig zu konsumieren heißt, die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, ohne die Lebens- und Konsummöglichkeiten anderer Menschen (intragenerative Gerechtigkeit) und zukünftiger Generationen (intergenerative Gerechtigkeit) zu gefährden. Nachhaltige Konsumstile sind somit umweltverträgliche und sozialverträgliche Konsummuster. Konzept der Nachhaltigkeit und nachhaltige Konsumstile 4
5 Konzepte der Umweltverträglichkeit: Umweltzeichen Konzept der Nachhaltigkeit und nachhaltige Konsumstile 5
6 Global Compact Hierbei handelt es sich um eine weltweite Initiative für mehr soziales und ökologisch verantwortungsbewusstes Management (corporate responsibility), die 1999 beim Weltwirtschaftsforum in Davos vom Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, initiiert wurde. Ziel dieses freiwilligen Netzwerkes ist es, verantwortungsbewusstes Verhalten von Unternehmen weltweit zu fördern und Kooperationen mit Anspruchsgruppen (key stakeholder) anzuregen. z.b. Allianz, BASF, Bayer, BMW, DaimlerChrysler, Deutsche Telekom, Lufthansa, SAP, Volkswagen Quelle: Konzept der Nachhaltigkeit und nachhaltige Konsumstile 6
7 Die neun Prinzipien des Global Compact Menschenrechte Einsatz für Einhaltung und Unterstützung der Menschenrechte im eigenen Einflussbereich Keine Verletzung der Menschenrechte im eigenen Unternehmen Rechte am Arbeitsplatz Garantie der Versammlungs- und Verhandlungsfreiheit Verbot von Zwangsarbeit Verbot von Kinderarbeit Keinerlei Diskriminierung in Bezug auf Anstellung und Beschäftigung Umweltschutz Unterstützung einer proaktiven Umweltstrategie Übernahme einer größeren Verantwortung gegenüber der Umwelt Entwicklung und Einsatz von umweltfreundlichen Technologien. Quelle: in Anlehnung an: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wirtschaftliche Globalisierung und Umwelt, Berlin 2002, S. 66 Konzept der Nachhaltigkeit und nachhaltige Konsumstile 7
8 Konzepte der Sozialverträglichkeit: Internationale Nachhaltigkeitsinitiativen z.b. Allianz, BASF, Bayer, BMW, DaimlerChrysler, Deutsche Telekom, Lufthansa, SAP, Volkswagen z.b. Otto Versand Konzept der Nachhaltigkeit und nachhaltige Konsumstile 8
9 Makro-Ebene Das Bedürfnis-Gelegenheits-Fähigkeits-Modell zum nachhaltigen Konsumentenverhalten Technologie Wirtschaft Gesellschaft Staat Kultur Bedürfnisse z.b. Vergnügen, Anerkennung, Gesundheit, Erfolg, Sparsamkeit Gelegenheiten Angebote, Alternativen, Preise Fähigkeiten finanzielle, zeitliche, mentale, physische Präferenz Verhaltenskosten Nutzen/Entscheidung Mikro-Ebene privater Konsum Persönliche, soziale und ökologische Konsequenzen Quelle: Gatesleben/Vlek 1998, S. 146 Determinanten nachhaltiger Konsumstile 9
10 Determinanten nachhaltiger Konsumstile I. Individuelle Determinanten Bedürfnisse Wissen Wissen und und Fähigkeiten Einstellungen und und Werte Werte Gewohnheiten II. Soziale Determinanten Soziale Soziale Normen persönliche Kommunikation Medien Medien III. Institutionelle Determinanten Verhaltensanreize Infrastruktur Politik Politik Marktstrukturen Determinanten nachhaltiger Konsumstile Nachhaltiger Konsum Konsumbereiche Konsumoptionen 10
11 Nachhaltige Handlungsoptionen Informationssuche und Kommunikation Verzicht bzw. Genügsamkeit (Suffizienz) Kauf und Nutzung nachhaltiger Produkte und Leistungen (Effizienz) Nachhaltige Entsorgung Determinanten nachhaltiger Konsumstile 11
12 Bereiche nachhaltigen Konsums Leitprinzip der der Nachhaltigkeit (Sustainable Development) Nachhaltiger Konsum in in speziellen Lebensbereichen (Sustainable Consumption) Freizeit & Tourismus Beruf & Hobby Familie & Wohnen Ernährung Konsum (Produkte und Dienstleistungen) Suffizienz und Effizienz Verkehr und Mobilität Energienutzung Entsorgung Determinanten nachhaltiger Konsumstile 12
13 Merkmale ökologisch bewusster und nicht bewusster Konsumenten Gruppe Ökologisch bewusste Konsumenten Jahr Geschlecht Alter mehr Männer jung bis mittleres Alter mehr Frauen bis 18 unterrepräsentiert Bildung mittlere und höhere Abschlüsse alle Ausbildungsniveaus Schicht obere und mittlere Schichten alle Schichten Quelle: Meffert/Bruhn 1996, S.23. Determinanten nachhaltiger Konsumstile 13
14 Umweltbewusstsein von Konsumenten Umweltbewusstsein wird als Einsicht, dass das eigene Verhalten Umweltschäden verursacht, verbunden mit der Bereitschaft, durch eigenes Handeln diese Belastungen zu vermeiden bzw. zu minimieren, definiert. Umweltfreundliche Konsumenten berücksichtigen die ökologischen Konsequenzen ihrer Konsumgewohnheiten. Sie wissen, dass Herstellung, Verwendung, Verwertung und Entsorgung von Produkten und Dienstleistungen Umweltbelastungen verursachen und versuchen, schädliche Umwelteinwirkungen durch eigenes Handeln bewusst zu minimieren. Determinanten nachhaltiger Konsumstile 14
15 Sozialbewusstsein von Konsumenten Sozial- bzw. Gesellschaftsbewusstsein kann als Bereitschaft definiert werden, für das Gemeinwesen Verantwortung zu übernehmen. Sozialbewusste Konsumenten versuchen, soziale Aspekte ihrer Konsumgewohnheiten zu berücksichtigen. Sie wissen, dass bei der Herstellung, Verwendung, Verwertung und Entsorgung von Produkten und Dienstleistungen Menschen und ihren sozialen Beziehungen Schäden zugefügt werden können und versuchen, durch eigenes Handeln ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Determinanten nachhaltiger Konsumstile 15
16 Stellenwert des Umweltschutzes in der Bevölkerung Was glauben Sie, ist das wichtigste Problem, dem sich unser Land gegenüber sieht Umweltschutz gaben an in Prozent: 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% Trend aktuell 0% Quelle: Umweltbundesamt: Umweltbewusstsein in Deutschland 2004, S. 15 Determinanten nachhaltiger Konsumstile 16
17 Umweltbewusstsein in Deutschland (West) Angaben in Prozent % 20% erweiterte Gruppe Kerngruppe Quelle: GfK Panel Services Consumer Research Determinanten nachhaltiger Konsumstile 17
18 Umweltbewusstsein in Deutschland (Ost) Angaben in Prozent erweiterte Gruppe Kerngruppe Quelle: GfK Panel Services Consumer Research Determinanten nachhaltiger Konsumstile 18
19 Umweltbewusstsein in verschiedenen Ländern der Welt Effect on the Wide World Effect on Own Country Effect on Local Community Germany Italy Colombia Netherlands Venezuela Great Britain Cuba Brazil USA France Canada Spain Australia Panama Philippines Argentinia Greece India Peru Dominican Republic Quelle: Environics International: Environmental Monitor 2000, Auszug Determinanten nachhaltiger Konsumstile 19
20 Metaanalyse von 128 Studien zum Umweltbewusstsein Verhaltenslücke Bewusstsein, Einsicht Umwelthandeln Unabhängige Variable Verhaltensintention Kontrollerwartung Allgemeine Einstellung Umweltwissen Bildungsabschluss Einkommen Alter Geschlecht Korrelation mit Umweltverhalten Anzahl der Studien Quelle: Hines/Hungerford/Tomera: 1987 Determinanten nachhaltiger Konsumstile 20
21 Schlüsselbarrieren nachhaltiger Konsumstile 1. Wirkungslosigkeitsvermutung Bringt doch nichts. 2. Opportunismusvorbehalt / Misstrauen Ich bin doch nicht der Dumme. 3. Eigennutz Was habe ich davon? Quelle: Balderjahn/Will 1997 Schlüsselbarrieren zum nachhaltigen Konsum 21
22 Einschätzung über individuelle Handlungspotenziale im Umweltschutz. Russia 93 France 85 India 76 Poland 74 Venezuela 67 Mexiko 58 Japan 53 Spain 51 Greece 48 Brasil Netherlands Germany Zustimmung zur Frage: There is little individuals can do about the environment Italy 33 South Korea 27 USA 27 Quelle: Environics International: Environmental Monitor 2000, Auszug Schlüsselbarrieren zum nachhaltigen Konsum 22
23 Wer trägt die Verantwortung für die Lösung von Umweltproblemen? Anteil derjenigen die meinen, die Industrie macht nicht genug für den Umweltschutz. Germany USA Quelle: Environics International: Environmental Monitor 2000, Auszug Schlüsselbarrieren zum nachhaltigen Konsum 23
24 Wirkungslosigkeitsvermutung: Der Einfluss der Kontrollüberzeugung Externe Kontrollüberzeugung Umweltbewusstsein Konsumverhalten Interne Kontrollüberzeugung Schlüsselbarrieren zum nachhaltigen Konsum 24
25 Opportunismusvorbehalt: Misstrauen gegenüber anderen. Bewertung der eigenen Umweltaktivitäten im Vergleich. fortschrittliches, vorbildliches Handeln Wirtschaft Konsument Ich Handeln aus Zwang freiwilliges Handeln Bewusstsein Staat Schlüsselbarrieren zum nachhaltigen Konsum 25
26 Eigennutz: Das Dilemma nachhaltigen Konsumentenverhaltens Opportunistischer Konsument Umweltfreundlicher Konsument beansprucht die Umwelt wälzt Umweltkosten ab Öffentliches Gut Umwelt leistet Beitrag zum Umweltschutz trägt Kosten des Umweltschutzes Schlüsselbarrieren zum nachhaltigen Konsum 26
27 Umwelthandeln im Dilemma Dilemma persönlicher Nutzen Nutzen für die Umwelt - + Nutzen Kosten Nutzen Kosten Schlüsselbarrieren zum nachhaltigen Konsum 27
28 Die Kosten nachhaltiger Konsumstile: Das Energiespardilemma Egal was die anderen tun, ich selbst versuche, mich so weit wie möglich umweltbewusst zu verhalten (% Zustimmung) Wenn Sie im Winter Ihre Wohnung für mehr als vier Stunden verlassen, drehen Sie da normalerweise die Heizung ab oder herunter? (% Zustimmung) Anteil der Haushalte mit individueller Heizkostenabrechnung Bern München Bern München Bern München Quelle: in Anlehnung an: Diekmann 1996, S. 109 Schlüsselbarrieren zum nachhaltigen Konsum 28
29 Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Güter: Die Low-cost-Hypothese Nach der Low-Cost-Hypothese verhalten sich Konsumenten vorwiegend nur dann umweltfreundlich, wenn es ihnen nichts oder vergleichsweise wenig kostet (Niedrigkostensituation). Das Umweltbewusstsein übt nur dann einen Effekt aus, wenn die Kosten ökologischen Handelns gering sind. Einflussstärke des Umweltbewusstseins Zahlungsbereitschaft gegeben Niedrigpreissituation (Netto)Kosten des ökologischen Handelns Quelle: in Anlehnung an: Diekmann 1996, S. 105ff. Schlüsselbarrieren zum nachhaltigen Konsum 29
30 Der Nutzenbereiche nachhaltiger Konsumstile: Motivkonflikte Werte/Motive Umweltschutz Gesundheit Wohlstand - Konsequenzen natürliche Ressourcen schonen Geld sparen - unbehaglich frieren Verhalten Energiesparlampe kaufen Öko-Strom beziehen weniger Heizen Schlüsselbarrieren zum nachhaltigen Konsum 30
31 Beeinflussungsmöglichkeiten zur Förderung nachhaltiger Konsumstile Anreizschwerpunkte Strategietyp Nutzenanreiz Kostenanreiz Anreize zur zur Förderung nachhaltiger Konsumstile persönlichen Nutzen des des nachhaltigen Konsums erhöhen! persönliche Kosten des des nachhaltigen Konsums senken! Beschränkungen opportunistischer Konsumstile persönlichen Nutzen opportunistischer Konsumstile verringern! persönliche Kosten opportunistischer Konsumstile erhöhen! Quelle: Balderjahn/Will 1997 Beeinflussungsmöglichkeiten 31
32 Fazit 1. Vermittlung, dass der eigene Beitrag bedeutend ist (Relevanz). 2. Reduktion von Misstrauen durch Schaffung von Transparenz und Glaubwürdigkeit (z.b. Zertifizierung). 3. Senkung der Kosten nachhaltiger Konsumstile. 4. Schaffung persönlicher Zusatznutzen nachhaltiger Konsumstile. 32
33 33
34 Vielen Dank! 34
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