Ausstellung Henry van de Velde Passion Funktion Schönheit

Transkript

1 Ausstellung Henry van de Velde Passion Funktion Schönheit Jubelparkmuseum/Musée du Cinquantenaire, Brüssel 13. September Januar 2014 Henry van de Velde, Paire de chandeliers à six branches, , Bronze argenté, 58,5 cm h Bruxelles, Musée du Cinquantenaire, achetée en 1900 SABAM Belgium 2012

2 Einleitung Henry van de Velde ( ) ist zweifelsohne einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Seine künstlerische Entwicklung ist beeindruckend. Nach der Malerei entdeckte er die Dekorativen Künste. Darüber hinaus war van de Velde Architekt und brachte eine bedeutende Bewegung in der Kunsterziehung zustande. Er ist der geistige Vater des legendären Bauhauses und spielte eine Hauptrolle in der Geschichte des Designs. Am 3. April 2013 jährte sich der Geburtstag von Henry van de Velde zum 150. Mal. Dieses Jubiläum bietet den perfekten Anlass für eine große Werkschau des Künstlers. Es handelt sich nicht nur um die größte Retrospektive aller Zeiten, sondern auch die erste derartige Ausstellung in Brüssel. Es versteht sich also von selbst, dass dies ein einzigartiges und herausragendes Ereignis ist! Die Königlichen Museen für Kunst und Geschichte organisieren diese Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Klassik Stiftung Weimar. Die renommiertesten Van-de-Velde- Spezialisten Deutschlands sind für dieses Projekt verantwortlich. Die Werkschau wird vom 24. März bis zum 23. Juni 2013 im Neuen Museum in Weimar zu sehen sein. Im Herbst wird sie dann vom 13. September 2013 bis zum 12. Januar 2014 im Jubelparkmuseum in Brüssel stattfinden. Obwohl die Ausstellung ein Gemeinschaftsprojekt ist, werden in Brüssel besondere Akzente gesetzt. Die Ausstellung Von wenigen Künstlern ist der Lebenslauf so gut dokumentiert wie von Henry van de Velde. Er hat der Nachwelt besonders umfangreiche Memoiren hinterlassen. Diese Archive ermöglichen es den Forschern, nicht nur das Leben des Künstlers bis ins Detail nachzuzeichnen, sie beleuchten auch den kreativen Denkprozess, der den Kunstwerken zugrunde liegt. Deshalb ist es nur logisch, dass diese Memoiren den roten Faden der Ausstellung bilden. Das Leben und das Werk von Henry van de Velde werden anhand von mehr als 500 Gegenständen chronologisch dargestellt. Gemälde, Mobiliar, Silberarbeiten, Schmuck, Keramiken, Bucheinbände, architektonische Entwürfe usw. legen allesamt Zeugnis vom außergewöhnlichen Facettenreichtum dieses Künstlers ab. Die Kunstwerke werden nicht nur von bedeutenden internationalen Museen ausgeliehen, auch zahlreiche private Sammler haben Leihgaben zugesichert. Die Ausstellung ist nicht nur auf das Werk von Henry van de Velde beschränkt, sondern zeigt auch Werke anderer Künstler, die einen engen Bezug zu Henry van de Velde hatten. Auf diese Weise soll den Besuchern der weitere intellektuelle und künstlerische Kontext erklärt werden. Belgien Deutschland Niederlande Belgien Henry van de Velde begann seine künstlerische Laufbahn gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Belgien. Im Jahre 1900 ging er nach Deutschland, wo er zunächst in Berlin wohnte, bevor er sich 1902 auf Ersuchen des Großherzogs Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar-Eisenach in Weimar niederließ. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Schweiz zwischen 1917 und 1919 ging er in die Niederlande, wo er für die Familie Kröller-Müller als Architekt arbeitete. Ende 1925 kehrte er nach Belgien zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog er endgültig in die Schweiz. Die Ausstellung legt den Fokus auf vier Schaffensperioden: die erste belgische Periode ( ), die deutsche Periode ( ), die niederländische Periode ( ) und die zweite belgische Periode ( ).

3 Die erste belgische Periode (Kalmthout Brüssel) Das letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts war für die künstlerische Entwicklung von Henry van de Velde ausschlaggebend. In dieser Zeit entwickelte sich der Künstler von der Malerei hin zur angewandten Kunst. Innerhalb kürzester Zeit konnte er sich in diesem Bereich einen Namen machen. Eines der wichtigsten Werke in diesem Ausstellungsabschnitt ist die monumentale Stickerei Engelenwake (Engelwache) ( ). Das Kunstwerk, das Van de Velde selbst als sein Schlüsselwerk im Übergang zu den Dekorativen Künsten betrachtet. Anhand von Gemälden und Zeichnungen kann der Besucher den künstlerischen Weg nachverfolgen, den Van de Velde in diesen Jahren zurücklegte und dessen Essenz in diesem Textilwerk zum Ausdruck kommt: Die Entwicklung vom Impressionismus hin zum Pointillismus und das große Interesse für die Linie, das durch seine Entdeckung der Werke von Vincent van Gogh bei der Künstlergruppe Les XX geweckt worden war. Das zweite Kernstück dieses Abschnitts ist das eigene Wohnhaus Bloemenwerf, das van de Velde als Gesamtkunstwerk entwarf und mit seiner Familie im Jahre 1896 bezog. Ausnahmsweise wird hier das vollständige Esszimmermobiliar gemeinsam mit Kunstgegenständen von Künstlern, die van de Velde zu seinem Bekanntenkreis zählte und deren Werke er selbst sammelte (z.b. Henri de Toulouse-Lautrec, Théo Van Rysselberghe, William Finch, Paul Gauguin, Auguste Delaherche ), ausgestellt. Deutschland (Berlin Weimar) Die Art-Nouveau-Kreationen von Henry van de Velde erfuhren noch vor 1900 viel Aufmerksamkeit aus Deutschland. Er war auch ein viel gesehener Gast auf deutschen Kunstausstellungen wie zum Beispiel der bekannten Münchner Secession im Jahre Van de Veldes Beitrag wird zum größten Teil in seinem ursprünglichen Rahmen gezeigt werden. Die Beachtung aus dem Ausland sowie die ständige steigende Zahl an Bestellungen veranlassten ihn, mit seiner Familie nach Berlin zu ziehen. Der Blickfänger aus seiner Schaffensperiode in der deutschen Hauptstadt ist ein Einrichtungsgegenstand ein Frisiertischchen samt Stuhl aus dem Frisörsalon von François Haby, der vollständig durch Henry van de Velde eingerichtet wurde und der durch die Tatsache Aufsehen erregte, dass den Wasserleitungen auch eine dekorative Funktion zugedacht wurde. Er ist ein typisches Beispiel für das angestrebte Ziel: die Symbiose zwischen Ornament und Funktion. Aus seinen Jahren in Weimar wird vor allem seinen bedeutenden Aufträgen für Innenausstattungen und Gegenstände sowie dem berühmten Porzellangeschirr, aber auch seiner Arbeit an der Kunstschule, die er im Auftrag des Großherzogs ausbaute, große Aufmerksamkeit gewidmet. Van de Veldes Schaffen wird demjenigen seiner Schüler gegenübergestellt. Die Niederlande (Wassenaar Otterloo) Die niederländische Periode ist gekennzeichnet durch seine Arbeiten für die Kunstsammler Kröller-Müller und seine Entwürfe für deren Museum in Otterloo.

4 Die zweite belgische Periode (Brüssel) Die zweite belgische Periode ist vom Aufbau der Schule La Cambre/Ter Kameren, dem belgischen Bauhaus, geprägt. Damit führte van de Velde sein Unterrichtssystem aus Weimar erfolgreich in Belgien ein. Die wunderschönen Fotografien, die Willy Kessels von den verschiedenen Ateliers machte, sowie das Werk der Schüler selbst bringen die Bedeutung dieser Entwicklung klar zum Ausdruck. Daneben wird ein vollständiges Bahncoupé ausgestellt, das van den Veldes Bedeutung als künstlerischer Berater für die Nationale Gesellschaft der Belgischen Eisenbahnen verdeutlicht. Neben seinem Beitrag als Architekt für die Pavillons der Weltausstellungen in Paris (1937) und in New York (1939) und seinem Werk für die Universität Gent dem bekannten Bücherturm hofft das Jubelparkmuseum/Musée du Cinquantenaire, zum ersten Mal überhaupt auch das Büroensemble ausstellen zu können, das der Designer im Jahr 1935 für König Leopold III entworfen hat. Architektur Henry van de Velde wohnte insgesamt in vier Häusern, die er alle selbst entwarf: Bloemenwerf (Ukkel, 1895), Hohe Pappeln (Weimar, 1907), De Tent (Das Zelt) (Wassenaar, ) und La Nouvelle Maison (Das Neue Haus) (Tervuren, ). Von jedem dieser Häuser wird ein Modell ausgestellt. Diese Modelle dienen als Ausgangspunkt für Erläuterungen über sein architektonisches Oeuvre auf der Basis von Originalplänen und Fotografien. Die Szenografie Henry van de Velde legte besonderes Augenmerk auf das Design seiner Entwürfe. Darum fiel hier die Wahl auf eine umfassende Szenografie. Das Basiskonzept ist inspiriert durch die Linie des Gesimses des Schlosses Gut Lauterbach in Crimmitschau, das van de Velde 1907 gestaltete. Die Linie ist die Basis für alle Sockel und Vitrinen, die als Andeutung auf eine bestimmte Möbelproduktion von Van de Velde nach 1900 in weißem Lack ausgeführt wurde. Blow-ups historischer Fotografien machen einen wesentlichen Teil der Darstellung aus. Meisterwerke Von den über 500 Kunstwerken handelt es sich bei einigen um absolute Meisterwerke, weil sie Funktionalität und Schönheit perfekt kombinieren und mittlerweile Symbolstatus erlangt haben. Dazu zählt mit Sicherheit auch das Paar Kerzenleuchter aus der Sammlung des Jubelparkmuseums/Musée du Cinquantenaire. Im Jahr 1900, kurz vor seiner Abreise nach Deutschland, kaufte das Museum das Paar Kerzenleuchter, das der Künstler im berühmten Brüsseler Salon La Libre esthétique ausgestellt hatte. Mit einem Ankaufspreis von 850 belgischen Francs bezahlte der belgische Staat ein kleines Vermögen für diese Kunstgegenstände, die auch den teuersten Ankauf der neu gegründeten Abteilung Arts décoratifs modernes ausmachten. Aber auch mehr als hundert Jahre später können die Kerzenleuchter noch immer zu den wichtigsten Objekten der Jugendstilsammlung gezählt werden. Die Leuchter, die etwa entstanden, zeugen beispielhaft von seiner Maxime: Een lijn is een kracht [ ] ( Eine Linie ist eine Kraft ).

5 Van de Veldes Konzept Die Auffassung, dass eine Linie eine Kraft ausstrahlt, bildet den Ausgangpunkt und die Konstante des gesamten Werkes von Van de Velde. Die Dynamik der Linie bestimmt in gleichem Maße das Muster eines Stoffes oder einer Tapete wie die Formgebung der Fassade eines Hauses oder eines Möbelstückes. Die Linie durchzieht den Raum und unterstützt die Kreation maßgeblich. Van de Velde ging davon aus, dass die Linien in einem genauso logischen und konsequenten Verhältnis zueinander stehen müssen wie Zahlen oder Musiknoten. Die Zuwendung zur Linie kam latent bereits in seinen Gemälden zum Ausdruck und nahm zu Beginn der 1890er-Jahre Gestalt in Form von grafischen Ornamenten an. Letzten Endes gelang es Van de Velde, die typische dynamische Linienstruktur auch in die dritte Dimension überzuführen. Die Kerzenleuchter sind rein lineare, räumliche Skelette, die einem bestimmten Bewegungsmuster folgen. Hiermit erreichte er eine perfekte Symbiose zwischen Funktion und Ornament. Von dem Augenblick an, da er dieses theoretische System zu beherrschen verstand, wandte van de Velde, passioniert, es quasi in all seinen Kreationen an. Der lineare Bewegungsimpuls sowie die Räumlichkeit der Linie stellen die Quintessenz seiner dekorativen Gegenstände und architektonischen Werke der Jugendstilperiode dar. Andere Projekte rund um Henry van de Velde - Biennale Art nouveau und Art Déco 2013, , Führungen und Gebäudebesichtigungen, - Im Rahmen des Henry-van-deVelde-Jahres 2013 gibt die belgische Post zwei Sonderbriefmarken heraus. Van de Velde dans son atelier de l école des Arts décoratifs de Weimar (photos Louis Held, 1907/1908). Fonds Henry van de Velde, ENSAV La Cambre, Bruxelles

6 Organisation Kuratoren Dr. Thomas Föhl, Hauptkurator (Klassik Stiftung Weimar) Sabine Walter, Kuratorin (Klassik Stiftung Weimar) Prof. Dr. Werner Adriaenssens, Kurator (Jubelparkmuseum/Musée du Cinquantenaire, Brüssel) Koordination Karin Theunis, Leiterin der Abteilung Temporäre Ausstellungen Pressestelle Bart Suys, Leiter der Abteilung Presse und Kommunikation +32 (0) Praktische Infos Henry van de Velde Passion Funktion Schönheit 13. September Januar 2014 Jubelparkmuseum/Musée du Cinquantenaire Jubelpark/Parc du Cinquantenaire 10 B-1000 Brüssel Öffnungszeiten Di - So, 10:00 17:00 (die Kasse schließt um 16:00) Montags und an folgenden Tagen geschlossen: 1.11., , und Eintrittspreise 10, 7, 4 Führungen Auskünfte und Reservierungen: +32 (0) , ecd@kmkg.be