Charakterisierung chiraler Moleküle
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- Dominic Jaeger
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1 Teil 6 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. Christian Merten, Ruhr-Uni Bochum, WiSe 2016/17 1
2 Chiralität ein kurzer Reminder Cahn-Ingold-Prelog-Regeln (CIP) Zuordnung von Prioritäten der Substituenten am Stereozentrum erfolgt wie folgt: 1. Ordnungszahl der gebundenen Atome (Elektronenpaare = 0) 3 2. Sind mehrere Substituenten in der ersten Sphäre identisch (bspw. alle C), dann wird die zweite Sphäre betrachtet 3. dann die aus der dritten Sphäre usw. 4. Doppelbindungen: Z > E MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 2
3 Chiralität ein kurzer Reminder Cahn-Ingold-Prelog-Regeln (CIP) Nach Zuordnung der Prioritäten orientiert man den Substituenten mit niedrigster Priorität nach hinten (S) und bestimmt die Anordnung der Substituenten: Im Uhrzeigersinn: Gegen Uhrzeigersinn: (R)-Konfiguration (von lat. rectus) (S)-Konfiguration (von lat. sinister) MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 3
4 Chiralität ein kurzer Reminder 2 2 D-(+)- und L-(-)-Glycerinaldehyd Historisch: Glycerinaldehyd wurde als Standard für Definition gewählt Willkürliche Zuordnung, dass Enantiomer mit positiver optischer Rotation D als D-Enantiomer bezeichnet wird. Bestimmung L oder D?: Substituent höchster Priorität in Fischer- Projektion nach oben setzen Steht OH-Gruppe rechts, dann D (für dexter), steht sie links, dann L (laevus) MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 4
5 Chiralität ein kurzer Reminder (R) und (S) L und D (+) und ( ) 2 (R) (S) (R) D-(+)- und L-(-)-Glycerinaldehyd L-(+)-Cystein 2 Halten wir fest: CIP-Regeln bestimmen Konfiguration jedes Stereozentrums, ggf. wird angegeben: (1R,2S)- L/D-Definition gibt erstes Stereozentrum in Fischerprojektion an; Diastereomere werden durch unterschiedliche Substanznamen unterschieden (Beispiel: Zucker) Ein immer gültiger Zusammenhang zwischen R/S, L/D und opt. Rotation +/- besteht nicht! MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 5
6 Andere Formen von Chiralität Zentrale Chiralität Helikale Chiralität Axiale Chiralität Planare Chiralität MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 6
7 Welche Methoden können chirale Moleküle unterscheiden? IR-Spektroskopie UV/Vis- und Schwingungsspektren von Enantiomeren sind identisch. Raman-Spektroskopie Diastereomere haben theoretisch unterschiedliche Spektren; der Unterschied ist mitunter aber nicht auflösbar oder wenig charakteristisch. UV/vis-Spektroskopie Möglichkeit chirale Strahlung, d.h. zirkular polarisiertes Licht zur Anregung zu benutzen: Zirkulardichroismus NMR-Spektroskopie Massenspektrometrie NMR-Spektren von Enantiomeren sind identisch, aber nicht die von Diastereomeren! Derivatisierung ermöglicht Unterscheidung! Massen von Enantiomeren sind identisch. MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 7
8 NMR: Derivatisierungen Umsetzung mit chiralem Hilfsreagenz, beispielsweise Mosher s Reagenz (MTPA-Cl = methyl trifluoromethyl phenyl acetyl chloride) Bei Mischungen von Enantiomeren: Bildung eines Diastereomerengemisches (R)-MTPA-Cl (?)-sec-oh (S,S)- und (S,R)-Enantiomer im NMR unterscheidbar! 4 MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 8
9 Bevorzugte Konformationen der beiden Mosher-Ester Intramolekulare H-Brücke minimiert gleichzeitig sterische Ww. mit Carbonyl Stark elektronenziehende Gruppe (CF 3 ) geht in Ebene mit Carbonyl um Dipole- Dipole-Ww. zu minimieren (S,S)-Enantiomer (S,R)-Enantiomer MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 9
10 Verschiebungseffekte Elektronenziehende Ww. durch den Raum entschirmt R 1 Tieffeldverschiebung Fazit: Im Vergleich zum freien Alkohol verschiebt (S)-MTPA die Signale von R 1 zu größeren -Werten und die von R 2 zu kleineren -Werten Abschirmung von R 2 durch Lage oberhalb des Phenylrings (Ringstromeffekt) Hochfeldverschiebung verschiebt (R)-MTPA die Signale von R 1 zu kleineren -Werten und die von R 2 zu größeren -Werten aber nicht um gleichen Beträge! MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 10
11 Verschiebungseffekte Elektronenziehende Ww. durch den Raum entschirmt R 1 Tieffeldverschiebung Definieren wir also = S - R. Folglich: Zeigt ein Kern > 0 ist er R 1 Zeigt ein Kern < 0 ist er R 2 Abschirmung von R 2 durch Lage oberhalb des Phenylrings (Ringstromeffekt) Hochfeldverschiebung MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 11
12 Unbekannte Konfiguration bestimmen Vorgehen: Umsetzen des Alkohols mit (S)- und (R)-MTPA-Cl und bestimmen von. H OH S H 3 C Ph Methyl = S - R > 0 R (S)-Ester (R)-Ester MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 12
13 Mehr zu Mosher-Estern inkl. Protokoll zur Analyse Nature Protocols 2 (2007) MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 13
14 Weitere chirale NMR-Hilfsreagenzien Derivatisierungsreagenz H 3 C CH 3 H 3 C CH 3 H O Si Cl OH O Si O CH 3 Ph F 3 C H Ph F 3 C H Solvatisierungsreagenz MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 14
15 NMR-Shift-Reagenzien Para-magnetische Verbindungen werden aufgrund der ungepaarten Elektronen stark durch das Magnetfeld beeinflusst. In der Regel kann man keine bzw. keine gut aufgelösten NMR-Spektren von paramagnetischen Verbindungen erhalten. Aber: Lanthanid-basierte Shiftreagenzien können gezielt eingesetzt werden um Enantiomere im NMR auseinander zu halten. C 3 F 7 O Einer der bekanntesten Vertreter: O Eu 3+ 3 Europium tris[3-(heptafluoropropylhydroxymethylene)-(+)-campherat] MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 15
16 Beispiel NMR-Shiftreagenz Entschirmung aller Protonen von PEA durch Zugabe des Shift-Reagenzes Bildquelle: Fribolin, Ein- und zweidimensionale NMR, Wiley-VCH, 3. Auflage MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 16
17 Beispiel NMR-Shiftreagenz Bildquelle: Fribolin, Ein- und zweidimensionale NMR, Wiley-VCH, 3. Auflage MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 17
18 Circulardichroismus (CD)-Spektroskopie Circulardichroismus: misst die unterschiedliche Absorption links- und recht-zirkular polarisierten Lichtes A = A LCP -A RCP Man unterscheidet: ECD VCD electronic circular dichroism = CD-Spektroskopie im UV/vis-Bereich (manchmal auch UV-CD genannt) vibrational circular dichroism = CD-Spektroskopie im IR-Bereich ROA Raman optical activity = Streuung von zirkular polarisiertem Licht MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 18
19 Vergleich ECD und VCD Campher-10-sulfonsäure SO 3 H O n * MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 19
20 ECD/VCD Wie erhält man absolute Konfigurationen? ECD: Vergleich mit bekannten Verbindungen, die gleiche Chromophore tragen Empirische Regeln wie exciton coupling Berechnung von Spektren Häufig verwendet bei Peptiden oder supramolekularen Systemen VCD: Berechnung von Spektren Selten exciton coupling, da es nur in Spezialfällen funktioniert Für Peptide: Vergleich mit bekannten Verbindungen Ideal für kleine bis mittlere organische Moleküle MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 20
21 Linear polarisiertes Licht Ein - zugegebenermaßen - stark vereinfachtes Modell eines Polarisators: Unpolarisiertes Licht aus einer normalen UV/visoder IR-Lichtquelle MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 22
22 Linear polarisiertes Licht SEM-image from NanoOpto, Somerset, NJ Wie funktioniert s? Elektromagnetische Welle, die mit ihrer elektrischen Feldkomponente parallel zum Gitter auftrifft induziert eine Oszillation von Elektronen in den Gitterlinien Reflektion der Lichtwelle Elektromagnetische Welle, die mit ihrer elektrischen Feldkomponente senkrecht zum Gitter zeigte keine oder nur geringe Wechselwirkungen mit dem Gitter Transmission der Lichtwelle MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 23
23 Linear polarisiertes Licht Ein verbessertes Zaun-Modell MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 24
24 Linear polarisiertes Licht Die im Raum gekippte linear polarisierte Welle (hier 45 LP) kann durch ihre Komponenten E x und E y beschrieben werden. E sin E sin Die Welle wird entsprechend als E(E x,e y ) beschrieben. MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 25
25 Zirkular polarisiertes Licht Verschiebung einer Komponente, E x oder E y, um eine Viertel Wellenlänge ( /4): E sin E sin 4 Zirkulare Polarisation MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 26
26 Zirkulare Polarisation Verzögerung um /4 Schnelle Achse Langsame Achse quarterwave-plate ( /4 plate): Dichroitischer Kristall mit verschiedenen Brechungsindizes entlang der kristallographischen a- und b-achse. MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 27
27 Messung eines CD-Spektrums Beispiel: Schwingungs-CD, also CD-Spektren im IR-Bereich Messung i.d.r. nicht als zwei getrennte Messungen mit l/4-platten in verschiedenen Orientierungen, sondern mit photoelastischem Modulator in einer Messung MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 28
28 Schnelle Modulation zwischen LCP und RCP MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 29
29 Ein Beispiel für Konfigurationsbestimmung mit VCD A LCP A = A LCP -A RCP A RCP (1R)- -pinene MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 30
30 Beispiel für Konfigurationsbestimmung mit VCD -Phenylethylamin Messung des VCD-Spektrums Berechnung des VCD-Spektrums Aus Vergleich kann absolute Konfiguration bestimmt werden Theo: B3LYP / aug-cc-pvtz, gas phase, 4 cm -1 HWHH Exp.: 3M in CDCl 3, 25 µm pathlength MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 31
31 Beispiel für Konfigurationsbestimmung mit VCD 0.0 kcal/mol -Phenylethylamin 64 % 0.4 kcal/mol R / S 33 % 1.9 kcal/mol 3 % Theo: B3LYP / aug-cc-pvtz, gas phase, 4 cm -1 HWHH Exp.: 3M in CDCl 3, 25 µm pathlength MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 32
32 Sekundärstruktur-Elemente im ECD CD-Spektren können helfen Sekundärstruktur- Elemente in Peptiden zu identifizieren. Es sind Software-Pakete verfügbar, mit denen durch Fitten Anteile von Sekundärstrukturen abgeschätzt werden können. MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 33
33 Chirale Polymere Chirale Poly(phenylacetylen)e besitzen ein helikal chirales Polymerrückrat. O R* N H Polymer in Chloroform DMSO In einigen Fällen kann ein Wechsel des Lösungsmittels den Helix-Drehsinn invertieren. MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 34
34 VCD: Mehr als nur Konfigurationsbestimmungen CHCl 3 N H S N H DMSO Tetrabutyl ammonium acetate MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 35
35 Letzte Worte vor m Fest Übungen: Gruppeneinteilungen werden auf rub.de/chirality veröffentlicht Sollten Sie noch keiner Gruppe zugeteilt sein, dann schließen Sie sich bitte Gruppe C oder D an Übungen finden immer Mittwoch statt (ab 11.01) Montags ist keine VL! Räume: Grp A 02/99, Grp B 3/99, Grp C 5/99, Grp D 6/99 Übungsaufgaben werden immer eine Woche vor der Übung zur Verfügung gestellt und können zuhause bearbeitet werden Es wird jeweils ein oder zwei Präsenzübungen geben, die erst in der Übung ausgegeben werden. Vorlesung: Nächste und letzte Vorlesung am 08. Februar 2017 mit kurzer Wiederholung der Themen MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 37
36 Letzte Worte vor m Fest Klausur: Termin: , HNA Es wird kein Buch zugelassen sein. Stattdessen: Gekürzte Tabellensammlung mit den notwendigen Daten zur Strukturanalyse Sie erhalten eine gesonderte Kopie der Tabellensammlung für den Zeitraum der Klausur Sie brauchen keine Ausdrucke o.ä. mitbringen. MdS-1 Charakterisierung chiraler Moleküle Dr. C. Merten WS 2016/17 38
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