Kapitel 1 Einführung Makroökonomische Politik und Koordination unter flexiblen Wechselkursen
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- Oskar Brauer
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1 Kapitel 1 Einführung Makroökonomische Politik und Koordination unter flexiblen Wechselkursen Folie 19-1
2 Kapitelübersicht Die Argumentation zugunsten flexibler Wechselkurse Die Argumentation gegen flexible Wechselkurse Makroökonomische Unabhängigkeit unter flexiblen Wechselkursen Lehren aus der Zeit seit 1973 Sind feste Wechselkurse für die meisten Länder überhaupt denkbar? Reformansätze Zusammenfassung Anhang: Versagen der internationalen politischen Koordination Folie 19-2
3 Einführung Das seit 1973 geltende System flexibler Wechselkurse war vor seiner Einführung nicht sorgfältig geplant worden. Mitte der 1980er Jahre beurteilten die Ökonomen und politischen Entscheidungsträger die Vorzüge eines flexiblen Weltwährungssystems wieder skeptischer. Weshalb wurden die flexiblen Wechselkurse den in sie gesetzten Erwartungen nicht gerecht? Worauf sollte eine Reform des heutigen Systems abzielen? Dieses Kapitel vergleicht die Probleme der makroökonomischen Politik unter verschiedenen Wechselkurssystemen. Folie 19-3
4 Die Argumentation zugunsten flexibler Wechselkurse Drei Argumente sprechen für flexible Wechselkurse : Geldpolitische Autonomie Symmetrie Wechselkurse als automatische Stabilisatoren Folie 19-4
5 Die Argumentation zugunsten flexibler Wechselkurse Geldpolitische Autonomie Flexible Wechselkurse stellen die Kontrolle der Zentralbank über die Geldmenge wieder her ermöglichen jedem Land, sein eigenes langfristiges Inflationsziel zu wählen Folie 19-5
6 Die Argumentation zugunsten flexibler Wechselkurse Symmetrie Flexible Wechselkurse beseitigen die beiden wichtigsten Asymmetrien des Bretton-Woods- Systems: Sie versetzen die Zentralbanken außerhalb der USA in die Lage, ihre nationalen Geldmengen zu steuern. Die USA erhalten dieselben Möglichkeiten wie andere Länder, ihren Wechselkurs zu ändern. Folie 19-6
7 Die Argumentation zugunsten flexibler Wechselkurse Wechselkurse als automatische Stabilisatoren Flexible Wechselkurse führen zur raschen Beseitigung fundamentaler Zahlungsbilanzungleichgewichte, die unter einem Festkurssystem zu Anpassungen der Paritäten und zu spekulativen Angriffen führten. Aus Abbildung 19.1 geht hervor, dass ein vorübergehender Rückgang der Auslandsnachfrage die Produktion des betroffenen Landes unter einem Festkurssystem stärker beeinträchtigt als unter einem System flexibler Wechselkurse. Folie 19-7
8 Die Argumentation zugunsten Abbildung 19.1: Auswirkungen eines Rückgangs der Exportnachfrage (a) Flexibler Wechselkurs flexibler Wechselkurse Wechselkurs, E E 2 E DD 2 DD 1 AA 1 Wechselkurs, E Y 2 Y 1 Produktion, Y DD 2 DD 1 (b) Fester Wechselkurs 3 E 1 1 AA 2 AA 1 Y 3 Y 2 Y 1 Produktion, Y Folie 19-8
9 Die Argumentation gegen flexible Wechselkurse Fünf Argumente sprechen gegen flexible Kurse: Disziplin Destabilisierende Spekulation und Geldmarktstörungen Beeinträchtigung des Außenhandels und der internationalen Investitionen Unkoordinierte Wirtschaftspolitik Keine echte geldpolitische Autonomie Folie 19-9
10 Die Argumentation gegen flexible Wechselkurse Disziplin Flexible Kurse bedeuten Narrenfreiheit. Die Zentralbanken könnten einer Hyperinflation Vorschub leisten (siehe die deutsche Hyperinflation der 1920er Jahre). Die Befürworter der Wechselkursfreigabe halten dem entgegen, dass ein flexibler Wechselkurs inflationäre Störungen eines Landes, die auf das Fehlverhalten der Regierung zurückzuführen sind, unterdrücken würde. Folie 19-10
11 Die Argumentation gegen flexible Wechselkurse Destabilisierende Inflation und Geldmarktstörungen Flexible Wechselkurse ermöglichen destabilisierende Spekulation. Die Länder können in einen Teufelskreis von Abwertung und Inflation geraten. Die Befürworter flexibler Kurse bezweifeln, dass die Betreiber destabilisierender Spekulation im Geschäft bleiben könnten. Flexible Wechselkurse erhöhen die Anfälligkeit gegenüber Störungen, die vom Geldmarkt ausgehen. Abbildung 19.2 illustriert dieses Argument. Folie 19-11
12 Die Argumentation gegen flexible Wechselkurse Abbildung 19.2: Anstieg der Geldnachfrage unter den Bedingungen eines flexiblen Wechselkurses Wechselkurs, E DD E 1 E AA 1 AA 2 Y 2 Y 1 Produktion, Y Folie 19-12
13 Die Argumentation gegen flexible Wechselkurse Beeinträchtigung des Außenhandels und der internationalen Investitionen Flexible Wechselkurse schaden dem Außenhandel und den grenzüberschreitenden Investitionen, weil sie die relativen Preise auf dem Weltmarkt unberechenbarer machen. Exporteure und Importeure sind einem erhöhten Wechselkursrisiko ausgesetzt. Die Erträge internationaler Investitionen lassen sich weniger zuverlässig vorhersagen. Die Befürworter der Wechselkursfreigabe halten dem entgegen, dass das Wechselkursrisiko durch Transaktionen auf dem Devisenterminmarkt ausgeschaltet werden könne. Die Skeptiker entgegnen, dass der Gebrauch des Devisenterminmarkts zu kostspielig sei. Folie 19-13
14 Die Argumentation gegen flexible Wechselkurse Unkoordinierte Wirtschaftspolitik Flexible Wechselkurse ermöglichen einen abermaligen Abwertungswettlauf. Die Länder könnten erneut eine eigennützige makroökonomische Politik betreiben, die am Ende allen schadet und niemandem nützt. Folie 19-14
15 Die Argumentation gegen flexible Wechselkurse Keine echte geldpolitische Autonomie Flexible Wechselkurse erhöhen die Unsicherheitsfaktoren, ohne einen echten zusätzlichen Spielraum für makroökonomische Entscheidungen zu schaffen. Eine Abwertung der einheimischen Währung beschleunigt vermittels höherer Lohnabschlüsse die Inflation. Folie 19-15
16 Die Argumentation gegen flexible Wechselkurse Abbildung 19.3: Indices des nominalen und des realen multilateralen Dollar-Außenwerts, Folie 19-16
17 Lehren aus der Zeit seit 1973 Geldpolitische Autonomie Flexible Kurse ließen eine weitaus größere Divergenz der Inflationsraten verschiedener Länder zu. Länder mit hoher Inflation hatten in der Regel schwächere Währungen als Länder mit niedriger Inflation. In kurzer Frist entfaltet die Geld- und Fiskalpolitik auch unter flexiblen Kursen über nationale Grenzen hinweg Wirkungen. Folie 19-17
18 Lehren aus der Zeit seit 1973 Abbildung 19.4: Wechselkursentwicklung und Inflationsunterschiede, Folie 19-18
19 Lehren aus der Zeit seit 1973 Nach 1973 haben die Zentralbanken wiederholt auf dem Devisenmarkt interveniert, um den Außenwert ihrer Währungen zu beeinflussen. Weshalb intervenierten die Zentralbanken weiterhin, obwohl sie nicht mehr dazu verpflichtet waren? zur Stabilisierung von Produktion und Preisniveau bei bestimmten Störungen zur Abwendung abrupter Veränderungen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ihrer Handelsgüter Monetäre Veränderungen hatten unter einem flexiblen nominalen Wechselkurs einen weitaus größeren kurzfristigen Effekt auf den realen Wechselkurs als unter einem Festkurssystem. Folie 19-19
20 Lehren aus der Zeit seit 1973 Symmetrie Im internationalen Währungssystem stellte sich nach 1973 keine Symmetrie ein. Die Zentralbanken hielten auch weiterhin Dollarreserven und intervenierten auf den Devisenmärkten. Das gegenwärtige System flexibler Wechselkurse ähnelt in vieler Hinsicht dem asymmetrischen Reservewährungssystem, das dem Bretton-Woods- Abkommen zugrunde lag (McKinnon). Folie 19-20
21 Lehren aus der Zeit seit 1973 Wechselkurse als automatische Stabilisatoren Die Erfahrung der beiden Ölpreisschocks spricht für flexible Wechselkurse. Die Folgen der fiskalischen Expansion der USA nach 1981 bestätigen im Großen und Ganzen die stabilisierenden Eigenschaften eines flexiblen Wechselkurses. Folie 19-21
22 Lehren aus der Zeit seit 1973 Disziplin Die Inflationsraten stiegen nach 1973 und verblieben während des zweiten Ölpreisschocks auf einem hohen Niveau. Das System flexibler Kurse erlegte der Fiskalpolitik weniger Beschränkungen auf. Beispiel: die hohen Staatsdefizite der USA in den 1980er Jahren. Folie 19-22
23 Lehren aus der Zeit seit 1973 Destabilisierende Inflation Flexible Wechselkurse legten eine weitaus größere Volatilität an den Tag, als ihre Befürworter erwartet hatten. Die Frage, ob diese Volatilität als übersteigert gewertet werden muss, ist umstritten. In langer Frist widerspiegelten die Wechselkurse grundlegende Veränderungen der Geld- und Fiskalpolitik, und keine destabilisierende Spekulation. Die Befürchtung, dass willkürliche Wechselkursbewegungen zu einem Teufelskreis aus Inflation und Abwertung führen könnten, wurde durch die Erfahrung mit flexiblen Kursen nicht bestätigt. Folie 19-23
24 Lehren aus der Zeit seit 1973 Außenhandel und internationale Investitionen Der internationale Finanzaustausch nahm nach 1973 stark zu, da die Länder die Beschränkungen für Kapitalbewegungen lockerten. Nach der Wechselkursfreigabe hat der Umfang des Außenhandels bei den meisten Ländern zugenommen. Folie 19-24
25 Lehren aus der Zeit seit 1973 Koordination der Politik Flexible Wechselkurse haben die Koordination der internationalen Wirtschaftspolitik nicht gefördert. Die Kritiker flexibler Wechselkurse bleiben den Nachweis schuldig, dass das Problem der Beggar-thyneighbor-Politik unter einem anderen Wechselkurssystem verschwinden würde. Folie 19-25
26 Sind feste Wechselkurse für die meisten Länder überhaupt denkbar? Die langfristige Aufrechterhaltung fester Wechselkurse erfordert strikte Kontrollen über die Kapitalbewegungen. Alle Versuche, die Wechselkurse zu fixieren, wären unglaubwürdig und kurzlebig. Feste Kurse können die von ihren Befürwortern erhofften Vorteile nicht gewährleisten. Folie 19-26
27 Reformansätze Die Erfahrung mit flexiblen Wechselkursen seit dem Jahr 1973 zeigt, dass weder die Prognosen der Befürworter noch der Gegner in vollem Umfang zutrafen. Eine eindeutige Lehre aus der bisherigen Erfahrung lautet, dass ohne internationale politische Koordination kein Wechselkurssystem gut funktioniert. Die Wiedereinführung strenger Beschränkungen der Wechselkursflexibilität ist für die nahe Zukunft nicht zu erwarten. Verstärkte Absprachen zwischen den politischen Entscheidungsträgern der Industrieländer verbessern das Funktionieren der flexiblen Wechselkurse. Folie 19-27
28 Zusammenfassung Aufgrund der Schwächen des Bretton-Woods- Systems rieten viele Ökonomen bereits vor 1973 zur Freigabe der Wechselkurse. Sie führten dabei drei Argumente an: Flexible Kurse würden die geldpolitische Autonomie bei der makroökonomischen Steuerung einzelner Volkswirtschaften erhöhen. Flexible Kurse würden die Asymmetrien des Bretton- Woods-Systems beseitigen. Flexible Kurse würden in kurzer Zeit fundamentale Zahlungsbilanzungleichgewichte beheben. Folie 19-28
29 Zusammenfassung Die Kritiker der Wechselkursfreigabe machten mehrere Gegenargumente geltend: Flexible Wechselkurse würden Exzesse der Geld- und Fiskalpolitik und eine Politik nach dem Beggar-thyneighbor-Prinzip begünstigen. Flexible Wechselkurse würden einer destabilisierenden Spekulation unterworfen. Sie würden den Außenhandel und die internationalen Investitionen beeinträchtigen. Folie 19-29
30 Zusammenfassung Von 1973 bis 1980 schienen sich die flexiblen Wechselkurse im Großen und Ganzen zu bewähren. Eine politische Kehrtwende, die zur Verlangsamung des Geldmengenwachstums in den USA führte, trug von 1980 bis Anfang 1985 zu einer starken Aufwertung des Dollars bei. Die Erfahrungen mit flexiblen Wechselkursen bestätigen weder die ursprünglichen Befürworter noch die ursprünglichen Gegner dieses Wechselkurssystems in vollem Umfang. Folie 19-30
31 Anhang: Versagen der internationalen politischen Koordination Abbildung 19A.1: Hypothetische Effekte verschiedener Kombinationen der Geldpolitik auf Inflation und Arbeitslosigkeit Inland Ausland Leicht restriktiv Stark restriktiv Leicht restriktiv = -1% U = 1% * = -1% U* = 1% = 0% U = 0.5% * = -2% U* = 1.75% Stark restriktiv = -2% U = 1.75% * = 0% U* = 0.5% = -1.25% U = 1.5% * = -1.25% U* = 1.5% Folie 19-31
32 Anhang: Versagen der internationalen politischen Koordination Abbildung 19A.2: Matrix der Gewinne unterschiedlicher geldpolitischer Strategien Inland Ausland Leicht restriktiv Stark restriktiv Leicht restriktiv /7 Stark restriktiv 8/7 0 5/6 5/6 Folie 19-32
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