Ionisierende Strahlung und Strahlenschutz
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- Luisa Lehmann
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1 Handout zum F-Praktikum-Seminarvortrag ionisierende Strahlung und Strahlenschutz Datum: 8. November 2010 (WS10/11) Referent: Marc Hillenbrand Ionisierende Strahlung und Strahlenschutz 1.Dosisbegriffe und biologische Wirkung 2.Strahlenschutz 3.Strahlung am Teilchenbeschleuniger 4.Wechselwirkung von Strahlung mit Materie 5.Abschirmung von Neutronen 6.Quellen 1.Dosisbegriffe und biologische Wirkung Zu ionisierender Strahlung zählen Röntgen- und Gammastrahlung, sowie freie Neutronen, Elektronen, Protonen und geladene Teilchen mit einer Mindestenergie von 5eV. Man führt die physikalische Größe der Energiedosis der Einheit Gray [ ] angegeben wird. Aufgrund ihrer unterschiedlich großen ein, die in Ionisierungsdichte in Materie haben 1Gy von verschiedenen Strahlungsarten unterschiedlich starke biologische Wirkungen. Bei höherer Ionisierungsdichte besteht eine größere Wahrscheinlichkeit von Doppelstrangbrüchen in der DNS, die ein erhöhtes Mutationsrisiko der Zellen bedeuten. Dazu führt man sogenannte Strahlungswichtungsfaktoren w R ein, mit denen die Äquivalenzdosis H = w R berechnet und in der Einheit Sievert [ ] angegeben wird. Alphateilchen 20 Während man wegen verschiedenen Zellteilungsraten und Empfindlichkeiten der einzelnen Organe Gewebewichtungsfaktoren einführen und mit der Äquivalenzdosis multiplizieren müsste, um die Strahlenbelastung der Organe zu erhalten, reicht es im prakt. Strahlenschutz die Äquivalenzdosis zu verwenden, um Aussagen über die Strahlenbelastung zu treffen. 2.Strahlenschutz Strahlungsart w R Elektronen, Photonen 1 Neutronen (je nach Energie) 5-20 Um die Risiken von Schäden durch ionisierende Strahlung zu minimieren, aber gleichzeitig die Nutzung von Strahlung in Medizin und Forschung zu gewährleisten, sodass der Nutzen gegenüber den Risiken überwiegt, ist Strahlenschutz notwendig. Durch Unglücke wie Tschernobyl und den Atombombenopfern aus Nagasaki, konnte man die Dosis-Wirkung-Beziehung für einen Bereich bei hohen Dosen bestimmen. Will man nun ein Risiko von Strahlenschäden durch geringe Dosen minimieren, nimmt der Strahlenschutz den ungünstigsten Fall an, der einem linearen Kurvenverlauf entspricht. Beim Strahlenschutz werden auch die Dosisgrenzwerte pro Jahr für dauerhaften Aufenthalt am ungünstigsten Ort angenommen. Bei strahlenexponierten Berufsgruppen liegt er bei 6mSv bzw. 20mSv, für die Bevölkerung bei 1mSv zusätzlich zur jährlichen Dosis von durchschnittlich 4mSv pro Jahr. Die 1mSv sind gerechtfertigt, da innerhalb von Regionen in Deutschland Schwankungen von bis zu 1mSv in der natürlichen Strahlungsbelastung auftreten. Jedoch gilt es, nicht die Grenzwerte auszureizen, sondern weitmöglichst zu unterschreiten, da es keinen Grenzwert gibt, unter dem es keine Gefährdung durch ionisierende Strahlung gibt. Diese Prinzipien lassen sich in dem ALARA-Prinzip ( As Low As Reasonably Achievable so gering wie vernünftig erreichbar) zusammenfassen.
2 3. Strahlung am Teilchenbeschleuniger (Bsp. MAMI) Ein kleiner Vergleich zwischen einer radioaktiven Probe und einem Teilchenbeschleuniger (Bsp.: MAMI) zeigt die Notwendigkeit von Strahlenschutz am Teilchenbeschleuniger: Teilchenbeschleuniger (MAMI): 1,5 GeV mit Strom von 100 µa (Annahme 1% Absorption) 1500 [J/s] Bei einem Gewicht von 70 kg [Sv/h] tödliche Dosisleistung 60 Co-Präparat mit 300 kbq mit einer Zerfallenergie von 2,8 MeV pro Zerfall: 4, [J/h] Bei einem Gewicht von 70 kg 6,92 [μsv/h] (Annahme von Inkorporation) Versuche Am Teilchenbeschleuniger treten im Falle eines Strahlverlustes mehrere Strahlungsarten auf. Der Elektronenstrahl im evakuierten Strahlrohr würde z.b. bei einem Ausfall eines Magneten in das Strahlrohr eintreten und dort mit den Atomen wechselwirken: Die hochenergetische Primärstrahlung aus Elektronen erzeugt, überwiegend durch Bremsstrahlung, Sekundärstrahlung aus Photonen. Diese hochenergetischen Bremsstrahlungsphotonen können durch Riesenresonanz oder Neutron-Pion-Produktion Neutronen (und Pionen) als Tertiärstrahlung erzeugen. 4. Wechselwirkung von Strahlung mit Materie Die Elektronen aus der Primärstrahlung können auf 2 Arten in Materie Energie verlieren: - Kollision (Ionisationsverluste) - Bremsstrahlung Der gesamte Energieverlust der Elektronen ergibt sich aus der Summe der Einzelverluste durch Ionisation und Bremsstrahlung: = tot Durch Kollisionen mit Hüllenelektronen geben die einfallenden Elektronen einen Teil ihrer Energie auf das Atom ab. Dadurch kann das Atom ionisiert oder angeregt werden, und im Falle einer Anregung unter Emission eines Photons in den Grundzustand zurückfallen. Diese Ionisationsverluste können durch die modifizierte Bethe-Bloch-Formel beschrieben werden: coll + rad Wobei τ die kinetische Energie des Elektrons in m e c²; F(τ), δ und Korrekturfaktoren sind. Der Term beeinflusst die Formel maßgeblich: Bei niedrigen Energien (also am Ende der Wegstrecke) hat das Elektron eine geringere Geschwindigkeit und somit ist, mit β =, sehr viel größer als 1. Für große Energien strebt β gegen 1 und somit wird der Energieverlust durch Kollisionen nahezu konstant.
3 Bremsstrahlung wird emittiert, wenn die Elektronen vom Coulomb-Feld des Atoms abgelenkt werden. Diese Ablenkung der Flugbahn entspricht einer negativen Beschleunigung, dessen Änderung eine Photonemission mit der überschüssigen Energie bewirkt. Die Bremsstrahlungsverluste werden durch folgende Formel beschrieben: Mit der Targetatomanzahl N, der Elektronenenergie E 0 und dem Wirkungsquerschnitt ϕ rad Die Energieverluste durch Bremsstrahlung verhalten sich quadratisch zur Kernladungszahl und linear zur Einfallsenergie der Elektronen, wodurch die Verluste durch Bremsstrahlung bei hohen Energien über die Kollisionsverlusten überwiegen. Der Punkt, an dem die Energieverluste durch Bremsstrahlung oder Kollision gleich groß sind, ist die sogenannte kritische Energie E C : und kann über abgeschätzt werden. Für E > E c dominiert der Energieverlust der Bremsstrahlung, für E < E c überwiegt der Energieverlust durch Ionisation. Da am MAMI Energien bis 1,5GeV erreicht werden, erkennt man anhand der Abschätzung für die kritische Energie, dass die Energieverluste durch Bremsstrahlung überwiegen. Es entstehen hochenergetische Bremsstrahlungsphotonen als Sekundärstrahlung, die wie folgt mit Materie wechselwirken können: - Photoeffekt Ein Photon wird von einem Elektron der Atomhülle absorbiert und wird dank der Energie ausgelöst. Dieser Effekt überwiegt bei Energien bis 100keV. - Compton-Streuung Ein Photon wird an einem Hüllenelektron gestreut und bewegt sich in anderer Richtung mit größerer Wellenlänge weiter. Das Elektron wird dabei aus der Atomhülle geschlagen. Dieser Effekt überwiegt bei Energien zwischen 100keV bis 10 MeV. - Paarbildung Mit Hilfe eines Atomkerns wegen Impulserhaltung kann bei Energien über 1,022 MeV ein Elektron-Positron-Paar durch das Photon erzeugt werden. Dieser Effekt überwiegt bei Energien über 10 MeV und ist somit maßgeblicher Effekt am Teilchenbeschleuniger. Da am MAMI Energien von 1,5 GeV erreicht werden, entstehen hochenergetische Bremsstrahlungsphotonen, die sich durch Paarbildung in Elektronen-Positronen-Paare wandeln, wobei diese wieder Bremsstrahlungsphotonen aussenden und so einen elektromagnetischen Schauer erzeugen. Bevor die Energie der entstehenden Teilchen unter die kritische Energie des Absorbermaterials fällt, entstehen weitere Teilchen und sorgen für einen Anstieg der Dosisleistung hinter der Abschirmung, ehe sie mit dem Schauerabbruch bei E c absinkt.
4 Die Photonen (Sekundärstrahlung) können aber auch über zwei verschiedene Prozesse Neutronen als Tertiärstrahlung erzeugen: - Riesenresonanz Die Protonen im Atomkern sind durch die starke Wechselwirkung mit den Neutronen gekoppelt. Wirkt nun das elektromagnetische Strahlungsfeld, das durch die Bremsstrahlungsphotonen zustande kommt, auf die Protonen, so kann es zu Schwingungen im Atomkern kommen, da die elektrisch neutralen Neutronen keine Wirkung durch das Strahlungsfeld erfahren und somit verharren. Durch diese Schwingungen wird der Atomkern instabil und es kann zur Emission von Neutronen im Bereich von 20 MeV kommen. - Pionproduktion Bei großen Photonenenergien kann es zusätzlich zur Reaktion kommen, bei der hochenergetische Neutronen mit Energien von rund 500 MeV emittiert werden. Trifft ein Photon, das eine größere Energie als die Ruhemasse eines Pions hat, auf ein Proton des Atomkernes, wird daraus ein Neutron und Pion gebildet. Diese hochenergetischen Neutronen sind das größte Problem für den Strahlenschutz Neutronen sind sehr durchdringend, da diese elektrisch neutral sind und somit nicht mit den Atomhüllen wechselwirken. Sie können also keine direkte Ionisation oder Anregung von Atomen verursachen, sondern nur durch Stöße mit den Atomkernen wechselwirken und so indirekte Ionisation verursachen. 5.Abschirmung von Neutronen Das Strahlenfeld aus Elektronen, Photonen und Neutronen muss vom Strahlenschutz derart von Menschen abgeschirmt werden, dass keine Gefährdung entsteht. Dazu darf sich während des Strahlbetriebes niemand in Bereichen aufhalten, in denen der Strahl entlangläuft, da dort Lebensgefahr besteht. Weiter gilt es, durch ausreichend dicke Abschirmung die Strahlung für anliegende oder außerhalb befindlicher Bereiche auf ein Minimum zu reduzieren. Die elektrisch geladenen Komponenten können mit verhältnismäßig geringer Absorberdicke abgeschirmt zu werden. Die elektrisch neutralen Photonen und Neutronen sind ein viel größeres Problem. Sie folgen folgendem Abschirmverhalten: Dabei ist d die Massenbelegung (Dichte * Dicke des Absorbers) und λ die Abschirmkonstante. Für hochenergetische Neutronen ist λ sehr groß. Sie bestimmen maßgeblich die Dosisleistung hinter der Abschirmung. Eine Faustformel zur Berechnung der Ortsdosisleistung ist gegeben durch:
5 Eine beispielhafte Rechnung zur Bestimmung der ODL an der Verladehalle C am MAMI liefert einen Wert für den ungünstigsten Ort und größte Belastung in einem Störfall. Mit S(θ, E) = 1, Svcm²; 2,5m Beton ( d = 600 g/cm²); I =100µA (Annahme: 0,1% Strahlverlust); λ = 106 g/cm² und r = 440cm ODL Neutronen 54 µsv/h Bei 2,5 m Betonabschirmung ergibt sich an der Stelle zwar noch eine erhöhte, aber nicht mehr tödliche Dosis. Im Regelfall erreicht man mit 3m dicker Betonabschirmung eine genügend geringe ODL um eine Gefährdung zu vermeiden. Dennoch werden sicherheitshalber gefährdete Bereiche abgesperrt um das Risiko weiter zu minimieren. 6. Quellen William R. Leo: Techniques for Nuclear and Particle Physics Experiments Bundesamt für Strahlenschutz Strahlung Strahlenschutz Aulenbacher: Ortsdosisleistungen aus der von Transmissionsverlusten ausgelösten Direktstrahlung in den an Mami- C angrenzenden Kontrollbereichen, Mainz 2004
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