Die mechanische Kreislaufunterstützung (MKU) wird heute bei verschiedenen Indikationen. Überschneidungen und Änderungen der Therapieziele.
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- Lena Ursler
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1 10 Kapitel 2 Indikationen zur mechanischen Kreislaufunterstützung 2.1 Therapieziele (BTB, BTT, BTR, DT) 2 Die mechanische Kreislaufunterstützung (MKU) wird heute bei verschiedenen Indikationen eingesetzt:»bridge to Bridge«(BTB) MKU als Überbrückung bis zur endgültigen Therapieentscheidung,»Bridge to Transplantation«(BTT) MKU als Überbrückung bis zur Herztransplantation,»Bridge to Recovery«(BTR) MKU als Überbrückung bis zur Erholung der Herzfunktion,»Destination Therapy«(DT) MKU als definitive Therapie. Je nach Indikation werden verschiedene Systeme in verschiedener Funktion (LVAD, RVAD, BiVAD, pulsatil, nichtpulsatil, para-, intrakorporal, TAH [Total Artificial Heart], ECMO [extrakorporale Membranoxigenierung], perkutane Systeme) eingesetzt (7 Kap. 3 bis 7 Kap. 7). Zwischen den einzelnen Kategorien gibt es nicht selten Überschneidungen und Änderungen der Therapieziele Bridge-to-Bridge (BTB) bzw. Bridge-to-Decision (BTD) Man versteht darunter die kurzfristige (meist notfallmäßige) Implantation eines»assist Device«, um die Zeit bis zur endgültigen Therapieentscheidung bzw. Implantation des definitiven Unterstützungssystems zu überbrücken. Häufig können die Patienten bis zum Zeitpunkt der Implantation nicht genau evaluiert werden (z. B. neurologisches Outcome nach Reanimation). Dabei kann die endgültige Therapie in Richtung Ausbau des Systems (BTR), Herztransplantation (BTT) oder Langzeitunterstützung (DT) gehen. Das System, das für die BTB-Indikation meist eingesetzt wird, ist die venoarterielle ECMO Bridge-to-Transplantation (BTT) Zirca 80 % der Assist Devices werden in dieser Indikation implantiert (Kirklin et al. 2010, Kirklin et al. 2011). Betroffen sind z. B. Patienten auf der Warteliste für die Herztransplantation im NYHA-IV-Stadium mit hämodynamischer Instabilität. Kriterien sind systolischer Blutdruck geringer als 80 mmhg (p syst < 80 mmhg), pulmonalka-
2 2.1 Therapieziele (BTB, BTT, BTR, DT) 11 2 pillärer Verschlussdruck (PCWP) > 20 mmhg, Herzindex kleiner als 2 l/min/m 2 (HI < 2 l/min/m 2 ) trotz maximaler medikamentöser Therapie mit Inotropika und Unterstützung durch intraaortale Ballonpumpe sowie Oligurie mit weniger als 20 ml/h trotz Diuretikagabe (Oz et al. 1995, Williams u. Oz 2001). Es darf keine Kontraindikation gegen eine Herztransplantation vorliegen (fixierter pulmonaler Hypertonus > 6 Wood-Einheiten, psychiatrische Erkrankung, unkontrollierte Sepsis, Schwangerschaft etc.). Widersprüchliche Studien gibt es über die Auswirkung mechanischer Kreislaufunterstützung auf das Überleben nach der Transplantation. Ob die Sensibilisierung (messbar in der Erhöhung der panel-reactive-antibodies) der Assist-Patienten die Abstoßungsinzidenz erhöht bzw. das Überleben nach der Transplantation reduziert, ist nicht abschließend geklärt (Bull et al. 2010). Mittlerweile existieren auch Daten, die implizieren, dass die BTT-Therapie das Ergebnis nach einer Herztransplantation verbessert, da die Perfusion sämtlicher Organe verbessert wird (Russell et al. 2009) und der Patient damit prä transplantationem in eine verbesserte Ausgangssituation gebracht wird. Zudem kann ein pulmonaler Hypertonus durch VAD-Therapie gesenkt werden (John et al. 2010). Bei der Entscheidung, ob bei einem Patienten vor der Transplantation ein VAD implantiert wird, ist auf jeden Fall die Wartezeit zu beachten, die u. a. von der Blutgruppe, dem Gewicht und dem Dringlichkeitsstatus abhängt. Eine Reihe verschiedener Systeme können zum Einsatz kommen, z. B. Berlin Heart Excor (uni- oder biventrikulär), Berlin Heart Incor, Thoratec, Medos, Abiomed, Heart Mate II, HeartWare, Jarvik 2000 etc Bridge-to-Recovery (BTR) Bei dieser Patientengruppe muss man zwei Untergruppen differenzieren. Zunächst gibt es das Herzversagen nach Operationen mit Herz-Lungen-Maschine, das Reperfusionssyndrom nach Herztransplantation oder den akuten Myokardinfarkt (notfallmäßig versorgt mittels PCI oder Bypass). Hier dauert die Erholung des Myokards lediglich einige Tage. Diese Zeit wird benötigt, bis die verbrauchten ATP-Reserven wieder durch De-novo-Synthese aufgefüllt sind und damit wieder eine normale Kontraktilität möglich ist. Eine passagere Kreislaufunterstützung mit der veno-arteriellen ECMO (extrakorporale Membranoxygenierung) ist meist ausreichend. Die zweite Gruppe ist die der Myokarditiden, von denen manche ein Potential zur Erholung besitzen, die dann aber längere Zeit in Anspruch nimmt (Frazier
3 12 Kapitel 2 Indikationen zur mechanischen Kreislaufunterstützung 2 u. Myers 1999). Ischämische Kardiomyopathien haben weniger Erholungspotential. Es gibt Evidenz dafür, dass eine fast komplette Entlastung des linken Ventrikels mit Hilfe eines LVAD (left ventricular assist device) über eine längere Zeit hinweg mit einem strukturellen reverse-remodeling und auch einer funktionellen Verbesserung der Ventrikelfunktion einhergeht (Dipla et al. 1998), die in Einzelfällen bis hin zum möglichen Wiederausbau des Systems führen kann. Beobachtet werden können auf zellulärer Ebene ein Rückgang der Myozytengröße sowie eine Normalisierung des Kollagen-I-Gehalts und auf molekularer Ebene eine Normalisierung der myokardialen TNF-α- und Interleukin-8-Spiegel (proinflammatorische Zytokine). Diese Veränderungen gehen echokardiographisch mit einer Reduzierung des enddiastolischen Ventrikeldurchmessers (LVEDD) und einer Verbesserung der linksventrikulären Pumpfunktion (LV-EF) einher (Torre-Amione u. Loebe 2006). Verwendet werden können sämtliche LVAD-Typen (Heart Mate, Incor etc.). Eine diffizile Weaning-Phase ist immer Bestandteil der Therapie. Additiv werden Pharmaka eingesetzt, die das»reverse-remodeling«unterstützen (ß 1 -Blocker, ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten, Aldosteronantagonisten und der ß 2 -Agonist Clenbuterol). Im Falle des Scheiterns muss die Bridge-to-recovery Strategie dann doch in die Bridge-totransplantation- bzw. Destination-Therapie geändert werden Destination-Therapy (DT) Ein Herzunterstützungssystem als endgültige Therapie ist indiziert bei Patienten mit terminaler Herzinsuffizienz (NYHA IV, EF<25 %) trotz optimaler medikamentöser Therapie, sofern Kontraindikationen für die Herztransplantation vorliegen. Die häufigsten Kontraindikationen sind fortgeschrittenes Alter, Niereninsuffizienz, Adipositas, fixierter pulmonaler Hypertonus, Alkohol- und Drogenabusus sowie bösartige Tumorerkrankungen (Kirklin et al. 2011). Die Möglichkeiten der konservativen Therapie müssen ausgeschöpft sein, d. h. der Patient verfügt bereits über die komplette Herzinsuffizienzmedikation bestehend aus ß-Blocker, Diuretika, ACE-Hemmer und Aldosteronantagonist. Sofern der Patient die Kriterien erfüllt, sollte der Versuch einer Resynchronisationstherapie (CRT) unternommen worden sein. Bei ischämischer Kardiomyopathie muss im Vorfeld mittels Myokardszintigraphie abgeklärt sein, ob noch reversibel ischämisches Myokard vorhanden ist, welches revaskularisiert werden könnte, um die Pumpfunktion zu erhöhen. Bei Narben bzw. Aneurysmata in anterolateralen Segmenten des linken Ventrikels kann der Patient unter Umständen von einer chirurgischen Ventrikelreduktionsplastik nach Dor profitieren. Hierbei
4 2.2 Indikationsstellung 13 2 sind Steigerungen der LV-EF um % beschrieben (Dor 2004, Westaby 2000). Eine vorliegende Mitralinsuffizienz (meist auf dem Boden einer Annulusdilatation) kann mit einem Ring versorgt werden. Sind alle diese Möglichkeiten ausgeschöpft, ist es sinnvoll, den Patienten möglichst frühzeitig, d. h. bevor Endorganschäden durch die Kreislaufinsuffizienz entstehen, mit einem Herzunterstützungssystem zu versorgen. Zum Einsatz kommen z. B. Berlin Heart Incor, Jarvik 2000 oder HeartMate II. In Zukunft könnte die MKU in Kombination mit der besten medikamentösen Herzinsuffizienzmedikation bei Nichttransplantationspatienten zu einer gewissen Erholung des Myokards führen, welches dann im Anschluss durch Stammzelltherapie regeneriert wird. 2.2 Indikationsstellung Bei der Indikationsstellung zum Einbau eines Herzunterstützungssystems spielt das sog. INTERMACS-Profil (Interagency Registry for Mechanically Assisted Circulatory Support = US-Register von Patienten, die Assist Devices erhalten) eine zentrale Rolle. Dieses Profil charakterisiert die Notwendigkeit und den zeitlichen Rahmen, in dem ein Assist Device implantiert werden sollte. INTERMACS-Profil 1 Diese Patienten befinden sich im kritischen kardiogenen Schock; selbst unter hohen Katecholamindosen und mittels Unterstützung durch die intraaortale Ballonpumpe (IABP) gelingt keine suffiziente Kreislaufstabilisierung. Häufig liegen bereits ein Nierenversagen und ein beginnendes Leberversagen mit Azidose und erhöhten Lactatwerten vor. Hier muss innerhalb weniger Stunden ein Assist Device implantiert werden, um das Leben des Patienten zu retten. z z INTERMACS-Profil 2 Diese Patienten weisen unter Katecholamintherapie oder IABP akzeptable hämodynamische Parameter auf, verschlechtern sich jedoch zusehends in ihrer Nierenfunktion, Flüssigkeitsretention und ihrem Ernährungszustand. In diese Kategorie fallen auch Patienten, die die Katecholamintherapie nicht vertragen (Tachyarrhythmie, Ischämie, etc.). Die Implantation eines Assist Device innerhalb von Tagen ist anzustreben.
5 14 Kapitel 2 Indikationen zur mechanischen Kreislaufunterstützung 2 INTERMACS-Profil 3 Klinisch stabile Patienten, die jedoch von einer mittleren Katecholamindosis (bis zu 5 µg/kg/min Dobutamin oder < 0,5 µg/kg/min Milrinon) nicht zu weanen sind, werden dem Profil 3 zugeordnet. Sobald man versucht, die Katecholamintherapie schrittweise zu beenden, verschlechtern sich die Symptome mit beginnendem peripherem Organversagen. In ausgewählten Fällen kann die intravenöse Katecholamintherapie unter regelmäßiger ärztlicher Kontrolle zu Hause durchgeführt werden. Die Patienten sollten innerhalb von Wochen, evtl. Monaten einer MKU zugeführt werden. INTERMACS-Profil 4 Patienten der Kategorie 4 sind nur ab und zu katecholaminpflichtig und hospitalisiert. Grundsätzlich leben sie im NYHA-III-Stadium (Dyspnoe bei leichter Belastung des täglichen Lebens) zu Hause. Meist liegen trotz oraler Herzinsuffizienzmedikation Unterschenkelödeme und ein reduzierter Allgemeinzustand vor. Auch hier muss innerhalb von Wochen bzw. Monaten die Implantation eines Assist Device vorausschauend geplant werden, um bleibende Organschäden zu vermeiden. INTERMACS-Profil 5 Diese Patienten sind stabil im NYHA-III-Stadium ohne Beschwerden in Ruhe, jedoch bei leichter Belastung. Sie haben bereits Schwierigkeiten, normale Aktivitäten des täglichen Lebens zu bewältigen und sind dadurch ans Haus gebunden. Es liegen Ödeme vor. Der Zeitrahmen bis zur Implantation eines Herzunterstützungssystems ist variabel. INTERMACS-Profil 6 Patienten der Kategorie 6 befinden sich im NYHA-II-III-Stadium (Dyspnoe bei stärkerer Belastung, nur leichte Beschwerden bei geringer Belastung) und haben keine Ödeme. In der Regel können sie das Haus noch verlassen. z z INTERMACS-Profil 7 Diese Patienten haben eine erniedrigte Auswurffraktion, sind in der Vergangenheit bereits dekompensiert, im Moment jedoch klinisch komplett stabil, so dass eine Transplantation oder ein Assist Device derzeit nicht indiziert sind. 70 % der Patienten befinden sich zum Zeitpunkt der Implantation im INTER- MACS-Level 1 und 2. Die 1-Jahres-Überlebensrate liegt hier je nach Zentrum zwischen 50 und 70 %. Die häufigsten Todesursachen sind (Rechts-)Herzversagen, Infektionen, Schlaganfälle und Multiorganversagen.
6 2.2 Indikationsstellung 15 2 Zusätzlich zur Einteilung in die 7 Profilebenen gibt es Modifizierungskriterien, die weiteren Aufschluss über das individuelle Risiko des Patienten geben Auftreten maligner Arrhythmien (ventrikuläre Tachykardien bzw. Kammerflimmern), die des Öfteren zum Auslösen eines implantierten Defibrillators führen; dieses Modifizierungskriterium ist anwendbar für alle 7 Profile, Notwendigkeit der temporären Kreislaufunterstützung (IABP, ECMO, Impella, Levitronix), anwendbar für die Profile 1 3, Notwendigkeit häufiger Rehospitalisationen aufgrund von Volumenüberladung und Ödemen, dieser sog. frequent flyer muss 2-mal in 3 Monaten bzw. 3-mal in 6 Monaten zur Rekompensation stationär aufgenommen werden (anwendbar für die Profile 3 6). Übersicht: INTERMACS-Level Level 1. Kardiogener Schock trotz Katecholaminen und IABP; sofortige Assist-Device-Implantation indiziert. Level 2. Hämodynamische Stabilität mit Katecholaminen/IABP; beginnendes Nierenversagen; Assist-Device-Implantation innerhalb von Tagen indiziert. Level 3. Klinisch stabil unter moderaten Katecholamindosen, weaning jedoch nicht möglich; Assist-Device-Implantation innerhalb von Wochen/Monaten indiziert. Level 4. Wiederholt katecholaminpflichtig, weaning jedoch immer möglich; Assist-Device-Implantation innerhalb von Wochen/Monaten. Level 5. Zu Hause mit Beschwerden bei leichter Belastung; Zeitpunkt zur Assist-Device-Implantation variabel. Level 6. Kann das Haus verlassen, eingeschränkte Belastbarkeit; Zeitpunkt zur Assist-Device-Implantation variabel. Level 7. Ejektionsfraktion reduziert, klinisch stabil; keine Assist-Device-Indikation. Hämodynamische Kriterien zur Implantation eines Assist Device Generell sollte bei folgenden hämodynamischen Werten ein Herzunterstützungssystem implantiert werden systolischer Blutdruck geringer als 80 mmhg, pulmonalkapillärer Verschlussdruck (PCWP) größer als 20 mmhg und Herzindex kleiner als 2 l/min/m 2 trotz maximaler medikamentöser Therapie mit Inotropika und Unterstützung mit intraaortaler Ballonpumpe (Oz et al. 1995; Williams u. Oz 2001).
7 16 Kapitel 2 Indikationen zur mechanischen Kreislaufunterstützung 2 Die schwierigste Frage, die man (idealerweise) präoperativ abklären muss, ist, ob eine zusätzliche rechtsventrikuläre Unterstützung nötig ist, da ein Rechtsherzversagen nach LVAD-Implantation die Mortalität, die Dauer des Intensivaufenthaltes und die gesamte Aufenthaltsdauer im Krankenhaus deutlich erhöht (Patel et al. 2008). Die rechtsventrikuläre Unterstützung kann für einen begrenzten Zeitraum (passageres RVAD) oder dauerhaft erforderlich sein. In diesem Fall wird primär ein BiVAD implantiert. Dazu sollte man sich immer entscheiden, wenn die Patienten bereits präoperativ im Multiorganversgen sind, da nur mit biventrikulärer Unterstützung eine ausreichende Reduzierung des zentralen Venendrucks (rechtsventrikuläre Vorlast) erreicht werden kann. Wird in dieser Situation lediglich ein LVAD implantiert, erreicht man zwar eine Reduktion der rechtsventrikulären Nachlast durch Reduktion des linksatrialen Drucks, die rechtsventrikuläre Vorlast wird jedoch erhöht und eine bestehende Trikuspidalinsuffizienz verstärkt. Klinische Orientierungsparameter sind präoperative Bilirubinwerte > 2 mg/dl, GOT-Werte > 80 IU/l und Kreatininwerte > 2,3 mg/dl (Matthews et al. 2008). Hohe präoperative PAP alleine hingegen sind keine ausreichende Indikation für eine zusätzliche rechtsventrikuläre Unterstützung, da durch das LVAD der pulmonalarterielle Widerstand durch Senkung des Wedge-Drucks und Erhöhung des HZV gesenkt wird. Die Reduzierung des pulmonalvaskulären Widerstands (PVR) kann zusätzlich pharmakologisch mit NO-Vernebelung, Milrinon, Prostazyklinen und Sildenafil unterstützt werden. Die Senkung der rechtsventrikulären Nachlast und damit des rechtsventrikulären Drucks reduziert die Dauer des rechtsventrikulären Aktionspotentials und damit auch das Auftreten von rechtsventrikulären Arrhythmien (Taggart et al. 1992). Bei Patienten mit LVAD-Unterstützung konnte man sogar histologisch ein positives»reverse-remodeling«im rechten Ventrikel nachweisen (Kucuker et al. 2004). Indikator für ein postoperativ drohendes Rechtsherzversagen ist also ein präoperativ hoher ZVD in Kombination mit niedrigen PAP. Ein hohes Risiko für ein Rechtsherzversagen stellt auch der präkapilläre pulmonale Hypertonus (sehr hoher PAP und normaler bzw. nur leicht erhöhter PCWP-Druck) dar, da er durch ein LVAD nicht gesenkt werden kann. Die besten Resultate werden erzielt, wenn das Herzunterstützungssystem möglichst elektiv eingebaut wird und noch kein kardiogenes Schockgeschehen vorliegt, das die übrigen Organe (Niere, Leber, ZNS) bereits geschädigt hat. Um dieses oft enge Zeitfenster nicht zu verpassen, sollten die Patienten regelmäßig in einer speziellen
8 2.3 Kontraindikationen 17 2 Herzinsuffizienzambulanz vorstellig werden und damit bereits im frühen Stadium eng an ein Herentrum angebunden sein. 2.3 Kontraindikationen Es ist problematisch, absolute Kontraindikationen für den Einsatz von Herzunterstützungssystemen zu formulieren, da eine Entscheidung gegen den Einsatz zumindest im INTERMACS-Profil 1 immer mit dem Tod des Patienten einhergeht. Obwohl dieses Thema auch von Fachleuten v. a. unter dem Gesichtspunkt eines zunehmenden wirtschaftlichen Drucks und begrenzter finanzieller Ressourcen im Gesundheitswesen kontrovers diskutiert wird, gibt es natürlich einige Orientierungspunkte für den sinnvollen Gebrauch bzw. Nichtgebrauch von mechanischen Kreislaufunterstützungssystemen. Vor diesem Hintergrund ist es sicher fraglich, Patienten, die sich bereits im Vollbild des Leber-, Lungen-, Multiorganversagens oder in der fulminanten Sepsis befinden, ein Kunstherz zu implantieren. In solch einer Situation muss man sehr genau abwägen, ob sich bei minimalen Erfolgsaussichten der extrem hohe Einsatz von Mensch und Material lohnt. Dasselbe gilt für Patienten mit einer malignen Grunderkrankung und einer Lebenserwartung von unter 2 Jahren. Es gibt Patienten, bei denen sich zumindest für einen gewissen Zeitraum jegliche Antikoagulation verbietet, z. B. bei frischer Hirnblutung oder aktiver gastrointestinaler Blutung auf dem Boden eines Ulkus. Hier ist eine VAD-Implantation für diesen Zeitraum nicht möglich. Eine schwere Lungen- oder Lebererkrankung (z. B. FEV1 < 1 l oder Leberzirrhose mit eingeschränkter Syntheseleistung), die die generelle Operabilität des Patienten in Frage stellt, ist ebenfalls eine Kontraindikation für die Implantation eines Assist Device. Schwere Gefäßerkrankungen, wie z. B. ein unbehandeltes Bauchaortenaneurysma > 5 cm oder eine periphere arterielle Verschlusskrankheit im Endstadium mit Extremitätenulcera, machen nicht nur die Kanülierung der Leistengefäße bei der VAD- Implantation problematisch, sondern erhöhen auch Morbidität und Mortaltität bei diesem Eingriff. Psychiatrische Erkrankungen, die mit einer eingeschränkten compliance des Patienten einhergehen oder die Suizidalität erhöhen (z. B. Sucht, Schizophrenie, Depression) disqualifizieren für ein Kunstherz nicht weniger als für eine Herztransplantation. Bei jedem Akkuwechsel ist der Patient theoretisch in der Lage, sich das Leben
9 18 Kapitel 2 Indikationen zur mechanischen Kreislaufunterstützung 2 zu nehmen. Eine genaue psychiatrische Evaluation sollte daher möglichst präoperativ erfolgen. Neben dem vielfach erwähnten fixierten (präkapillären) pulmonalen Hypertonus gibt es noch einige weitere Kontraindikationen speziell für LVAD: Im akuten Infarktgeschehen oder bei vorhandenen Ventrikelthromben ist die Insertion einer Apexkanüle zwar nicht unmöglich, jedoch mit einem nicht zu unterschätzenden Risiko verbunden. In solchen Fällen ist genauso wie beim Vorliegen einer floriden Endokarditis, bösartigen kardialen Tumoren oder therapierefraktären malignen Rhythmusstörungen die Kardiektomie und damit ein TAH indiziert. Eine vorliegende Aortenklappeninsuffizienz sollte auf jeden Fall korrigiert werden, da die Funktionstüchtigkeit des LVAD durch die Rezirkulation nicht gewährleistet ist. Eine biologische Prothese ist wegen geringerer thromboembolsicher Komplikationen einer mechanischen vorzuziehen. Um eine gute Füllung des Device zu garantieren, muss auch eine vorliegende Mitralstenose mit korrigiert werden. Da ein LVAD die rechtsventrikuläre Vorlast erhöht, wird eine vorliegende Trikuspidalinsuffizienz verstärkt und sollte korrigiert werden. Nur so kann der rechtsventrikuläre Auswurf und damit die linksventrikuläre Füllung des Device garantiert werden. Kardiale Shunts (ASD, VSD) führen nach einer LVAD-Implantation zu einem rechts-links- Shunt und können eine nicht gewünschte Entsättigung des Blutes zur Folge haben, weshalb sie intraoperativ mitversorgt werden sollten. 2.4 Pulmonale Hypertonie und mechanische Kreislaufunterstützung > > Zwei der wichtigsten Faktoren, die bei Patienten für eine Herztransplantation evaluiert werden müssen, sind der PVR und die rechtsventrikuläre Pumpfunktion. Dies liegt daran, dass ein präoperativ erhöhter PVR ein unabhängiger Risikofaktor für ein frühes Sterben nach orthotoper Herztransplantation ist. Der rechte Ventrikel des Spenders ist nicht in der Lage, die hohe»nachlast«zu bewältigen, woraus ein hohes Risiko für ein postoperatives oft tödliches Rechtsherzversagen resultiert (Kirklin et al. 1988). Die rechtsventrikuläre Dysfunktion bzw. das Rechtsherzversagen ist für bis zu 50 % der kardialen Komplikationen nach einer
10 2.4 Pulmonale Hypertonie und MKU 19 2 Herztransplantation verantwortlich und trägt mit bis zu 20 % entscheidend zur Frühletalität bei (Erickson et al. 1990). Im Register der internationalen Gesellschaft für Herz- und Lungentransplantation wird ein signifikant besseres Überleben für Patienten nach Herztransplantation berichtet, die vor der Operation einen PVR von 1 3 Wood-Einheiten hatten, verglichen mit den Patienten, die vor der Operation einen PVR von 3 5 Wood-Einheiten hatten. In umfangreichen Studien konnte gezeigt werden, dass eine Transplantation ohne ein erhöhtes Risiko für ein postoperatives Rechtsherzversagen durchgeführt werden kann, wenn der PVR vor der Transplantation in einen Bereich um 2,5 Wood- Einheiten pharmakologisch gesenkt werden kann (Taylor et al. 2007; Costard-Jackle u. Fowler 1992; Espinoza et al. 1999). Da sich die moderne pharmakologische Therapie der Herzinsuffizienz in den letzten Jahren signifikant verbessert hat, entwickeln Patienten oft erst die Symptome einer chronischen Herzinsuffizienz, wenn sich ein pulmonaler Hochdruck bereits entwickelt hat und in einigen Fällen auch nicht mehr pharmakologisch behandeln lässt (Zakliczynski et al. 2005; Klotz et al. 2003). Bei der chronischen Herzinsuffizienz steigt der Druck in der Pulmonalarterie zunächst proportional zum PCWP (Wedge- Druck) wohingegen der PVR vorerst normal bleibt. Schlussendlich führt jedoch die langfristige Erhöhung des PCWP zu einem Anstieg des PVR woraus sich ein überhöhter transpulmonaler Druckgradient ergibt. Dieser wird in Kombination mit dem erhöhten PVR für die erhöhte postoperative Komplikationsrate in dieser Patientengruppe verantwortlich gemacht (Tenderich et al. 1998). Zum Zeitpunkt der Evaluation zur Transplantation haben bereits bis zu 40 % der Patienten eine sekundäre pulmonale Hypertonie entwickelt. Es werden daher im Rahmen der Transplantationsvorbereitung Pharmaka wie Nitroglycerin, Milrinon, Prostaglandine, Sildenafil oder auch die Inhalation von Sauerstoff oder Stickstoffmonoxyd eingesetzt, um die Reversibilität eines solchen pulmonalen Hochdrucks zu testen. Diese medikamentöse Behandlung bewirkt üblicherweise die Senkung des PVR um % (Klotz et al. 2006; Murali et al. 1993; Wasler et al. 1993). Im Fall eines lange bestehenden pulmonalen Hochdrucks senken diese Pharmaka oft den PVR nicht in Bereiche, die eine sichere Transplantation erlauben. Obwohl bis zu 70 % der Patienten mit einer sekundären pulmonalen Hypertonie durch die pharmakologische Senkung des PVR im Endeffekt doch noch einer Transplantation zugeführt werden können, besteht diese Therapieoption für 30 % der Patienten nicht (Zakliczynski et al. 2005; Klotz et al. 2003).
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