Der Taucher Eine Schiller-Ballade - neu ausgelotet

Transkript

1 Der Taucher Eine Schiller-Ballade - neu ausgelotet Ö1 / Tonspuren / Feature von Renate Pliem / 6. Nov / Länge: 40 Form und Inhalt Einsatz der Overheadfolie 1 für Formanalyse Arbeitsaufträge 1) Untersucht den Zusammenhang von Form und Inhalt anhand folgender Aspekte: a) Formanalyse Untersucht Strophe, Reim, Metrum, Rhythmus und Versschema - vor allem auch Auffälligkeiten und Abweichungen. Stellt einen Bezug zum Inhalt her. Strophen sechszeilig formale Übereinstimmung der Strophen bewirkt, dass in jeder Strophe alle anderen mitschwingen, also auch in der letzten die erste und in der ersten die letzte. In der 12. Strophe werden Verse der Strophen 5 und 6 wieder aufgenommen. Metrum sehr bewegtes Metrum, das nicht besonders eingängig ist (kann nicht geleiert werden) unregelmäßiger Rhythmus - unruhig wie das Meer, Gegensatz zwischen der Zielstrebigkeit menschlicher Aktionen und dem richtungslosen Strudel Zusammenfall von Sinnbetonung mit metrischer Betonung erzeugt eine unaufhaltsame Strömung, und wo die Sinnbetonung nicht mit dem Metrum zusammenfällt, zeigt sich am Widerstand die Gewalt des Strömens. Verse Vers 1 und 2 gehören inhaltlich zusammen, Vers 1 und 3 gehören dagegen nach dem Reimschema (AB AB CC) zusammen. erzeugt Spannung Zeilensprünge (Enjambements) nach der ersten Zeile (2. und 7. Strophe) betonen die Höhendifferenz zwischen steiler Klippe und Meeresgrund. b) Aufbau Einsatz der Overheadfolie 2 zum Aufbau der Ballade Untersucht den Aufbau auf Höhe- und Wendepunkte. Zeichnet hierzu eine Spannungskurve. 1. Frage, Str Frage, 3. Frage, Sprung, Auftauchen, Str. 13 Bericht, König (Hybris), Str. 23 Becher, Ring, Str. 25 Bitte der Tochter, letzter Sprung, Katastrophe 1

2 c) Tempi Untersucht die Ballade auf verschiedene Tempi. Welche Funktion hat das epische Präsens im Gegensatz zum epischen Präteritum? Anders als das gewöhnliche Präteritum (als Zeitform für abgeschlossene Ereignisse), verliert das Epische Präteritum, das in fiktionalen Texten gebraucht wird, dabei seine grammatische Funktion. Die Ballade wird im epischen Präsens erzählt bis auf die Binnenerzählung des Knappen, die im Präsens und im epischen Präteritum geschildert wird. Das epische Präsens erzeugt Spannung und Direktheit. Es riss mich hinunter blitzesschnell - Da stürzt mir aus felsigtem Schacht Das epische Präteritum zeigt hingegen das abstandnehmende Bewusstsein des durch den Tauchgang zum Mann gereiften Knappen. Das Geschehen wird aus zeitlicher Distanz geschildert. d) Epische, dramatische und lyrische Elemente der Ballade Die Verbindung der drei Gattungen Lyrik, Epik und Drama bezeichnet Goethe in späteren Jahren als ein wesentliches Gattungsmerkmal der Ballade. Findet Beispiele für diese drei Elemente. Welches überwiegt und warum? Einsatz der Overheadfolie 3 oder Tafelbild: Elemente der Ballade Onomatopoetik (Lautmalerei, Tonmalerei, Schallwort als Nachahmung eines Naturlautes oder eines sonstigen außersprachlichen akustischen Phänomens durch die klanglich als ähnlich empfundene Lautgestalt eines sprachlichen Ausdrucks.) Versschema: Besteht aus einer Reihe von betonten und unbetonten Silben, gibt also einen bestimmten Sprechrhythmus vor. Die Silben, die nach dem Versschema betont werden sollten, heißen Hebungen, die anderen Senkungen. Die epischen und dramatischen Elemente sind in die lyrischen Elemente eingebunden, so wird der Text zur Ballade. 2

3 2) Inhalt / Gehalt a) Warum springt der Knappe? Was war die Motivation beim ersten Sprung und was die Motivation beim zweiten Sprung? Worin bestehen Unterschiede? Erster Sprung: Mögliche Motivationen: Er springt, um seinen Mut zu beweisen, aus jugendlicher Unerschrockenheit. Mutprobe Aussicht auf Anerkennung und Auszeichnung kindliche Naivität auf König fixiert, unterwürfig ( Lang lebe der König! ) Der Sprung wird durch seine Umgebung legitimiert und möglicherweise gefordert (Rittertum) Zweiter Sprung: jugendlicher Leichtsinn Selbstüberschätzung (Str. 26: und es blitzt aus den Augen ihm kühn ) Verlockung, Anreiz durch den versprochenen Lohn Knappe lässt sich am Ende vom König provozieren, um diesem und vor allem der Tochter zu gefallen. Sprung aus Liebe? Selbstaufopferung aus Liebe? Gegenargumente: Er sieht zumindest eine Chance zurückzukommen. ( auf Leben und Sterben Str.26) Er will die Königstochter, also handelt es sich hier nicht um Selbstaufopferung, denn Liebe dient in der Theosophie (griechisch Göttliche Weisheit oder "Weisheit der Götter") einem höheren Zweck und ist nicht egoistisch gemeint. Hier sind jedoch egoistische Tendenzen erkennbar. Die Liebe kommt nur in einer Strophe vor. 1. Sprung: 2. Sprung: Unterschiede: Unwissen Wissen um Gefahr Legitimation: Rittertum Übermut/Liebe...? 3

4 b) Was bewirkt der erste Sprung ins Wasser? Kann hier von einer Initiation (wozu?) geredet werden? Entmystifizierung der Natur Der Knappe erlangt Überlegenheit (Wissen). Aufgrund der Rettung durch Gott findet er zur Demut: Da zeigte mir Gott, zu dem ich rief Durch den ersten Sprung wird der Weg in die eigentliche Katastrophe erst eröffnet bzw. die Handlung erst in Gang gebracht Der Knappe erkennt das Hybrische an seinem Sprung und zieht daraus drei Lehren: Das Leben auf der Erde ist ein hoher Wert, dessen man sich freuen soll und das man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen soll. Wer dieser Lehre zuwiderhandelt, begeht eine Hybris und fordert die Reaktion der Götter heraus Der Mensch soll den Umstand, dass es für ihn uneinsehbare, unzugängliche, unaufgeklärte Bereiche des Dunklen und Geheimnisvollen gibt, als eine im göttlichen Plan des Kosmos begründete, den Menschen vor Unheil bewahrende göttliche Vorsehung verstehen. Der Sprung ins Wasser - Initiation wozu? Der Sprung ins Wasser als Initiation zum Mann bzw. zum Ritter im Sinne einer Mutprobe. Der Sprung ins Wasser als Initiation zum Menschen: Der Knappe findet dadurch zur Sprache, (Vgl. Sprachlosigkeit vor dem ersten Sprung). Zudem erlangt er ein abstandnehmendes Bewusstsein. Er kann nun aus der Distanz zu seinem Erlebnis Konsequenzen ziehen (...der Mensch versuche die Götter nicht... ) c) Was spricht für eine Naturballade (im Sinne des Gegensatzes Mensch - übermächtige Natur)? Was spricht eher für eine Deutung im Sinne von Hybris? Untersucht das Motiv der Hybris sowohl in Bezug auf den König als auch auf den Taucher; Unterschiede; Gewichtung? Naturballade: Übermacht der Natur Beschreibungen der Tiefe, Natur allgemein Bericht über die Schrecken in der Tiefe Ende durch Tod im Wasser Sieg der Natur _ bewahrt doch Geheimnis Die Verlockung zum Sprung in die Wassertiefe als Initiation zur Liebeserfüllung, Wasser als Symbol weiblicher Liebesverheißung, das ist ein großes Thema der Dichtung, ein typisches Thema der Naturballade. Wird doch die Ballade von Goethe und Schiller inhaltlich bestimmt als Gedicht von der schicksalhaften Begegnung des Menschen mit dem Elementaren in sich und außer sich. 4

5 Im Sinne der Hybris: Der König fühlt sich überlegen, stärker als Natur und Götter und fordert diese heraus. (Provokation Hybris - Wortbruch) Der König will einen Blick in die tiefste Tiefe menschlicher Reaktionen und Motivationen gewinnen und den Blick in die tiefste Tiefe des Meeres. Die hybrische Herausforderung geht vom König als einer symbolischen Vatergestalt aus und ist deshalb besonders verwerflich. Selbstüberschätzung des Knappen ist ebenfalls eine Hybris Der Mensch kann die Natur zum Teil überwinden, dem sind jedoch Grenzen gesetzt. Die Ballade handelt vom frevelhaften Spiel des Menschen mit dem Menschen, vom Erwachen des Menschen aus der unbewussten Harmonie der Kindheit zur Selbstverantwortung, von der Selbstbestimmung des Menschen, vom Maß des Menschen. Die sittliche Versuchung ist eine, die bei Schiller grundsätzlich die Versuchtheit des Menschen bezeichnet: Die Verlockung zur Hybris. Quellen: Links: (Stand ) 5