TATEN STATT SPRÜCHE VON DER KATE ZUM GRAFFITI JOHANN HINRICH WICHERN
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- Hartmut Ziegler
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1 Taten statt Sprüche Von der Kate zum Graffiti Johann Hinrich Wichern Dokumentarfilm von Wolfgang Neumann-Bechstein Deutschland Min. Farbe & s/w FSK: Lehrmittelfreigabe Adressat/-innen und Angebotsbereiche: Schüler/-innen der Sekundarstufe I und II, Ethik, Religion Geschichte, politische Bildung, Jugendarbeit, Fort- und Erwachsenenbildung, Gemeindearbeit. Eignung: ab 12 Jahren Stichworte: Soziale Frage, Kinderarbeit, verwahrloste Kinder, Straßenkinder, Kinderarmut, soziale Utopien, Gründer der Diakonie, Hilfe ohne staatliche Mittel. Struktur des Begleitheftes: 1. Kurzbeschreibung des Films 2. Zum Inhalt des Films 3. Hintergrundinformationen zu Johann Hinrich Wichern Kurzbeschreibung des Films Der Film zeigt Johann Hinrich Wicherns christlich begründete Antwort auf die sozialen Folgen der Massenarmut und der beginnenden Industrialisierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Er gründete 1833 das Rauhe Haus bei Hamburg, eine Kate für notleidende und verwahrloste Kinder und Jugendliche und einigte die unterschiedlichen sozialen Einrichtungen innerhalb der deutschen Evangelischen Kirche 1848 im Zentralausschuss für Innere Mission. Dies wird mit der heutigen Kinder- und Jugendsozialarbeit des Rauhen Hauses verknüpft. Sie unterstützt Kinder und Jugendliche familienersetzend und familienergänzend, z. B. in stadtteilbezogenen Graffiti-Aktionen. Die Dokumentation beginnt und endet in der Gegenwart, dazwischen sind historische Exponate und Dokumentaraufnahmen sowie Spielszenen zu sehen 1
2 Zum Inhalt des Films Laila: Sie lebt in einer heutigen Kinder- und Jugendwohngruppe des Rauhen Hauses in Hamburg. Sie fährt mit dem Fahrrad zum Haus, begleitet von Musik von Pink Floyd. Zu sehen sind das Haus und Lailas Zimmer. Lailas Wohngruppe wird beim Kaffeetrinken gezeigt, als Beispiel für die Wohngruppenarbeit des Rauhen Hauses. Die Räume des Hauses bieten individuelle Gestaltungsmöglichkeiten für die Jugendlichen. Die Geschichte des Rauhen Hauses: Johann Hinrich Wichern hat die Kinder- und Jugendarbeit in Wohngruppen in Hamburg 1833 in einer Kate begonnen. Dies war seine Antwort auf die soziale Frage. Viele Erwachsene und Kinder lebten damals als Folge der beginnenden Industrialisierung in sozialer Not. Es gab keine staatliche Hilfe. Dabei bestand ein extremer Gegensatz zwischen dieser armen Bevölkerung und dem reichen Bürgertum. Die Bürger wurden von Wichern in die Verantwortung genommen, den Armen wirtschaftlich zu helfen. Johann Hinrich Wicherns Lebensgeschichte bis zur Gründung des Rauhen Hauses: Er wurde 1808 geboren und kannte Armut aus der eigenen Familie. Einen bedeutenden Einfluss auf ihn hatte Pastor Johann Wilhelm Rautenbergs soziales Engagement. Mit Hilfe von Stipendien studierte er Theologie. Pädagogisch prägende Erfahrungen für ihn waren die Theologie Friedrich Schleiermachers und seine eigene Arbeit als Erziehungsgehilfe. Nach Hamburg zurückgekehrt ergriff Wichern die Initiative für eine Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder, dat ruge hus. Sein pädagogisches Konzept bestand in liebevoller Erziehung, gemeinsamem Lernen, Arbeiten und Feiern sowie kleinen Kinderfamilien. Dies stärkte das traditionelle Familienideal und vermittelte gleichzeitig die Idee der bürgerlichen Freiheit. Das Rauhe Haus expandierte. Weitere Häuser wurden benötigt und gebaut. Mitarbeiter wurden gebraucht, zunächst Handwerker, dann ausgebildete Gehilfen: Brüder. Die Innere Mission war ihre Aufgabe. Wichern gab die Fliegende Blätter als erste soziale Zeitschrift im evangelischen Raum heraus. 1848: Die Zeit der Revolution und nationalen Einigung. Von dieser Zeit geprägt tagte der Evangelische Kirchentag in Wittenberg. Wichern gab als damaliger Sozialexperte den Anstoß zur Gründung für den Zentralausschuss für Innere Mission. Der Ausschuss koordinierte die diakonische Arbeit der Kirche und bildete somit die Basis der Sozialarbeit der Evangelischen Kirche. Diese Arbeit besitzt staatstragende Funktion. Das Rauhe Haus heute: Eine diakonische Einrichtung, die vielfältige Sozialarbeit leistet mit einem Schwerpunkt auf der Kinder- und Jugendarbeit. Ein Beispiel für diese Arbeit ist Hamburg Dringsheide, wo Gewalt und Zerstörung im Quartier überhandnahmen. Erneut ist dabei die Musik von Pink Floyd zu hören. Ein Sozialpädagogenteam des Rauhen Hauses arbeitet hier stadtteilbezogen für die dort wohnenden Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen. Die Pädagoginnen und Pädagogen machen Angebote für Kinder und Jugendliche. Sie unterstützen sie positiv, fördern Beziehungen, die Gewalt verhindern. Graffiti ist ein Beispiel für die Gestaltung des Alltags von Kindern und Jugendlichen, für erlaubten Protest. Dieser Ansatz der Sozialarbeit entspricht Wicherns Vorgehensweise. Hintergrundinformationen zu Johann Hinrich Wichern Biografie Johann Hinrich Wichern wird am 21. April 1808 in Hamburg, St. Georg, als Ältester von sieben Geschwistern geboren. Die Eltern kommen aus einfachen Verhältnissen. Der Vater arbeitet zunächst in verschiedenen Beschäftigungen, unter anderem als Mietkutscher, dann als Schreiber bei einem Notar. 2
3 Schließlich wird er selbst zum Notar und Übersetzer bestellt. Er schickt den Sohn in eine Privatschule, ab 1818 in ein Gymnasium, zudem erhält der musisch begabte Sohn Klavierunterricht. Als der Vater 1823 stirbt, ist dies ein tiefer Einschnitt in das Leben Johann Hinrichs. Die Beziehung zum Vater war von Verständnis geprägt gewesen. Nun fehlt nicht nur der Vater, die Familie muss finanziell von der Mutter und dem ältesten Sohn abgesichert werden. Anfangs erteilt Johann Hinrich Privatstunden, beginnend mit Klavierunterricht, danach unterrichtet er die regulären Schulfächer. Nach einiger Zeit erhält er die Möglichkeit als Erziehungsgehilfe in einer christlichen Erziehungsanstalt für Söhne höherer Stände bei Hamburg zu arbeiten und geht deshalb frühzeitig von der Schule ab. Dort ist er von Januar 1826 bis Oktober 1827 beschäftigt, gibt Unterricht und beaufsichtigt die Jungen während ihres Spiels. Der Leiter der Anstalt, Pluns, wird auf Johann Hinrichs pädagogische Begabung im Umgang mit den Jungen aufmerksam. Nun kommt auch Johann Hinrichs Ziel, Theologie zu studieren, in Reichweite: In dieser Zeit wird seine religiöse Entwicklung in Richtung auf eine eigene Frömmigkeit von Beziehungen zu Menschen aus der Hamburger Erweckungsbewegung gefördert, auch Pluns gehört zu dieser Strömung. Auf diese Weise lernt er wohlhabende Hamburger Bürger kennen, die ihn finanziell unterstützen, so dass er seine Schulbildung am Akademischen Gymnasium abschließen kann. Mit Hilfe von Stipendien studiert er von 1828 bis 1831 in Göttingen und Berlin Evangelische Theologie. Professoren, die sich vom Rationalismus abgrenzen und die Bewährung der Theologie im Leben der Menschen und in der Praxis der Kirche einfordern, wie z. B. Friedrich Schleiermacher, haben einen bedeutsamen Einfluss auf seine weitere Entwicklung. In Berlin begegnet Wichern außerdem Baron Kottwitz, der dort im Zentrum der Erweckungsbewegung steht, und besucht die von ihm gegründete Freiwillige Armenbeschäftigungsanstalt sowie auch das Rettungshaus für verwahrloste Kinder von Kopf. Er hört Vorlesungen des Arztes Nikolaus Heinrich Julius, der für eine Reform des Gefängniswesens eintritt kehrt Wichern zurück nach Hamburg und legt dort sein theologisches Examen ab. Er ist ein Kandidat, wegen der zu großen Zahl studierter Theologen jedoch ohne Aussicht auf baldige Anstellung er bleibt es 25 Jahre lang. Johann Hinrich Wichern nimmt stattdessen kurze Zeit nach seinem Examen eine Stelle als Oberlehrer der Sonntagsschule in St. Georg an, die der dortige Pastor Johann Wilhelm Rautenberg 1825 im Geist der Erweckungsbewegung gegründet hatte. Ihn und seine Sonntagsschularbeit kennt Wichern schon lange, er ist Gast der Familie gewesen und von Rautenbergs sozialem Engagement geprägt worden. Zu der Sonntagsschule tritt 1832 ein Besuchsverein, dessen Mitglieder die Familien der Kinder besuchen. Auch hier arbeitet Wichern mit und lernt so die von Not beherrschte soziale, sittliche und religiöse Lage der Unterschicht Hamburgs persönlich kennen. Wichern beobachtet genau und beschreibt in einer Sozialreportage Hamburgs wahres und geheimes Volksleben den Alltag der armen Menschen. Das Familienleben ist nicht intakt, die Menschen haben keine geregelte Arbeit, es fehlt an allgemeiner Bildung, die religiösen und kirchlichen Bindungen sind gerade bei den Armen zerbrochen. Kinder und Erwachsene sind krank. Aus Not werden sie kriminell, z. B. sitzen aus diesem Grund 1833 in Hamburg 250 Kinder im Gefängnis, greifen zu Alkohol und werden alkoholkrank, gehen in die Prostitution. Wichern nimmt die soziale, wirtschaftliche und politische Umbruchsituation seiner Zeit aufmerksam wahr. Die frühe Industrialisierung gefährdet durch neue Manufakturen und die ersten Industriebetriebe das Handwerk. Maschinen ersetzen Menschen, Menschen müssen effektiver als bisher arbeiten. Oft genügt auch das nicht und Frauen und Kinder arbeiten mit, um das Nötigste zum Überleben zu haben. Diese beginnende Entwicklung trifft auf die in 3
4 der ersten Jahrhunderthälfte verbreitete Massenarmut. Die Armut hat neue, bisher nicht gekannte Ausmaße. Sie steht im extremen Gegensatz zum Reichtum des wohlhabenden Bürgertums, dessen Leben, insbesondere das harmonische Familienleben, von der Zeit des Biedermeiers gekennzeichnet ist. Dessen Werte und Aufgaben, sowohl fürsorgliche Liebe als auch orientierungsgebende Autorität, werden als Ziel auch auf die Gesellschaft übertragen. Nach Wicherns Verständnis sind es die Reichen, die helfen sollen, die Armut zu beseitigen. Bei seinen Besuchen in den Arbeiterquartieren wird Wichern deutlich, dass es nicht mehr möglich ist, den Kindern in ihren eigenen Familien zu helfen. Außer dem Rettungshaus, das er in Berlin kennengelernt hat, sind ihm weitere Rettungshäuser bekannt. Ein Wegbereiter dieser Tradition, Johannes Falk, begann 1813 in Weimar zu arbeiten entstand dann die erste eigentliche Rettungsanstalt bei Bochum, ab 1822 wurde diese Arbeit in einem Kloster bei Düsselthal weitergeführt (Graf von der Recke-Volmerstein). Schließlich war die Freiwillige Armenschullehrer- und Armenkinderanstalt in Schloss Beugen, die 1820 von Christian Heinrich Zeller gegründet wurde, berühmt geworden. Wichern nutzt die Hamburger Presse, um Einrichtungen von Rettungsanstalten bekannt zu machen entwickelt der Besuchsverein Pläne, eine Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder zu errichten. Zu den Mitgliedern kommen weitere Förderer, u. a. Senator Hudtwalcker und Syndikus Sieveking, der in Horn bei Hamburg ein geeignetes Grundstück mit Gebäude dat ruge hus (Das Rauhe Haus) zur Verfügung stellt. Bei einer Bürgerversammlung im September 1833 informiert Wichern die Öffentlichkeit über das Vorhaben. Er begründet die Notwendigkeit des Rettungshauses und erläutert seine Konzeption: ein Familienprinzip, bei dem kleine Kinderfamilien im eigenen Haus unter der Zuständigkeit eines Erwachsenen leben. Am 31. Oktober 1833 zieht Wichern mit seiner Mutter und einer seiner Schwestern in das Rauhe Haus, kurz darauf kommen die ersten Jungen, am Jahresende sind es bereits zwölf wird deshalb ein weiteres Haus gebaut. Ab 1835 kommen auch Mädchen in das Rauhe Haus. Im selben Jahr verlobt Johann Hinrich Wichern sich mit Amanda Böhme, die er heiratet, als das Vorsteherhaus erbaut ist. Ihre Bedeutung für die Rettungsanstalt ist beträchtlich, insbesondere ist sie für die aufgenommenen Mädchen und deren Arbeitsbereiche verantwortlich. Im Lauf dieser Zeit des Aufbaus und der Ausweitung der Arbeit werden der Familie 10 Kinder geboren gibt es neben der Wohnung des Vorstehers fünf Kinder- und vier Funktionshäuser, ein Rettungsdorf im Grünen ist gewachsen. Die Kinder werden in einer christlichen Gemeinschaft mit Verständnis und Liebe individuell erzogen. Sie können Vertrauen entwickeln, weil die Erziehung in Freiheit und ohne Zwang erfolgt. Wicherns Basis ist die christliche Wertschätzung der Persönlichkeit. Seine Pädagogik verbindet in ganzheitlicher Weise allgemeine Schulbildung durch Unterricht mit Erziehung durch handwerkliche Arbeit in Lehr- und Produktionswerkstätten (z. B. bei der Arbeit als Näherin, Köchin, Schuster, Tischler), ergänzt durch Spielen und Feiern, musische und sportliche Betätigung. Auch die zentrale religiöse Erziehung ist umfassend: sie vermittelt Wissen durch Unterricht und religiöse Praxis beim Singen, bei Andachten und Gottesdiensten. Organisatorisch bewahrt Wichern die Freiheit dieser Arbeit, indem er einerseits Kinder nur in Übereinstimmung mit deren Eltern aufnimmt, ohne staatliche Anweisung, und andererseits auch keine staatlichen Gelder annimmt. Erziehungspersonen im Rauhen Haus sind Gehilfen, die als Bruder angesprochen werden. Zu Beginn leiten Handwerker die Kinder zu handwerklicher Arbeit an. Ihnen fehlt jedoch die Qualifikation, geistlich-religiöse Bildung zu vermitteln. So beginnt Wichern, in einem 4-jährigen Kurs die Gehilfen im 4
5 Gehilfeninstitut auszubilden und sie zu einer Brüderschaft zusammenzufassen. Dies ist der Beginn der Männlichen Diakonie. Später wurden die Brüder nach urchristlichem Vorbild Diakone (griech. "Diener") genannt. Die Aufgaben der Brüder weiten sich ständig aus: zunächst als Armen- und Volksschullehrer vorgesehen, plant Wichern ihre Ausbildung dann auch für den Vorstand anderer Rettungshäuser und für die Arbeit in vielen Bereichen heutiger Sozialarbeit, wie z. B. Gefängnissen, Vereinen für Strafentlassene, als Armenerzieher, Krankenpfleger und anderes mehr. Wichern berichtet mit Blick auf diese Arbeitsfelder von inländischer Mission (1840) und innerer Mission (1843, zitiert nach: Talazko, s. u., S. 53), diese Aufgabe verbinde die unterschiedlichen Felder miteinander. Ab 1844 informiert er in Fliegende Blätter, die von der Agentur des Rauhen Hauses, einem eigenen Verlag, gedruckt werden, über Tätigkeiten der Inneren Mission mit dem Ziel, die unterschiedlichen Arbeitsbereiche und Vereine, die inzwischen entstanden sind, untereinander zu einigen. Die Fliegenden Blätter sind die erste Zeitschrift im evangelischen Raum, die sich mit sozialen Fragen beschäftigt. Wichern beschreibt im selben Jahr die Innere Mission als das Bekenntnis des Glaubens durch die Tat der rettenden Liebe (zitiert nach: Brakelmann, s. u., S. 244) ist das Jahr der Revolution. Im März kommt es in den deutschen Hauptstädten zu Barrikadenkämpfen, im Mai tritt in Frankfurt in der Paulskirche die Nationalversammlung zusammen. Im September versammelt sich in Wittenberg ein Kirchentag, der über die Bildung eines deutschen evangelischen Kirchenbundes berät. Wichern fordert, auch die Aufgabe der Inneren Mission zu bedenken und wird gebeten, sofort eine Stellungnahme dazu abzugeben. Er hält eine Stegreifrede auf der Grundlage des Satzes Die Liebe gehört mir wie der Glaube (zitiert nach: Brakelmann, s. u., S. 247) und beeindruckt den Kirchentag außerordentlich. Am nächsten Tag stellt er den Antrag, einen Ausschuss für Innere Mission zu gründen, der eine Verbindung der unterschiedlichen Arbeitsfelder und Vereine erreichen soll. Nach einigen Bedenken kommt es zu diesem Zentralausschuss. Wichern schreibt eine Denkschrift, worin er sein Verständnis der Inneren Mission beschreibt. Wicherns theologisches Denken ist von Christus als Zentrum geprägt. Hinzu kommt sein Bezug zur bzw. sein Verständnis der Geschichte. Sein Ziel ist es, eine Welt, in der Christus nicht (mehr) im Zentrum steht, zu retten und deshalb zu missionieren. Es ist die Idee des Reiches Gottes, das er in Beziehung zum ganzen nationalen Leben sieht, die sein Handeln prägt. In allen Formen gesellschaftlichen Lebens soll sich das Reich Gottes verwirklichen. Dies unterscheidet Wichern von weiten Kreisen des Pietismus. Auf diesem theologischen Hintergrund ist Wichern der Sozialexperte seiner Zeit geworden. In der Denkschrift beschreibt Wichern auch die soziale Situation und die soziale Aufgabe der Inneren Mission. Außerdem wird darin auch sein organisatorisches Talent sichtbar. Er stellt das Priestertum aller Gläubigen in den Mittelpunkt und spricht sich in diesem Zusammenhang für die Freiheit der Vereine der Inneren Mission gegenüber dem kirchlichen Amt aus. Er skizziert die organisatorische Entwicklung auf unterschiedlichen lokalen Ebenen Stadt, Kreis, Land, usw. und unterstützt diese später, als er 1858 das Präsidium des Zentralausschusses übernimmt. Wicherns Konzeptionen sind staatstragend, sie wollen helfen, ohne Revolution die dringlichen sozialen Notstände zu verändern. So sind sie politisch als konservativ einzuordnen, was auch bald von staatlicher Seite erkannt wird tritt Wichern in den preußischen Staatsdienst ein und wird vortragender Rat im Ministerium des Innern und Oberkonsistorialrat im Evangelischen Oberkirchenrat. Er bemüht sich unter Mitarbeit der Brüderschaft um eine Gefängnisreform, beginnend in Berlin/Moabit, scheitert jedoch am Widerstand liberaler Politiker. Dagegen ist ein ergänzendes Projekt erfolgreich wird in Berlin die Brüderanstalt Johannesstift gegründet. Außerdem organisiert Wichern in den Kriegen 1864, 1866 und 1870/71 eine Felddiakonie hält Wichern seinen letzen großen Vortrag über Die Mitarbeit der evangelischen Kirche an den sozialen Aufgaben der Gegenwart erkrankt er so schwer, dass er 5
6 sich aus dem Staatsdienst entlassen lässt. Nach jahrelangem schwerem Leiden stirbt Johann Hinrich Wichern am 7. April 1881 in Hamburg. Das Rauhe Haus Heute arbeitet Das Rauhe Haus noch immer in vielfältigen sozialen Arbeitsfeldern. Informationen und Informationsmaterial sind erhältlich beim Referat für Öffentlichkeitsarbeit, Beim Rauhen Hause 21, Hamburg, Telefon 040/ , Telefax 040/ , Homepage: (Stand: ). Quellenverzeichnis: Brakelmann, G.: Johann Hinrich Wichern. In: Scholder, K./Kleinmann, D. (Hg.), Protestantische Profile. Lebensbilder aus 5 Jahrhunderten. Königstein 1983, S Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Rauhen Haus in Hamburg (Hg.): Auf den Spuren Johann Hinrich Wicherns. Begleitheft zur Ausstellung. Stuttgart. Heidenreich, U.: Mut zur Tat. Johann Hinrich Wichern. Begründer der Inneren Mission. Agentur des Rauhen Hauses. Hamburg Talazko, H.: Johann Hinrich Wichern. In: Greschat, M. (Hg.), Gestalten der Kirchengeschichte 9/2. Stuttgart/Berlin/Köln 1985, S Dr. Carla Kramer und Margit Metzger, November 1998 Autorinnen des Textes Impressum Herausgeber: MATTHIAS-FILM Gemeinnützige GmbH Gänsheidestr Stuttgart Tel / Fax / vertrieb@matthias-film.de 6
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