Mitteilungen der Juristischen Zentrale
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- Hajo Grosse
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1 Mitteilungen der Juristischen Zentrale VERTRAGSANWÄLTE Nr. 32/ IL Aktuelles BGH-Urteil: Allgemeine Geschäftsbedingungen über eine Bearbeitungsgebühr bei Verbraucherdarlehen unwirksam / Verjährungsproblematik Sehr geehrte Damen und Herren, wir möchten Sie in Ergänzung zu unserer vorangegangenen Mitteilung Aktuelle Rechtsprechung zur Unzulässigkeit von Bearbeitungsgebühren (Nr. 21/2013) über die neueste Rechtsprechung des BGH und die damit verbundene noch strittige Verjährungsproblematik informieren. Der BGH hat am 6. Mai 2014 in zwei gleich gelagerten Revisionsverfahren (XI ZR 405/12 und XI ZR 170/13) entschieden, dass vorformulierte Bestimmungen über ein Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher unwirksam sind. Die Juristische Zentrale stellt hierzu für Mitglieder zwei Musterformulare zur Rückforderung bereit, die zusammen mit weiteren Informationen im Internet unter (Info, Test & Rat, Fahrzeugkauf und Verkauf, Finanzierung und Leasing) abrufbar sind. Sachverhalte der BGH-Entscheidung: Im Verfahren XI ZR 405/12 ging es um die Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzvereins. Dieser machte die Unwirksamkeit einer im Preisaushang der Beklagten für Privatkredite enthaltenen Klausel Bearbeitungsentgelt einmalig 1% geltend. Im Verfahren XI ZR 170/13 begehrten die Darlehensnehmer von der beklagten Bank aus ungerechtfertigter Bereicherung die Rückzahlung der beim Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags berechneten Bearbeitungsgebühr. Die Parteien hatten im März 2012 einen Online-Darlehensvertrag geschlossen. Dazu hatten die Kläger die von der Beklagten vorgegebene und auf deren Internetseite eingestellte Vertragsmaske ausgefüllt, die u. a. folgenden Abschnitt enthielt: Bearbeitungsentgelt xx EUR. Das Bearbeitungsentgelt wird für die Kapitalüberlassung geschuldet. Das Entgelt wird mitfinanziert und ist Bestandteil des Kreditnennbetrages. Es wird bei der Auszahlung des Darlehens oder eines ersten Darlehensbetrages fällig und in voller Höhe einbehalten. In beiden Verfahren wurden die Revisionen der beklagten Banken zurückgewiesen.
2 2 Entscheidungsgründe: Beide Entscheidungen sind derzeit noch nicht veröffentlicht. Laut der am ergangenen Pressemitteilung des BGH unterliegen die jeweils streitigen Bestimmungen über die Bearbeitungsgebühr als Allgemeine Geschäftsbedingung der gerichtlichen Inhaltskontrolle gemäß 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Dafür sei nach Auffassung des BGH ausreichend, wenn das Entgelt, wie dies beim Abschluss der Online-Darlehensverträge der Fall war, zum Zwecke künftiger wiederholter Einbeziehung in Vertragstexte im Kopf des Kreditinstituts als Klauselverwender gespeichert ist, anhand der Daten des individuellen Darlehensvertrages errechnet und sodann in ein Leerfeld in der Vertragsurkunde eingesetzt wird. Die beiden beanstandeten Entgeltklauseln stellten ferner keine gemäß 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfreie Preishauptabrede für die vertragliche Hauptleistung dar, sondern vielmehr der Inhaltskontrolle zugängliche Preisnebenabreden. Beim Darlehensvertrag stelle der Zins den laufzeitabhängigen Preis für die Kapitalnutzung dar. Mit einem laufzeitunabhängigen Entgelt für die Bearbeitung eines Darlehens werde indes gerade nicht die Gewährung der Kapitalnutzungsmöglichkeit bepreist. Das Bearbeitungsentgelt stelle sich auch nicht als Vergütung für eine sonstige, rechtlich selbständige, gesondert vergütungsfähige Leistung der Banken dar. Vielmehr würden damit lediglich Kosten für Tätigkeiten (z. B. Zurverfügungstellung der Darlehenssumme, Bearbeitung des Darlehensantrages, Prüfung der Kundenbonität, Erfassung der Kundenwünsche und Kundendaten, Führung von Vertragsgesprächen oder Abgabe des Darlehensangebotes) auf die Kunden der Beklagten abgewälzt, die die Banken im eigenen Interesse erbringen oder auf Grund bestehender eigener Rechtspflichten zu erbringen haben. Der damit eröffneten Inhaltskontrolle hielten die streitigen Klauseln nicht stand. Sie wurden vom BGH vielmehr als unwirksam eingeordnet, weil die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Entgelts für die Bearbeitung eines Verbraucherdarlehens mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar sei und die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Nach 488 Abs. 1 Satz 2 BGB hätten die Banken anfallende Kosten für die Kreditbearbeitung und -auszahlung durch den laufzeitabhängig bemessenen Zins zu decken und könnten daneben kein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt verlangen. Gründe, die die Klauseln bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung als angemessen erscheinen lassen, waren für den BGH nicht ersichtlich. So vermochten insbesondere bankbetriebswirtschaftliche Erwägungen die Erhebung einer laufzeitunabhängigen Bearbeitungsgebühr nicht zu rechtfertigen, da mit dieser Gebühr nicht bloß unerhebliche Nachteile für die Kunden verbunden seien.
3 3 Sonderproblematik: Verjährung Es werden derzeit in Literatur und Presse verschiedene Auffassungen geäußert, wann die Verjährungsfrist für den Rückerstattungsanspruch zu laufen beginnt und ob auch Bearbeitungsgebühren vor dem Jahr 2011 zurück verlangt werden können. I. Beginn der Verjährungsfrist Für den Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gilt die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist nach 195 BGB. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und von der Person des Schuldners erlangt ( 199 Abs.1 BGB). Für den Verjährungsbeginn ist nicht nur die Kenntnis des Gläubigers von seinem Anspruch maßgeblich, sondern auch die Entstehung des Anspruchs. Grundsätzlich ist das Auszahlungsdatum der Darlehensvaluta ausschlaggebend (vgl. AG Bonn ADAJUR Dok. Nr , rechtskräftig). Kann der Zeitpunkt der Auszahlung nicht mehr bestimmt werden, ist nach Auffassung des AG Mannheim (ADAJUR Dok. Nr , nicht rechtskräftig) zumindest beim Fehlen anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Bearbeitungsgebühr im Jahr des Vertragsschlusses bezahlt wird und der Rückzahlungsanspruch damit entsteht. Beim Fehlen von Anhaltspunkten für den Zeitpunkt der Zahlung trägt die Bank die Beweislast für den Beginn der Verjährungsfrist, d. h. der Rückforderungsschuldner muss den Zeitpunkt beweisen, wann der Verbraucher die Bearbeitungsgebühr gezahlt hat (vgl. Maier, Verjährung des Anspruchs auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr, VuR 2013, S. 397, 399). Fazit: Dies dürfte wohl in der anwaltlichen Beratung nur dann eine Rolle spielen, wenn der Darlehensvertrag z. B. im Jahr 2010 abgeschlossen, die Bearbeitungsgebühr aber vom Kunden erst (einmalig oder anteilig mit den Raten) ab dem Jahr 2011 bezahlt wurde. II. Eintritt der Verjährung für Bearbeitungsgebühren vor dem Jahr 2011 (im Folgenden sog. Altfälle) Kenntnis des Verbrauchers Des Weiteren wird diskutiert, wann der Anspruch des Verbrauchers verjährt, ob also konkret für Bearbeitungsgebühren, die vor dem berechnet wurden, eine Rückerstattung verlangt werden kann. Erforderlich ist für den Verjährungsbeginn (wie oben bereits beschrieben) die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen.
4 4 Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Gläubiger den Vorgang rechtlich zutreffend beurteilt (vgl. auch Ellenberger in Palandt, 199, Rn. 27). Nach Auffassung des BGH hat der Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch verfolgt, Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen, wenn er von der Leistung und dem Fehlen des Rechtsgrundes weiß, also von den Tatsachen, aus denen dessen Fehlen folgt (BGH vom , Az.: XI ZR 263/07). Bei einer unsicheren und verwickelten Rechtslage, die auch ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag, kann der Verjährungsbeginn auch wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben werden, dann fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH vom , siehe oben). Ohne Kenntnis des Anspruchs gilt die maximale Verjährungsfrist von 10 Jahren ( 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB). 1) Verjährung für Altfälle bereits eingetreten Nach einer von mehreren Gerichten vertretenen Rechtsauffassung ist die Verjährung des Erstattungsanspruchs bei Altfällen bereits eingetreten. Bei einem Bereicherungsanspruch genüge die Kenntnis von der Leistung und den Tatsachen, aus denen sich das Fehlen eines Rechtsgrundes ergibt. Maßgeblich ist, ob der Gläubiger aufgrund der bekannten Tatsachen dazu in der Lage ist, eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klage zu erheben (BGH vom , Az.: VIII ZR 249/11). Nicht entscheidend ist, ob er auch alle Tatumstände zutreffend würdigt. Demnach könne allein das Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung bzw. unterschiedliche Rechtsauffassungen unterer Instanzgerichte keine schwierige und verwickelte Rechtslage begründen. Ansonsten müsste immer die Entscheidung des BGH der maßgebliche Zeitpunkt für den Beginn der Verjährung sein. Nach dieser Auffassung wird der Verjährungsbeginn nicht hinausgeschoben bzw. beginnt die Verjährungsfrist nach Ablauf nicht wieder neu zu laufen (vgl. AG Mannheim, ADAJUR Dok. Nr , nicht rechtskräftig; AG Bonn, ADAJUR Dok. Nr , rechtskräftig; LG Bonn, ADAJUR Dok. Nr ; LG Mönchengladbach, ADAJUR Dok. Nr , nicht rechtskräftig; LG Mönchengladbach, ADAJUR Dok. Nr , nicht rechtskräftig; AG Düsseldorf, ADAJUR Dok. Nr ). Hiernach befinden sich derzeit nur die Verbraucher auf der sicheren Seite, bei denen die Gebühr im Jahr 2011 oder später entrichtet wurde.
5 5 Wurde der Vertrag vor dem geschlossen, endet aber nach diesem Datum, kann die Bearbeitungsgebühr anteilig zurückgefordert werden und zwar für den Teil, der mit den Raten ab dem bis zur endgültigen Tilgung entrichtet worden ist. Zahlt der Verbraucher die Gebühr einmalig bei Auszahlung des Kredits oder mit der bzw. den ersten Rate(n), muss für eine Rückforderung die Zahlung nach dem erfolgt sein. 2) Verjährungsbeginn hinausgeschoben bis 2011 Nach anderer Auffassung (z. B. vertreten durch die Verbraucherzentrale) sind Ansprüche bei Altfällen nicht verjährt. Hiernach könnte die Verjährungsfrist frühestens ab dem Jahre 2011 beginnen, wobei die maximale Verjährungsfrist ohne Kenntnis vom Anspruch nach 10 Jahren eintritt. Umfasst wären hiervon die Fälle, bei denen der Anspruch auf Rückgewähr des Bearbeitungsentgeltes bis zu zehn Jahren zurück entstanden ist. Dies bedeutet z. B. konkret, dass Ansprüche, die im Jahre 2004 entstanden sind, nach 10 Jahren, also spätestens zum , verjähren. Diese Rechtsauffassung stützt sich vorwiegend auf das oben benannte Urteil des BGH (vom , Az.: XI ZR 263/07), wonach die Verjährungsfrist erst beginnt, wenn nach Klärung einer umstrittenen Rechtslage eine Klageerhebung im Einzelfall zumutbar ist. Der Beginn der Verjährungsfrist im Jahr 2011 wird mit der Vielzahl der in diesem Jahr ergangenen OLG-Urteile begründet. Es wäre vor 2011 den Bankkunden nicht zuzumuten gewesen, wegen des Erstattungsanspruchs vor Gericht zu ziehen. Dieser Rechtsauffassung folgen das AG Frankfurt am Main (ADAJUR Dok. Nr ), sowie das LG Stuttgart (ADAJUR Dok. Nr und ADAJUR Dok. Nr ). Beim BGH sind zur Frage der Verjährung zwei Revisionsverfahren (Az.: XI ZR 348/13, ehemals LG Mönchengladbach, ADAJUR Dok. Nr , und XI ZR 380/13, ehemals LG Mönchengladbach, ADAJUR Dok. Nr ) anhängig. Ein Urteil ist wohl noch im Jahr 2014 zu erwarten. Eine umfangreiche Übersicht der Stiftung Warentest über die instanzgerichtliche Rechtsprechung zur Bearbeitungsgebühr ist im Internet abrufbar unter Mit freundlichen kollegialen Grüßen Ulrich May Leiter Juristische Zentrale
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