Multikomponentenreaktionen in der organischen Synthese
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- Alexander Kurt Schmid
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1 Multikomponentenreaktionen in der organischen Synthese Cennet Dogan Simon Swislocki
2 Übersicht Einleitung Historische Entwicklung Typen von Multikomponentenreaktionen Die Passerini - Dreikomponentenreaktion Die Biginelli - Dreikomponentenreaktion Die Ugi - Vierkomponentenreaktion Die Siebenkomponentenreaktion Anwendungen 2
3 3 Einleitung Klassische Reaktion: - Umsetzung von einem oder zwei Molekülen zu einem Produkt - Synthese von komplexen Verbindungen stufenweise Ablauf der Reaktion Multikomponentenreaktion (MCR): = Eintopfreaktion - mehr als zwei Reaktanden reagieren in einem Reaktionsgefäß miteinander - gebildete Produkt enthält wesentliche Teile eines jeden Edukts
4 Einleitung Vorteile der Multikomponentenreaktionen gegenüber der klassischen Synthesechemie - einfachere Durchführung als mehrstufige Synthesen Vermeidung von Isolierungs- und Aufarbeitungsschritte der Zwischenprodukte geringerer Zeit- und Trennaufwand Einsparung von Material - höhere Ausbeuten - weniger Nebenprodukte - Variabilität der MCRs - Einsatz in der kombinatorischen Chemie 4
5 Historische Entwicklung 1838, Laurent und Gerhardt: Umsetzung von Bittermandelöl und Ammoniak Entstehung der Schiffschen Base des Cyanobenzylamins Modifizierte Form : Strecker- Reaktion (1850) 5
6 Historische Entwicklung 1882, Hantzsch: Synthese von Dihydropyridinen Von Bayer AG weiter entwickelt Nifedipin 1890, Hantzsch: Synthese von Pyrolen 6
7 Historische Entwicklung 1891, Biginelli: Synthese von Dihydropyrimiden 1921, Passerini Synthese von Aclyoxycarboxyamiden Verwendung von Isocyaniden 7
8 Historische Entwicklung 1958, Asinger Synthese von Thiazolen 1959, Ugi Synthese von Acylaminocarbonsäureamiden Erweiterte Passerini- Reaktion 8
9 Typen von Multikomponentenreaktionen Allgemein: - Ausgansverbindungen reagieren in einer Folge von Teilreaktionsschritten, die sich in einem chemischen Gleichgewicht befinden - günstig sind irreversible Teilreaktionsschritte Typ I: - nur reversible Teilreaktionen - Ausbeuten zwischen % möglich - Produkte schwer trennbar - Beispiel: Strecker- Reaktion 9
10 Typen von Multikomponentenreaktionen Typ II: - letzter Teilreaktionsschritt verläuft irreversibel Gleichgewicht wird auf Produktseite verschoben - präperativ sehr vorteilhaft - Beispiel: Passerini- und Ugi- Reaktion Typ III: - nur irreversible Teilreaktionsschritte - Beispiel: biochemische Reaktionen in der lebenden Natur 10
11 11 Die Passerini-Dreikomponentenreaktion (P-3CR) Allgemein: Keton Carbonsäure Isonitril - Methode zur Darstellung von α-acyloxycarbonsäureamiden Passerini- Produkt
12 12 Die Passerini-Dreikomponentenreaktion (P-3CR) Mechanismus:
13 Die Passerini-Dreikomponentenreaktion (P-3CR) Variationsmöglichkeiten der Edukte Stickstoffwasserstoffsäure anstelle der Carbonsäure- Komponente Darstellung von Tetrazolderivaten 13
14 Die Passerini-Dreikomponentenreaktion (P-3CR) Variationsmöglichkeiten der Edukte - Verwendung bifunktioneller Edukte Darstellung von cyclischen Verbindungen 14
15 Die Passerini-Dreikomponentenreaktion (P-3CR) Beispiele: - Synthese von Dehydroaminosäurederivaten - Alkengeometrie bleibt erhalten 15
16 16 Die Passerini-Dreikomponentenreaktion (P-3CR) Beispiele: Über Passerini- Reaktion zugänglicher Wirkstoff Azinomycin Anti-Tumormittel
17 Die Biginelli - Dreikomponentenreaktion (B-3CR) Allgemein Erstmals 1893 von Pietro Biginelli publiziert Methode zur Herstellung von Heterocyclen Darstellung von Dihydropyrimidinen 17
18 Die Biginelli - Dreikomponentenreaktion (B-3CR) Alter Mechanismus: Aldoladdition zwischen dem Aldehyd 2 und dem β-ketoester 1 zu dem Carbenium-Ion 7 Addition von Harnstoff 3 cyclisiert unter Abspaltung von Wasser zum 3,4-Dihydropyrimidin- 2(1H)-on 4 Neuer Mechanismus: aus dem Keton 2 mit dem Harnstoff 3 bildet sich unter saurer Katalyse ein N-Acyliminium-Ion 6, welches dann mit dem β- Ketoester 1 reagiert 18
19 19 Die Biginelli - Dreikomponentenreaktion (B-3CR) Variationsmöglichkeiten der Edukte Aldehydkomponente liefert größte Variationsmöglichkeit Aromatische Aldehyde reagieren am besten C-H acide Verbindungen meist Acetessigsäurealkylester, aber auch folgende Verbindungen Harnstoffkomponente strukturell am stärksten beschränkt; monosubstituierte Harnstoffderivate reagieren, N,N -disubstituierte Harnstoffderivate reagieren nicht mehr; Thioharnstoff ebenso einsetzbar
20 Die Biginelli - Dreikomponentenreaktion (B-3CR) Anwendung: Wirkstoff Monastrol: Anti-Tumormittel Synthese Thioharnstoff β-ketoester m-hydroxybenzaldehyd 20
21 Die Biginelli - Dreikomponentenreaktion (B-3CR) Anwendung: Wirkstoff Nitracin: besitzt antivirale Aktivität gegen Viren, die für Augenentzündungen verantwortlich sind Synthese: Harnstoff β-ketoester Nitrofuranaldehyd 21
22 22 Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR) Allgemein 1959 von Ivar Ugi entdeckt Aza-Variante der Passerini-Reaktion, mit ähnlichen Mechanismen und Zwischenstufen Aufbau von α-acylaminocarbonsäureamiden
23 Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR) Mechanismus Ionischer Mechanismus polares Lösemittel Protonierung und somit Aktivierung des entstehenden Imins durch die Carbonsäure 23
24 Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR) Mechanismus Isocyanid wird an das Salzpaar addiert; ambivalent, da es gleichzeitig als Elektrophil und Nucleophil reagiert Am C-Atom des Imins wird Chiralität induziert Treibende Kraft ist die Änderung der Wertigkeit des Isocyanid-C-Atoms von +II zum stabileren +IV 24
25 Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR) Variationsmöglichkeiten der Edukte Im Vergleich zu anderen MCR s größere Eduktvielfalt Reste der Komponenten können beliebig variiert werden, auch sterisch stark anspruchsvolle Edukte reagieren Als Säurekomponente verschiedene Protonendonoren, wie z.b.: Wasser, Wasserstoffselenid, Cyansäure, Carbonsäuren, Wasserstoffazid, Cyanamid, Thiocyansäure, Dialkylphosphorsäureester 25
26 Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR) Anwendung: Doppelte, Ugi-basierte Makrocyclisierung von Triglycin Sehr gute Methode für Ringschlussraktionen Auch zum Aufbau mittlerer und größerer Ringe geeignet 26
27 27 Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR) Anwendung: Herstellung von β-lactamen mit β-aminosäuren Milde Methode zur β-lactamringknüpfung Grundlage für Antibiotika
28 28 Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR) Anwendung: Herstellung von Xylocain Oft verwendetes Anästhetikum Weitere Verbindungen mit α-aminoamid-grundstruktur
29 29 Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR) Anwendung: Besondere Bedeutung erlangte die Ugi-Reaktion durch die Synthese des β-lactam-steroids Pachystermin A; kommt in der Pflanze Pachysandra terminalis vor (Dickmännchen)
30 Die Siebenkomponentenreaktion Neuster Trend: Vereinigung von MCRs zu einer Gesamtreaktion mit dem Ziel, möglichst viele Starterkomponenten einzusetzen Weltrekord liegt bei sieben Komponenten Zwei MCRs können miteinander kombiniert werden, wenn das Produkt oder Intermediat der ersten MCR ein Edukt oder Intermediat der zweiten MCR ist Reaktionsbedingungen müssen so gewählt werden, dass Edukte keine Möglichkeit für eine irreversible Nebenreaktion haben Ausblick: durch Überlegung oder Anwendung kombinatorischer Verfahren können neue MCRs gefunden werden 30
31 Die Siebenkomponentenreaktion Vereinigung der Asinger (A-4CR) Reaktion mit abgewandelter Ugi Reaktion Thiazolin als Produkt der Asinger-Reaktion Ausbeute liegt bei 45 %, was anhand der möglichen Nebenreaktionen bemerkenswert hoch ist 31
32 32 Anwendungen für MCRs Große Bedeutung in der Arzneimittelherstellung In der Naturstoffsynthese, da höhere Effizienz als bei mehrstufigen Prozessen Viele wichtige Heterocyclensynthesen sind MCRs Aufbau von Bibliotheken möglich U-4CR findet Anwendung in der Synthese nichtnatürlicher α-aminosäuren Nachteile: Es kann nur ein kleiner Teil organischer Strukturen synthetisiert werden Reaktionen verlaufen meist ohne Stereokontrolle
33 Quellen A. Dömling, I. Ugi, Multicomponent Reactions with Isocyanides, Angew. Chem. Int. Ed. 2000, 39 J. Zhu, H. Bienaymé; Multicomponent Reactions, WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 2005 Wessjohann, Rivera, Vercillo, Multiple Multicomponent Macrocyclization, Chem. Rev. 2009, 109(2) A. Dömling, I. Ugi, Siebenkomponentenreaktion, Angew. Chem. 1993,105 E. Beck, Neue Arbeiten zur Chemie der Multikomponentenreaktionen, Dissertation,2003, München 33
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