Branche kompakt - Medizintechnik - Portugal, 2013

Transkript

1 1 de Branche kompakt - Medizintechnik - Portugal, 2013 Verfasser: Karl-Heinz Dahm, Bonn (Mai 2013) Bonn (gtai) - Die fortdauernde Wirtschaftskrise in Portugal und die damit verbundenen Sparzwänge der Regierung bieten in naher Zukunft wenig Spielraum für Investitionen in Medizintechnik. Die Nachfrage ging 2012 insgesamt zurück. Deutsche Exporteure konnten bei Lieferungen von Röntgenapparaten, Orthopädietechnik und Verbrauchsmaterial zulegen. Die Reform des Krankenhaussektors steht 2013 auf der Agenda des Gesundheitsministers. Marktentwicklung/-bedarf Die Nachfrage nach medizinischen Ausrüstungen ging 2012 vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise in Portugal und den damit verbundenen rigorosen Sparmaßnahmen der Regierung gegenüber dem Vorjahr insgesamt zurück. Fast alle Importpositionen weisen negative Vorzeichen auf. Chancen für deutsche Unternehmen könnten sich langfristig bestenfalls im Ersatzbereich ergeben. Nach Einschätzungen von IMS Research werden in den kommenden beiden Jahren sowohl die hochverschuldeten öffentlichen als auch private Krankenhäuser und Kliniken im Lande ihre Investitionen in medizinische Ausrüstungen noch weiter zurückfahren. Erst ab 2015 kann von einem moderaten Wachstum im Ausrüstungsbereich ausgegangen werden. Ganz oben auf der Prioritätenliste des Gesundheitsministeriums steht 2013 eine Reform des Krankenhaussektors. Geplant ist eine verschärfte Ausgabenüberwachung. Dazu zählt unter anderem der kosteneffektive Zentraleinkauf von Medikamenten. Damit möchte das Ministerium entschieden gegen die hohen Arzneimittelausgaben der Krankenhäuser vorgehen. Hierzu sollen entsprechende Richtlinien erlassen sowie eine elektronische Verschreibungskontrolle eingeführt werden. Um die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Krankenhaussektors zu gewährleisten, sind nach Angaben portugiesischer Medien 2013 Investitionen im Umfang von 800 Mio. Euro vorgesehen. Davon sollen jedoch alleine 430 Mio. Euro in den Schuldendienst fließen. Markt für Medizintechnik in Portugal Kennziffer Veränderung 2012/11 Produktion 1) 141,0 k.a. k.a. Import 522,3 510,8-2,2 Export 133,7 172,0 28,6 Marktvolumen 529,6 545,0 1) 2,9 1) Schätzung; 2) rechnerisch: lokale Produktion plus Import minus Export Quellen: Eurostat, Berechnungen von Germany Trade & Invest Von den rigorosen Sparmaßnahmen der Regierung ist das Gesundheitswesen allgemein massiv betroffen. Im Haushaltsvoranschlag für 2013 beläuft sich das Budget für den Sektor auf 7,8 Mrd. Euro. Dies sind rund 17% weniger als noch im Vorjahr. Auch im privaten Bereich wird gespart. So kürzen zum Beispiel Unternehmen ihre Zuwendungen für die private Zusatzversicherung ihrer Mitarbeiter.

2 2 de 5 Insgesamt jedoch ist die Anzahl der Privatkliniken in den letzten Jahren gestiegen. Einige Krankenhausneu- und -erweiterungsbauten sind derzeit noch im Gange, andere sind aufgrund von Sparzwängen ins Stocken geraten. Die drei größten privaten Betreiber Espirito Santo Saúde, HPP und José de Mello Saúde haben ihre Bettenkapazitäten ausgebaut. Ausgewählte öffentliche Investitionsvorhaben im Krankenhausbereich Region Krankenhäuser Betten Investitionen (Mio. Euro) Fertigstellung (geplant) Norte Novo Hospital de Vila Nova de Gaia/Espinho Lissabon Novo Hospital Todos os Santos PPP Algarve Hospital de Faro (Central Algarve) PPP Norte Novo Hospital de Barcelos Norte Novo Hospital de Fafe Norte Novo Hospital Póvoa do Varzim/Vila do Conde 150 k.a Quelle: Administração Regional de Saúde do Norte Unabhängig von ihrer Beschäftigungssituation genießen alle Portugiesen und Ausländer mit gültiger Aufenthaltsgenehmigung und Gesundheitskarte die staatliche Gesundheitsvorsorge Servicio Nacional de Saúde (SNS). Finanziert wird dieser nationale Dienst über den Staatshaushalt sowie über Einnahmen aus Lotterien und der Tabaksteuer. Der Selbstbehalt der Patienten trägt laut Gesundheitsministerium nur zu rund 0,1% zur Finanzierung des SNS bei. Es existieren über 300 medizinische Zentren (Centros de Saudade) in Portugal, die für die Erstuntersuchung der Patienten sowie für deren Weitervermittlung an entsprechende Fachärzte zuständig sind. Diese wurden in den letzten Jahren neu strukturiert. Es gibt jedoch keine freie Arztwahl. Zudem gibt es zusätzlich etwa 170 sogenannte Gesundheitseinheiten (Unidades de Saúde Familiar - USF), um eine schnellere und effizientere Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Aufgrund der Probleme des öffentlichen Gesundheitssystems (wie etwa Überlastung von Notaufnahmen, Wartezeiten auf Operationen von durchschnittlich dreieinhalb Monaten, keine Zuteilung von praktischen Ärzten), nutzt rund ein Drittel der Bevölkerung die privaten Gesundheitseinrichtungen des Landes. Die drei Marktführer José de Mello Saúde, Espirito Santo Saúde und HPP sind für 70 bis 80% des Umsatzes verantwortlich. Die Anzahl privater Krankenversicherungen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Portugal 2011 Indikator Wert Einwohnerzahl (in Mio.) 10,56 Bevölkerungswachstum (in % p.a.) 1) 0,2 Altersstruktur der Bevölkerung.Anteil der unter 15-Jährigen (in %) 14,9.Anteil der über 65-Jährigen (in %) 19,0 Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (in Jahren) 78,0.Männer 74,2.Frauen 81,3 Durchschnittseinkommen (in Euro/Monat) Gesundheitsausgaben pro Kopf (in Euro/Jahr) Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (in %) 9,8

3 3 de 5 Ärzte/ Einwohner 2) 391 Zahnärzte/ Einwohner 2) 75,6 Krankenhausbetten/ Einwohner, davon 410.öffentlich 390.privat 20 1) 2012/11; 2) 2010 Quelle: Nationales Statistikamt INE Produktion/Branchenstruktur Die portugiesische Produktion von Medizintechnik beschränkt sich im Wesentlichen auf medizinische Verbrauchsmaterialien. Die Branche ist durch überwiegend kleinere und mittlere Handelsunternehmen oder regionale Vertriebsniederlassungen von multinationalen Konzernen gekennzeichnet. Auswahl führender Medizintechnikunternehmen in Portugal Unternehmen Produkte Internetadresse Bastos Viegas medizinisches Verbrauchsmaterial PMH Infusionssets, Drainagen, Monitoring Normax medizinische Glasprodukte Fapomed medizinische Bekleidung Quellen: MME LDA (MZ Group), AWO Außenhandel Vor allem die Krankenhäuser als Hauptabnehmer von medizintechnischen Erzeugnissen haben ihre Aufträge 2012 zurückgefahren. Auch die Nachfrage nach Medizintechnik aus Deutschland brach bei den meisten Positionen deutlich ein. Ausgenommen hiervon waren Röntgenapparate, deren Bezüge um 27,1% auf 16,1 Mio. Euro anstiegen, ferner Verbrauchsmaterialien wie Spritzen, Nadeln, Kanülen etc. (+30,1%) sowie Rollstühle (+15,9%) und Produkte der SITC-Position "Andere Instrumente, Apparate und Geräte" (+9,7%). Deutschland ist hinter Spanien das zweitwichtigste Bezugsland für Medizintechnik in Portugal. Die portugiesischen Exporte stiegen gegenüber dem Vorjahr um 29%. Wichtige Ausfuhrpositionen waren dentalmedizinische Produkte, Sterilisierapparate und Medizinmöbel. Einfuhr ausgewählter medizintechnischer Produkte nach Portugal (in Mio. Euro; Veränderung in %) SITC Produktgruppe Veränderung 2012/11 davon aus Deutschland Elektrodiagnoseapparate und -geräte 49,4 28,6 22,9-19,9 5, Röntgenapparate etc. 44,3 39,8 36,2-9,0 16, Sterilisierapparate 1,7 3,1 1,4-54,8 0, Rollstühle 6,0 6,7 6,4-4,5 2, Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g. 33,4 21,4 19,6-8,4 2, Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc. 66,1 59,7 56,3-5,7 8, Ophthalmologische Instrumente 22,9 20,2 18,1-10,4 2, Andere Instrumente, Apparate und Geräte 147,8 136,7 156,0 14,1 31,4

4 4 de Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc. 33,9 35,2 30,5-13,4 1, Medizinmöbel etc. 16,1 13,6 10,9-19,9 1, Orthopädietechnik, Prothesen etc. 156,9 148,0 149,3 0,8 13,0 Summe 578,5 513,0 507,6-1,1 84,4 Quelle: Eurostat Spanien ist wichtigstes Lieferland für Medizintechnik am portugiesischen Markt. Dieser Umstand ist unter anderem durch die Vielzahl von internationalen Unternehmen begründet, die in Spanien eine Niederlassung haben und von dort aus auch Portugal beliefern. Geschäftspraxis Medizinische Produkte und Ausrüstungen müssen bei der portugiesischen Zulassungsbehörde Infarmed registriert werden. Seit März 2010 ist eine verschärfte Meldepflicht in Kraft, wonach die Benachrichtigung an Infarmed 60 Tage vor Beginn der Vertriebsaktivitäten erfolgt sein muss. Hauptabnehmer von Medizintechnik in Portugal sind die Krankenhäuser. Rund 75% der medizintechnischen Ausrüstungen finden in den öffentlichen und privaten Krankenhäusern Anwendung. Die Beschaffung von Medizintechnik muss nicht, wie bei medizinischem Verbrauchsmaterial und Medikamenten, über den landesweiten Zentraleinkauf ACSS erfolgen, sondern geschieht auf regionaler Ebene. Sowohl Krankenhäuser als auch die regionalen Gesundheitsbehörden verfügen über eigene Einkaufsabteilungen. Aufträge unter Euro können ohne öffentliche Ausschreibung vergeben werden. Anschaffungen über Euro werden als öffentliche Ausschreibung "concurso público" über die Tageszeitung Diário da República ( oder die regionale Beschaffungsplattform unter verbreitet. Anschaffungen über Euro werden zusätzlich über die europäische Ausschreibungsdatenbank TED kommuniziert. Private Einrichtungen verfügen über eigene Einkaufsabteilungen, Ausschreibungen sind nicht erforderlich. Lieferanten von Medizintechnik beklagen die langen Zahlungsziele der öffentlichen Krankenhäuser. Die vertraglich üblichen 30 bis 90 Tage werden oft bei weitem überschritten. Die Regierung hatte 2009 eine Initiative ergriffen, wonach Zahlungsziele für öffentliche Stellen, das Gesundheitswesen eingeschlossen, auf ein Limit von 90 Tagen zur Begleichung von Rechnungen verpflichtet werden. Portugal ist ein Markt, der mithilfe eines lokalen Partners erschlossen werden sollte. Von einer Marktbearbeitung aus der Distanz oder über das Nachbarland Spanien wird abgeraten. Die Qualität und das Technologieniveau deutscher Erzeugnisse genießen im Land ein hohes Ansehen. Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der EU sind die Regelungen des Umsatzsteuer-Kontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern ( Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa die Website des Deutschen Instituts für Normung e.v. unter Kontaktadressen Bezeichnung Internetadresse Anmerkungen AHK Portugal Gesundheitsministerium Anlaufstelle für deutsche Unternehmen - Nationale Behörde für Medikamente und Medizinprodukte - Generaldirektion für Gesundheitswesen -

5 5 de 5 Portugiesischer Verband der Unternehmen im Medizintechnikbereich - Dieser Artikel ist relevant für: Portugal Gesundheitswesen allgemein, Medizintechnik, allgemein KONTAKT Karl-Heinz Dahm 0228/ Ihre Frage an uns VERWANDTE ARTIKEL Angolas Regierung will öffentliche Leistungen verbessern Zentralasien im Fokus - Chance und Herausforderung für deutsche Unternehmen, 2013 Lateinamerika-Konferenz 2013 USA sind weiterhin attraktiver Markt für Medizintechnik Branche kompakt - Medizintechnik - Argentinien, / GTAI/ Navigation/ DE/ Trade/ maerkte,did= html 2013 Germany Trade & Invest Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und vom Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.