die Vernachlässigung und/oder sexuellen Missbrauch erlebt haben, die Beziehungsabbrüche und/oder den Tod wichtiger Menschen erlebt haben,
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- Hedwig Kirchner
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1 Erziehungsstellen sozialpädagogische Pflegefamilien Erziehungsstelle: Was ist das? Erziehungsstellen sind besonders qualifizierte Pflegefamilien, bestehend aus den Personen, die mit dem Kind oder Jugendlichen zusammenleben und dem beratenden Fachdienst. Gesetzliche Grundlage ist hierfür der 33, Satz 2 SGB VIII. Erziehungsstellen werden in den unterschiedlichsten Lebensformen angeboten. Sie sind ressourcenabhängig von den individuellen Möglichkeiten der Personen. Durch familiäres Alltagsleben im Sinne eines verlässlichen Beziehungsangebotes sollen junge Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung zu einer eigenständigen Persönlichkeit gefördert werden. Diese Hilfe kann, entsprechend der gesetzlichen Vorgaben und der damit verbundenen Hilfeplanung, zeitlich befristet oder eine auf Dauer angelegte Lebensform in qualifizierter Familienpflege sein. Erziehungsstelle: Was für Kinder sind das? Es handelt sich um Kinder mit gravierenden Entwicklungsdefiziten oder Defiziten im sozialen, emotionalen und kognitiven Bereich, die einem erhöhtem Entwicklungsrisiko ausgesetzt sind/waren, z.b. durch Suchtoder psychische Erkrankungen eines Familienmitgliedes, mit physischen und psychischen Beeinträchtigungen, z. B. mit posttraumatischen Belastungsstörungen nach Misshandlungen, die Vernachlässigung und/oder sexuellen Missbrauch erlebt haben, die Beziehungsabbrüche und/oder den Tod wichtiger Menschen erlebt haben, die Delinquenz oder Gewalt in der Familie oder ihrem sozialen Umfeld erlebt haben, die bei der Verarbeitung und im Kontakt zu ihrer Herkunftsgeschichte und -familie starken psychischen Belastungen ausgesetzt sind. 1
2 Erziehungsstelle: Wie wird man das? Grundbedingungen für Bewerberfamilien: Erziehungsstellen sind professionelle Pflegefamilien. Sie brauchen eine pädagogische Berufsausbildung oder praktisch erworbene Professionalität, z. B. durch langjährige Erfahrung mit Pflegekindern, Bereitschaft zur Kooperation mit Jugendämtern. Formale Voraussetzungen: Eigenes Zimmer für das aufzunehmende Kind Polizeiliches Führungszeugnis Einkommensnachweis Gesundheitszeugnis Schulungs- und Vorbereitungsphase Kennenlern- und Informationsphase (Dauer des gesamten Verfahrens in der Regel sechs Monate) Telefonisches Informationsgespräch, Zusendung des Fragebogens zur persönlichen Lebenssituation und des allgemeinen Informationsmaterials Informationsgespräch im Fachdienst Nach Eingang des ausgefüllten Fragebogens an den Fachdienst und positiver Bewertung erfolgt der Eintritt in die Vertiefungsphase Persönliche Hausbesuche durch jeweils zwei Mitarbeiter/innen des Fachdienstes Seminare und Gespräche zu folgenden Themenstellungen: Motivation Ressourcen und individuelles Familienprofil 2
3 Öffentliche Familie sein, was bedeutet das? Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie Entwicklungsbeeinträchtigte Kinder / Jugendliche in Vollzeitpflege Rechtsgrundlagen Aufnahmewunsch: Der Platz in der Familie Auswertung der Informationen Zu- oder Absage durch den Fachdienst oder die Bewerberfamilien Beginn der möglichen Zusammenarbeit Wie kommt es zur Aufnahme eines Kindes? Anfrage eines Jugendamtes beim Fachdienst Individuelle Fallbesprechung im Team und mit den möglichen Erziehungsstellen Vorschlag einer geeigneten Erziehungsstelle durch den Fachdienst persönliches Gespräch zwischen Jugendamt, Fachdienst und Bewerberfamilie Kennen lernen und Anbahnungszeit Unter der Partizipation von Jugendamt, Fachdienst und der vorgeschlagenen Erziehungsstelle findet ein Gespräch mit den Sorgeberechtigten bzw. der Herkunftsfamilie statt. Es folgt der erste persönliche Kontakt zwischen Bewerberfamilie und Kind / Jugendlichem unter Begleitung aller Beteiligten. Die Phase der Anbahnung orientiert sich an der individuellen Hilfeplanung; sie dauert in der Regel zwischen zwei Wochen bis zu mehreren Monaten. Die Kontakte entwickeln sich kontinuierlich. Nach zunächst begleiteten, später unbegleiteten Besuchen, werden diese auf den familiären Bereich der Bewerberfamilie ausgebaut. Sind sich zu diesem Zeitpunkt alle Beteiligten über die geplante Aufnahme des Kindes / Jugendlichen sicher, kommt es zur Vermittlung des Kindes. 3
4 Was leistet der Fachdienst Erziehungsstellen? Auswahl und Qualifizierung von Erziehungsstellen und Gestaltung des Aufnahmeverfahrens, regelmäßige Beratung, Begleitung zu Gesprächen im Rahmen der Hilfeplanung, mit der Schule und der Herkunftsfamilie, Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Erziehungsstellen, z. B. durch regelmäßige Fort-bildungsangebote, externe Supervision für alle Erziehungsstellen, erhöhte Aufwandsentschädigung, Altersvorsorge-/ Entlastungspauschale, Administrative Aufgaben, wie Dokumentation und Berichtswesen, Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene im Rahmen von Seminararbeit. Die Arbeit des Fachdienstes Der Fachdienst Erziehungsstellen der Vitos Jugendhilfe Idstein gliedert sich in die Standorte Idstein, Wiesbaden, Darmstadt und Bensheim. Durch die Aufteilung in unterschiedliche Bereiche soll der Regionalität des Betreuungsbereiches sowie der Nähe zu den kooperierenden Jugendämtern Rechnung getragen werden. In Idstein und Wiesbaden wird schwerpunktmäßig der Bereich Mittelhessen betreut, Darmstadt und Bensheim nehmen die Betreuung der südund osthessischen Gebiete wahr. Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Fachdienstes verfügen über pädagogisch/ therapeutische Zusatzausbildungen. Der Betreuungsschlüssel beträgt 1:19. 4
5 Jugendseminare des Fachdienstes Erziehungsstellen Auch ein Pflegekind ist etwas wert! Auch aus mir kann etwas werden! (Michaela, 23, lebte von ihrem 10. bis 19. Lebensjahr in einer Erziehungsstelle, 1996) Es ist nicht der Fehler der Kinder, wenn sie nicht bei ihren Eltern leben können! (Esther, Sprecherin des internationalen Youth in Care Network, 1994) Kinder in öffentlicher Erziehung leben getrennt von ihrer leiblichen Familie, bei fremden Leuten. Oft fühlen sie sich in ihrem neuen Lebensumfeld fremd und anders. In ihrer Lebenswirklichkeit zwischen zwei Familien glauben sie sich alleine. Auf Anregung von Jugendlichen und Familien werden seit 1994 von den Mitarbeitern des Fachdienstes Erziehungsstellen Wochenendseminare für Jugendliche und junge Erwachsene aus Erziehungsstellen angeboten. Angesprochen sind sowohl die leiblichen Kinder der Erziehungsstellen als auch die angenommen Kinder und Jugendlichen. Die jungen Menschen haben hier unter Anleitung und mit verschiedenen Methoden u. a. aus der Theater-, der Gestaltpädagogik oder der systemischen Familienberatung die Möglichkeit, sich mit ihrer Lebenswirklichkeit und ihrer Identität auseinander zu setzen. 5
6 Die Arbeit in der Gruppe von jungen Menschen mit gleicher oder ähnlicher Lebenserfahrung wirkt entlastend und stärkt das Selbstbewusstsein. Sie ist oft Anstoß für Selbsthilfe. Die jungen Menschen schätzen den gemeinsamen Erfahrungsaustausch. Er bietet ein Forum, Vergangenes und Belastendes auszusprechen, eigene Gefühle wahrzunehmen und im Kontext der Biografie zu verstehen. Ziel ist es weiterhin, dass die Fachberater/innen mit den jungen Menschen ins Gespräch kommen und beide Seiten voneinander lernen können. Erfolge und Höhepunkte der Arbeit mit Jugendlichen Drei Theaterprojekte, die mit den jungen Menschen zu autobiografischen Themen erarbeitet wurden. Aufführungen gab es u. a. in Berlin ( PFAD ), Gelsenkirchen, Frankfurt, Marburg und bei einer internationalen Tagung in Ungarn (IFCO). Als Referenten/innen aus eigener Erfahrung bildeten sie in vielen Veranstaltungen unterschiedlicher Träger seit 1994 Fachleute aus der Jugendhilfe weiter. Sie diskutierten ihre Erfahrungen und Meinungen mit Pflege,- Adoptiv,- und Erziehungsstelleneltern bzw. Bewerbern. Themen der Jugendseminare (Auswahl): ICH BIN ICH, Kind in einer Erziehungsstelle, Pflege,- oder Adoptivfamilie Pflegekinder sind Wunschkinder! Über sieben Brücken musst du gehen Großwerden zwischen zwei Familien! Es war einmal! Die Geschichte meines Lebens. Wenn Pflegekinder Eltern werden Was wir Sozialarbeitern immer schon mal sagen wollten! "Was ich noch sagen wollte Theaterspielen als Ausdruck deiner Erfahrung! 6
7 Jugendliche formulieren ihre Erfahrungen und Forderungen an die Jugendhilfe und die aufnehmenden Familien: Jugendliche wollen beteiligt und angehört werden bei den Entscheidungen der Jugendhilfe. Z.B. bei Auswahl der künftigen Familie, Kontakten zur Herkunftsfamilie, Wahrheit und Klarheit. Stabiles Lebensumfeld, Grenzen und Vertrauen, Zuneigung und Zusammenhalt Respektieren statt Anklagen Zuhören statt zu viel Reden Fähigkeiten stärken, statt als arme Kinder behandelt zu werden Fragen und Wünsche ernst nehmen, denn das Schlimmste ist, wenn ich keine Antwort bekomme! 7
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