Reale Gase - kritischer Pumkt
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- Susanne Schmitt
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1 1 Reale Gase - kritischer Pumkt In diesem Versuch werden Isothermen eines realen Gases (Ethan oder Schwefelhexafluorid) im Temperaturbereich zwischen 10 C und 50 C vermessen und mit den Isothermen des nahezu idealen Gases Helium verglichen. Aus den Messungen werden die kritischen Größen des realen Gases (kritische Temperatur, kritischer Druck, kritisches Molvolumen) bestimmt und daraus dessen van der Waals-Parameter berechnet. Aus den Isothermen von Helium wird der absolute Temperatur-Nullpunkt bestimmt. Stichworte ideales Gas reales Gas van der Waals-Gleichung Virialgleichung universelle Gaskonstante R kritischer Punkt Kondensation Phasendiagramm Achtung Achtung Die Messapparatur enthält eine große Menge an Quecksilber. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass kein Quecksilber aus der Apparatur austritt. Deswegen dürfen Sie auf keinen Fall Drucke von mehr als 5 MPa (50 bar) einstellen. Bedenken Sie, dass nach vollständiger Kondensation des Gases in der dann nahezu inkompressiblen Flüssigkeit der Druck sehr rasch ansteigt. Arbeiten Sie mit Fingerspitzengefühl und halten Sie das Manometer immer im Auge! Äußerste Sorgfalt ist auch geboten beim Befüllen und Abpumpen der Gase. Überlassen Sie diese Tätigkeit auf alle Fälle Ihrem Assistenten oder Ihrer Assistentin! Theoretischer Teil Ideales und reales Gas Ein ideales Gas besteht aus Punktteilchen ohne Eigenvolumen, die - außer über elastische Stöße - nicht miteinander wechselwirken. Ein solches Gas gibt es in der Realität natürlich nicht, aber viele Gase bei Raumtemperatur verhalten sich nahezu ideal. Dazu gehören Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, die Edelgase und einige andere. Aufgrund der fehlenden Wechselwirkungen zwischen den Gasteilchen können ideale Gase nicht kondensieren. Der Zusammen
2 hang zwischen Druck p, Temperatur T und Molvolumen V m eines idealen Gases wird durch die Zustandsgleichung für das ideale Gas beschrieben: pvm = RT wobei die universelle Gaskonstante R den Wert 8,314 (1) J K mol besitzt. Für schwere Gase oder bei niedrigen Temperaturen beobachtet man deutliche Abweichungen vom idealen Verhalten. Es gibt verschiedene Ansätze zur Beschreibung des Verhaltens realer Gase. Eine allgemein Form bietet der Virialansatz, bei dem die Zustandsgleichung (1) des idealen Gases um druckabhängige Terme mit verschiedenen Potenzen von p erweitert wird: pvm = RT + Bp + Cp + Dp () wobei die Konstanten B, C, D usw. als Virialkoeffizienten bezeichnet werden. Häufig bricht man die Entwicklung nach dem Druck nach dem ersten druckabhängigen Glied ab und schreibt näherungsweise pvm = RT + Bp (3) Eine andere, häufig verwendete Näherung ist die van der Waals-Gleichung (p+ a )( V m b)=rt Vm (4) a die für kleine Drucke mit Gl. (3) identisch ist, wenn gilt: B=b RT. Obgleich nur empirisch erstellt, hat die van der Waals-Gleichung den Vorteil hoher Anschaulichkeit, da die van der Waals-Parameter a und b physikalisch interpretierbar sind. Das Kovolumen b beschreibt dabei das Eigenvolumen der Gasteilchen, und der Binnendruck Va beschreibt die Anziehungskräfte zwischen den Gasteilchen, die sich so auswirken, als ob das Gas einem erhöhten externen Druck ausgesetzt wäre. Trotz oder vielmehr wegen der Anschaulichkeit der van der WaalsParameter sollte man sich aber bewusst sein, dass diese lediglich einen beschreibenden Charakter besitzen. m In Abb. 1 sind die Isothermen für ein ideales und ein reales Gas nach der van der Waalsschen Zustandsgleichung für 5 verschiedene Temperaturen dargestellt. Das ideale Gas wird durch eine Schar monoton fallender Hyperbeln beschrieben, während das van der Waals-Gas zwar grundsätzlich das reale Verhalten besser beschreibt, dafür aber bei niedrigen Temperaturen ein unphysikalisches Verhalten aufweist, bei dem mit steigendem Molvolumen der Druck anstiege. Dieser Bereich ist durch die Kondensation des Gases gekennzeichnet und beschreibt die Koexistenz einer flüssigen und einer gasförmigen Phase. Tatsächlich folgt die Isotherme in diesem Bereich einer waagerechten Geraden bei konstantem Druck, dem Dampfdruck der Flüssigkeit bei der Temperatur der Isothermen. Erst wenn alle Flüssigkeit verdampft ist (auf der Niederdruckseite) oder wenn das gesamte Gas kondensiert ist (auf der Hochdruckseite), folgt die Isotherme wieder dem durch die van der Waals
3 3 Gleichung (3) beschriebenen Polynom. Dieses Verhalten fordert auch die Gibbssche Phasenregel, die für ein einkomponentiges, zweiphasiges System nur einen einzigen thermodynamischen Freiheitsgrad zulässt. Abb. 1: Isothermen für ein ideales Gas und ein van der Waals-Gas für 5 verschiedene Temperaturen mit T1 < T < T3 < T4 < T5. Abb. : Unphysikalischer Verlauf der Isotherme nach van der Waals und tatsächlicher Verlauf im ZweiPhasen-Koexistenzbereich von Gas und Flüssigkeit.
4 4 Kritische Isotherme und kritischer Punkt Zu hohen Temperaturen hin ist das Zweiphasen-Gebiet von der kritischen Isotherme begrenzt, die sich durch einen Wendepunkt mit einer waagerechten Tangente auszeichnet. Die kritische Temperatur ist die niedrigste Temperatur, für die die van der Waals-Isotherme keinen unphysikalischen Verlauf mehr im Zweiphasengebiet aufweist. Das bedeutet, dass oberhalb der kritischen Temperatur keine Druckverflüssigung mehr stattfinden kann. Solche Gase (oder Flüssigkeiten, denn die Unterscheidung zwischen Gas und Flüssigkeit gibt es hier nicht mehr) bezeichnet man als überkritische Fluide, die neben einem interessanten physikochemischen Verhalten auch hohes technisches Anwendungspotenzial beispielsweise als umweltfreundliche Lösungsmittel besitzen. Der kritische Punkt ist ein für jede Substanz charakteristischer Punkt, der durch die kritische Temperatur Tk, den kritischen Druck pk, das kritische Molvolumen Vk und die zugehörige kritische Dichte ρk gegeben ist. Abb. 3: p-v-phasendiagramm mit kritischem Punkt Ein Ziel des Versuchs ist die Bestimmung des kritischen Punktes und der zugehörigen kritischen Größen durch die Aufnahme von Isothermen unterhalb und oberhalb der kritischen Temperatur. Da die kritische Isotherme durch einen Wendepunkt mit waagrechter Tangente gekennzeichnet ist, lassen sich die kritischen Größen aus den van der Waals-Parametern berechnen und umgekehrt. Die waagerechte Tangente der kritischen p(v)-isotherme im kritischen Punkt drückt sich mathematisch dadurch aus, dass sowohl die erste Ableitung dp/dv als auch die zweite Ableitung dp/dv verschwinden. dp d p ( T )= (T )=0 dv k dv k (5)
5 5 Aus diesem Gleichungssystem lassen sich die van der Waals-Parameter a und b bestimmen: 9 a= R T k V k 8 und b= Vk 3 (6) Da die experimentelle Bestimmung des kritischen Molvolumens mit großen Unsicherheiten behaftet ist, ist zur praktischen Bestimmung der van der Waals-Parameter jedoch die Rückführung auf den kritischen Druck pk und die kritische Temperatur Tk besser geeignet: a= 7 R T k 64 p k und b= RT k 8p k (7) Allgemeine Gaskonstante und absoluter Temperatur-Nullpunkt Helium verhält sich auch bei relativ hohen Drucken noch in guter Näherung wie ein ideales Gas. Diese Eigenschaft kann in diesem Versuch ausgenutzt werden, um die universelle Gaskonstante R und den absoluten Nullpunkt der Temperatur zu bestimmen. Werden die hyperbolischen Isothermen 1 p=rt Vm (8) für verschiedene Temperaturen mit der Funktion y =A 1 x (9) angefittet,a so erhält man als Fit-Parameter die Größe A = RT. Wird A nun gegen die CelsiusTemperatur ϑ = T-T0 aufgetragen, so erhält man eine Gerade mit der Steigung R und einem yachsen-abschnitt RT0: A = RT = R(T0 + ϑ) = RT0 + Rϑ (10) Die Temperatur T0 ist diejenige Temperatur in Kelvin, für die ϑ = 0 ist, also die zu 0 C gehörende Kelvin-Temperatur. T0 ergibt sich dabei aus dem Quotienten zwischen Steigung und yachsen-abschnitt aus der linearen Regressionsanalyse der Beziehung (10). a Wenn Sie das Programm Origin zur Analyse verwenden, können Sie entweder eine entsprechende Fitfunktion selbst definieren oder die vordefinierte Funktion Rational4 verwenden, bei der Sie die Fitparameter a und c gleich 0 setzen.
6 6 Ausführung und Auswertung der Messung In der Apparatur zur Messung des kritischen Punkts (s. Abb. 4) werden die notwendigen hohen Drucke erzeugt, indem mittels eines Handrads Quecksilber in eine thermostatisierbare Kapillare hineingepresst wird, in der sich das zu untersuchende Gas befindet. Der in der Kapillare herrschende Druck wird an einem Manometer abgelesen, das Gas- bzw. Flüssigkeitsvolumen in der Kapillare mit einer an der Kapillare angebrachten Volumenskala. Ein Kryobzw. Thermostat sorgt für isotherme Bedingungen. Bei der Kompression des Gases ist darauf zu achten, dass die Druckwerte erst nach Einstellung des thermischen Gleichgewichts in der Kapillare abgelesen werden. Werden die Druckänderungen zu schnell vorgenommen, findet eine adiabatische Erwärmung des Gases in der Kapillare statt, und es muss mit der Druckmessung erst abgewartet werden, dass sich das Gas wieder auf die Temperatur der Thermostatflüssigkeit abgekühlt hat. Abb. 4: Apparatur zur Bestimmung des kritischen Punkts. 1: Kompressions- und Messkapillare, : Thermostatisierung, 3: Schlauchanschluss zum Thermo-/Kryostaten, 4: quecksilbergefüllte Druckkammer, 5: Handrad zur Druckregulierung in der Kapillare, 6: Manometer, 7: Einlassventil zur Befül lung mit dem Messgas, 8: Anschlussgewinde für Druckgasflasche, 9: Auslassventil zum Abpumpen des Messgases Vermessen Sie die Isothermen von Helium bei 10 C, 30 C und 50 C und von Schwefelhexafluorid oder Ethan bei 10 C, 0 C, 30 C, 40 C und 50 C, sowie zusätzlich bei 35 C für Ethan bzw. bei 45 C für Schwefelhexafluorid, indem Sie den Druck des Gases bzw. des GasFlüssigkeits-Gemisches in Abhängigkeit vom zur Verfügung stehenden Volumen bestimmen.
7 7 Wenden Sie sich zum Befüllen und Entleeren der Apparatur an Ihren Assistenten! Überschreiten Sie niemals einen Druck von 5 MPa! 1) Ermittlung der eingesetzten Stoffmengen und der Molvolumina Bestimmen Sie zunächst die Stoffmengen der untersuchten Gase. Dazu benutzen Sie zweckmäßigerweise die Messpunkte bei der höchsten Temperatur und beim niedrigsten Druck. Hier können Sie in guter Näherung ideales Verhalten der Gase annehmen. Mit der so ermittelten Stoffmenge können Sie nun aus den eingestellten Volumina an der Messapparatur die zugehörigen Molvolumina bestimmen. ) Graphische Darstellung der Isothermen Stellen Sie für jedes Gas die gemessenen Isothermen in einem Graphen dar, indem Sie den gemessenen Druck gegen die im vorhergehenden Schritt bestimmten Molvolumina auftragen. 3) Temperatur-Nullpunkt und allgemeine Gaskonstante Passen Sie Hyperbeln (y = a/x, mit y = p, a = RT und y = V m) an die Isothermen von Helium an. Tragen Sie den Parameter a gegen die Temperatur in Celsius auf und bestimmen Sie die Celsius-Temperatur des absoluten Nullpunkts sowie die allgemeine Gas-Konstante mittels einer linearen Regressionsanalyse. 4) Kritische Größen Ermitteln Sie für die kritischen Isothermen Ihres realen Gases den kritischen Druck und das kritische Molvolumen. Gegebenenfalls müssen Sie dafür zwischen den gemessenen Isothermen interpolieren. 5) van der Waals-Parameter Bestimmen Sie aus den kritischen Größen die van der Waals-Parameter a und b und schätzen Sie aus dem Kovolumen b den Radius des Moleküls ab. Nehmen Sie dazu eine kugelförmige Gestalt des Moleküls an. 6) Ermitteln Sie für alle berechneten Werte den experimentellen Fehler und vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit den Literaturwerten.
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