Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. G:Amen.

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1 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. G:Amen. Nun ist es also so weit. Meine letzte Predigt in dieser Gemeinde, meine letzte Predigt als ihre Vikarin darf ich nun halten. Darf ich? Oder muss ich? Oder darf ich müssen? Sie merken es schon, das kleine Wortspiel drückt es aus, die gemischten Gefühle, die sich damit verbinden. Ich muss sie halten - weil ich mich hier in dieser Gemeinde, bei ihnen, den Menschen, sehr wohl fühle und eigentlich gerne noch ein bisschen bleiben würde und trotzdem gehen muss. Ich darf sie halten weil das nun mal von vorneherein klar war, dass das Vikariat nur zwei Jahre sein soll und ich froh und dankbar bin, dass alle Prüfungen bestanden sind und ich nicht in die Verlängerung muss. - Weil ich gespannt bin auf das, was nun vor mir liegt: ich gehe nun für ein halbes Jahr ans konfessionskundliche Institut gehe und bin sehr gespannt darauf, wo ich danach eine Pfarrstelle bekommen werde. Für mich persönlich ist diese letzte Predigt hier auch ein Teil eines Aufbruchs in eine neue Zeit. Und somit passt eine letzte Predigt wunderbar zu diesem Sonntag, an dem wir in das neue Kirchenjahr aufbrechen. Mit dem ersten Advent beginnt es, das neue Kirchenjahr und gleichzeitig beginnt damit ganz offiziell die Advents- und Weihnachtszeit. Auch wenn der Weihnachtsmarkt unten auf dem Marktplatz schon seit Montag geöffnet ist und man auf dem Weg zur Kasse im Supermarkt schon seit Wochen mit dem Einkaufswagen um Lebkuchentürme und Weihnachtsschokoladenberge kurven muss. Heute haben wir die erste Kerze am Adventskranz angezündet. Hoffnungen und Sehnsüchte nach etwas diffus anderem scheinen sich in dieser Zeit zu bündeln. Und das unabhängig davon ob wir uns als sehr gläubige Menschen bezeichnen oder eher nicht.

2 Die Hoffnung danach, dass Weihnachten wieder alle zusammenkommen und es schön gemütlich und fröhlich wird. Die Hoffnung danach, dass es diesmal nicht zum Streit unterm Weihnachtsbaum kommt. Die Hoffnung, dass sich friedliche Weihnachten realisieren lassen in unserer Welt mit ihren Krisen und Konflikten. In diesen Wochen liegt etwas in der Luft, nicht nur der Duft von Plätzchen und Glühwein. Advent, das meint, dass etwas auf uns zukommt, ein wichtiges Ereignis für uns persönlich und für die ganze Welt: Der Herr selbst ist nahe, Jesus Christus. Und wie eine Weihnachtskarte kommt der Briefausschnitt des Paulus zu uns, der heutige Predigttext, hinein in die geschäftige Zeit der Vorbereitung auf das wichtige Ereignis. Ich lese aus dem Brief des Paulus an die Römer, Kapitel 13: 8Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt. 9Denn was da gesagt ist (2.Mose 20,13-17):»Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht begehren«, und was da sonst an Geboten ist, das wird in diesem Wort zusammengefasst (3.Mose 19,18):»Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.«10die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung. 11Und das tut, weil ihr die Zeit erkennt, nämlich dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden. 12Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts. Es wird etwas passieren, das klingt in dem Brief an. Etwas, was die Welt verändert.

3 Die Christen in Rom, an die der Text ursprünglich gerichtet war, erwarteten die endgültige Wiederkunft Christi. Wir, Christen in Herborn, erwarten das Weihnachtsfest, die Ankunft des Menschensohnes auf der Erde. Uns, den Christen damals und heute, ist gemein, dass wir von Gott etwas erwarten. Dass wir eine Veränderung erwarten, dass ein Aufbruch möglich ist. Endlich ist die Zeit da. Das berührte die Christen damals und es rührt uns hier und heute an. Wir bereiten uns darauf vor, dass etwas geschieht. Paulus schickt uns seine Weihnachtskarte in diese Vorbereitung hinein. Aber er gibt keinen Katalog mit, was man noch alles machen soll, in der Zeit der Vorbereitung. Kein Tu noch dies, tu noch das. Eine einzige Anweisung gibt er: Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt, weil die Liebe dem Nächsten automatisch nichts Böses tut. Er fordert uns heraus. Denn er erwartet eine bestimmte innere Haltung von uns. Und das ist vielleicht schwerer umzusetzen, als wenn er uns einen Katalog mit 10 Punkten gegeben hätte, die wir nur abhaken müssen. Einander lieben, weil die Liebe dem Nächsten automatisch nichts Böses tut. Mich spricht das an, berührt mich ganz tief. Vielleicht, weil ich genau auf solch eine Haltung der Zugewandtheit, der Liebe zum Nächsten warte? Gerade im Advent und an Weihnachten mir einen Moment des Friedens erhoffe? Das wenigstens einen Moment nichts Böses passiert, weder mir noch anderen? In all seinen Gedanken stellt Paulus die Liebe als das Maß einer menschenfreundlichen Christenheit vor Augen. Die Liebe tut dem Nächsten nichts Bösen, wer in der Liebe lebt, hat die Gebote erfüllt, wer aus der Liebe heraus handelt, macht nichts falsch. Das sind schöne Worte und eine gute Handlungsanweisung.

4 Und trotzdem erleben und erleiden so viele dann doch, dass sie an der Liebe scheitern. Blitzschnell schieben sich Egoismen und Aggressionen darein, blitzschnell erleben wir, was Paulus wortwörtlich benennt, dass Streit etwa oder Eifersucht auf die Liebe eindreschen und sie kaputt machen. Seid niemanden etwas schuldig, außer, dass ihr euch untereinander liebt. So einfach gesagt, so schwer erfüllt; Liebe, ein einfaches Wort und eine schönschwierige Tat. Und gerade deswegen ist es gut, dass wir mit diesem Brief in die Adventszeit starten. Dass wir uns daran versuchen, an der Liebe. Liebe üben, die Waffen des Lichts anlegen und mit ihnen hineingehen und hineinleuchten in das Dunkle der Welt, in die Krisen und die Unglücke auf dieser Erde. Denn anders als die Kriegswaffen dieser Erde bringen diese Waffen des Lichtes bringen den Tod, sondern das Leben. Sie flößen keine Angst ein, sondern Hoffnung. Es ist Licht, das Paulus vor Damaskus sieht und aus dem die Stimme spricht: Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Es ist das Licht, von dem Jesus nach Johannes sagt: Ich bin das Licht der Welt. Legt die Waffen des Lichts an und zieht an den Herrn Jesus Christus an. So geht es in dem Brief des Paulus weiter. Das erinnert an alte Taufliturgie mit an, nach der die Täuflinge nach dem dreifachen Untertauchen aus dem Bad der Taufe stiegen und ein neues Gewand umgelegt bekamen. Wer getauft ist, tritt mit Christus hinaus in die Welt, ist erfüllt von seiner Liebe. Mit allen Widersprüchen und Spannungen sind wir durch die Taufe angenommen, es gilt das Ja, du bist mein. Erfüllt von dieser Liebe sind wir gerüstet diese Liebe weiterzugeben. Nicht (nur), indem wir soziale Apelle äußern und zum Liebes-Endspurt am Jahresende ansetzen, sondern indem wir immer und immer wieder unsere eigene Haltung zum Nächsten hinterfragen und verändern. Der Grund des Heils und der Liebe liegt in Jesus Christus, das Licht ist schon da. Nehmen wir es und leuchten in das Dunkel der Welt.

5 Seid niemanden etwas schuldig, außer, dass ihr euch untereinander liebt und Liebe weitergebt. So einfach gesagt, so schwer erfüllt; Liebe, ein einfaches Wort und eine schön-schwierige Tat. Und wie notwendig sie ist, hat Hanns Dieter Hüsch gedichtet: (Gedicht: Hanns Dieter Hüsch Ich setze auf die Liebe) Ja, es ist ein appelativer Text, den Paulus in unsere Weihnachtssehnsüchte hineinsendet. Und wenn Lebkuchentürme und Weihnachtsschokoladenberge Ausdruck dieser Sehnsüchte sind, dann sind sie gut, weil sie uns daran erinnern können, worauf wir hinstreben. Und dann ermutigt uns Paulus Weihnachtsbrief dazu: Setzt auf die Liebe als Geisteshaltung. Es geht um nicht mehr als das aber auch nicht um weniger. Zu dieser Haltung sind wir befähigt weil Jesus an Weihnachten angekommen ist und Mensch geworden ist. Er ist der Grund, der uns verbindet und uns verbindet an allen Orten und über alle Zeiten hinweg. Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. G: Amen