VL Organisationspsychologie
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- Wilhelmine Schreiber
- vor 7 Jahren
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1 Institut für Psychologie Organisations- und Wirtschaftspsychologie Prof. Dr. Bertolt Meyer VL Organisationspsychologie 10.: Organisationsklima und -Kultur
2 Klima Klima (Wetterkunde): längerfristige durchschnittliche, für eine Region charakteristische Wetterlage. 2
3 Betriebsklima Definition: Unter dem Begriff Betriebsklima wird gewöhnlich die Stimmung oder die Atmosphäre verstanden, die für einen ganzen Betrieb oder seine Teileinheiten typisch ist und von den Mitarbeitern bewertet wird. Basiert auf den Hawthorne-Studien Human Relations: Steigerung der Leistung durch verbesserte Stimmung im Betrieb 3
4 Human Relations: Steigerung der Leistung durch verbesserte Stimmung im Betrieb 4
5 Vom Betriebs- zum Organisationsklima Betriebsklima ist mit der Human-Relations-Bewegung verbunden Human-Relations-Ansatz: Menschliches erleben und Verhalten wird durch andere Personen beeinflusst (personengebunden) Kritik: Vernachlässigt strukturelle Aspekte der Organisation und erzeugt Manipulationsverdacht 5
6 Die Feldtheorie von Kurt Lewin Ursprünglich an der Universität Berlin (heute HU Berlin), emigrierte 1933 in die USA Fokus auf der subjektiven Wahrnehmung eines Menschen, nicht auf objektiver Analyse Der Mensch wird von seiner wahrgenommenen (sozialen) Umwelt, dem psychologischen Feld, beeinflusst: Person Situation Kognition Motivation 6
7 Vom Betriebs- zum Organisationsklima Organisationsklima thematisiert demnach nicht allein soziale Aspekte im Betrieb, sondern berücksichtigt sämtliche für die Mitarbeiter relevanten Merkmale der Organisation: Kollegen Vorgesetzte Aufbau- und Ablauforganisation Information und Mitsprachemöglichkeiten Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen Interessenvertretung betriebliche Leistungen uvm. 7
8 Vom Betriebs- zum Organisationsklima Betriebsklima: Bewertung der Organisation durch die Mitarbeiter Organisationsklima: Von den Mitarbeitern geteilte Wahrnehmung der betrieblichen Bedingungen wie die MA ihren Betrieb sehen Definition: Organisationsklima ist definiert als die relativ überdauernde Qualität der inneren Umwelt der Organisation, die durch die Mitglieder erlebt wird, ihr Verhalten beeinflusst und durch die Werte einer bestimmten Menge von Merkmalen der Organisation beschrieben werden kann (von Rosenstiel & Nerdinger, 2011, S. 371) 8
9 Abgrenzung des Organisationsklimas von anderen Konstrukten 9
10 Messung und Interpretation des Organisationsklimas 10
11 Messung des Organisationsklimas hier im Hörsaal (Skala Betrieb als Ganzes allgemeines Organisationsklima) ow.ly/frklf 11
12 Interpretation der Werte 12
13 Wirkung des Organisationsklimas: Meta-Analyse von Carr et al. (2003) Basiert auf den Klimadimensionen nach Ostroff (1993): Die affektive Facette: alle Dimensionen, die die sozialen Beziehungen und das soziale Involvement der Mitarbeiter ansprechen (Partizipation, Wärme, soziale Belohnungen und Kooperation) Die kognitive Facette: alle Dimensionen, die auf das Selbst und die eigene Entwicklung bezogen sind (das persönliche Wachstum, Innovation, Autonomie und intrinsische Belohnungen) Die instrumentelle Facette: alle Dimensionen, die das Involvement in die Aufgabe und die Arbeitsprozesse betonen (Hierarchie, die Struktur des Unternehmens, extrinsische Belohnungen und die Leistungsdimensionen) 13
14 Wirkung des Organisationsklimas: Meta-Analyse von Carr et al. (2003) 14 Abb Endgültiges Pfadmodell der Metaanalyse von Carr et al. (2003); die Ziffern an den Pfeilen bezeichnen standardisierte Regressionskoeffizienten; alle Koeffizienten sind signifikant für p < 0,05. (Copyright 2003 by the American Psychological Association. Reproduced with permission. The use of APA information does not imply endorsement by APA.)
15 Fokus des Klimas: Das Beispiel Dienstleistungsklima Die traditionelle Forschung geht davon aus, dass in einer Organisation ein bestimmtes Klima herrscht Neuere Untersuchungen unterscheiden unterschiedliche Klimaarten nach dem strategischen Fokus des Klimas, z.b. Dienstleistung (engl. service ): Definition: Das Dienstleistungsklima reflektiert die Bedeutung, die aus Sicht der Mitarbeiter die Organisation der Politik, den Praktiken und Prozeduren mit dem Ziel der Unterstützung der von den Mitarbeitern angebotenen Dienstleistungen beimisst, sowie die Wahrnehmung, dass die Organisation serviceorientiertes Verhalten der Mitarbeiter erwartet bzw. es belohnt und unterstützt. 15
16 Antezedenzen und Konsequenzen des Dienstleistungsklimas Abb Antezedenzen und Konsequenzen des Dienstleistungsklimas; alle Pfade signifikant bei mindestens p.05. (Nach Salanova et al., Copyright 2005 by the American Psychological Association. Reproduced with permission. The use of APA information does not imply endorsement by APA.) 16
17 Antezedenzen und Konsequenzen des Dienstleistungsklimas S in Salanova, M., Agut, S., & Peiró, J. M. (2005). Linking organizational resources and work engagement to employee performance and customer loyalty: The mediation of service climate. Journal of Applied Psychology, 90, doi: /
18 Organisationskultur Die Begriffe Organisationsklima und Organisationskultur werden häufig synonym verwendet Das wird ihrer Bedeutung nicht gerecht Unter Organisationskultur versteht man das von den Mitgliedern einer Organisation geteilte System von Werten und Normen, durch das sich die Organisationsmitglieder von Nicht- Organisationsmitgliedern unterscheiden. So machen wir das hier. (Bright & Parkin, 1997) 18
19 Bestimmungsstücke von Organisationskultur Insgesamt der von Menschen geschaffenen + weitergegebenen Inhalte und Gestaltungen Zeit- und gruppenspezifisch (charakteristisch) Weithin akzeptiert, stimmig und von allen geteilt Ergebnis und Mittel sozialer Interaktion Erfassen und durchdringen den gesamten Lebensprozess in Organisationen 19
20 Symptome der Unternehmenskultur nach Neuberger (1989) Verbale Interaktionale Artifizielle Geschichten Mythen Anekdoten Parabeln Legenden, Sagen, Märchen Slogans, Mottos, Maximen, Grundsätze Sprachregelungen Jargon, Tabus Lieder, Hymnen Riten, Zeremonien, Traditionen Feiern, Festessen, Jubiläen Conventions Konferenzen, Tagungen Vorstandsbesuche, Revisorenbesuche Organisationsentwicklung Auswahl und Einführung neuer MA; Beförderungen Beschwerden Magische Handlungen (Mitarbeiterauswahl, Strategische Planung etc.) Tabus Statussymbole Abzeichen, Embleme, Geschenke, Fahnen Logos Preise, Urkunden, Incentive-Reisen Idole, Totems, Fetische Kleidung, äußere Erscheinung Architektur, Arbeitsbedingungen Plakate, Broschüren, Werkszeitungen 20
21 Beispiel für artifizielle Symptome der Unternehmenskultur: Campus von Google (Mountain View, CA) 21
22 Modell der Organisationskultur von Schein (1985, 2010) Nach Schein (2010) ist Organisationskultur ein Muster gemeinsam geteilter, grundlegender Annahmen, die von einer Gruppe bei der Lösung von Problemen der Anpassung an die Umwelt sowie der Integration ihrer Mitglieder gelernt wurden, die sich als hinreichend erfolgreich bei der Lösung dieser Probleme erwiesen haben und neuen Mitgliedern als die richtige Art und Weise, in der solchen Problemen zu begegnen ist, gelehrt wird. 22
23 Ebenen der Organisationskultur nach Schein (2010) Artefakte, Schöpfungen Technologie Kunst Verhaltensmuster Sichtbar, aber oft nicht entzifferbar Werte Überprüfbar (Realität, intersubjektiv) Höhere Ebene des Bewusstseins Grundlegende Annahmen Umweltbeziehungen Menschliche Natur Soziale Handlungen Soziale Beziehungen Als selbstverständlich vorausgesetzt, unsichtbar, unbewusst 23
24 Die Eisbergmetapher der Organisationskultur Das Symbolsystem, Sprache, Rituale, Kleidung, Umgangsformen ist der Teil des Eisbergs, den man sehen kann Die zugrunde liegenden Annahmen, Werte und Normen sind die wichtigen großen Dinge, die man nicht sehen kann 24
25 Kultur: Erlernte Annahmen und Überzeugungen in vier Bereichen Beziehung zur Umwelt: Dominanz (die Organisation prägt der Umwelt ihren Willen auf), Unterwerfung (die Organisation muss sich nach der Umwelt richten), Harmonie (die Organisation steht in Einklang mit der Umwelt) oder als etwas anderes? Natur der Wirklichkeit: Sprach- und Verhaltensregeln, die festlegen, was als wirklich gilt und was nicht Natur der menschlichen Tätigkeit: Was ist das richtige Verhalten in Bezug auf die ersten beiden Annahmen aktiv handeln oder passiv abwarten, bis etwas geschieht? Natur der menschlichen Beziehungen: Was ist die richtige Art und Weise des Umgangs zwischen den Mitgliedern einer Organisation kooperativ, konkurrenzorientiert, individualistisch oder steht die Gemeinschaft über dem Einzelnen? 25
26 Kultur und Organisationserfolg Schwierig: Organisationskultur mittels Fragebogen erheben: Auf welche Ebene der Kultur sollte der Fokus gelegt werden (z. B. Mythen, Geschichten, Werte, Verhalten etc.)? Welche Analyseeinheit soll gewählt werden (Subkulturen in der Organisation oder die ganze Organisation)? Auf welche inhaltliche Dimension sollte man sich konzentrieren (z. B. Erfahrungen der Mitarbeiter, Sozialisationstaktiken, Führungsverhalten etc.)? 26
27 Meta-Analyse der Organisationskulturforschung, die auf dem Competing-Values-Ansatz basieren (Hartnell et al., 2011) Der Competing-Values-Ansatz von Quinn und Rohrbaugh (1983): Organisationen sind durch zwei orthogonale Wertedimensionen charakterisiert: Struktur (flexibel vs. stabil) und Fokus (intern vs. extern) Clan-Kultur Hierarchie Adhocracy Markt-Kultur 27
28 Meta-Analyse der Organisationskulturforschung, die auf dem Competing-Values-Ansatz basieren (Hartnell et al., 2011) Clan-Kulturen erzeugen mehr Arbeitszufriedenheit und Commitment im Vergleich zu Markt- und Adhocracy-Kulturen Markt-Kulturen korrelieren stärker mit subjektiven Innovationen als Clan- Kulturen, aber auch verglichen mit Adhocracy- Kulturen Markt-Kulturen haben die höchsten Korrelationen mit der Qualität der Produkte und der Dienstleistungen Markt-Kulturen haben die höchsten positiven Korrelationen mit subjektiven und objektiven Kriterien der finanziellen Effektivität Organisationen, die auf allen vier Kulturtypen überdurchschnittlich ausgeprägt sind, sind auch in allen erhobenen Effektivitätskriterien überdurchschnittlich erfolgreich 28
29 Zusammenfassung 1/2 Organisationsklima ist die relativ überdauernde Qualität der inneren Umwelt der Organisation, die durch die Mitglieder erlebt wird, ihr Verhalten beeinflusst und durch die Werte einer bestimmten Menge von Merkmalen der Organisation beschrieben werden kann. Nach einer Facettenanalyse wird das Organisationsklima -auf der Ebene des sozialen Aggregats der Gruppe oder der ganzen Organisation erhoben. Das Klima einer Organisation hat Auswirkungen auf die Leistung der Mitarbeiter, ihr subjektives Wohlbefinden und ihr Rückzugsverhalten. Das Klima wirkt vermittelt über die Arbeitszufriedenheit und die Bindung an die Organisation. In den letzten Jahren wird das Klima vor allem mit Blick auf einen bestimmten Fokus untersucht, wobei das Dienstleistungsklima besonderes Interesse gefunden hat. Das Dienstleistungsklima vermittelt zwischen den wichtigsten Praktiken des Human- Resource-Managements und dem ökonomischen Erfolg 29
30 Zusammenfassung 2/2 Das Konzept der Organisationskultur beschreibt tief verankerte Werte und Annahmen, die häufig nicht bewusst sind Eine Organisation lässt sich wie eine Minigesellschaft betrachten, die ihre eigene Geschichte hat, eine spezielle Sprache ausbildet, in der bestimmte Rituale und Zeremonien entstehen und die durch eigene Artefakte gekennzeichnet ist. Im Modell von Schein werden drei Ebenen unterschieden: Grundlegende Annahmen bilden den Kern der Organisationskultur, daraus leiten sich die Werte einer Organisation ab, die sich in den verschiedensten Artefakten objektivieren. Empirische Studien zum Competing-Values-Ansatz zeigen, dass Merkmale der Organisationskultur systematisch mit dem Erfolg des Unternehmens zusammenhängen. 30
31 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prüfungsliteratur zur heutigen VL: Nerdinger, F. W. (2014). Organisationsklima und Organisationskultur. In F.W. Nerdinger, G. Blickle & N. Schaper (Hrsg.), Arbeits- und Organisationspsychologie (3. Aufl., S ). Berlin: Springer. doi: / _11 31
11 Organisationsklima und Organisationskultur
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