Vorlesung Datenschutzrecht. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/2012 1
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- Justus Beck
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1 Vorlesung Datenschutzrecht Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/2012 1
2 Vorlesung Datenschutzrecht Analyse genetischer Daten & Datenschutz Hajo Köppen Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/2012 2
3 Fall 1 Herrn Müller quält seit geraumer Zeit der Gedanke, dass eines seiner in der Ehe geborenen Kinder nicht von ihm ist. Da er weder gegenüber seiner Frau noch dem Kind diesen Verdacht äußern will, entschließt er sich für einen heimlichen Vaterschaftstest mittels einer Analyse seiner und der DNA des Kindes. Zu diesem Zweck schickt er die Zahnbürste, ein von dem Kind benutzten Kaugummi sowie ein genutztes Taschentuch an ein auf DNA- Analysen spezialisiertes Labor. Die Untersuchung ergibt, dass er nicht der Vater des Kindes ist. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/2012 3
4 Fall 2 Frau Schmidt bewirbt sich bei einem Unternehmen um eine unbefristete Arbeitsstelle. Im Bewerbungsgespräch wird ihr mitgeteilt, dass das Unternehmen für eine Entscheidung über die Einstellung auf einer genetischen Untersuchung besteht. Frau Schmidt willigt in die Untersuchung nicht ein. Daraufhin wird ihr mitgeteilt, dass sie den Arbeitsplatz nicht bekommt. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/2012 4
5 Fall 3 Herr Schneider, 30 Jahre alt, möchte eine Lebensversicherung in Höhe von abschließen. Das Versicherungsunternehmen verlangt von Herrn Schneider die Vorlage der Ergebnisse einer genetischen Untersuchung um die Versicherungsrisiken besser einschätzen zu können. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/2012 5
6 Drei Fragen Warum entwickelte sich Anfang der 70er Jahre das Datenschutzrecht als neues Rechtsgebiet? Welche Daten schützt der Datenschutz? Was hat Technik mit (Datenschutz)recht zu tun? Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/2012 6
7 BVerfG zum katalogisierten Menschen Es ist mit der Menschenwürde nicht vereinbar, einen Menschen in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren, (...) und ihn damit wie eine Sache zu behandeln, die einer Bestandsaufnahme in jeder Beziehung zugänglich ist. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom , BVerfGE 27, 1 ff. (6) Mikrozensus Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/2012 7
8 Neue Möglichkeiten und Gefahren neuer Technologie Die moderne Informationstechnologie lädt geradezu ein, die örtlich und sachlich gezogenen Grenzen ihrer Anwendung aufzuheben, die Enge und Isoliertheit von Ressorts aufzulösen, innerstaatliche und nationale Grenzen zu überwinden und Wissen in immer größerer werdenden Speichern zu sammeln. Die Grenzenlosigkeit der Informationsverarbeitung würde es gestatten, das Individuum auf seinem langen Lebensweg zu begleiten, von ihm laufend Momentaufnahmen, Ganzbilder und Profile seiner Persönlichkeit zu liefern, es in allen Lebensbereichen, Lebensformen, Lebensäußerungen zu registrieren, zu beobachten, zu überwachen und so die gewonnenen Daten ohne die Gnade des Vergessens ständig präsent zu haben. Die Gefahren des Großen Bruders sind nicht mehr bloß Literatur. Sie sind nach dem heutigen Stand der Technik real. Horst Herold, Polizeiliche Datenverarbeitung und Menschenrechte, Recht und Politik 2/1980, Seite 79 (80 f.) Der Aufsatz von H. Herold setzt sich kritisch mit den möglichen Auswirkungen der neuen Informationstechnologie auf die Freiheits- und Menschenrechte auseinander und plädiert für eine normative Begrenzung der Technologieanwendung. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/2012 8
9 BVerfG im Volkszählungsurteil Individuelle Selbstbestimmung setzt aber - auch unter den Bedingungen moderner Informationsverarbeitungstechnologien - voraus, daß dem Einzelnen Entscheidungsfreiheit über vorzuneh-mende oder zu unterlassende Handlungen einschließlich der Möglichkeit gegeben ist, sich auch entsprechend dieser Entscheidung tatsächlich zu verhalten. Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffende Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/2012 9
10 BVerfG im Volkszählungsurteil Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. Wer damit rechnet, daß etwa die Teilnahme an einer Versammlung oder einer Bürgerinitiative behördlich registriert wird und daß ihm dadurch Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte (Art 8, 9 GG) verzichten. Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung ei-nes auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
11 Neue Technologie, neue Qualität der Datenverarbeitung, neue Gesetze! Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
12 Ständig neue Herausforderungen der Informationsgesellschaft Rasante Entwicklung der IT und der Biotechnologie: schneller, kleiner, mehr, differenzierter. Absehbare Entwicklung: Vollsequenzierung der Gene eines Menschen für ca Dollar Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
13 Besonderheit genetischer Daten Schicksalhaftigkeit (Recht auf Nichtwissen?). Anonymisierung praktisch nicht möglich. Prognosedaten mit Wahrscheinlichkeitscharakter. Aussagekraft bzgl. Verwandten/Familie. Nur feststellbar über komplexes tech. Verfahren. Regelmäßig hohe Sensibilität und Aussagekraft. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
14 Verwendung der Analyseinformationen Familienplanung (z.b. Pränataldiagnostik) Krankheitsprävention (Arbeitsplatz, Ernährung) Privilegierung dank Disposition (Arbeit, Versicherung) Wissen über sich selbst (Ahnen- u. Familienforschung) Strafverfolgung (Tatortspurenzuordnung) Identifizierung, Zuordnung und Bewertung in der Medizinische Forschung (Diagnostik, Epidemiologie) Medizinische Behandlung Arbeitsplatz, Versicherung, Vaterschaftstests etc. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
15 Daten! Beim Datenschutz geht es ausschließlich um personenbezogenen Daten, also um Informationen über Einzelpersonen. Das sind z.b. so harmlose Daten wie Name, Anschrift, Geburtsdatum, Matrikelnummer usw.; aber auch sensitive Informationen wie Krankheiten, Sexualleben, rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen. Warum werden auch harmlose Daten geschützt? Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
16 Genanalyse = neue Technologie Genetische Informationen sind hochsensible personenbezogene Daten! Gesetz über genetische Untersuchung bei Menschen (Gendiagnostikgesetz GenDG), in Kraft seit dem 1. Februar Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
17 Fall 1 Herrn Müller quält seit geraumer Zeit die Befürchtung, dass eines seiner in der Ehe geborenen Kinder nicht von ihm ist. Da er weder gegenüber seiner Frau noch dem Kind diesen Verdacht äußern will, entschließt er sich für einen heimlichen Vaterschaftstest mittels einer Analyse seiner und der DNA des Kindes. Zu diesem Zweck schickt er die Zahnbürste, ein von dem Kind benutzten Kaugummi sowie ein genutztes Taschentuch an ein auf DNA- Analysen spezialisiertes Labor ein. Die Untersuchung ergibt, dass er nicht der Vater des Kinde ist. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
18 17 Genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstammung (1) Eine genetische Untersuchung zur Klärung der Abstammung darf nur vorgenommen werden, wenn die Person, deren genetische Probe untersucht werden soll, zuvor über die Untersuchung aufgeklärt worden ist und in die Untersuchung und die Gewinnung der dafür erforderlichen genetischen Probe eingewilligt hat; für die Einwilligung gilt 8 entsprechend. (.) Es dürfen nur die zur Klärung der Abstammung erforderlichen Untersuchungen an der genetischen Probe vorgenommen werden. Feststellungen über andere Tatsachen dürfen nicht getroffen werden. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
19 Fall 2 Frau Schmidt bewirbt sich bei einem Unternehmen um eine unbefristete Arbeitsstelle. Im Bewerbungsgespräch wird ihr mitgeteilt, dass das Unternehmen für eine Entscheidung über die Einstellung auf einer genetischen Untersuchung besteht. Frau Schmidt willigt in die Untersuchung nicht ein. Daraufhin wird ihr mitgeteilt, dass sie den Arbeitsplatz nicht bekommt. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
20 19 Genetische Untersuchungen und Analysen vor und nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses Der Arbeitgeber darf von Beschäftigten weder vor noch nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses 1. die Vornahme genetischer Untersuchungen oder Analysen verlangen oder 2. die Mitteilung von Ergebnissen bereits vorgenommener genetischer Untersuchungen oder Analysen verlangen, solche Ergebnisse entgegennehmen oder verwenden. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
21 Fall 3 Herr Schneider, 30 Jahre alt, möchte eine Lebensversicherung in Höhe von abschließen. Das Versicherungsunternehmen verlangt von Herrn Schneider die Vorlage der Ergebnisse einer genetischen Untersuchung um die Versicherungsrisiken besser einschätzen zu können. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
22 18 Genetische Untersuchungen und Analysen im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrages (1) Der Versicherer darf von Versicherten weder vor noch nach Abschluss des Versicherungsvertrages 1. die Vornahme genetischer Untersuchungen oder Analysen verlangen oder 2. die Mitteilung von Ergebnissen oder Daten aus bereits vorgenommenen genetischen Untersuchungen oder Analysen verlangen oder solche Ergebnisse oder Daten entgegennehmen oder verwenden. Für die Lebensversicherung, die Berufsunfähigkeitsversicherung, die Erwerbsunfähigkeitsversicherung und die Pflegerentenversicherung gilt Satz 1 Nr. 2 nicht, wenn eine Leistung von mehr als Euro oder mehr als Euro Jahresrente vereinbart wird. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
23 Die Einwilligung: Kern der Informationellen Selbstbestimmung 8 Einwilligung (1) Eine genetische Untersuchung oder Analyse darf nur vorgenommen und eine dafür erforderliche genetische Probe nur gewonnen werden, wenn die betroffene Person in die Untersuchung und die Gewinnung der dafür erforderlichen genetischen Probe ausdrücklich und schriftlich gegenüber der verantwortlichen ärztlichen Person eingewilligt hat. Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
24 Hajo Köppen - Vorlesung Datenschutzrecht - Stand 02/
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