Demenz fordert Präsenz!
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- Helmuth Kopp
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Demenz fordert Präsenz!
2 Herausforderndes Verhalten bei Menschen mit Demenz
3 De Mens = Der Geist ist weg, nicht die Seele.
4 Es gibt aktuell 36 Memory-Kliniken, die ca differentialdiagnostische Abklärungen pro Jahr machen.
5 Das heisst, nur rund ein Fünftel der neu erkrankten Personen werden interdisziplinär abgeklärt.
6 Situation der Angehörigen: Vier von fünf PartnerInnen sind praktisch rund um die Uhr gefordert.
7 Krankheit der Angehörigen: «Mein Hirn hat nicht mehr mir gehört, immer musste ich für meinen Mann mitdenken!»
8 Diese Belastung kann zur Erschöpfung führen. Viele der Angehörigen leiden an Depressionen, Schlafstörungen und sind anfällig für somatische Erkrankungen.
9 Die Anzahl verfügbarer Tagesstätten zur Entlastung von Angehörigen deckt nur 12 % des Bedarfs ab.
10 Rund zwei Drittel der BewohnerInnen in Schweizer Pflegeheimen sind von einer dementiellen Entwicklung betroffen.
11 Dabei liegt der Anteil mit einer ärztlich diagnostizierten Demenz bei gut 40 Prozent.
12 Pflegende und Angehörige sind täglich mit Unruhe, Unsicherheit beim Gehen, Apathie, Schwäche, Aggressivität, Widerstand, herausforderndem Verhalten, etc. konfrontiert.
13 Das ist eine Sicht der Dinge.
14 Wie sehr fordert unser Verhalten Menschen mit Demenz heraus?
15 Stellen Sie sich vor, Sie wollen jetzt gehen, um die Kinder von der Schule abzuholen. Und ich hindere Sie daran!
16 Könnte Ihr Verhalten mir gegenüber relativ schnell «herausfordernd» werden?
17 Wohlbefinden ist sehr individuell. Definieren wir es gemeinsam nach einem gängigen Schema:
18 Orientierung
19 Würde
20 Stimulierung
21 Gefühle äussern können
22 Zufriedenheit mit der eigenen Realitätswahrnehmung
23 Positive soziale Einbindung Kaum Konflikte
24 Bewegungs-, Rede-, Meinungsfreiheit
25 Sinnvolle Aktivitäten
26 Sich als sexuelles Wesen verhalten dürfen
27 Wertvolle zwischenmenschliche Beziehungen
28 Privatsphäre
29 Wahlmöglichkeiten
30 Körperliche Betätigung, Bewegung, Sport
31 Gewohnheiten pflegen
32 Autonomie, Selbstbestimmung, Freiheit
33 Kommunikation
34 Körperliches Wohlbefinden
35 Wie viel davon trifft bei Ihnen zu?
36 Wie viel davon trifft auf Menschen mit Demenz in Ihrer Institution zu?
37 Herausforderndes Verhalten ist ein soziales Konstrukt, weil man in manchen Pflege-Settings toleranter ist als in anderen.
38 Wir definieren herausforderndes Verhalten: Im Betrieb, auf der Abteilung, als Einzelpersonen, etc.
39 Fast 70 % der Betroffenen werden kontinuierlich sedierende Neuroleptika verordnet.
40 Eine Umfrage in 420 Heimen zeigt, dass in über 60 % der Heime Betroffene in gemischten Abteilungen mit nicht demenzkranken Menschen leben.
41 Nur in 10 % der Heime wohnen demenzkranke Menschen ausschliesslich auf spezifischen Demenzabteilungen
42 mit einem Person-zentrierten Konzept, mit spezifisch weitergebildetem Personal, mit infrastruktureller und architektonischer Anpassung, mit einem angepassten Personalschlüssel, etc.
43 Die aktuelle Finanzierung stufen 69 % der Heimleitungen als nicht ausreichend ein.
44 Wir überfordern die Menschen mit Demenz oft, weil wir überfordert sind!
45 Wir und Wirr!
46 Konzepte braucht es aber lässt sich das sehr wechselhafte Geschehen bei Menschen mit Demenz konzeptuell erfassen?
47 Ihre Pflege erfordert viel Zeit, Geduld, Anpassung, Überlegung. Sie widersetzt sich einer normiert ablaufenden Pflegeplanung!
48 «80 % sind wir, 20 % die Demenz.» Maria Koch
49 Sprechen wir nicht von Verweigerung, sondern von Überforderung!
50 Wir überfordern Menschen mit Demenz chronisch!
51 Zu viel, zu oft, zu laut, zu hektisch, zu schnell Zu viel Reize, Gesprächspartner, Ansprüche, Menschen
52 Zu viel Viel zu viel Von allem zu viel
53 Und von vielem zu wenig in der Lang(e)- Zeit - Pflege
54 Was bedeutet Demenz für die Betroffenen? Wie fordert sie sie täglich heraus?
55 Primärsymptome einer Demenz: Die 6 A s
56 Amnesie Gedächtnisstörung Folgen im Alltag:
57 Abstraktionsfähigkeitsverlust: Folgen im Alltag:
58 Assessmentstörung: Störung der Urteilskraft Folgen im Alltag:
59 Apraxie / Ataxie Störung der motorischen Abläufe Folgen im Alltag:
60 Aphasie: Sprachstörung Folgen im Alltag:
61 Agnosie: Nichterkennen, Nicht wahrnehmen Folgen im Alltag:
62 Demenz als dissoziative Erkrankung: Bsp. Kaffee trinken
63 Es ist eine Art «Filmriss» im Selbst-Erleben.
64 Die Betroffenen nehmen die Veränderungen häufig nicht wahr nehmen sich selbst nicht in die Demenz mit.
65 Die Gewissheit über sich selbst geht verloren.
66 «Bin ich es, der schreit?» «Bin ich es, der herumwandert?». Diese Selbstgewissheit geht zunehmend verloren.
67 Für einen Menschen mit Demenz ist nichts mehr selbstverständlich. Er ist sich nicht mehr selbst verständlich!
68 Ich bin mir nicht mehr selbstverständlich, heisst auch, ich bin mir nicht mehr selbst-sicher!
69 Wir müssen zu ihrem dritten Auge, ihrem dritten Ohr, ihrer dritten Hand werden!
70 Müssen bei ihnen verweilen, ohne ständig etwas zu fragen, zu wollen, zu erklären.
71 Müssen versuchen ihre Bedürfnisse wahrzunehmen.
72 Bsp. Schmerz: «Bin ich es, der Schmerzen hat?» Schmerzen äussern sich oft indirekt in Unruhe, Angst, Aggression, Wahn.
73 Bsp. Sich bewegen: Stop talking, when walking?
74 Herausforderndes Verhalten ist oft ihr Versuch, uns ein unberücksichtigtes Bedürfnis mitzuteilen!
75 Demenz fordert Präsenz. Jetzt bin ich hier. Ich denke beim Hosen anziehen, nicht schon an den Pullover.
76 Wer Person-zentriert pflegt und betreut, muss als Person zentriert sein.
77 Wer sich um die Bedürfnisse anderer kümmert, muss sich zuerst um seine eigenen kümmern.
78 Angehörige und Betreuende stellen sich auf Betroffene ein nicht umgekehrt!!!
79 Oft höre ich: Eigenwillige oder eigensinnige Alte. Gut gibt es sie!
80 Sie schützen nur Ihren eigenen Sinn oder Ihren eigenen Willen!!!
81 Wenn ich bei mir man sagt manchmal auch in meiner Mitte bin, dann bin ich wohl am Ort, der am weitesten weg ist von meiner Grenze.
82 Ich muss mir die eigenen Grenzen eingestehen, früh genug Hilfe annehmen.
83 Ein Mensch sagt und ist stolz darauf; - Er gehe in seinen Pflichten auf.
84 Bald aber, nicht mehr ganz so munter, Geht er in seinen Pflichten unter. Eugen Roth
85 Soweit darf es nicht kommen!
86 Und wenn ich mich ärgere! Ärgere ich mich, weil ich mir zu wenig Zeit für mich genommen habe?
87 Haben Sie Zeiten, die ihnen heilig sind? Heute kann ich leider nicht, heute habe ich einen Termin
88 mit mir?
89 Liliane Juchli sagt es unübertroffen: «Leiden-schaft Pflege». Es darf nie umgekehrt sein!!!
90 Nie darf es sein, dass Pflege und Betreuung Leiden schafft!
91 Herzlichen Dank fürs Zuhören. Haben Sie Fragen?
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