Der Herr segne an uns dieses Wort. Amen.

Transkript

1 Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Der Predigttext steht im 2. Buch Mose, Kapitel 33, die Verse 17b-23. Der Herr segne an uns dieses Wort. Liebe Gemeinde, der heutige Predigttext ist etwas aus dem Zusammenhange gerissen. Um ihn zu verstehen, muss ich erst einmal ein bisschen ins Erzählen kommen. Das Volk Israel ist am Sinai angekommen. Mose geht auf den Gottesberg. 40 Tage ist er auf dem Berg. Er erfährt die Herrlichkeit Gottes, bekommt die Gesetzestafeln. Unten bekommt das Volk von all dem nichts mit. Sie bauen das goldene Kalb. Als Mose vom Berg steigt, erkennt er, dass alles schon wieder hinfällig ist. Das Volk hat sich sein Götzenbild geschaffen anstatt auf den lebendigen Gott zu warten. Der Bund ist schon gebrochen, bevor er richtig zum Tragen kommen kann. Mose klettert wieder hinauf und ringt mit Gott um die Zukunft des Volkes. Gott will es eigentlich vernichten. Gott sagt zu Mose nicht mehr mein Volk, sondern dein Volk. Mose gelingt es Gott umzustimmen. Er gibt Gott praktisch sein Volk zurück. Er appelliert an die Liebe Gottes und an seine Zusagen. Dabei kommt Mose Gott ganz nah. Wir erleben mit unserem Predigttext einen ganz intimen Moment zwischen Mose und Gott mit. Mose geht es nicht um die Befriedigung seiner Neugier. Es geht um die Festigung des Vertrauensverhältnisses der beiden. Aus diesem unbedingten Vertrauen zueinander wächst eine neue Qualität von Beziehung, die es vordem nicht gab. Diese Beziehung zwischen Gott und Mose hält so fest, dass alle Schuld des Volkes den Bund zwischen Gott und seinem Volk Israel nicht mehr brechen kann. Um den Predigttext zu verstehen, braucht es dieses Vorwissen. Nun steht die Frage, was bewegt den Mose, die Herrlichkeit Gottes schauen zu wollen. Hat er ihn nicht da, wo er ihn hin haben wollte? Das Volk war doch gerettet. Gott hatte schon versprochen weiter mit ihm unterwegs zu sein und nun treibt es Mose quasi auf die Spitze. Er will Gottes Herrlichkeit schauen. Er will Gott schauen von Angesicht zu Angesicht. Liebe Gemeinde, dieser Mose ist mit an dieser Stelle total sympathisch. Er will zu Gott in Beziehung sein, ganz tief und unauslöschlich. Er fühlt sich ihm so nahe, dass er es wagt Gott diese Frage zu stellen. Es geht hier nicht mehr um irgendwelche Besitztümer, auch keine geistlichen Gaben, ewiges Leben oder irgendwas, sondern nur noch um Beziehung. Hier geht es um das Eigentliche, um den Kern alles Seins. Mose will Gott kennen und erkennen, völlig zweckfrei, ohne jeden Hintergedanken, darum geht es. Und darum geht es eigentlich auch Gott. Gott sucht diese Nähe zu Mose und auch zu uns Menschen überhaupt. Darum ist Christus Mensch geworden, damit wir ihn erkennen können. Mose hat es direkt erleben dürfen. Aber auch er kann Gott nur hinterher schauen. Mehr hält kein Mensch aus.

2 Auch unsere Gotteserkenntnis geschieht immer im Nachhinein. Gott will zu uns in Beziehung treten, mit uns an seinem Reich bauen. Das geschieht immer da, wo wir uns Gott zweckfrei nahen. Ich arbeite nicht als Pfarrer oder als Ehrenamtlicher in einer Gemeinde um Ruhm und Ehre zu bekommen. Ich versuche nur meiner Berufung gerecht zu werden. Gelingt dann das eine oder andere, bin ich ziemlich glücklich darüber und auch immer wieder voller Ehrfurcht und Staunen, wie Gott die Dinge zu und ineinander fügt. Dabei haben wir es, ähnlich dem Mose, nie in der Hand. Alles was wir im Namen Gottes tun, ist ergebnisoffen. Das kann einen verrückt machen, weil ich nie etwas wirklich abrechenbar in der Hand habe. Erst im Nachhinein kann ich Gott quasi hinterher schauen und seine Gnade und seinen Segen erspüren. Ich kann dabei aber lernen ihm unbedingt zu vertrauen. Eigentlich müssten wir jetzt ins Gespräch eintreten. Wo, wie und wann haben sie ihre Gottesoffenbarung erlebt? Wie erfahren sie Gott heute? Haben sie das Gespür, dass Gott mit ihnen ist? Liegt sein Segen auf ihrem Leben? Ich empfinde das so, mal ist es etwas deutlicher, mal etwas stiller, aber der Grundtenor ist so. Ich erlebe es immer mal wieder, dass die Gnade Gottes an mir und meiner Arbeit, an meiner Gemeinde vorüber geht und Gott auch oft einfach mal schützend seine Hand über mich und all das hält, was ich so in seinem Namen tue. Das zu erleben, macht mich glücklich und zufrieden und lässt mich manches auch geduldig abwarten. An manchen Dingen muss man einfach mit langem Atem dranbleiben ohne sich vorschnell ein goldenes Kalb zu bauen und dann darum zu tanzen. 40 Tage war Mose auf dem Berg Gottes, eine symbolische Zahl, die sagen soll, Mose ging total auf Gott ein, alles hat er dran gegeben, Gott nahe kommen zu dürfen. 40 Tage nicht um sich kümmern, sondern nur um Gott, das bringt einen Menschen an seine physischen und psychischen Grenzen. Christsein heißt eben demzufolge, ich bin es ganz oder gar nicht. Einem Menschen christliche Werte beizubringen macht ihn eben höchstens zum Humanisten, was auch schon etwas ist, aber noch nicht zum Christen. Christ wird man nur durch die Taufe und die damit beginnende Beziehung zu unserem dreieinigen Gott. Diese Gottesbeziehung ist das entscheidende Moment für uns. Dringen wir zu dieser Gottesbeziehung durch, gehen wir im Bilde gesprochen auf den Berg Gottes, dann erleben wir seine Herrlichkeit an uns vorrübergehen. Bleiben wir aber im Bilde gesprochen unten und bauen an goldenen Kälbern, die da christliche Werte, Verstehen und religiöses Wissen etc. heißen, dann bleiben wir beziehungslos und unsere Aktionen haben mit dem Handeln Gottes nicht unbedingt zu tun. Wissen und Verstehen sind deshalb natürlich nicht falsch. Bleiben sie aber beziehungslos sind sie wertlos. Benutzen wir unser Wissen und Erkennen um Brücken für das Entstehen von Beziehung zu bauen, dann baut Gott mit uns an seinem Reich, dann entsteht lebendige Gemeinde in all ihren Ausformungen. Sie ist dann auch immer öfter nicht Selbstzweck, sondern Gemeinde für andere.

3 Gott findet zu sich selber indem Mose ihn an seine Zusagen erinnert und ihn an sein Volk bindet. Mose sucht diese ganz enge Bindung zu Gott, weil er ihm so nahe ist, dass er ihm das sagen kann und Gott ihm folgt und sich sozusagen partnerschaftlich auf ihn einlässt. Geheimnisvoll bleibt Gott trotzdem. Da kann und will Mose auch nicht eindringen. Denn dann würde Gottes Gegenwart ihn vernichten. Wo unsere Gemeinde Gott für das Volk, also für andere bittet, kommen wir Gott viel näher, als wir ahnen. Wir wachsen über uns selbst hinaus. Jede Gemeinde braucht demzufolge diesen Weitblick, Aufgaben für andere wahrzunehmen damit sie sich nicht um sich selbst, sondern um Gott und sein Reich dreht. Gott braucht einen jeden von uns an seinem Platz als Ehrenamtlichen, als Kirchvorsteher, als Mitarbeiter um sein Reich in dieser Welt zu bauen. Der Blick zurück lässt eine dann oft staunen, was Gott alles wachsen lässt. Ich freue mich über viele Hoffnungspflänzchen, die in und um unsere Gemeinde am keimen sind. Gott gebraucht uns um weiterzukommen, ja er will geradezu nicht ohne uns handeln. Er holt uns in seine Gemeinschaft, damit wir lernen mit ihm in Beziehung zu leben und somit aus Gottvertrauen das Leben gestalten. Sein Name ist auch vor uns ausgerufen. Seiner Herrlichkeit dürfen auch wir hinterher schauen und uns daran freuen. Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn.

4 Fürbitten Herr unser Gott, wir leben in einer turbulenten Zeit voller Unruhe und Unwägbarkeiten. Lehre uns auf dich zu schauen, mit dir in Beziehung zu leben, unsere Herzen für andere zu öffnen und deine Liebe in die Welt zu tragen. Wir bitten für alle Menschen, die in Krisengebieten leben oder die auf der Flucht sind und um ihr Leben fürchten müssen. Eröffne Wege zum Leben und menschenwürdige Lösungen der Probleme. Öffne uns Herzen und Sinne, dass wir uns anrühren lassen und helfen, wo wir es vermögen. Wir bitten für die Mächtigen in Politik und Wirtschaft, dass sie verantwortlich handeln und Gerechtigkeit und Frieden vor Profit- und Machtmaximierung stellen mögen und eben nicht um das goldene Kalb tanzen. Wir beten für alle Menschen, denen Sorgen, Nöte, Ängste und Trauer ihr Gottvertrauen schwinden lassen. Nimm dich ihrer an und gib ihnen deine Liebe ins Herz. Lass sie wieder aufblicken, das Leben lieben und Trost, Kraft und Mut finden. Wir beten für alle, die krank sind. Gib du Kraft Genesung und Geduld mit sich selber, unbeirrbare Hoffnung auf dich Herr und liebevolle Menschen, die im rechten Moment zuhören und mit tragen und beten. Wir beten für unsere Kirchen und unsere Gesellschaft. Lass die Menschlichkeit untereinander wachsen. Lass uns gegenseitig füreinander Verantwortung wahrnehmen und lass niemanden ausgeschlossen sein. Wir danken dir für alle, die ehrenamtlich tätig sind. In der Stille bringen wir unsere persönlichen Anliegen vor dich. Wir beten für uns deine Gemeinde. Lass uns aus dem Vertrauen auf dich Herr, unser Leben gestalten und deine Gaben zum Wohl vieler Menschen einsetzen, dass es Licht werde in dieser Welt und die Botschaft von der Liebe Gottes zu uns Menschen immer wieder Gestalt gewinnt. Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen, denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit

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