Betriebsärztlicher Dienst. Sozialer Arbeitsschutz Sicherheit und Gesundheitsschutz im Krankenhaus. Prof. Dr. Joachim A. Rösler
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1 Betriebsärztlicher Dienst Sozialer Arbeitsschutz Sicherheit und Gesundheitsschutz im Krankenhaus Prof. Dr. Joachim A. Rösler
2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) und Verordnung zum Schutz der Mütter am Arbeitsplatz (Mutterschutzrichtlinienverordnung, MuSchV) Arbeitstätigkeit von Jugendlichen (JArbSchG) Sicherheit und Gesundheitsschutz im Gesundheitsdienst
3 Gesetzliche Grundlagen: MuSchG, MuSchV, RöV, StrSchV, GefStV Arbeitgeberpflichten (Meldung, Gestaltung des Arbeitsplatzes, Beurteilung der Arbeitsbedingungen hinsichtlich Art, Ausmaß und Dauer der Gefährdung, geeignete Schutzmaßnahmen, Dokumentation!!...) Staatliche Ämter für Arbeitsschutz Beratung durch Betriebsärzte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit
4 Beschäftigungsverbote nach Mutterschutzgesetz Nachtarbeit/Mehrarbeit (Sonn- und Feiertage) Radioaktive Strahlen Infektionserreger Schwere körperliche Arbeit, Zwangshaltungen Krebserzeugende, fruchtschädigende oder erbgutverändernde Gefahrstoffe
5 Gefährdung durch Infektionserreger in der Schwangerschaft Nicht beschäftigt werden dürfen werdende und stillende Mütter mit Tätigkeiten, die ihrer Art nach erfahrungsgemäß Krankheitserreger übertragen können, wenn sie den Krankheitserregern ausgesetzt sind ( 4 MuSchV). Rötelnvirus, Toxoplasmen (Anlage 2); Varizellen, Zytomegalie, Parvovirus B19, Hepatitisviren..., außer in Fällen, in denen nachgewiesen wird, daß die Arbeitnehmerin durch Immunisierung ausreichend geschützt ist. Erhöhtes Infektionsrisiko wird angenommen: Op-Bereich, Anästhesieund Aufwachbereich, Intensivstationen, Aufnahmestationen, Infektionsstationen, Pädiatrie, Dialyse, Onkologie und Strahlentherapie, Pathologie, Blutbanken, Psychiatrie, Gynäkologie und Geburtshilfe... Entscheidend ist die Gefährdungsbeurteilung im konkreten Einzelfall
6 Beschäftigungsverbote nach Mutterschutzgesetz bzw. Mutterschutzrichtlinienverordnung Sehr giftige, giftige, gesundheitsschädliche oder in sonstiger Weise den Menschen schädigenden Gefahrstoffe, wenn der Grenzwert überschritten wird Krebserzeugende, fruchtschädigende oder erbgutverändernde Gefahrstoffe R40, R45, R46, R49, R61. R63 T+ T Xn T
7 Arbeitstätigkeit von Jugendlichen Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) Beschäftigung von Personen, die noch nicht 18 Jahre alt sind Maximale Arbeitszeit (10 Std.) Freistellungsregelungen für die Berufsschule, Prüfungen Ruhepausen u. Aufenthaltsräume (30 min/60 min) Nachtarbeitsverbot (6 20 Uhr), aber Ausnahmen Gaststätten bis 22 Uhr, Schichtbetriebe bis 23 Uhr, Landwirtschaft ab 5 Uhr bis 21 Uhr, Bäckereien ab 5 Uhr, über 17 J. ab 4 Uhr Unterweisung über Gefahren
8 Arbeitstätigkeit von Jugendlichen Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) Gesundheitschutz (Erstuntersuchung, Nachuntersuchung) Jugendlicher, der in das Berufsleben eintritt, darf nur beschäftigt werden, wenn er innerhalb der letzten vierzehn Monate von einem Arzt untersucht worden ist (Erstuntersuchung) und dem Arbeitgeber eine von diesem Arzt ausgestellte Bescheinigung vorliegt.
9 Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen Untersuchungen als Einsatzvoraussetzung z.b. Untersuchungen als Angebotsuntersuchungen z.b. Biostoffverordnung Strahlenschutzverordnung Röntgenverordnung Gefahrstoffverordnung (Gentechniksicherheitsverordnung) Bildschirmverordnung Arbeitsschutzgesetz Arbeitszeitgesetz Biostoffverordnung (Gentechniksicherheitsverordnung) Gefahrstoffverordnung
10 Berufskrankheiten im Gesundheitswesen Verdachtsanzeigen 2002 Sonstige 1 % Atemwegserkrankung 10 % (BK 4301/BK4302) Hauterkrankungen 54 % (BK 5101) Erkrankungen der Lendenwirbelsäule 19 % (BK 2108) Infektionskrankheiten 16 % (BK 3101) N=11616
11 Verdachtsanzeigen beruflich verursachter Infektionskrankheiten bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst (BK 3101) Sonstige 823 Hepatitis B Tuberkulose (24 %) Hepatitis C 485 (23 %) Hepatitis A : N=41 HIV-Infektionen/ AIDS als anerkannte Berufskrankheit [RKI 2001] N=1233, BGW 2000; N=2111, BMA 2000
12 Gründe für die anhaltende Bedeutung von Infektionskrankheiten als Berufskrankheit Fehlende arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen in medizinischen Einrichtungen (z.b. Praxen ) Verweigerung des Impfangebots durch den Arbeitgeber Ablehnung der Impfung durch den Beschäftigte Leichtsinniger Umgang mit Infektionsrisiken nach erfolgreicher Impfung Vergessen von zeitlich befristeten Beschäftigten (Gastärzte, Studenten, Nachtwachen, Praktikanten, Fremdfirmen u.a.) Keine Meldung von Kanülenstichverletzungen
13 Risiko berufsbedingter Infektionen nach Kanülenstichverletzungen Risikofaktor Häufigkeit Häufigkeit von Stichverletzungen mit Blutkontakt Prävalenz bei Patienten Prävalenz in der Bevölkerung Übertragungswahrscheinlichkeit des Erregers Immunstatus der Beschäftigten 0,7 bis 2,2 /Mitarbeiter/Jahr (3000 bis 9700 Verletzungen pro Jahr!) Hohe Dunkelziffer? HBsAg 0,6%, anti-hcv 0,4% HIV < 0,05% HIV 0,3% HCV 1,9% (aber 50-84% chronischer Verlauf) HBV 30 % ( 5% chronischer Verlauf) Nur ca % sind gegen HBV ausreichend geimpft
14 Übertragungsrisiko für Hepatitis B, Hepatitis C und HIV nach Stichverletzungen mit infektiösem Material 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 30% 3% Art der Expostion Risikoerhöhung* Seht tiefe Stich- oder Schnittverletzungen 16:1 Sichtbare, frische Blutspuren auf dem 5:1 verletzenden Instrument Verletzende Kanüle oder Nadel war zuvor in 5:1 einer Vene oder Arterie plaziert Patient mit hoher Viruslast 6:1 Exposition von Schleimhaut 1:10 Exposition von entzündlich veränderten Hautpartien 0,3%* Hepatitis B Virus Hepatitis C Virus HIV 1:10
15 Präexpositionelle Impfung gegen Hepatitis B Virus Für gefährdetes medizinisches und zahnmedizinisches Personal empfohlen* (* unter Personal sind hier medizinisches und anderes Fach- und Pflegepersonal sowie Küchen und Reinigungskräfte zu verstehen) Anti-HBs-W ert nach Maßnahme Grundimmunisierung IE/L < 100 Erneute Impfung und Kontrolle > 100 Auffrischimpfung nach 10 Jahren [STIKO 2006 Epid. Bull. 30/2006]
16 Vorgehen bei Kanülenstichverletzungen an Kanülen von Hepatitis B-, Hepatitis C und/oder HIV-positiven Patienten sofortiges Ausbluten und alkoholische Desinfektion der Wunde, mit Seife und warmen Wasser waschen bei Blutspritzern ins Auge oder in den Mund sofort mit reichlich warmen Wasser oder phys. NaCl spülen, Meldung beim D-Arzt oder Betriebsarzt (Dokumentation!), Hepatitis-B Schutz? Untersuchung des Beschäftigten auf anti-hcv evtl. HIV ( Ausgangsbefund ) Untersuchung des Patienten ( Spenderstatus ) auf anti-hcv und HIV durch Stationsarzt nach Einwilligung Falls Patient anti-hcv positiv: Anti-HCV-Bestimmung nach 1,2,3 und 9 Monaten, frühere Diagnose evtl. durch HCV-RNA-Bestimmung durch PCR, evtl. Transaminasenkontrolle. Therapieindikation? Falls positiv, Infektiologische Beratung, Therapieindikation? Falls HIV-Infektion Indikation Postexpositionsprophylaxe (PEP)?
17 Übertragung durch tuberkulöse Patienten Säurefeste Stäbchen (Tuberkelbakterien) im Sputum Husten Nicht therapiert oder zu Beginn der Behandlung Diagnose nicht bekannt!
18 Influenza-Viren Jährlich sterben Menschen an Influenza Zum Vergleich (Statist. Jahrbuch 2004): 500 AIDS-Todesfälle 350 Tuberkulose- Todesfälle 6000 Tote durch Auto- Unfälle Häufigste nosokomiale Infektion
19 Schutz gegen Hepatitis B Sichere, effektive und gut verträgliche Schutzimpfung vorhanden StudentenInnen der Medizin/Zahnmedizin ab 1. Semester Grundimmunisierung Schutzwirkung mindestens 10 (>20) Jahre Non-Responder ca. 2% (daher Anti-HBs AK Kontrolle nach Grundimmunisierung sinnvoll)
20 Betriebsarzt im Spannungsfeld zwischen Schweigepflicht und Meldepflicht Ärztliche Schweigepflicht gilt uneingeschränkt für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen ( 203 StGB, verfassungsrechtliche Grundlage Art. 2 Abs. 1 GG) arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung dient dem Schutz des Beschäftigten, nicht dem des Patienten, d.f. eine Umgehung der Schweigepflicht ist nicht durch das Arbeitsschutzgesetz legitimiert Meldepflicht gemäß Infektionsschutzgesetz, namentlich nur für akute Hepatitis B und Hepatitis C (nicht für chronische HBsAg oder HCV- Träger), anonyme Meldepflicht für HIV. Mitteilung an Dritte (hier nur Amtsarzt) nur bei Rechtfertigenden Notstand 34 StGB. Bruch der ärztlichen Schweigepflicht ist danach nur zulässig, wenn Gefahren nicht anders abwehrbar sind und ein angemessenes Mittel zur Abwendung potentieller Gefahren für Patienten darstellt. Durch eine Meldung werden nämlich die Grundrechte des Beschäftigten aus Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeines Persönlichkeitsrecht) und Art. 12 GG (Freiheit der Berufsausübung) tangiert. Demgegenüber steht das Recht der Patienten auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG)
21 Beschäftigung von Hepatitis B oder Hepatitis C infizierten medizinischen Personal Einzelfälle, geringes Risiko für Patienten nur bei hoher Viruslast (kein Grenzwert, 10 3 GE/ml?) und bestimmte operative oder invasive Tätigkeiten ( verletzungsträchtige Tätigkeiten). Erforderliche Maßnahmen abhängig vom konkreten Einzelfall. Grad der Infektiosität (HBV-DNA bzw. HCV-RNA quantitativ). Detaillierte Beschreibung der Tätigkeit und Dokumentation. Eingehende Beratung (RKI-Empfehlungen Epid Bull 30/1999 bzw. 03/2001) und Dokumentation, bei schwierigen Beurteilungen Einbeziehung von Amtsarzt und erfahrenen Virologen/Infektiologen (anonym oder Einverständnis erforderlich!) Festlegung der erforderlichen Maßnahmen (besondere Schutzmaßnahmen, Tätigkeitseinschränkungen, Nachuntersuchungen)
22 Prävention von Infektionen bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst - Arbeitschutz führt zum Patientenschutz Regelmäßige arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung (BioStoffV). Hepatitis B-Impfung mit Kontrolle des Impferfolges. Verletzungsträchtige Tätigkeiten nur durch Hepatitis-B immunisierte Ärzte (Personalärztliche Einstellungsuntersuchung!) Regelmäßige Unterweisungen und Anhalte zur Einhaltung allgemein anerkannter Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen Einfaches und effektives System zur Meldung und Erstversorgung von Blutkontakten Verwendung sicherer Instrumente, bei denen das Risiko einer Verletzung sicherheitstechnisch vermindert wird. Konsequenter persönlicher Infektionsschutz
23 Betriebsärztlicher Dienst Haus 11 A Telefon: (Sekr.) oder (Termine) Impfsprechstunde und Titerkontrolle: Mo. Fr Uhr (Anmeldung nicht erforderlich)
Sozialer Arbeitsschutz Sicherheit und Gesundheitsschutz im Krankenhaus. Prof. Dr. Joachim A. Rösler
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