Soziale Sicherung und Sozialpolitik
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- Elsa Sommer
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1 Soziale Sicherung und Sozialpolitik Modul 8100 Prof. Dr. Georg Kortendieck Leseprobe
2 Impressum Die Berufsbezogenen Weiterbildungsstudiengänge Sozialmanagement und Öffentliches Dienstleistungsmanagement in der Studienform Fernstudium wurden als Projekt entwickelt und durch die Bund- Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung gefördert. Verfasser: Prof. Dr. Georg Kortendieck Professor für Betriebswirtschaftslehre im Sozialen Sektor/Sozialmanagement an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Braunschweig/ Wolfenbüttel, Fakultät Soziale Arbeit, Fachbereich Sozialwesen Der Studienbrief wurde auf der Grundlage des Curriculums für das Modul Volkswirtschaftslehre verfasst. Die Bestätigung des Curriculums und des Studienbriefes erfolgten durch den Fachausschuss für Sozialmanagement, dem als Mitglieder Professoren und Dozenten von - und kooperierenden Hochschulen angehören. 2. Auflage 2015 ISBN Redaktionsschluss: Dezember 2014 Studienbrief by Service-Agentur des Hochschulverbundes Distance Learning. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung und des Nachdrucks, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der Service-Agentur des reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Service-Agentur des (Hochschulverbund Distance Learning) c/o Agentur für wissenschaftliche Weiterbildung und Wissenstransfer e. V. Magdeburger Straße 50, Brandenburg Tel.: kontakt-hdl@aww-brandenburg.de Fax: Internet:
3 Inhaltsverzeichnis Abkürzungen...6 Einleitung...7 Literaturempfehlung Grundlagen der sozialen Sicherung Die Absicherung gegen Risiken Aufbau des Sozialsystems Begründung sozialer Sicherung Ziele der sozialen Sicherung Entwicklung der sozialen Sicherung Finanzierung der sozialen Sicherung Einrichtungen der sozialen Sicherung Die existenzielle Grundsicherung (SGB II) Die gesetzliche Arbeitslosenversicherung (SGB III) Die gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) Die gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) Probleme der sozialen Sicherung Kostenentwicklung in der sozialen Sicherung Probleme der Arbeitslosenversicherung und der Grundsicherung Die Ursachen von Arbeitslosigkeit eine kontroverse Diskussion Die passive Arbeitsmarktpolitik Die aktive Arbeitsmarktpolitik Armuts- und Arbeitslosigkeitsbekämpfung im Widerspruch? Probleme der gesetzlichen Rentenversicherung Die Rente ab 67 oder doch mit 63? Demografische Entwicklung: der Generationenvertrag Umlagefinanzierung vs. Kapitaldeckungsverfahren Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung Ausblick Antworten zu den Kontrollfragen Literaturverzeichnis... 79
4 6 Volkswirtschaftslehre kompakt Soziale Sicherung und Sozialpolitik Abkürzungen Abb. Abbildung ALG Arbeitslosengeld ALG II Arbeitslosengeld II ( Hartz IV ) Art. Artikel Aufl. Auflage B Anzahl der Beitragszahler b Beitragssatz zur Rentenversicherung BAföG Bundesausbildungsförderungsgesetz BiB Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung BIP Bruttoinlandsprodukt BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales bspw. beispielsweise Ed. Edition EU Europäische Union EZB Europäische Zentralbank FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung GG Grundgesetz GKV gesetzliche Krankenversicherung GPV gesetzliche Pflegeversicherung GRV gesetzliche Rentenversicherung Hrsg. Herausgeber IAB Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Nürnberg Kap. Kapitel o. J. ohne Jahr OECD Organisation for Economic Cooperation and Development P Preis R Anzahl der Rentner r durchschnittliche Rente S. Seite SGB Sozialgesetzbuch SVR Sachverständigenrat (zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung) Tab. Tabelle Y durchschnittliches Einkommen
5 7 Einleitung Der letzte Band der Reihe Volkswirtschaftslehre kompakt wendet sich nach der Einführung in das volkswirtschaftliche Denken im Rahmen der Mikroökonomie und Makroökonomie und den Grundlagen der Wirtschaftspolitik der sozialen Sicherung zu. Die soziale Sicherung im weiteren Sinne umfasst alle Aufgaben, die durch das Sozialbudget der Bundesrepublik Deutschland erfasst werden. Letztlich handelt es sich um die Felder der Sozialpolitik: Hierzu zählen die Bereiche Fürsorge (Kinder- und Jugendhilfe, Sozialhilfe), Versorgung (Förderung von Familien, aber auch Beamtenversorgung) und die soziale Sicherung im engeren Sinne, die Sozialversicherungen. Diese stehen mit der Grundsicherung nach SGB II auch im Zentrum der Betrachtungen in diesem Studienbrief. Die Sozialversicherungen umfassen zwei Drittel des Sozialbudgets und betreffen die Absicherung gegen die (Einkommens- und Vermögens-)Risiken aus Arbeitslosigkeit, Krankheit, Pflege, Unfall und Alter. In diesem Studienbrief erfahren Sie zunächst, wie das Sozialbudget aufgebaut ist, welchen Umfang es mittlerweile hat und welche Rolle die Sozialversicherungen darin spielen. Um zu verstehen, weshalb es überhaupt Sozialversicherungen gibt, betrachtet Kapitel 1 zudem die Prinzipien der Sozialpolitik: Eigenverantwortung, Solidarität und Subsidiarität. Die Sozialversicherungen haben zwar noch eine Reihe von marktwirtschaftlichen Elementen, sie sind aber weitgehend einer rein marktwirtschaftlichen Steuerung entzogen. Die Begründungen hierfür liegen zum einen in den distributiven Zielen, zum anderen in den allokativen Mängeln des Marktsystems. Die Ausgestaltung der großen Sozialversicherungen und der Grundsicherung werden im zweiten Kapitel näher analysiert. Im Mittelpunkt stehen die Arbeitslosenversicherung (SGB III) und die Grundsicherung nach SGB II, die gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und die aus ihr herausgelöste soziale Pflegeversicherung (SGB XI) sowie die größte Sozialversicherung, die gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Nach einer grundlegenden Erörterung ihrer Begründung, Prinzipien und Entwicklung zeigt das dritte Kapitel die wesentlichen Probleme und alternative Lösungsansätze auf. Vor dem Hintergrund konjunktureller und demografischer Entwicklungen stehen eher wettbewerbliche oder eher bürokratische Reformansätze zur Diskussion.
6 8 Volkswirtschaftslehre kompakt Soziale Sicherung und Sozialpolitik Literaturempfehlung Die Sozialversicherungen und die einzelnen Fürsorge- und Versorgungssysteme des Sozialbudgets finden Sie ausführlich erläutert im vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales jährlich herausgegebenen Sozialbericht, der über aktuelle Entwicklungen der Sozialpolitik Auskunft gibt sowie in der Übersicht über das Sozialrecht (2014; 15. Auflage) die auf die einzelnen Gesetzesbücher des Sozialgesetzbuches und aktuelle Entwicklungen eingeht, wie z. B. in der aktuellen Auflage die abschlagsfreie Rente mit 63, die Mütterrente oder auch die Veränderungen in den Beitragssätzen der Rentenversicherung u. a. m. Sehr zu empfehlen sind die umfassenden Darstellungen zur Sozialpolitik von G. BÄCKER, G. NAEGELE, R. BISPINCK, K. HOFEMANN und J. NEUBAUER, die ihren Klassiker Sozialpolitik und soziale Lage in Deutschland (2010) mittlerweile in der 5. Auflage herausgebracht haben. Sie geben auch die Informationsplattform: der Universität Duisburg-Essen heraus, die für Recherchen zur sozialen Sicherung aktuelle Zahlen, Hintergründe und Literaturquellen sowie Links anbietet. Nicht ganz so umfangreich wie das Standardwerk von BÄCKER u. a. (2010), aber genauso empfehlenswert sind die Lehrbücher zur Sozialpolitik von: J. BOECKH, E.-U. HUSTER und B. BENZ (2011): Sozialpolitik in Deutschland, M. BELLERMANN (2011): Sozialpolitik und H. LAMPERT, J. ALTHAMMER (2007): Lehrbuch der Sozialpolitik. (Die neueste Auflage erscheint 2014.) Wissenschaftliche Auseinandersetzungen aus ökonomischer Sicht und wirtschaftspolitische Empfehlungen bietet der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR), der jedes Jahr im Herbst sein Gutachten herausgibt. Zur theoretischen Einordnung der sozialen Sicherung und zur Begründung der Sozialpolitik als wesentliches Element der Sozialen Marktwirtschaft sei auf die zwei vorangegangenen Studienbriefe verwiesen: G. KORTENDIECK (2013): Volkswirtschaftslehre kompakt Mikro- und Makroökonomie. G. KORTENDIECK (2014): Volkswirtschaftslehre kompakt Wirtschaftspolitik. sowie Knappe, E./Berthold, N. (Hrsg.) (1998): Ökononische Theorie der Sozialpolitik.
7 9 1 Grundlagen der sozialen Sicherung Studienziel dieses Kapitels ist es, die Sozialversicherung als soziale Sicherung im engeren Sinne einzuordnen und sie im Kontext sozialpolitischer Ziele, Funktionen und Prinzipien zu sehen. Sie lernen in diesem Kapitel die grundlegenden Prinzipien einer Versicherung kennen, wie das Sozialsystem aufgebaut ist, warum in Deutschland bestimmte Risiken sozial versichert werden, welche Ziele die soziale Sicherung verfolgt und wie sich die soziale Sicherung in den letzten Jahren entwickelt hat. Studienziele Seit den 1970er-Jahren verwendet die Bundesregierung in ihrem Sozialbericht den Begriff soziale Sicherung. Der Begriff soziale Sicherung umfasst dabei neben den klassischen Sozialversicherungen, die gegen die Risiken des Lebens absichern sollen, auch die Bereiche Versorgung (z. B. Kindergeld) und Fürsorge (Sozial- und Jugendhilfe). Damit wird nahezu der gesamte Bereich der Sozialpolitik abgebildet (vgl. die Grundlagenwerke zur Sozialpolitik von LAMPERT/ ALTHAMMER, 2007, BÄCKER u. a., 2010, BOECKH u. a., 2011, BELLERMANN, 2011). 1.1 Die Absicherung gegen Risiken Unter dem damaligen Reichskanzler BISMARCK wurden 1883 die gesetzliche Krankenversicherung, 1884 die Unfallversicherung und 1889 die Invaliden- und Rentenversicherung ins Leben gerufen kam die Arbeitslosenversicherung, 1994 als besonderer Zweig der Krankenversicherung die Pflegeversicherung hinzu. Die Sozialversicherungen sind von dem Gedanken getragen, dass die individuellen Risiken krank, pflegebedürftig oder arbeitslos zu werden unterschiedlich zwischen den Menschen verteilt sind. Dies gilt grundsätzlich für jede Versicherung. Jede Versicherung basiert auf dem Prinzip der Streuung und Zusammenfassung (Poolbildung) von Risiken. Ein Risiko ist definiert als: Schadenshöhe Schadenswahrscheinlichkeit. Definition Für risikoscheue Individuen ist es vorteilhaft, sich zu versichern, weil der Nutzenverlust eines regelmäßigen geringen Versicherungsbeitrags niedriger ist als der Nutzenverlust eines individuell gegen mögliche Schäden aufgebauten Vermögens, das im Schadensfall verbraucht werden muss. Je wahrscheinlicher und je höher ein möglicher Schaden sein kann, desto attraktiver ist es für den Einzelnen, sich bereits mit kleinen Beiträgen gegen die finanziellen Folgen solcher Schäden zu versichern. Aufgabe jeder Versicherung ist es, die unterschiedlichen Risiken durch eine möglichst große Versichertengemeinschaft breit zu streuen. Dies gelingt ihr durch das Gesetz der großen Zahlen: Je mehr Personen sich gegen die Risiken versichern, desto leichter ist ein Ausgleich unterschiedlicher Risiken. Obwohl
8 10 Volkswirtschaftslehre kompakt Soziale Sicherung und Sozialpolitik Versicherungen immer wieder auch große Schadensfälle zu begleichen haben, können sie die Versicherungsprämien niedrig halten, weil diese Schadensfälle nur vereinzelt auftreten und sich die Einnahmen über die Beiträge gleichzeitig auf die große Zahl der Versicherten verteilt. Wenn eine Versicherung prinzipiell günstiger ist als die individuelle Absicherung gegen Risiken, fragt man sich, warum es die großen Sozialversicherungen überhaupt gibt. Ein Grund waren die damals mit der Industrialisierung massiv auftretenden Risiken der lohnabhängigen Arbeit, die unter anderem dazu führten, dass in Konjunkturkrisen viele Menschen ihre Arbeit verloren und verarmten. Krankheit und Alter stellten weitere gravierende Risiken der Verarmung dar. Sozialversicherungen sind dann erforderlich, wenn sich die Individuen nicht von sich aus gegen diese Risiken versichern können (z. B. wenn das Einkommen zu gering ist) oder wollen (wenn bspw. das individuelle Risiko des Schadenseintritts als gering eingeschätzt wird), es diese Versicherungen nicht am freien Markt gibt oder neben der Absicherung noch weitere soziapolitische Ziele mit verfolgt werden sollen (z. B. Umverteilungen). Im Rahmen der Sozialpolitik kommt zum Versicherungsgedanken und zur Vermeidung von Risiken durch Schutzbestimmungen die Fürsorge durch den Staat als letztes Sicherungsnetz hinzu. Wenn die Versicherungssysteme nicht greifen, ist es Aufgabe der fürsorglichen Leistungen, den Betroffenen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen. Definition Als Leistungen kommen grundsätzlich Geld-, Sach- und Dienstleistungen sowie die Gewährung und Durchsetzung von Rechten in Frage. Diese Leistungen und ihre Finanzierung erfasst das Sozialbudget (Sozialbericht, 2013, S. 159 ff.). 1.2 Aufbau des Sozialsystems Das Sozialbudget unterscheidet die Leistungen nach Arten, Funktionen und Institutionen. Zu den Leistungsarten zählen: Sozialschutzleistungen (Einkommens- und Sachleistungen) sowie Verwaltungsausgaben. Die funktionale Gliederung zeigt, welchen Risiken vorgebeugt und welches Ziel verfolgt wird: Krankheit, Invalidität, Alter, Hinterbliebene, Kinder, Ehegatten, Mutterschaft, Arbeitslosigkeit, Wohnen und allgemeine Lebenshilfe. Üblich ist auch die Zusammenfassung zu noch größeren Aggregaten, wie Alter und Hinterbliebene, Gesundheit, Arbeitslosigkeit, Ehe und Familie und Sonstiges (s. Tabellen 1.1 und 1.2):
9 11 Sozialbudget p 2012s 2013s 2017s Leistungen nach Arten Sozialschutzleistungen Period. Einkommensleistungen Einmalige Einkommensleistungen Sachleistungen Verwaltungsausgaben Sonstige Ausgaben Finanzierung nach Arten Sozialbeiträge der Arbeitgeber Tatsächliche Beiträge Unterstellte Beiträge der Versicherten Arbeitnehmer Selbständige Eigenbeiträge v. Empf. soz.leist Übrige Zuschüsse des Staates Sonstige Einnahmen Finanzierungssaldo Leistungen nach Funktionen 1) Krankheit Invalidität Alter Hinterbliebene Kinder Ehegatten Mutterschaft Arbeitslosigkeit Wohnen Allgemeine Lebenshilfen Finanzierung nach Quellen Unternehmen (Kapitalgesellschaften) Bund Länder Gemeinden Sozialversicherung Private Organisationen Private Haushalte Übrige Welt ) ohne Verwaltungs- und Sonstige Ausgaben. Ab 2009 einschließlich privater Krankenversicherung. Werte 2013 bis 2017 sind Ergebnisse von Modellrechnungen. Datenstand Mai 2013 p: vorläufig, s: geschätzt Tabelle 1.1 Sozialbudget in Millionen Euro nach Arten, Funktionen und Quellen: Entwicklung von 1991 bis 2017 (BMAS, 2014, T6)
10 12 Volkswirtschaftslehre kompakt Soziale Sicherung und Sozialpolitik Funktionen 2013 Mrd. Euro % Sozialbudget insg. 779,6 100,0 Alter und Hinterbliebene 307,4 39,4 Gesundheit 332,1 42,6 Ehe und Familie 86,6 11,1 Arbeitslosigkeit 32,3 4,2 Wohnen 16,5 2,1 allg. Lebenshilfen 4,6 0,6 Tabelle 1.2 Anteil der Funktionen am Sozialbudget 1, geschätzte Werte konsolidiert um die Beträge des Staates ohne steuerliche Leistungen, ohne Verwaltungs- und sonstige Ausgaben (Quelle: BMAS, 2014, S. 14) Das Sozialbudget wird nach folgenden Institutionen differenziert (s. Tabelle 1.3): Sozialversicherungssysteme: Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Unfallversicherung, Sondersysteme der Altersversorgung und Versorgung im öffentlichen Dienst, Arbeitgebersysteme: Entgeltfortzahlung, betriebliche Altersversorgung, Entschädigungssysteme: soziale Gründe, Lastenausgleich, Wiedergutmachung, Förder- und Fürsorgesysteme: Familienlastenausgleich, Kindergeld, Erziehungsgeld, Elterngeld, Grundsicherung für Arbeitssuchende, sonstige Arbeitsförderung, Ausbildungsförderung, Sozialhilfe, Wohngeld, Kinderund Jugendhilfe, steuerliche Leistungen. 1 Die Differenz des Sozialbudgets in Tab. 1.1 bzw. 1.2 ergibt sich durch Vernachlässigung der Verwaltungs- und sonstigen Ausgaben in Tab. 1.1.
11 13 Deutschland insgesamt Mrd. % % BIP % Sozialbudget insg. 1) 812, ,7 +69,9 Sozialversicherung 494,7 61,7 19,1 +89,6 Rentenversicherung 263,3 31,1 9,6 +95,1 Krankenversicherung 192,8 22,8 7,0 +97,3 Arbeitslosenversicherung 28,9 3,4 1,1 22,5 Pflegeversicherung 24,3 2,9 0,9 Unfallversicherung 12,5 1,5 0,5 +58,0 Förder- und Fürsorgesysteme: 153,1 18,1 5,6 166,9 darunter Grundsicherung f. Arbeitssuchende 41,2 4,9 1,5 Sozialhilfe 29,7 3,5 1,1 +53,9 Kinder- und Jugendhilfe 30,8 3,6 1,1 +165,0 Wohngeld 1,1 0,1 0,0 49,3 Elterngeld 5,3 0,6 0,2 +54,0 Kindergeld & Familienleistungsausgleich 41,9 4,9 1,5 +302,5 Ausbildungs-/Aufstiegsförderung 2,6 0,3 0,1 +75,1 Systeme d. öfftl. Dienstes: 64,7 7,7 2,4 +49,0 darunter Pensionen 47,8 5,7 1,7 +97,4 Beihilfen 13,7 1,6 0,5 +104,4 Arbeitgebersysteme:: 76,0 9,0 2,8 +59,5 darunter Entgeltfortzahlung 40,0 4,7 1,5 +43,3 betriebliche Altersversorgung 24,0 2,8 0,9 +86,8 Zusatzversorgung 11,4 1,3 0,4 +88,4 Entschädigungen 2,7 0,3 0,1-68,2 1) Sozialbudget insgesamt und Sozialversicherungssysteme konsolidiert um Beiträge des Staates. Tabelle 1.3 Sozialbudget: Leistungen nach Institutionen 2013 (geschätzte Werte; Quelle: BMAS, 2014, S. 9ff.) 1.3 Begründung sozialer Sicherung Der Begriff soziale Sicherung ist mehrdeutig. Sozial kann bedeuten, dass im Sinne einer gesellschaftlichen Lösung die Allokation bestimmter Risiken zu organisieren ist. Sozialpolitik ist weit gefasst demnach als jede Form politischer Eingriffe zu verstehen, die die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit gestaltet (siehe hierzu BELLERMANN, 2011, Kap. 2). Andererseits meint sozial, helfend tätig zu werden. Der Begriff Soziale Arbeit leitet sich sicherlich von dieser Interpretation ab. Die Forderung, helfend tätig zu werden, bedeutet, defizitäre Lebenslagen zu beseitigen oder zumindest zu kompensieren. Soziale Ungleichheit gilt als ein Missstand der Gesellschaft und begründet aus distributiven Gründen staatliche Eingriffe in das Marktsystem. Diesen mate-
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