Globale und regionale Chancen und Grenzen der Biomassenutzung
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- Hertha Bayer
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1 Globale und regionale Chancen und Grenzen der Biomassenutzung Werner Wahmhoff FNR 1 IFM GeomarNature Brunn
2 Die Nutzung von Biomasse ist immer die Lebensgrundlage des Menschen gewesen und sie ist es auch heute noch! Die ersten drei ökologisch problematischen Schritte: 1. Entdeckung und Nutzung des Feuers als zusätzlicher Energiequelle und Basis der Kultur 2. Übergang von der Naturnutzung (Jäger-Sammler) zur Landnutzung (als Land- und Waldwirtschaft) 3. Übergang zu städtischer Lebensweise auf Basis von Landnutzungs-Überschüssen: Irreversible Spaltung der Menschheit in Erzeuger (ländlich) und Verbraucher (städtisch) Dadurch wurden Abhängigkeiten geschaffen: 1: von Brennstoffen 2: von geeigneten Standorten 3: von Erzeuger-Überschüssen nach Haber (2010) 2
3 Globale Verteilung der Nettoprimärproduktion (NPP) Globale NPP: 57 Mrd. t C/Jahr = 120 Mrd. t OTM Vom Menschen genutzte Menge: Mrd. t C/Jahr (20 25 %) 3 WBGU (2004), IMHOFF et al. (2004)
4 Anteil der vom Menschen genutzten Nettoprimärproduktion (NPP)* von Biomasse in verschiedenen Regionen der Welt (HANPP**) Region NPP (Mrd. t C/Jahr HANPP % Afrika Ostasien Süd-Zentralasien Westeuropa Nordamerika Südamerika 12,5 3,0 2,0 0,7 6,7 16, * NPP = Net Primary Production ** HANPP = Human Appropriation of Terrestrial Net Primary Production 4 nach IMHOFF et al. (2004) Nature 429
5 Anteil der vom Menschen genutzten Nettoprimärproduktion (NPP)* von Biomasse in verschiedenen Regionen der Welt (HANPP**) Region NPP (Mrd. t C/Jahr HANPP % Afrika Ostasien Süd-Zentralasien Westeuropa Nordamerika Südamerika 12,5 3,0 2,0 0,7 6,7 16, * NPP = Net Primary Production ** HANPP = Human Appropriation of Terrestrial Net Primary Production 5 nach IMHOFF et al. (2004) Nature 429
6 Anteil der vom Menschen genutzten Nettoprimärproduktion (NPP)* von Biomasse in verschiedenen Regionen der Welt (HANPP**) Region NPP (Mrd. t C/Jahr HANPP % Afrika Ostasien Süd-Zentralasien Westeuropa Nordamerika Südamerika 12,5 3,0 2,0 0,7 6,7 16, * NPP = Net Primary Production ** HANPP = Human Appropriation of Terrestrial Net Primary Production 6 nach IMHOFF et al. (2004) Nature 429
7 Anteil der vom Menschen genutzten Nettoprimärproduktion (NPP)* von Biomasse in verschiedenen Regionen der Welt (HANPP**) Region NPP (Mrd. t C/Jahr HANPP % Afrika Ostasien Süd-Zentralasien Westeuropa Nordamerika Südamerika 12,5 3,0 2,0 0,7 6,7 16, * NPP = Net Primary Production ** HANPP = Human Appropriation of Terrestrial Net Primary Production 7 nach IMHOFF et al. (2004) Nature 429
8 Derzeit genutzte globale Ackerlandfläche Fläche seit Jahrzehnten konstant Ackerfläche je Person: 0,20 ha stark sinkend 1,4 Mrd. ha Zum Vergleich: Deutschland ca. 12 Mio. ha 8 Nature 466, S , 2010
9 Globale Entwicklung der Pflanzenproduktion in den letzten 20 Jahren (in Mio. t) 9 Isermeyer (2011), nach FAOSTAT
10 Ertragsentwicklung von Weizen in den fünf wichtigsten Produktionsländern 10 Isermeyer (2011), nach FAOSTAT
11 Globale Bevölkerungsentwicklung und verfügbare tägliche Kalorienmenge Verdoppelung der Nachfrage nach pflanzlichen Nahrungs- und Futtermitteln bis Nature 2010, nach FAO
12 Prozentualer Anteil unterernährter Menschen in Entwicklungsländern 12 Nature 466, (2010), nach FAO
13 13 Versorgungssicherheit für alle Menschen!
14 Entwicklung der Weltbevölkerung und der globalen Nahrungsmittelproduktion 40 Jahre Rückblick, 40 Jahre Ausblick 14 Isermeyer (2011), nach FAOSTAT
15 Prioritätenliste der globalen Flächennutzung 1. Produktion von Nahrungsmitteln 2. Flächenanspruch zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen (globale Regelungsfunktionen, biologische Vielfalt) 3. Produktion nachwachsender Rohstoffe zur stofflichen Nutzung 4. Biomasseproduktion zur energetischen Nutzung 15
16 Bleibt noch Fläche für Nachwachsende Rohstoffe? 16
17 Globales Potential an Ackerland +1,6 Mrd. ha 17 Nature 466, S , 2010
18 Studie von GESSA & TRIFIRO (2003) THE GREEN REVOLUTION FOR CHEMISTRY zur Verfügbarkeit von Ackerfläche für Nachwachsende Rohstoffe Prognostizierte Ackerfläche 2040: Szenario für 2040 mit einer Weltbevölkerung von 9 Mrd. ergibt Flächenbedarf für Ernährung: Verfügbarkeit für Non-Food: 2,8 Mrd. ha 1,8 Mrd. ha 1,0 Mrd. ha Folie 18 18
19 Studien über globale Potentiale von Biomasse zur energetischen Nutzung IIASA: Exajoule/Jahr WBGU: ca. 100 Exajoule/Jahr ( ~ 6,7 Mrd. t Biomasse) Derzeitige Biomassenutzung: Zum Vergleich: globaler Primärenergieverbrauch: 40 Exajoule/Jahr (~ 2,6 Mrd. t Biomasse) 400 Exajoule/Jahr 19 WBGU (1999), KRAXNER (2007)
20 Nennenswerte Ackerlandverluste durch Urbanisierung (Verdoppelung der Siedlungsund Verkehrsflächen) durch Versalzung (z. B % in Syrien, Ägypten, Pakistan, Irak) Fotos: S. Demuth, Ökoprojekt Gronbach, BMZ 20
21 Problem Landnutzungswandel Verlust natürlicher/naturnaher Lebensräume und damit Verringerung der Biodiversität CO2-Freisetzung bei Entwaldung und Grünlandumbruch Foto: ARTHUS-BERTRAND 21
22 CO 2 -Emissionen bei Landnutzungsänderungen 22 Fehrenbach (2008)
23 Globale Bioenergiepotentiale auf Brachflächen Ackerland % stillgelegte Fläche Mio. ha ungenutzte landwirtschaftliche Fläche 4.3 t ha-1 y-1 Grünland Oberirdische Biomasse EJ ungenutzte landwirtschaftliche Fläche 23 Campbell et al % des aktuellen Primärenergieverbrauchs
24 Zwischenfazit Nachfrage nach pflanzlichen Rohstoffen wird stark steigen. Aktuelles Ackerland plus einige 100 Mill. ha Ackerbrachen werden für die Ernährungssicherung benötigt. Konsequenz und Herausforderung: Erntemengen auf bestehender Nutzfläche steigern und gleichzeitig Nachhaltigkeit gewährleisten. Landnutzungswandel ist mit negativen Effekten hinsichtlich Treibhausgasemission und Biodiversität verbunden und sollte nur begrenzt als Lösungsansatz gewählt werden. Lösungsansätze: - verstärkt Reststoffe nutzen - Biomasseproduktion ohne Landnutzungswandel 24
25 Was hat die globale Flächenverfügbarkeit mit den Chancen der Biomassenutzung in Deutschland zu tun? Globale Märkte für viele pflanzliche Produkte (Weizen, Mais, Soja, Sonnenblumen, Palmöl, Zucker) Flächenverfügbarkeit global betrachten Transportwürdigkeit von Biomasse Anbauumfang Nachwachsender Rohstoffe ist eine Frage der ökonomischen Vorzüglichkeit Frage: Regionale bzw. nationale Versorgungssicherung für Nahrungsmittel 25
26 Ernährungswirtschaftlicher Warenverkehr Deutschlands nach Warengruppen (2006/08) Isermeyer (2011) 26
27 Anbau Nachwachsender Rohstoffe in Deutschland 27 FNR (2010) * vorläufige Schätzung
28 Waldnutzung in Deutschland: Anteile stofflicher und energetischer Nutzung 2008 Waldfläche: 12 Mio. ha Rechnerische Fläche: ca. 5 Mio. ha 28 FNR (2010
29 Biogasproduktion in Niedersachsen Höher (2010)
30 Maisanteile in Fruchtfolgen in Niedersachsen Von 30 Mio. t Gülle in Niedersachsen gehen bereits 7,9 Mio. t in Biogasanlagen 30 Höher (2010)
31 Energetische Nutzung von Biomasse im Jahre 2006 und Potentiale 31 verändert, nach THRÄN (2007)
32 Klima-Effekte Nachwachsender Rohstoffe (Netto CO 2äq -Vermeidung pro Hektar) 20 Wärme Strom & KWK Kraftstoffe t CO 2äq /ha t 10 t 5 2 bis 3 t 0 Hack- schnitzel- Heizung Getreide- Heizung Biogas Biogas (Strom) (Strom & Wärme) Biogas Hack- Stroh (Einspeisung) HKW schnitzel- Co-Verbrennung Hackschnitzel Co-Verbrennung Biodiesel Ethanol (Weizen) Biogas (Kraftstoff) Biokraftstoffe: ertragsschwach; Biogas: ertragreich, aber teuer Stroh, Hackschnitzel (KUP) schneiden am besten ab 32 Wissenschaftlicher Beirat Agrarpolitik (2010)
33 Zukunftsstrategien für eine nachhaltige Nutzung Nachwachsender Rohstoffe Vorrangig Reststoffe nutzen Nachwachsende Rohstoffe vorrangig nicht auf bisherigen produktiven Ackerstandorten anbauen Landnutzungswandel vermeiden Dauerkulturen anstreben Kohlenstoffbilanz der Bodennutzungssysteme ausgeglichen gestalten Vorrangig Produktionssysteme mit geringerem N- Umsatz wählen (Cellulose, Zucker, Stärke) 33
34 Zukunftsstrategien für eine nachhaltige Nutzung nachwachsender Rohstoffe Nachwachsende Rohstoffe vorrangig mit mehrjährigen Kulturpflanzenarten produzieren, um unerwünschte Umweltwirkungen einjähriger Kulturen zu vermeiden: - Höhere Kohlenstoffakkumulation in Dauerkulturen im Vergleich zur Ackernutzung. - Ressourcenaufwand für Bodenbearbeitung und jährlich wiederkehrende Bestandsbegründung stark vermindert. - Erosionsgefahr drastisch reduziert. - Nährstoffausträge sind geringer. 34
35 Zukunftsstrategien für eine nachhaltige Nutzung nachwachsender Rohstoffe Kohlenstoffbilanz der Bodennutzungssysteme ausgeglichen gestalten, um unerwünschte CO 2 -Entbindungen in die Atmosphäre zu vermeiden. Zielkonflikt: Dazu ist eine standortspezifisch unterschiedliche Menge an organischer Substanz dem Boden zuzuführen, die nicht genutzt werden kann. Forschungsansatz: Zufuhr stabilisierter Kohlenstoffverbindungen mit geringerer jährlicher Umsatzrate (Hydrothermale Carbonisierung HTC). 35
36 Zukunftsstrategien für eine nachhaltige Nutzung nachwachsender Rohstoffe Vorrangig Produktionssysteme mit geringerem N- Umsatz wählen, um Energieaufwand für die Herstellung reaktiver Stickstoffverbindungen gering zu halten, um umweltbelastende N-Verluste (Nitratverlagerung in Grund- und Oberflächenwasser, Lachgasentbindung in die Atmosphäre) zu vermindern. Wenn Zucker, Stärke oder Cellulose produziert werden sollen, stehen sehr produktive Pflanzen zur Verfügung, die nur relativ geringe N-Mengen im Erntegut enthalten (Zuckerrohr, Zuckerrübe, Ölpalme, Miscanthus, Schnellwachsende Baumarten). 36
37 Schlussfolgerungen Nachfrage nach Biomasse zur stofflichen und energetischen Nutzung wird weiter steigen. Der Anteil der Biomasse an der globalen Energiebereitstellung ist nur in engen Grenzen steigerungsfähig. Für Nachwachsende Rohstoffe vorrangig Reststoffe und Nebenprodukte nutzen. Landnutzungswandel vermeiden, deshalb vorrangig Nichtackerland nutzen. Rangfolge der Biomassenutzung : stoffliche Nutzung > direkte Wärmenutzung < Biotreibstoffe. 37
38 Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorherzusagen, sondern es kommt darauf an, auf die Zukunft vorbereitet zu sein. Perikles, 500 vor Chr. (griech. Philosoph) Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 38
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