12. Wahlperiode
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- Ulrike Becker
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1 12. Wahlperiode Antrag der Abg. Lothar König u. a. REP und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Initiativen der Landesregierung, um die von Deutschland seit Kriegsende erbrachten Entschädigungsleistungen in den Lehrplänen der öffentlichen Bildungsanstalten des Landes zu verankern Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. inwiefern die Landesregierung die Auffassung teilt, dass die Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen zum festen Bestandteil des Unterrichtsstoffes an den Bildungseinrichtungen des Landes gehören sollte; 2. wenn ja: welche Konsequenzen die Landesregierung bisher aus dieser Auffassung gezogen hat; 3. wenn nein: warum die Landesregierung vor dem Hintergrund immer neuer Entschädigungsforderungen an Deutschland keinen Initiativebedarf sieht; 4. ob und ggf. welche Initiativen die Landesregierung bisher eingeleitet hat, um die Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen in den Lehrplänen der öffentlichen Schulen zu verankern; 5. wenn nein: zu erläutern, warum die Landesregierung bisher nicht initiativ geworden ist; Eingegangen: / Ausgegeben:
2 6. inwiefern die Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen im Programm der Landeszentrale für Politische Bildung Niederschlag gefunden hat; 7. inwieweit die Landesregierung die Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen im Rahmen des Programms der Landeszentrale für Politische Bildung für ausreichend hält; 8. wenn nein: welche Initiativen die Landesregierung ergriffen hat, um das Bildungsprogramm der Landeszentrale für Politische Bildung im Sinne einer adäquaten Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen zu beeinflussen; 9. wenn ja: wie hoch in etwa der Anteil der Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen im Bildungsprogramm der Landeszentrale für Politische Bildung zu veranschlagen ist; 10. ob und ggf. welche Initiativen die Landesregierung vor dem Hintergrund der aktuellen Verhandlungen über die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern ergriffen hat, um die Entschädigungsleistugen von deutscher Seite seit Kriegsende in die Öffentlichkeit zu tragen König, Dr. Schlierer, Deuschle, Krisch Herbricht REP Begründung Nach Auffassung der Antragsteller wird in den öffentlichen Bildungsanstalten des Landes nur sehr unzureichend auf die weitgehenden Entschädigungsleistungen von deutscher Seite seit Kriegsende eingegangen. Gerade die laufende Entschädigungsdebatte hat gezeigt, dass im Hinblick auf deutsche Wiedergutmachungsleistungen erheblicher Aufklärungsbedarf besteht. Unbestrittenermaßen kommt im Hinblick auf diesen Aufklärungsbedarf gerade den öffentlichen Bildungsanstalten erhebliche Bedeutung zu, weil hier die Grundlagen für ein entsprechendes staatsbürgerliches Bewusstsein gelegt werden. Aus baden-württembergischer Sicht besteht u. a. deshalb ein exponiertes Interesse an dieser Aufklärungsarbeit, weil über die Stiftungsinitiative Erinnerung, Verantwortung, Zukunft eine Einbindung der Bundesländer in die zu erbringenden Entschädigungsleistungen geplant ist. Um weiteren unberechtigten Entschädigungsforderungen mehr Widerstand als bisher entgegensetzen zu können, ist es aus Sicht der Antragsteller u. a. notwendig, auch in den Schulen für eine entsprechende Bewusstseinsbildung für die deutschen Entschädigungsleistungen seit Kriegsende zu sorgen. Stellungnahme Mit Schreiben vom 19. April 2000 Nr /240 nimmt das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport zu dem Antrag wie folgt Stellung: 2
3 Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. inwiefern die Landesregierung die Auffassung teilt, dass die Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen zum festen Bestandteil des Unterrichtsstoffes an den Bildungseinrichtungen des Landes gehören sollte; Der 2. Weltkrieg ist von deutschem Boden ausgegangen. Er hat in vielen Ländern und auch in Deutschland zu gewaltigen Zerstörungen geführt. Millionen von Menschen wurden getötet, weitere Millionen von Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Zur Überwindung der auch aus dem Krieg entstandenen Not und Zerstörung beteiligten sich viele Staaten nach dem 2. Weltkrieg am Wiederaufbau. Die Bundesrepublik Deutschland kam schnell in den Genuss großzügiger Aufbauhilfe durch die Westmächte im Rahmen des Marshallplans. Sie unterstützte ihrerseits den Aufbau in anderen Staaten sowohl zur Wiedergutmachung der von Deutschland verursachten Schäden wie auch zum Gewinn von Vertrauen. Hierzu gehören viele Maßnahmen der Wiedergutmachung. Die von Deutschland gezahlten und noch zu zahlenden Entschädigungsleistungen sind deshalb nicht isoliert zu sehen, sondern gehören in den Kontext der beiden Weltkriege dieses Jahrhunderts. Sie sind in diesem Zusammenhang fester Bestandteil der Lehrpläne. 2.wenn ja: welche Konsequenzen die Landesregierung bisher aus dieser Auffassung gezogen hat; In den Lehrplänen für die Fächer Geschichte, Gemeinschaftskunde oder Geschichte mit Gemeinschaftskunde sind in allen Schularten Lehrplaneinheiten wie Demokratie und Diktatur in Deutschland Das Erbe der Weltkriege Der Ost-West-Konflikt und seine Überwindung Internationale Beziehungen und Friedenssicherung verbindlich vorgeschriebene Themen des Unterrichts. In diesen Unterrichtseinheiten lernen die Schülerinnen und Schüler unter anderem, historische und aktuelle Konflikte aus der Geschichte heraus zu beurteilen, insbesondere die deutsche Nachkriegsgeschichte und ihre Auswirkungen bis heute. Sie werden befähigt, an der aktuellen politischen Diskussion und an der Verwirklichung der europäischen Einheit teilzunehmen. Sie werden motiviert, sich für eine friedliche und gerechte Weltordnung zu engagieren. In diesem Zusammenhang ist die Auseinandersetzung mit den von Deutschland nach 1945 erbrachten Leistungen zum Aufbau, zur Wiedergutmachung und zur Entschädigung Gegenstand des Unterrichts. 3.wenn nein: warum die Landesregierung vor dem Hintergrund immer neuer Entschädigungsforderungen an Deutschland keinen Initiativebedarf sieht; 3
4 4. ob und ggf. welche Initiativen die Landesregierung bisher eingeleitet hat, um die Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen in den Lehrplänen der öffentlichen Schulen zu verankern; Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen nicht über das bisherige Maß hinaus in den Lehrplänen der öffentlichen Bildungsanstalten des Landes (siehe Antwort zu Frage 2) verankert werden muss. 5. wenn nein: zu erläutern, warum die Landesregierung bisher nicht initiativ geworden ist; 6. inwiefern die Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen im Programm der Landeszentrale für Politische Bildung Niederschlag gefunden hat; Grundauftrag der Landeszentrale für politische Bildung ist nach der Bekanntmachung vom 25. Januar 1972 die Festigung und Verbreitung des Gedankengutes der freiheitlichen-demokratischen Ordnung. Deshalb spielt im Programm der Landeszentrale die Frage eine große Rolle, wie es möglich war, dass die erste deutsche Demokratie, die Weimarer Republik, zugrunde ging und einer schrecklichen Diktatur Platz gemacht hat. Zu dieser Thematik hat die Landeszentrale eine Reihe von Publikationen herausgebracht und Tagungen veranstaltet. Die Landeszentrale bleibt aber nicht bei der Aufarbeitung der Vergangenheit stehen, sondern sie legt großen Wert darauf, dass vor diesem historischen Hintergrund neue Verbindungen geknüpft werden. Ihr liegt speziell an den Verbindungen zu Israel, aber auch an guten Beziehungen zu den europäischen Nachbarn. Jährlich führt die Landeszentrale eine Multiplikatorenreise nach Israel durch. Bei der Vorbereitung der Reise wird selbstverständlich darauf hingewiesen, dass Deutschland einen spürbaren materiellen Beitrag zum Aufbau des Landes geleistet hat. Für den Teilnehmerkreis wurde mehrfach das Buch Israel von Wolffsohn/Bokovoy angekauft, in dem ein eigenes Kapitel die Phase der Wiedergutmachung (1949 bis 1953) und das Luxemburger Abkommen darstellt. Auch in eigenen Publikationen führt die Landeszentrale die finanziellen Entschädigungsleistungen auf, wie z. B. im Heft 4/91 Die fünfziger Jahre in der Reihe Politik und Unterricht. Im gemeinsam mit dem Volksbund für Kriegsgräberfürsorge herausgegebenen Band Die falsche Rechnung: Was bringt der Krieg ein? geht es um materielle und immaterielle Kriegskosten. Im Vordergrund steht aber nie rechnerisches Kalkül, sondern eine sachbezogene Darstellung der Fakten und die Absicht, die Menschen und vor allem die junge Generation zu einem guten Miteinander zu führen. Studienreisen, Tagungen und Publikationen dienen dieser Zielsetzung. 7. inwieweit die Landesregierung die Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen im Rahmen des Programms der Landeszentrale für Politische Bildung für ausreichend hält; Die Landesregierung sieht bei der Behandlung der Thematik prinzipiell keinen anderen Weg als den, den die Landeszentrale für politische Bildung eingeschlagen hat. 4
5 8. wenn nein: welche Initiative die Landesregierung ergriffen hat, um das Bildungsprogramm der Landeszentrale für Politische Bildung im Sinne einer adäquaten Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen zu beeinflussen; 9. wenn ja: wie hoch in etwa der Anteil der Darstellung der von Deutschland nach 1945 erbrachten Entschädigungsleistungen im Bildungsprogramm der Landeszentrale für Politische Bildung zu veranschlagen ist; Bei der komplexen Fragestellung, um die es geht, ist es nicht möglich, Anteile in Prozentzahlen zu nennen. Es wäre geradezu ein pädagogischer Irrweg, die Frage der Entschädigungsleistungen separat zu einem Thema zu machen und sie nicht im Gesamtzusammenhang zu sehen. Auch die geleisteten Zahlungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das erfahrene Leid nicht wieder gutzumachen ist. Umso notwendiger ist es, die historischen Umstände umfassend zu analysieren, die Verinnerlichung demokratischen Gedankenguts zu befördern und sich für ein friedvolles Europa einzusetzen. Das Seminar- und Publikationsangebot der Landeszentrale erfüllt diesen Anspruch zu hundert Prozent. 10. ob und ggf. welche Initiativen die Landesregierung vor dem Hintergrund der aktuellen Verhandlungen über die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern ergriffen hat, um die Entschädigungsleistungen von deutscher Seite seit Kriegsende in die Öffentlichkeit zu tragen. Auch die aktuelle Debatte der Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern wird bei Tagungen der Landeszentrale sachlich und im größeren Zusammenhang dargestellt und erörtert. Nach dem für die politische Bildung wichtigen Beutelsbacher Konsens ist die Bewertung Sache der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dr. Annette Schavan Ministerin für Kultus, Jugend und Sport 5
3. welche Konzepte die Landesregierung verfolgt, um den abgewiesenen Jugendlichen eine weitere Bildungs- bzw. Ausbildungschance zu ermöglichen.
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