Weinfelder. Predigt. Gott verleiht Flügel (Konfirmation) Mai 2014 Nr Jesaja 40, 31
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- Helene Feld
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1 Weinfelder Mai 2014 Nr. 754 Predigt Gott verleiht Flügel (Konfirmation) Jesaja 40, 31 von Pfr. Richard Häberlin gehalten am 18. Mai 2014
2 Jesaja 40, 31: Die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden. Seite 2
3 Liebe Konfirmanden, liebe Eltern und liebe Gäste, Ich habe einmal auf einer Geburtsanzeige eines Elternpaares folgendes gelesen: Zwei Dinge wollen wir unseren Kindern mitgeben: Das eine sind Wurzeln, das andere Flügel. Man könnte jetzt lange darüber philosophieren, was diese Wurzeln resp. Flügel bedeuten. Für mich symbolisieren die Wurzeln Eigenschaften wie Beständigkeit, Verankert-Sein auf dem Boden der Realität. Aber auch eine gewisse Bindung an die Herkunft. Ein Wissen: Woher komme ich? Was ist mir mitgegeben von klein auf? Was hat mich geprägt? Die Flügel auf der anderen Seite stehen für mich für Freiheit und Unabhängigkeit. Freiheit zu einer eigenständigen Entwicklung. Sie als Eltern unserer Konfirmanden kennen dieses Spannungsfeld, das durch die Begriffe Wurzeln und Flügel beschrieben ist: Der junge Mensch braucht eine Verankerung: In der Familie, später in einem Netz von Freunden und Bekannten. Eine sichere Bindung ermöglicht eine gesunde Entwicklung. Verlässliche Beziehungen sind etwas ganz Wichtiges. Nur darf diese Bindung nicht so stark sein, dass sie eine eigenständige Entwicklung verunmöglicht. Erziehen bedeutet darum: Beziehung aufbauen und anbieten, aber auch immer wieder Loslassen. Ziehen lassen. Frei geben. Dem Leben und Gott überlassen. Jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden Seite 3
4 Es ist kaum zufällig, dass meine Konfirmandengruppe, insbesondere die Jungs, auf dieses Thema gekommen sind: Gott verleiht Flügel natürlich in Anlehnung an einen Werbespruch für einen Kraft- und Energiespender. Kraft ist ein Thema in eurem Leben. Einige von euch trainieren ihre Muskeln mit dem Ziel, einen gut aussehenden Body zu haben. Auf meine Frage im Konfirmandenunterricht, wie sich das denn zeigt, wenn Gott uns Flügel verleiht, haben vor allem die Jungs geantwortet: Er gibt uns Kraft und Energie. (Die Mädchen haben Flügel eher verbunden mit Glück, Geborgenheit und Freiheit). Mich hat es natürlich gefreut, dass ihr Gott in Verbindung bringt mit Begriffen wie Kraft, Auftrieb und Freiheit. Noch eine Generation vor euch hätte das vielleicht ganz anders getönt Unser Motto Gott verleiht Flügel könnte allerdings auch suggerieren, dass Gott so eine Art Red-Bull-Getränk ist, das einem innert Kürze wieder auf die Beine hilft. Ein Gott für Power-Typen und Leistungsoptimierer. Für die Schönen und Erfolgreichen. Der Glaube als Mittel zum Zweck, sich besser zu fühlen. Jesus als Energy Drink: Innert Sekunden verhilft er dir zu einem besseren Leben Nein, liebe Konfirmanden und liebe Gäste, ich glaube, wir wissen alle: So einfach ist es nicht! Ich bin froh, dass es im Prophetenwort heisst: Auch Männer werden müde, und junge Leute straucheln und fallen (V. 30). Junge Menschen haben von Natur aus mehr Kraft als die älteren. Seite 4
5 Und diese Tatsache drückt sich aus in einem Jugendlichkeits-Wahn, der manchmal groteske Züge annimmt. Es ist aber auch eine Tatsache: Auch junge Menschen sind und werden müde Und ich meine jetzt nicht nur nach einer anstrengenden Party. Viele junge Menschen stehen unter einem enormen Druck. Sie leben in einer widersprüchlichen Gesellschaft, die auf der einen Seite Genuss und Selbstverwirklichung propagiert. Und auf der anderen Seite ist die Schule und eine Arbeitswelt, die knallhart die Bedingungen eines erfolgreichen Weiterkommens diktiert. Nicht wenige begegnen diesem Druck, indem sie nachhelfen und daraus fliehen mit verschiedenen Pülverchen und Drinks, mit Abtauchen in eine digitale Parallelwelt oder mit dem Suchen eines besonderen Adrenalin-Kicks. Wie lautet angesichts dieser Lebenswirklichkeit das Angebot des christlichen Glaubens? Hier kommt das Bild des Adlers ins Spiel. Und dazu möchte ich euch eine kurze Geschichte erzählen: Ein Mann fing im Wald einen jungen Adler. Er nahm ihn mit nach Hause und steckte ihn zu seinen Hühnern in den Hühnerstall. Er gab ihm Hühnerfutter zu fressen, obwohl er doch ein Adler war, der König der Vögel, der König der Lüfte! Nach fünf Jahren kam einmal ein anderer Mann zu Besuch, der verstand etwas von Naturkunde. Dem fiel der Adler auf und er sagte: Der Vogel dort ist kein Huhn, sondern ein Adler. Ja, sagte der Mann, das stimmt. Aber ich habe ihn zu einem Huhn erzogen. Er ist jetzt kein Adler mehr, sondern ein Huhn. Nein, sagte der andere, er ist noch immer ein Adler, denn er hat das Herz eines Adlers und das wird ihn hoch hinauf fliegen lassen in die Lüfte. Seite 5
6 Nein, nein, sagte der Mann, er ist jetzt ein richtiges Huhn geworden und wird niemals mehr wie ein Adler fliegen. Darauf beschlossen sie, eine Probe zu machen. Der vogelkundige Mann nahm den Adler, hob ihn in die Höhe und sagte beschwörend: Der du ein Adler bist, der du dem Himmel gehörst und nicht dieser Erde, breite deine Schwingen aus und fliege! Der Adler auf der hoch gestreckten Faust blickte um sich. Hinter sich sah er die Hühner nach ihren Körnern picken und er sprang zu ihnen hinunter und pickte mit. Der naturkundige Mann gab aber noch nicht auf. Am nächsten Tag stieg er mit dem Adler am Arm auf das Dach des Hauses, hob ihn empor und sagte: Adler, der du ein Adler bist, breite deine Schwingen aus und fliege! Aber als der Adler wieder die scharrenden Hühner im Hof erblickte, sprang er zu ihnen hinunter und scharrte mit. Da sagte der Mann: Ich habe es dir ja gesagt, er ist ein Huhn und er bleibt ein Huhn. Nein, sagte der andere, Er ist ein Adler und er hat noch immer das Herz eines Adlers. Lass es uns noch ein einziges Mal versuchen. Morgen werde ich ihn fliegen lassen. Am nächsten Morgen ging er mit dem Adler vor die Stadt auf einen hohen Berg. Er hob den Adler empor und sagt zu ihm: Adler, du bist ein Adler. Du gehörst dem Himmel, nicht dieser Erde. Breite deine Schwingen aus und fliege! Der Adler zitterte, aber er flog nicht. Da ließ ihn der naturkundige Mann direkt in die Sonne schauen, und plötzlich breitete der Adler seine Schwingen aus, erhob sich mit dem Schrei eines Adlers in die Luft und kehrte nie wieder zurück. Ich bin überzeugt, auch ihr / auch du gehörst letztlich dem Himmel (wie der Adler), nicht der Erde. Seite 6
7 Wenn du deine von Gott geschenkte Bestimmung lebst, dann erwachsen dir Flügel und du findest in die Freiheit. Wenn du weisst: Ich bin ein von Gott geliebter Mensch, ein Gedanke nach seinem Herzen, und bin begabt und beauftragt, seine Liebe in dieser Welt widerzuspiegeln dann kann es losgehen. Wenn du weisst und erfahren hast, was dir von Gott geschenkt ist, wenn du dich mit ihm verbindest und dich von ihm rufen lässt dann erkennst du, wer du wirklich bist. Im Bild gesprochen: Ein Adler, der zur Freiheit bestimmt ist. Zur Freiheit für Gott und Mitmensch. Nein, du sollst kein Huhn sein, das umherhühnert ohne Ziel und Plan! Sondern du bist zum Adler-Sein berufen! Du darfst der Sonne entgegen fliegen. Drei Schritte auf dem Weg dazu: 1. Schritt: Das Nest verlassen Zum Teil seid ihr das bereits am Ausprobieren. Mit allen Kollateralschäden, die dieser Prozess für euch und eure Eltern hat Das Nest verlassen heisst aber mehr als: langsam selbständig werden. Es heisst auch: Sich lösen von Meinungen und Bildern, die ihr kritiklos übernommen habt. Übernommen von der öffentlichen Meinung, von euren Eltern, von Freunden und anderen Meinungsträgern. Nicht alles davon ist schlecht. Wahrscheinlich ist sogar das meiste davon gut. Lasst aber hinter euch, was nicht stimmt. Und wenn euer Umfeld beispielsweise sagt: Gott gibt es sowieso nicht! Und die Kirche ist nur für Alte und Schwache! dann seid auch in diesem Punkt kritisch! Verlasst auch das Nest der Vorurteile und Meinungen! Seite 7
8 2. Schritt: Flügel ausbreiten Ein Vogel, der fliegen lernen will, muss irgendwann das Nest verlassen und seine Flügel ausbreiten. Vielleicht klappt es nicht auf Anhieb. Es braucht ein paar Flugstunden, bis die Flügel stark genug und einsatzfähig sind. Ich wünsche euch, dass ihr das, was ihr von mir und von anderen im Konflager, im GODI und sonstwo gehört habt, ausprobiert. Dass ihr den Sprung in den Glauben wagt. Dass ihr dran bleibt, und nicht beim ersten Widerstand oder Durchhänger aufgebt. Nicht umsonst heisst es in unserem Prophetenwort: Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft. Ja, es gibt Zeiten im Glauben, da musst du ausharren. Warten. Aushalten, wie es ist. Da hilft auch ein Schluck Red Bull nicht. Warten und aktiv Dranbleiben im Hören auf Gott ist ein wesentlicher Teil des Glaubens. Aber das aktive Warten lohnt sich! 3. Schritt: Sich tragen lassen Je weiter der Adler seine Flügel ausbreitet, desto mehr merkt er, dass er sich tragen lassen kann von dieser unsichtbaren Kraft, die ihn umgibt. Der Adler braucht nicht nervös mit seinen Flügeln zu flattern, sondern er kann sich mit seinem ganzen Gewicht dem Wind überlassen. Er muss sich eigentlich gar nicht sonderlich anstrengen, sondern im Sich-Überlassen fliegt er einfach. Gibt es ein schöneres Bild für den Glauben als dieses? Deshalb: Vertrau dich Gott an und lass dich von ihm tragen! Amen. Seite 8
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