Position Sanierung öffentliche Haushalte
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- Theodor Kalb
- vor 8 Jahren
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1 Position Sanierung öffentliche Haushalte Einleitung Die Entwicklung der Realsteuerhebesätze der vergangenen drei Jahre in Rheinland-Pfalz beweist eine radikale Verschlechterung der Steuerlast für die hiesige Wirtschaft: Im Jahr 2010 haben in der Pfalz 6 von 500 Kommunen die Gewerbesteuer erhöht. Im Kammerbezirk Rheinhessen blieben die Hebesätze in diesem Jahr gänzlich unverändert, im Kammerbezirk Trier wurden in 9 von insgesamt 556 Kommunen Erhöhungen vorgenommen. Bereits im Jahr 2011 und auch im Jahr 2012 hingegen fand eine Erhöhung der Gewerbesteuerhebesätze auf breiter Front statt: Öffentliche Haushalte Stand: 21. März
2 Begründet werden diese Erhöhungen unisono mit der desolaten Haushaltslage der Kommunen. Vor diesem Hintergrund werden in den Kommunen zudem neue wirtschaftsschädliche Ausgaben ausgedacht wie z.b. die Kulturförderabgabe. Alle Erhöhungen und Neuerfindungen von Steuern und Abgaben wirken für die betroffenen Unternehmen kumulativ. Der Weg zur Erhöhung der Gewerbesteuer wurde also bereits bestritten und der Druck zu weiteren Steuererhöhungen wird sich aufgrund des Kommunalen Entschuldungsfonds, der seit Januar 2012 seine Wirkung entfaltet, massiv verschärfen. Haben zum jetzigen Zeitpunkt ca. 750 Kommunen ihren Beitritt zum Fonds erklärt, werden viele weitere Kommunen folgen. Die ADD 1 wiederum kontrolliert die im Vertragsabschluss deklarierte Verpflichtung der teilnehmenden Kommunen, dass die Einnahmenerhöhungen durch sie nachweislich forciert werden. Zu guter Letzt wird auch der in Teilen reformierte Landesfinanzausgleich dazu beitragen, dass weiter an der Gewerbesteuerschraube gedreht wird. Im gerade veröffentlichten Gesetzesentwurf wird darüber diskutiert, die Finanzkraftmesszahl von derzeit 352 auf 365 anzuheben. Es ist davon auszugehen, dass hier weitere Einnahmensteigerungen vorgenommen werden. All dies zwingt die Wirtschaft, sich mit der Frage der öffentlichen Haushalte zu beschäftigen. Der Weg der Haushaltssanierung wird nicht leicht sein. Eine Haushaltssanierung ausschließlich über Abgabenerhöhungen kann nicht gelingen. Hintergrund: Nach den Vorschriften zur Schuldenbremse müssen die Länder nach Art. 109 GG ihre Ausgaben grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten finanzieren. Bis einschließlich 2019 läuft eine Übergangsfrist. Die Haushalte sind grundsätzlich so aufzustellen, dass dem Konsolidierungsziel der grundsätzlichen Nullneuverschuldung im Haushaltsjahr 2020 entsprochen wird. Für Rheinland-Pfalz bedeutet die neue Schuldenregel, dass das strukturelle Defizit im Landeshaushalt um jährlich 220 Millionen Euro zu verringern ist. Dieses Ziel hatte schon Ministerpräsident Kurt Beck zu Beginn der Legislaturperiode bei seiner Regierungserklärung im Mai 2011 bekräftigt. Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat diese Aufgabe weiter umzusetzen. Der Landesrechnungshof vermisst seit seinem Bericht 2011 ein tragfähiges Konzept, wie das Land die Schuldenbremse einhalten will, nach der ab 2020 keine neuen Schulden mehr aufgenommen werden dürfen. Der Rechnungshof kritisiert außerdem zu Recht, dass die von der Landesregierung aufgestellte Planung für die Jahre 2011 bis 2014 verfassungswidrige Kreditaufnahmen vorsieht. Die Mängelliste der Prüfung des Landeshaushalts endet mit der deutlichen Aussage, dass dem Land durch die hohe Verschuldung der Verlust der finanzpolitischen Handlungsfähigkeit droht. 1 Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland - Pfalz Öffentliche Haushalte Stand: 21. März
3 Ranking Kommunen Das Land hat im Jahr 2011 trotz der höchsten Gesamteinnahmen seit Bestehen, die höchste Nettoneuverschuldung seiner Geschichte zu verzeichnen. Die hohe Neuverschuldung (1.818 Mrd. Euro) und geringe Investitionen (1.388 Mrd. Euro) führen dazu, dass das Land die landesverfassungsrechtliche Obergrenze für die Neuaufnahme von Krediten überschritten hat (danach dürfen die Kreditaufnahmen die Investitionen nicht übersteigen). Der zusätzliche Blick auf die Kommunen zeigt, dass sie seit 22 Jahren Kredite für die Aufgabenerfüllung aufnehmen. Rheinland Pfalz steht damit neben NRW und dem Saarland mit der größten Kommunalverschuldung in Deutschland da. In keinem anderen Flächenland ist seit mehr als zwei Jahrzehnten und damit selbst in den Jahren mit den höchsten Einnahmen durchweg ein Finanzierungsdefizit in der Gesamtbetrachtung aller Kommunen erwirtschaftet worden. Der Landesrechnungshof hat ausgerechnet, dass bis 2026 neue Liquiditätsengpässe drohen. Ohne Entschuldungsfond summieren sich die Kassenkredite danach auf ca. 9,7 Mrd. Euro; unter Berücksichtigung des Entschuldungsfonds wären es immer noch 6,5 Mrd. Euro. Kassenkredite werden also regelwidrig nicht zur kurzfristigen Mittelaufnahme, wie dies die Gemeindeordnung vorsieht, sondern zur Haushaltsdeckung aufgenommen. Dies stellt einen unhaltbaren Zustand dar. Forderungen 1.) Öffentliche Haushalte über die Ausgabenseite konsolidieren Rheinland Pfalz darf ab 2020 keine Neuverschuldung mehr aufweisen. Die öffentlichen Einnahmen entwickeln sich derzeit gut und begünstigen den Schuldenabbau. Die Haushaltskonsolidierung über die Ausgabenseite erfolgt dagegen zögerlich. Die öffentliche Finanzplanung vernachlässigt die Risiken aus der europäischen Staatsschuldenkrise ebenso wie bestehende und zukünftige Lasten, wie z.b. durch Pensionsverpflichtungen. Hier sind Einsparungen dringend erforderlich. Raum für neue Ausgaben besteht nicht. Die Vorgaben der Schuldenbremse können nur eingehalten werden, wenn verbindliche jährliche Budgetvorgaben gesetzt und eingehalten werden. Vor allem müssen staatliche Aufgabenwahrnehmungen und Leistungsstandards laufend überprüft werden. Alle Ausgaben müssen sich an messbaren Zielen orientieren und einer Wirksamkeitsüberprüfung standhalten. Steigende Einnahmen dürfen nicht automatisch für eine Erhöhung der Ausgaben verwendet werden. Vorrang muss die Schuldentilgung haben. Öffentliche Haushalte Stand: 21. März
4 2.) Finanzielle Basis der Kommunen sichern Viele kommunale Haushalte sind seit Jahren strukturell unterfinanziert. Lediglich 5 Prozent der Steuerpflichtigen tragen 90 Prozent des Gewerbesteueraufkommens. Auch deswegen schwanken die Gewerbesteuereinnahmen stark. Immer mehr Kommunen gehen dazu über, neue Aufwandsteuern wie z.b. sogenannte Tourismus- oder Kulturförderabgaben einzuführen, die die örtliche Wirtschaft zusätzlich belasten. Die Kommunen benötigen verlässliche Einnahmen, aber auch Planungssicherheit in Bezug auf Aufgaben und damit verbundenen Ausgaben. Die Wirtschaft hat sich in der zu Ende gehenden Legislaturperiode konstruktiv an Gesprächen über einen Ersatz der Gewerbesteuer beteiligt, aber eine Reform ist bisher immer am Widerstand der Kommunen gescheitert. Die Wirtschaft ist bereit, dieses Thema erneut aufzugreifen, verlangt aber, dass auch die Ausgabenseite zur Konsolidierung der Gemeindehaushalte herangezogen wird. 3.) Konnexitätsprinzip beachten Blickt man auf die Sozialausgaben der Kommunen, so sind diese in den vergangenen 10 Jahren von 51,62 % (2001) auf zwischenzeitlich 68,90 % der Ausgaben gestiegen, ohne dass die Kommunen Einfluss auf die Gestaltung der zugrundeliegenden Gesetze nehmen konnten. Angesichts dieser Dynamik ist eine Neuordnung der Finanz- und Aufgabenverteilung von Bund, Ländern und Gemeinden zwingend. Der Verfassungsgerichtshof Rheinland Pfalz hat dementsprechend in seinem Urteil vom Februar 2012 das Landesfinanzausgleichsgesetz insbesondere unter dem Hinweis auf die stark gestiegenen kommunalen Sozialausgaben für verfassungswidrig erachtet. So müsse das Land spürbare Beiträge zur finanziellen Ausstattung leisten. Auch die Kommunen müssen ihre Kräfte größtmöglich anspannen. Um entsprechende Lösungsansätze zu erarbeiten, wurde eine Kommission Kommunalfinanzen gegründet. Wesentliche Ergebnisse dieser Kommission beziehen sich auf die Erhöhung der Einnahmen der Kommunen durch Anhebung von Steuern und Abgaben. Dieser Ansatz wird die zugrundeliegende Problematik, wie gezeigt, nicht lösen können. Auch der Entwurf eines Landesgesetzes zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs stellt keinen erfolgversprechenden Entwurf dar. Für neue Aufgaben, die Bund und Länder den Kommunen zuweisen, müssen diese auch die Finanzierungslast übernehmen. Um die Selbstverwaltung vor finanzieller Aushöhlung zu schützen und um eine Sozialpolitik aufzuhalten, die ohne Rücksicht auf die Kosten immer neue Pflichten delegiert, hilft ausschließlich die Rückbesinnung auf das Konnexitätsprinzip: Wer bestellt, bezahlt. Öffentliche Haushalte Stand: 21. März
5 4.) Übermaßverbot beachten Die öffentlichen Haushalte sollen über steigende Steuern und Abgaben auf der Einnahmenseite saniert werden. Der Kreis der Steuerpflichtigen, besonders der Unternehmen, wird zunehmend mit neuen und höheren Abgaben und Steuern belastet, welche ihre kumulative Wirkung entfalten. In Anbetracht der rasant steigenden Besteuerung stellt sich die Frage der Verfassungskonformität der Besteuerungsprinzipien der öffentlichen Hand. So scheint das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Übermaßverbot erreicht, wenn die Steuerpflichtigen zu unverhältnismäßigen Steuerzahlungen herangezogen werden. Der Staat hat keinen beliebigen ungebremsten Zugriff auf die vorhandene Substanz. 5.) Fairer Wettbewerb von öffentlichen und privaten Unternehmen Öffentliche Unternehmen können im Gegensatz zu privaten Wettbewerbern hoheitliche Leistungen umsatzsteuerfrei anbieten. Auch bei den übrigen Steuern kommt es zu Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten privater Unternehmen, so der Bundesrechnungshof. Das Land Rheinland-Pfalz möchte nun nach eigener Erklärung zum Zwecke vermehrter Finanzeinnahmen stärker in den Wettbewerb mit den Unternehmen treten. Wenn die öffentliche Hand allerdings darüber hinaus in Wettbewerb zu privaten Unternehmen tritt, müssen für alle die gleichen Bedingungen gelten. Insbesondere dürfen öffentliche Betriebe steuerlich nicht privilegiert werden. Ein echter Wettbewerb mit der Wirtschaft findet aufgrund der verzerrten Rahmenbedingungen und der verschiedenen Möglichkeiten zu Quersubventionierungen nicht statt. Der Staat sollte sich auf die ursprünglich geltende Formel Privat vor Staat zurückziehen und nur dort in den Markt eintreten, wo es keine vergleichbaren privatwirtschaftlichen Anbieter gibt. Öffentliche Haushalte Stand: 21. März
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