Aufmerksamkeit und Gedächtnis aus allgemeinpsychologischer und neurowissenschaftlicher Sicht
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- Bertold Giese
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1 Aufmerksamkeit und Gedächtnis aus allgemeinpsychologischer und neurowissenschaftlicher Sicht
2 Das Mehrspeichermodell: sensorischer Speicher/Aufmerksamkeit Kurzzeitgedächtnis Langzeitgedächtnis Gedächtnissysteme: abgrenzbare Gruppen von Hirnarealen und Prozessen, spezialisiert auf die Speicherung und Wiedergabe bestimmter Arten von Informationen deklarativ (explizit) prozedural (implizit)
3 Das Mehrspeichermodell Aufmerksamkeit Kontrollprozesse: Wiederholung Umkodierung Elaboration Langzeitgedächtnis Reizormation Sensorischer Speicher (visuell/auditorisch/ haptisch) Merkmalsextraktion Mustererkennung Transfer Abruf Kurzzeitgedächtnis (episodisch/ semantisch/ prozedural) Zerfall von nicht beachteter Information Interferenz und Ersetzen durch neu eintreffende Information Interferenz oder Zerfall von Spure oder fehlende bz mangelhafte Abrufhinweise
4 Das Mehrspeichermodell Reizormation Aufmerksamkeit Sensorischer Speicher (visuell/auditorisch/ haptisch) Merkmalsextraktion Mustererkennung Zerfall von nicht beachteter Information
5 Das schnelle perzeptive Repräsentationssystem - der sensorische Speicher große Speicherkapazität Sensorische Reize werden für Sekunden / Sekundenbruchteile stabil gehalten. Kodierung, Merkmalsextraktion und Anregung von selektiven Aufmerksamkeitssystemen wird ermöglicht. Alle ankommenden Reizmuster werden auf einige wichtige Elemente hin (z. B.: bedrohlich neutral) analysiert. Zusammenfassung gleichzeitig auftretender Merkmale Ermöglichung der Bildung von Gestalten und Bedeutung schon auf vorbewusster Ebene Enkodieraufgaben des sensorischen Gedächtnisses: Merkmalsextraktion, Erkennen und Identifikation des Reizes, Mustererkennen und Benennen keine Bewertung der Information durch einen Vergleich mit Langzeitinhalten
6 Das Mehrspeichermodell Reizormation Aufmerksamkeit Kontrollprozesse: Wiederholung Umkodierung Elaboration Kurzzeitgedächtnis Sensorischer Speicher (visuell/auditorisch/ haptisch) Merkmalsextraktion Mustererkennung Zerfall von nicht beachteter Information Interferenz und Ersetzen durch neu eintreffende Information
7 Das Kurzzeitgedächtnis (KZG) Aufgabe: Enkodierung auf der psychologischen Ebene: Umformung / Verschlüsselun der Information in unverwechselbare zeitliche Sequenzen, räumliche Konfigurationen oder semantische Beziehungen Enkodierung auf der neuronalen Ebene: Umformatierung der Information durch Änderung zellulärer Bestandteile und neuronaler Aktivität
8 Das Kurzzeitgedächtnis (KZG) Charakteristika: Speicherkapazität des KZG: 7 ± 2 Elemente Inhalte werden zu Einheiten verkettet und geordnet viele Inhalte können behalten werden. Es werden also neue Inhalte erzeugt, die so nicht in der Umgebung vorhanden ware Je mehr Inhalte einströmen, desto weniger Platz bleibt für Assoziation, Organisation und Gruppierung. bewusste, kontrollierte Verarbeitung
9 Die Organisation von Wissenselementen im KZG Organisation von Wissenselementen in Chunks (Verhaftungen, Gruppierungen) große Informationsmengen können auch ohne Wiederholung im KZG aufgenommen werden. 5-7 Chunks passen ins KZG. Chunks können z. B. Verbindungen von Buchstabengruppen in einem Wort oder mehreren Tönen zu einem Rhythmus u. ä. darstellen. wesentliche Funktion des KZG: Wiederholung und Konsolidierung
10 Das Mehrspeichermodell Aufmerksamkeit Kontrollprozesse: Wiederholung Umkodierung Elaboration Langzeitgedächtnis Reizormation Sensorischer Speicher (visuell/auditorisch/ haptisch) Merkmalsextraktion Mustererkennung Transfer Abruf Kurzzeitgedächtnis (episodisch/ semantisch/ prozedural) Zerfall von nicht beachteter Information Interferenz und Ersetzen durch neu eintreffende Information Interferenz oder Zerfall von Spure oder fehlende bz mangelhafte Abrufhinweise
11 Übertragung ins Langzeitgedächtnis e mehr zeitliche, räumliche und semantische Beziehungen kodiert werden, mso reichhaltiger ist der Kode, und umso wahrscheinlicher ist eine bertragung ins LZG. Die Übertragung ins LZG hängt von tiefer und reichhaltiger Kodierung der Information im KZG ab (Elaboration). Bsp.: elaboriertes Memorieren eines Satzes: physikalische Beschaffenheit syntaktische und phonemische Struktur semantische Analyse der Bedeutung
12 Der Übergang vom KZG ins LZG erfordert meist Organismus-interne oder externe Wiederholung. zugrunde liegender Prozess: Konsolidierung = das zyklische Kreisen (Wiederholen) von Information im selben Abschnitt des KZG Dies führt dazu, dass die Information dort am Leben erhalten wird. Nach einer bestimmten Anzahl von Zyklen kann eine hypothetische kritische Schwelle zum LZG überschritten werden.
13 Das Langzeitgedächtnis (LZG) Im LZG ist die Information nach ihrer Bedeutung und im Kontext gespeichert Der Abruf der Information ist kontextabhängig. Erfordert Rücktransport der Information ins KZG Abruf ist dann erfolgreich, wenn der Kontext der Kodierung in der Realität oder Vorstellung wiederhergestellt wird. Wiedergabe basiert auf einem Muster-Vervollständigungsprozeß. Arbeitsprinzip: encoding specificity principle retrieval cues = Teile der ursprünglich eingeprägten Reizsituation Hinweisreize für die Wiedergabe) Wiedererkennen ist leichter als Wiedergeben, weil mehr Hinweisreize vorhanden sind.
14 Zusammenfassung des zeitlichen Ablaufs Informationsaufnahme über die Sinnesorgane, kurzzeitige online -Repräsentation Evaluation zur Übertragung ins Langzeitgedächtnis ( enkodiert, konsolidiert ), Abspeicherung nach erfolgreicher Evaluation Abruf zu späteren Zeitpunkten (mit/ohne Hinweisreize (frei) oder als Wiedererkennvorgang)
15 SPI-Modell nach Tulving (1995) Informationen werden seriell eingespeichert (d.h. Verschlüsselung in der zeitlichen Reihenfolge des Eintreffens), parallel abgelegt ( d.h. gleichzeitig etwa in mehreren Systemen) und können unabhängig vom Einspeichermodus abgerufen werden (Serial Encoding - Parallel Storage- Independent Retrieval )
16 Die wichtigsten heute unterscheidbaren Gedächtnissysteme Gedächtnis deklarativ (explizit) prozedural (implizit) episodisch Priming (Bahnung, Erwartung) nichtassoziatives Lernen semantisch Fertigkeiten und Gewohnheiten Klassische Konditionierung operante Konditionierung
17 Die wichtigsten heute unterscheidbaren Gedächtnissysteme Gedächtnis deklarativ (explizit) episodisch semantisch
18 Die wichtigsten heute unterscheidbaren Gedächtnissysteme Gedächtnis deklarativ (explizit) episodisch semantisch Das explizite/deklarative ( Wir wissen, dass wir es wissen) Gedächtnis Die Wiedergabe erfolgt bewusst. Die Wiedergabe erfordert Anstrengung.
19 Die wichtigsten heute unterscheidbaren Gedächtnissysteme Gedächtnis Das episodische Gedächtnis deklarativ (explizit) episodisch semantisch bezieht sich auf persönliche Erinnerungen, die mental wie in einer Zeitreise zurückverfolgt werden können ist kontextgebunden, d.h. zeitlich und örtlich spezifizierbar ist vermutlich nur beim Menschen vorhanden hatals Kernbereich autobiografische Erlebnisse ist hoch mit affektbesetzten Gedächtnisinhalten korreliert und korrespondiert stark mit Regionen des limbischen Systems und des Frontotemporalbereichs Abruf abhängig von der Funktionstüchtigkeit des rechten inferior-lateralen Präfrontalcortex zusammen
20 Die wichtigsten heute unterscheidbaren Gedächtnissysteme Gedächtnis Das semantische Gedächtnis deklarativ (explizit) episodisch semantisch bezieht sich auf generalisiertes Wissen enthält Konzepte, Regeln Sinnzusammenhänge, Bedeutungen ist kontextfrei ist relativ weniger affektbesetzt Abruf abhängig von der Funktionstüchtigkeit des linkeninferior- lateralen Präfrontalcortex zusammen mit dem linken Temporalpol
21 Die wichtigsten heute unterscheidbaren Gedächtnissysteme Gedächtnis prozedural (implizit) Priming (Bahnung, Erwartung) nichtassoziatives Lernen Fertigkeiten und Gewohnheiten Klassische Konditionierung operante Konditionierung
22 Die wichtigsten heute unterscheidbaren Gedächtnissysteme Gedächtnis Priming bezeichnet die höhere Wiedererkenn- Wahrscheinlichkeit für Reize, die zu einem früheren Zeitpunkt unbewusst wahrgenommen wurden. Priming (Bahnung, Erwartung) prozedural (implizit) nichtassoziatives Lernen Fertigkeiten und Gewohnheiten Klassische Konditionierung operante Konditionierung
23 Die wichtigsten heute unterscheidbaren Gedächtnissysteme Fertigkeiten und Gewohnheiten Die Wiedergabe erfolgt unbewusst. Gedächtnis Die Wiedergabe erfordert keine willentliche Anstrengung. Sie kann verbal nur schwer auf Kommando aufgerufen werden. Enthält Aktionen, motorische Fertigkeiten sowie eine Reihe weiterer verschiedener Funktionen (u.a. Konditionierungen, Habituation) Auch hochgradig automatisierte, routinisiert ablaufende Gedächtnisinhalte wie das Spielen von Musikinstru- Priming (Bahnung, Erwartung) Fertigkeiten und Gewohnheiten prozedural (implizit) Klassische Konditionierung nichtassoziative Lernen operante Konditionierung
24 Die wichtigsten heute unterscheidbaren Gedächtnissysteme Gedächtnis deklarativ (explizit) prozedural (implizit) episodisch Priming (Bahnung, Erwartung) nichtassoziatives Lernen semantisch Fertigkeiten und Gewohnheiten Klassische Konditionierung operante Konditionierung
25 hacter, Daniel L. (1999). The Seven Sins of Memory Insights from Psychology and Cognitive euroscience. American Psychologist, 54 (3), The Seven Sins of Memory Die ersten drei Sünden spiegeln verschiedene Arten von Vergessen wider: 1. transience: abnehmende Zugänglichkeit von Information über die Zeit 2. absent-mindedness: unaufmerksame oder flache Verarbeitung, die dazu führt, dass laufende Ereignisse nur schwach erinnert werden können, oder dass Absichten, etwas zu tun, vergessen werden 3. blocking: vorübergehende Unzugänglichkeit von gespeicherter Information
26 The Seven Sins of Memory Die nächsten drei Sünden enthalten Verzerrungen oder Ungenauigkeiten: 4. misattribution: eine Erinnerung oder Idee wird einer falschen Quelle zugeschrieben 5. suggestibility: der Versuch, vergangene Erfahrungen zu erinnern, wird vo Leitfragen oder Hinweisen beeinflusst 6. bias: retrospektive Verzerrungen und unbewusste Einflüsse, die in Beziehung zu momentanem Wissen und Überzeugungen stehen Pathologische Erinnerungstätigkeit: 7. persistence: Informationen oder Ereignisse können nicht vergessen werden, obwohl man es möchte
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