Neue Strafbarkeitsrisiken für Ärzte, insb. im Hinblick auf Kooperationen

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1 Neue Strafbarkeitsrisiken für Ärzte, insb. im Hinblick auf Kooperationen Dr. Michael Tsambikakis, Köln Rechtsanwalt Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Medizinrecht Lehrbeauftragter der Universität Passau und der Eberhard-Karls-Universität Tübingen

2 Gliederung Stand des Gesetzgebungsverfahrens Vorstellung des Regierungsentwurfs Kritik Diskussion

3 Stand des Gesetzgebungsverfahrens

4 Stand des Gesetzgebungsverfahrens BGHSt 57, 202 Gesetzesentwürfe -> Diskontinuität Koalitionsvertrag Gesetzesentwürfe Referentenentwurf Regierungsentwurf Stellungnahme BR

5 Regierungsentwurf

6 Regierungsentwurf 299a Abs. 1 Heilberufsträger bei Verordnung und Zuführung 299a Abs. 2 Heilberufsträger bei Bezug 299b Abs. 1 Jedermann bei Verordnung und Zuführung 299b Abs. 2 Jedermann bei Bezug 300 Besonders schwere Fälle 301 Strafantrag 81a SGB V 197a SGB V

7 Regierungsentwurf 299a 299b Passiv Aktiv Täter: Heilberufsträger Täter: Jedermann Abs. 1: Verordnung u. Zuführung Abs. 1: Verordnung u. Zuführung Abs. 2: Bezug Abs. 2: Bezug

8 299a Abs. 1 - Heilberufsträger bei Verordnung und Zuführung Objektiver Tatbestand 1. Täter: Angehöriger eines Heilberufs 2. Tathandlung: fordern, sich versprechen lassen oder annehmen 3. Vorteil 4. für sich oder einen Dritten 5. Unrechtsvereinbarkeit ( dafür )

9 Täter Angehöriger eines Heilberufs Heilberuf, der eine staatliche Ausbildung erfordert» Akademische Heilberufe Ärzte etc.» Gesundheitsfachberufe Gesundheit- und Krankenpfleger, Ergotherapeuten etc.» (-) Heilpraktiker

10 Tathandlung fordern oder sich versprechen lassen oder annehmen

11 Vorteil jede Besserstellung (z.b. Einladungen zu Kongressen, Übernahme der Kosten von Fortbildungsveranstaltungen) auch immateriell für sich oder einen Dritten (-) bei sozialadäquaten Vorteilen, bei denen es an einer objektiven Eignung fehlt, konkrete heilberufliche Entscheidungen zu beeinflussen (BT-Drucks.)

12 Unrechtsvereinbarung Bloße Annahme genügt nicht, vielmehr Gegenleistung für eine intendierte Wettbewerbsbevorzugung oder Verletzung der berufsrechtlichen Unabhängigkeit (verkürzt) Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs Bei der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heiloder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial a) Unlauteres Bevorzugen eines anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb oder b) Verletzung der berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit

13 Beispiele Zulässig» Kooperationsvereinbarungen zu vor- und nachstationären Behandlungen ( 115a SGB V) oder zu ambulanten Behandlungen ( 115b SGB V) oder zu ambulanter spezialfachärztlicher Versorgung ( 116b SGB V) oder die integrierte Versorgung ( 140a ff. SGB V) oder Bonuszahlungen auf sozialrechtlicher Grundlage ( z.b. 84 Abs. 4 SGB V) Zulässig, aber problematisch» Vergütete Anwendungsbeobachtungen, Beteiligungen an einem Unternehmen im Gesundheitswesen, Zuweisung von Untersuchungsmaterial für Laboruntersuchungen

14 Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten Verordnung oder Abgabe

15 Patienten und Untersuchungsmaterial Zuführung Der Begriff der Zuführung entspricht inhaltlich dem sozial- und berufsrechtlichen Zuweisungsbegriff.. Zu verstehen ist darunter jede Einwirkung auf den Patienten mit der Absicht, dessen Auswahl eines Arztes oder eines anderen Leistungserbringers zu beeinflussen. Erfasst werden danach Zuweisungen und Überweisungen sowie Verweisungen und Empfehlungen.. Mit der Verwendung des Begriffes Zuführung anstelle von Zuweisung soll deutlich gemacht werden, dass es auf die Form der Einwirkung auf den Patienten nicht ankommt. Auch mündliche und unverbindliche Empfehlungen sind erfasst. Unter den Begriff fallen auch Patientenzuführungen im Rahmen vertraglicher Kooperationen wie beispielsweise Berufsausübungs-gemeinschaften. Mit der Zuführung von Untersuchungsmaterial ist insbesondere die Weiterleitung von Proben zur Durchführung von Laboruntersuchungen gemeint.

16 299a Abs. 1 Alt. 1 Unlauteres Bevorzugen eines anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb Abstraktes Gefährdungsdelikt Mindestens zwei Wettbewerber Bevorzugung = sachfremde Entscheidung unlauter = umgehen des Wettbewerbs

17 299a Abs. 1 Alt. 2 Verletzung der berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit Auffangtatbestand» bei Monopol (kein Wettbewerb!)» Nicht indizierte ärztliche Entscheidungen (kein Wettbewerb wg. Rechtswidrigkeit)

18 299a Abs. 1 weitere Voraussetzungen Besonders schwere Fälle, 300 a) die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht oder b) der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat. II. Subjektiver Tatbestand B. Rechtswidrigkeit C. Schuld D. Strafantrag, relatives Antragsdelikt, 301

19 Besonders schwere Fälle, 300 Vorteil großen Ausmaßes oder gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat

20 Strafantrag Verfolgung nur auf Antrag Ausnahme: Besonderes öffentliches Interesse Antragsberechtigt:» die berufsständische Kammer und die kassenärztliche und die kassenzahnärztliche Vereinigung, in der der Täter im Zeitpunkt der Tat Mitglied war,» jeder rechtsfähige Berufsverband, der die Interessen von Verletzten im Wettbewerb vertritt, und» die gesetzliche Kranken- und Pflegekasse des Patienten oder das private Kranken- und Pflegeversicherungsunternehmen des Patienten

21 Objektiver Tatbestand 299a Abs. 1 StGB Täter: Angehöriger eines Heilberufs Vorteil (für sich oder einen Dritten) Tathandlung: fordern, sich versprechen lassen oder annehmen Unrechtsvereinbarung ( dafür )

22 Unrechtsvereinbarung Unlauteres Bevorzugen im Wettbewerb oder Verletzung der heilberuflichen Unabhängigkeit Im Zusammenhang mit der Berufsausübung Bei der Verordnung oder Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial

23 299a Abs. 2 - Heilberufsträger bei Bezug Objektiver Tatbestand (weitgehend parallel zu 299a Abs. 1) 1. Täter: Angehöriger eines Heilberufs 2. Tathandlung: fordern, sich versprechen lassen oder annehmen 3. Vorteil 4. für sich oder einen Dritten 5. Unrechtsvereinbarkeit ( dafür )

24 299a Abs. 2 Unrechtsvereinbarung Unrechtsvereinbarung (Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs) bei Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind Verletzung der berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit

25 Objektiver Tatbestand 299a Abs. 2 StGB Täter: Angehöriger eines Heilberufs Vorteil (für sich oder einen Dritten) Tathandlung: fordern, sich versprechen lassen oder annehmen Unrechtsvereinbarung ( dafür )

26 Unrechtsvereinbarung Verletzung der heilberuflichen Unabhängigkeit Im Zusammenhang mit der Berufsausübung Bei Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind

27 299b Abs. 1 Jedermann bei Verordnung und Zuführung Objektiver Tatbestand (SPIEGELBILDLICH 299a Abs. 1) 1. Täter: Jedermann 2. Tatobjekt: Angehöriger eines Heilberufs 3. Tathandlung: anbieten, versprechen oder gewähren 4. Vorteil 5. dem Heilberufsträger oder einen Dritten 6. Unrechtsvereinbarkeit ( dafür )

28 Tathandlung anbieten oder versprechen oder gewähren

29 Objektiver Tatbestand 299b Abs. 1 StGB Täter: Jedermann Tatobjekt: Angehöriger eines Heilberufs Vorteil (für Heilberufsträger oder einen Dritten) Tathandlung: anbieten, versprechen oder gewähren Unrechtsvereinbarung ( dafür )

30 Unrechtsvereinbarung Unlauteres Bevorzugen im Wettbewerb oder Verletzung der heilberuflichen Unabhängigkeit Im Zusammenhang mit der Berufsausübung Bei der Verordnung oder Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial

31 299b Abs. 2 Jedermann bei Bezug Objektiver Tatbestand (SPIEGELBILDLICH 299a Abs. 2) 1. Täter: Jedermann 2. Tatobjekt: Angehöriger eines Heilberufs 3. Tathandlung: anbieten, versprechen oder gewähren 4. Vorteil 5. dem Heilberufsträger oder einen Dritten 6. Unrechtsvereinbarkeit ( dafür )

32 299b Abs. 2 Unrechtsvereinbarung Unrechtsvereinbarung Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs bei Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind Verletzung der berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit

33 299b Abs. 2 weitere Voraussetzungen (SPIEGELBILDLICH 299a Abs. 1) Besonders schwere Fälle, 300 a) die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht oder b) der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat. II. Subjektiver Tatbestand B. Rechtswidrigkeit C. Schuld D. Strafantrag, relatives Antragsdelikt, 301

34 Objektiver Tatbestand 299b Abs. 2 StGB Täter: Jedermann Tatobjekt: Angehöriger eines Heilberufs Vorteil (für Heilberufsträger oder einen Dritten) Tathandlung: anbieten, versprechen oder gewähren Unrechtsvereinbarung ( dafür )

35 Unrechtsvereinbarung Verletzung der heilberuflichen Unabhängigkeit Im Zusammenhang mit der Berufsausübung Bei Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind

36 Änderungen im SGB V

37 81a SGB V 197a SGB V

38 Stellungnahme Bundesrat

39 BR-Drucksache 360/1/15 Annahme eines besonders schweren Falls, wenn der Täter einen anderen Menschen durch die Tat in eine Gefahr einer erheblichen Gesundheitsschädigung bringt. Strafantragsrecht für gesetzliche Unfallversicherungsträger und der gesetzliche Rentenversicherungsträger

40 Problemkreise

41 Problemkreise Schneller Anfangsverdacht Zu weite Fassung Zu wenig Rechtssicherheit Institutionalisierte Zusammenarbeit Konkurrenzen

42 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!