FALL 21 (WIEDERHOLUNG) LÖSUNG FRAU OHNE EIGENSCHAFTEN
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1 PROPÄDEUTISCHE ÜBUNGEN ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I WINTERSEMESTER 2014/15 JURISTISCHE FAKULTÄT LEHRSTUHL FÜR BÜRGERLICHES RECHT, INTERNATIONALES PRIVATRECHT UND RECHTSVERGLEICHUNG PROF. DR. STEPHAN LORENZ FALL 21 (WIEDERHOLUNG) LÖSUNG FRAU OHNE EIGENSCHAFTEN Nach LG Darmstadt NJW 1999, 365 A. B. C. Frage 1: Anfechtbarkeit des Arbeitsvertrages... 2 I. Wirksamer Vertragsschluss, 145 ff., 611 BGB... 2 II. Anfechtungsgrund Arglistige Täuschung, 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB... 2 a) Täuschung... 2 aa) Tatsache... 2 bb) Täuschungshandlung... 2 b) Zwischenergebnis... 3 Eigenschaftsirrtum, 119 Abs. 2 BGB... 3 a) Eigenschaft... 3 b) Die Eigenschaft müsste die Person oder Sache betreffen... 4 c) Verkehrswesentlichkeit der Eigenschaft... 4 d) Irrtum 119 Abs. 2 BGB... 5 e) Erheblichkeit des Irrtums 119 Abs. 2 ivm 119 Abs. 1 letzter HS BGB... 5 f) Zwischenergebnis... 5 III. Anfechtungsfrist... 5 IV. Ergebnis... 6 Frage 2: Anspruch der K gegen H auf Schadensersatz... 6 Frage 3: Anspruch der H gegen K auf Schadensersatz... 7 I. aus 122 Abs. 1 BGB Anfechtung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung... 7 Kausaler Schaden... 7 Schadensumfang... 7 a) Negatives Interesse... 7 b) Begrenzung durch das positive Interesse... 7 c) Schadensminderungspflicht... 7 Ausschluss nach 122 Abs. 2 BGB... 8 Zwischenergebnis... 8 PHILIPP REUß
2 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 2 VON 8 II. aus 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo)... 8 III. aus 15 Abs. 1 AGG... 8 IV. Ergebnis... 8 A. Frage 1: Anfechtbarkeit des Arbeitsvertrages K kann den Arbeitsvertrag dann anfechten, wenn dieser wirksam geschlossen wurde, ein Anfechtungsgrund vorliegt und die Anfechtungsfrist gewahrt wird. I. Wirksamer Vertragsschluss, 145 ff., 611 BGB In Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte im Sachverhalt ist von einem wirksamen Vertragsschluss gem. 145 ff., 611 BGB auszugehen. II. Anfechtungsgrund 1. Arglistige Täuschung, 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB K könnte den Arbeitsvertrag ( 611 BGB) anfechten, wenn H sie über ihre Sektenangehörigkeit arglistig getäuscht hätte, 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB. a) Täuschung Voraussetzung dafür ist, dass H die K getäuscht hat. Täuschung ist die Erregung, Verstärkung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums über Tatsachen beim Erklärenden. aa) Tatsache Die Sektenangehörigkeit der H müsste eine Tatsache isd 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB sein. Eine Tatsache ist jeder Lebenssachverhalt der einem Beweis zugänglich ist. Die Sektenangehörigkeit der H hat einen objektiv nachprüfbaren Gehalt und ist somit dem Beweis zugänglich. Es handelt sich also um eine Tatsache isd 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB. bb) Täuschungshandlung Eine Täuschung durch positives Tun liegt jedenfalls nicht vor. Allerdings könnte eine Täuschung durch Unterlassen vorliegen, da H über ihre Sektenmitgliedschaft nicht aufgeklärt hatte. Das Unterlassen, über Umstände aufzuklären, kann aber nur dann eine Täuschung begründen, wenn eine Pflicht besteht, über die fraglichen Umstände aufzuklären. Ob eine solche Aufklärungspflicht besteht, richtet sich nach dem Inhalt des intendierten Arbeitsvertrages und ferner danach, ob der andere Teil nach Treu und Glauben ( 242 BGB) un-
3 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 3 VON 8 ter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte. 1 Grundsätzlich ist es jedoch Sache jeder Partei, ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Ungefragt muss ein möglicher Geschäftspartner Dinge, die die Entschließung des anderen Teils beeinflussen, grundsätzlich nicht von sich aus offenbaren. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn es sich um Umstände handelt, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind, also solche, die den Vertragszweck vereiteln o- der erheblich gefährden können. Nach der Sektenzugehörigkeit wurde vorliegend nicht gefragt. Im vorliegenden Fall stellt sich die Sektenzugehörigkeit als nicht so gravierend nachteilig für die Durchführung des Vertrages dar, dass H darüber von sich aus hätte aufklären müssen (a.a. vertretbar, es kommt in solchen Fällen auf Argumentation an). K ist es zumutbar nach der Sekteneigenschaft zu fragen. Daher scheidet eine Anfechtung wegen Täuschung aus. Hinweis: Siehe zu Einzelheiten und insb. zum Recht zur Lüge : Medicus, BGB AT, 10. Aufl. 2010, Rn. 791 ff. b) Zwischenergebnis Der Arbeitsvertrag ist nicht wegen arglistiger Täuschung anfechtbar. 2. Eigenschaftsirrtum, 119 Abs. 2 BGB K könnte gem. 119 Abs. 2 BGB ihre dem Arbeitsvertrag zugrunde liegende Willenserklärung erfolgreich wegen eines Eigenschaftsirrtums anfechten, wenn sie sich bei deren Abgabe im Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der H befunden hätte. a) Eigenschaft Eigenschaften sind alle wertbildenden Merkmale, d.h. neben der natürlichen Beschaffenheit auch Umweltbeziehungen tatsächlicher oder rechtlicher Art, soweit sie der Person selbst unmittelbar anhaften, gegenwärtig und auf Dauer vorhanden sowie von Einfluss auf die Wertschätzung sind. Hier irrt K über die Religionszugehörigkeit. Eine religiöse Überzeugung stellt eine Umweltbeziehung tatsächlicher Art dar, die der Person zumindest über eine bestimmt Dauer anhaftet. Die religiöse Überzeugung der H ist somit eine Eigenschaft isd 119 Abs. 2 BGB. 1 Vgl. BGH NJW 2010, 3362.
4 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 4 VON 8 b) Die Eigenschaft müsste die Person oder Sache betreffen Person isv 119 Abs. 2 BGB ist jeder, auf den sich das Rechtsgeschäft bezieht, also nicht nur der Geschäftsgegner, sondern auch der Erklärende selbst. Hier betrifft die Eigenschaft die H als Geschäftsgegnerin, also eine Person isv 119 Abs. 2 BGB. c) Verkehrswesentlichkeit der Eigenschaft Nach welchen Kriterien die Verkehrswesentlichkeit zu bestimmen ist, hängt von der umstrittenen Einordnung des 119 Abs. 2 BGB ab. Nach der Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum muss die Eigenschaft für ihre Erheblichkeit zum Vertragsinhalt gemacht worden sein (Verkehrswesentlichkeit = Vertragswesentlichkeit). 2 Anfechtbar sind danach Irrtümer über Eigenschaften, die in den Vertrag explizit oder konkludent einbezogen wurden. Nach der hm stellt 119 Abs. 2 BGB einen ausnahmsweise beachtlichen Motivirrtum dar. Danach ist die Eigenschaft verkehrswesentlich, wenn sie objektiv (nach der Verkehrsanschauung) konkret (für diese Art von Rechtsgeschäft) relevant ist. Die hm geht daher von einem weiteren Begriff aus als die Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum. Für die hm spricht zunächst der Wortlaut des 119 Abs. 2 BGB, der auf das objektive Kriterium der Verkehrswesentlichkeit abstellt und gerade nicht die Vertragswesentlichkeit nennt. Ebenfalls für die hm anzuführen ist, dass ein Eigenschaftsirrtum immer die Willensentschließung betrifft, was ihn als Motivirrtum darstellt und nicht den Erklärungsvorgang, auch wenn die Eigenschaftsvorstellung dem anderen Teil mitgeteilt wird. 3 Aus diesen Gründen erscheint die hm an dieser Stelle vorzugswürdig. Die Mitgliedschaft in der S-Sekte ist also dann verkehrswesentlich, wenn sie nach der Verkehrsanschauung für diese Art von Rechtsgeschäft von Bedeutung ist. H soll in einem kirchlichen Kindergarten arbeiten. Dort wäre es Aufgabe der K, den ihr anvertrauten Kindern mitunter eine christliche Erziehung zukommen zu lassen. Dies erscheint nicht gewährleistet, wenn H einer Glaubensgemeinschaft angehört, die Ziele verfolgt, die der christlichen Lehre entgegengesetzt sind. Im Übrigen hätte die K Abmeldungen von Kindern aus dem Kindergarten und eine Schädigung ihres Rufs zu befürchten, wenn sie ihre Einrichtungen mit Hilfe von Mitgliedern der S-Sekte betreibt. Die reli- 2 Flume, Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl., Vgl. zur Thematik eingehend Medicus, BGB AT, 10. Aufl. 2010, Rn. 767 ff.
5 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 5 VON 8 giöse Überzeugung des Vertragspartners genauer die Mitgliedschaft des Vertragspartners in einer Sektenorganisation ist insbesondere in einem Beschäftigungsverhältnis mit einer Religionsgemeinschaft somit eine verkehrswesentliche Eigenschaft. Für dieses Ergebnis spricht auch die Wertung der 9 und 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz), die das Selbstbestimmungsrecht von Religionsgemeinschaften, welches mit Art. 140 GG i.vm. Art. 137 Abs. 3 WRV Verfassungsrang genießt, sichern wollen. Somit ist die Zugehörigkeit zur Sekte eine verkehrswesentliche Eigenschaft. d) Irrtum 119 Abs. 2 BGB Die K unterlag auch einem Irrtum, da ihr die Sektenmitgliedschaft der H bei Abgabe der Willenserklärung unbekannt war. e) Erheblichkeit des Irrtums 119 Abs. 2 ivm 119 Abs. 1 letzter HS BGB Der Irrtum muss subjektiv kausal und objektiv erheblich für die Abgabe der Willenserklärung geworden sein, 119 Abs. 2 ivm 119 Abs. 1 letzter HS BGB. Bei Kenntnis der Zugehörigkeit der H zur S-Sekte und bei verständiger Würdigung des Falles, hätte die K die H nicht eingestellt. Der Irrtum der K war somit subjektiv kausal und objektiv erheblich für den Vertragsschluss. f) Zwischenergebnis Der Arbeitsvertrag ist gem. 119 Abs. 2 BGB anfechtbar. III. Anfechtungsfrist Die Anfechtung müsste innerhalb der Frist des 121 Abs. 1 S. 1 BGB erklärt werden, also ohne schuldhaftes Zögern. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem die K positive Kenntnis vom Anfechtungsgrund erlangt hat, mithin von der Sektenzugehörigkeit der H und dem daraus folgenden Eigenschaftsirrtun. K hat am 8. Dezember einen anonymen Hinweis auf die Sektenzugehörigkeit der H erhalten. Der bloße Verdacht eines Irrtums reicht jedoch für den Fristbeginn nicht aus. Es müssen vielmehr Anhaltspunkte vorliegen, an denen zu Zweifeln kein vernünftiger Anlass besteht. Vorliegend konnte sich die K erst durch das Gespräch mit H am 11. Dezember davon überzeugen, ob der anonymen Behauptung ein Wahrheitsgehalt zugrunde liegt. Folglich hatte sie erst an diesem Tag positive Kenntnis vom Anfechtungsgrund. Die Frist begann somit gem. 187 Abs. 1 BGB am 12. Dezember zu laufen.
6 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 6 VON 8 IV. Ergebnis K kann den Arbeitsvertrag mit H gem. 119 Abs. 2 BGB anfechten. Die Anfechtungserklärung muss unverzüglich nach dem 12. Dezember erfolgen. Nota bene: Im Arbeitsrecht werden die Rechtsfolgen der Anfechtung ( 142 Abs. 1 BGB) nach Beginn der Arbeitsleistung was hier noch nicht der Fall ist (siehe Daten in der Fallangabe) vielfach eingeschränkt. Wegen den Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung des Vertrages können die Wirkungen der Anfechtung ausnahmsweise auch nur ex nunc, also ab dem Zeitpunkt der Anfechtungserklärung, (im Gegensatz zu ex tunc) eintreten. B. Frage 2: Anspruch der K gegen H auf Schadensersatz K könnte gegen H einen Anspruch auf Schadensersatz wegen einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aus 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo) haben. Dies setzt voraus, dass H bei Vertragsschluss eine Sorgfaltspflicht verletzt hat. Eine solche Pflicht wäre in der Aufklärungspflicht über verkehrswesentliche Eigenschaften anzusehen. Eine solche Pflicht wurde vorliegend jedoch verneint (s.o.). Daher besteht kein Anspruch aus culpa in contrahendo. Nota bene: 122 Abs. 1 BGB scheidet als Anspruchsgrundlage aus, weil daraus nur der Anfechtungsgegner berechtigt ist. K hat damit gegen H keinen Anspruch auf Schadensersatz aus 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB und kann folglich keinen Ersatz der Kosten von H verlangen.
7 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 7 VON 8 C. Frage 3: Anspruch der H gegen K auf Schadensersatz I. aus 122 Abs. 1 BGB H könnte gegen K einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch aus 122 Abs. 1 BGB haben. Dies setzt voraus, dass H durch die Anfechtung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung einen Schaden erlitten hat Anfechtung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung Die Annahme des Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrages wurde von K nach 119 Abs. 2 BGB angefochten. Die Annahme des Angebots ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Kausaler Schaden H hat auf die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages mit K vertraut und daher ein Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrages als Kassiererin abgelehnt. Der draus resultierende Vergütungsausfall ist ein kausaler Schaden. Schadensumfang Zu ersetzen ist das negative Interesse (Vertrauensschaden). Die Höchstgrenze der Ersatzpflicht bildet gemäß 122 Abs. 1 a.e. BGB das positive Interesse: H soll nicht besser stehen als bei Durchführung des Vertrages. a) Negatives Interesse Ersatzfähig ist danach der entgangene Gewinn aus einem wegen des angefochtenen Vertrages entgangenen Geschäftes, hier des Arbeitsvertrages als Kassiererin. H ist also der Netto- Lohn aus der Tätigkeit als Kassiererin entgangen. b) Begrenzung durch das positive Interesse Dieser Lohn ist nur bis zur Grenze des Verdienstes aus der Tätigkeit im Kindergarten (positives Interesse als Obergrenze) ersetzbar. Dabei ist jedoch zu beachten, dass K das Arbeitsverhältnis während der Probezeit auch durch ordentliche Kündigung jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen hätte beenden können, 622 Abs. 3 BGB. Die Anfechtung des Arbeitsvertrages hat es K daher lediglich ermöglicht, schon vor Ablauf der Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis zu beenden. Insofern beläuft sich das positive Interesse der H nur auf den Verdienst innerhalb der ersten zwei Wochen aus der Tätigkeit im Kindergarten. c) Schadensminderungspflicht H obliegt es darüber hinaus, schnellstmöglich eine zumutbare Tätigkeit aufzunehmen tut sie das nicht, wäre der Schadensbetrag entsprechend 254 Abs. 2 BGB herabzusetzen. Der Sachverhalt bietet für den Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht aber keinen Anhaltspunkt.
8 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT I (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) WINTERSEMESTER 2014/15 SEITE 8 VON 8 4. Ausschluss nach 122 Abs. 2 BGB Eine Ersatzpflicht wäre jedoch ausgeschlossen, wenn H die Anfechtbarkeit kannte oder grob fahrlässig nicht kannte, 122 Abs. 2 BGB. Die Anfechtbarkeit des Geschäfts folgt aus dem Irrtum der K und dessen Kausalität. Grundsätzlich ist es nicht Sache des Anfechtungsgegners Irrtümer des Vertragspartners zu erkennen. Zwar liegt es nahe, dass H den Irrtum über die Sektenangehörigkeit und die Bedeutung dieser Eigenschaft für den Arbeitsvertrag fahrlässig verkannt hat. Jedoch gilt hier ein ähnlich strenger Maßstab wie bei der Begründung der Aufklärungspflicht über die Sektenmitgliedschaft; nur bei evidenten Irrtümern wird man 122 Abs. 2 BGB bejahen können. Liegt aber ein solch offensichtlicher Irrtum vor, wird man regelmäßig auch eine Aufklärungspflicht bejahen können. Es spricht daher einiges dafür, eine fahrlässige Verkennung des Irrtums zu verneinen (a.a. vertretbar). 5. Zwischenergebnis H hat gegenüber K einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus 122 Abs. 1 BGB. Exkurs: Streitig ist die Frage, ob über den Wortlaut von 122 Abs. 2 BGB hinaus, der Anspruch bei einer Mitveranlassung des Irrtums durch das Verhalten des Anfechtungsgegners ausgeschlossen ist. In Betracht kommt der Arglisteinwand oder eine entsprechende Anwendung des 254 BGB. 4 II. aus 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo) Ein Anspruch aus 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB kommt in Frage, wenn K eine Sorgfaltspflichtverletzung zur Last fällt. Eine solche könnte in der Ungleichbehandlung der H aufgrund ihres religiösen Bekenntnisses liegen, was nach 7 Abs. 1, Abs. 3 AGG eine Sorgfaltspflichtverletzung darstellt. Allerdings stellt 9 AGG für den hier angegebenen Fall klar, dass die Ungleichbehandlung in diesem Fall keine Pflichtverletzung darstellt, sodass der Schadensersatzanspruch mangels Sorgfaltspflichtverletzung durch K ausscheidet. Überdies fehlt schon die Vorvertraglichkeit der Sorgfaltspflichtverletzung, da im Zeitpunkt der Einstellung der K die Sektenzugehörigkeit der H nicht bekannt war. III. aus 15 Abs. 1 AGG Da die Ungleichbehandlung nach 9 AGG kein Verstoß gegen das AGG darstellt, scheidet ein Anspruch aus 15 Abs. 1 AGG aus. IV. Ergebnis H hat gegenüber K lediglich einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus 122 Abs. 1 BGB. 4 Siehe etwa Medicus, BGB AT, 10. Aufl. 2010, Rn. 786.
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