WIND-AREA automatisierte Berechnung von Windpotenzialkarten für Kleinwindanlagen auf der Basis hochauflösender Fernerkundungsdaten
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- Carin Kohler
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1 513 WIND-AREA automatisierte Berechnung von Windpotenzialkarten für Kleinwindanlagen auf der Basis hochauflösender Fernerkundungsdaten Martina KLÄRLE und Anne FUCHS Fachhochschule Frankfurt am Main Zusammenfassung Im Forschungsprojekt WIND-AREA wurde eine Methodik für eine automatisierte Potenzialanalyse speziell für Kleinwindanlagen entwickelt. Dazu werden Windströmungen durch Modelle aus der Strömungslehre auf Basis von hochauflösenden 3D-Geodaten und Winddaten simuliert. Das Ergebnis sind Potenzialkarten, welche gut und sehr gut geeignete Standorte für Kleinwindanlagen in verschiedenen Höhen aufzeigen. 1 Potenzial von Kleinwindanlagen Der Zubau von großen Windenergieanlagen nimmt stetig zu. Kleinwindanlagen sind dagegen kaum marktrelevant. Gerade diese Anlagen sind aufgrund ihrer technischen Vielfalt an sehr vielen Standorten auch im urbanen Raum möglich. Die geringe Wirtschaftlichkeit der Anlagen ist der Grund für den geringen Ausbaugrad. Abb. 1: Horizontale Kleinwindanalgen (links, erikdegraaf Fotolia.com), vertikal Kleinwindanlage (rechts, esinel_888 Fotolia.com) Wichtig bei der Standortwahl ist die Kenntnis über die Windverhältnisse vor Ort, da sich die potenzielle Energiemenge in der 3. Potenz zur Windgeschwindigkeit verhält. Derzeit liegen jedoch keine detaillierten Winddaten vor. Zudem sind gerade in geringen Höhen sehr unterschiedliche Windgeschwindigkeiten zu erwarten. Dies liegt an kleinräumigen, stark unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten in Bodennähe, zum Beispiel aufgrund der Verwirbelungen an Gebäuden. Da Kleinwindanlagen im Gegensatz zu großen Windenergiean- Strobl, J., Blaschke, T., Griesebner, G. & Zagel, B. (Hrsg.) (2013): Angewandte Geoinformatik Herbert Wichmann Verlag, VDE VERLAG GMBH, Berlin/Offenbach. ISBN Dieser Beitrag ist ein Open-Access-Beitrag, der unter den Bedingungen und unter den Auflagen der Creative Commons Attribution Lizenz verteilt wird (
2 514 M. Klärle und A. Fuchs lagen verhältnismäßig wenig Strom produzieren, ist eine Messung der Windverhältnisse vor Ort unverhältnismäßig teuer und verringert die Wirtschaftlichkeit einer Kleinwindanlage enorm. Daher ist eine automatisierte kleinräumig Windgeschwindigkeitsberechnung für Kleinwindanlagen auf der Basis von hochauflösenden 3D-Daten notwendig. Im Forschungsprojekt WIND-AREA wurde eine Methode entwickelt, um Windströmungen in geringen Höhen genau zu modellieren. Dadurch sollen aufwendigen Windmessungen durch Strömungssimulationen ersetzt und geeignete Standorte für Kleinwindanlagen aufgezeigt werden. 2 Faktoren für eine wirtschaftliche Standortwahl für Kleinwindanlagen Die Höhe der Windgeschwindigkeit an einem Standort hängt vor allem von den topografischen Strukturen der Erdoberfläche und der Bedeckung der Erdoberfläche ab. Hindernisse, wie zum Beispiel Häuser bremsen den Wind ab. Täler und Häuserschluchten können durch den Venturi-Effekt als Beschleunigungskanal wirken. Dieser kann die Windgeschwindigkeit an Engstellen verstärken, da die gleiche Menge Luft in gleicher Zeit durch einen kleineren Raum strömen muss. Abb. 2: Venturi-Effekt (Quelle: BEHL 2012) Unterschiedliche Oberflächenbedeckungen wie Gras, versiegelte Fläche oder Bepflanzung beeinflussen die Windströmung unterschiedlich stark. Die Stärke der Beeinflussung der Windgeschwindigkeit wird mit der Höhe über der Erdoberfläche bzw. dem Hindernis geringer. Deshalb treten vor allem in den unteren Höhenschichten extrem unterschiedliche Windgeschwindigkeiten auf. Bodennahe Umgebungseinflüsse sind bei der Standortwahl für Kleinwindanlagen extrem wichtig. Bei der Planung von großen Windenergieanlagen besitzen sie eine geringe Bedeutung. Abb. 3: Beeinflussung der Strömung durch ein Gebäude (links) und durch Bewuchs (rechts) (Quelle BEHL 2012)
3 WIND-AREA Windpotenzialkarten für Kleinwindanlagen 515 Die produzierte Energiemenge einer Windenergieanlage verhält sich in der 3. Potenz zur Windgeschwindigkeit. So wird an einem Standort mit einer Windgeschwindigkeit von 6 m/s circa 8-mal so viel Energie erzeugt als an einem Standort, an dem die Windgeschwindigkeit nur 3 m/s beträgt. Die Windgeschwindigkeiten können durch eine Windmessung am Standort ermittelt werden. Diese ist jedoch sehr aufwendig und teuer und setzt die Wirtschaftlichkeit der Anlage bedeutend herab. Aus diesem Grund muss zur Förderung des großen Potenzials der Kleinwindanlagen eine Methode gefunden werden, Windströmungen in den unteren Höhenschichten genau zu modellieren. Diese Methodik zu entwickeln ist das Ziel des Forschungsprojekts WIND-AREA. 3 Methodik Durch die Verschneidung von hochauflösenden 3D-Geodaten und Winddaten mithilfe eines Strömungsmodells werden Windpotenziale für Kleinwindanlagen berechnet. Datengrundlage sind, wie im folgenden Abschnitt erläutert, digitale Oberflächenmodelle und regionale Winddaten. Abb. 4: Methodik zur Erstellung von Windpotenzialkarten für Kleinwindanlagen 3.1 Datengrundlagen Für die Modellierung von Windströmungen ist ein dreidimensionales Modell der Erdoberfläche nötig. Für eine Potenzialanalyse für große Windenergieanlagen wird meist auf digitale Geländemodelle zurückgegriffen und die Landbedeckung mit Rauigkeitswerten vereinfacht. Dies ist für eine Potenzialanalyse für Kleinwindanlagen nicht zielführend, da die unterschiedlichen Windströmungen, die sich aufgrund der Bebauung und der Oberflächenstruktur ergeben, nicht ausreichend simuliert werden können. Deshalb wurden für die Potenzialanalyse für Kleinwindanlagen digitale Oberflächenmodelle auf Basis von Laserscandaten erzeugt. Die Rauigkeit der Erdoberfläche wurde abhängig von der Landnutzung dem Modell zugewiesen.
4 516 M. Klärle und A. Fuchs Die Windgeschwindigkeit in einem Gebiet ist von der Hindernissituation und der Landnutzung abhängig. Zudem ändert sich die Windgeschwindigkeit je nach Jahreszeit und ist über mehrere Jahre unterschiedlich. Deshalb sind langjährige Windmessdaten, die in dem Untersuchungsgebiet aufgenommen wurden für die Simulation der Windströmungen notwendig. 3.2 Strömungssimulation Auf Basis des Eingangsmodells werden für in der Regel 12 Sektoren (0, 30, 60, 330 ) Windfelder durch das Strömungsmodell in einem iterativen Prozess berechnet. Die Windfelder geben an, wie sich die Windströmung je nach Einströmungsrichtung ins Untersuchungsgebiet verhält. Durch das Verschneiden der Windfelder mit regionalen Daten über Windgeschwindigkeit und Windrichtung kann die mittlere Windgeschwindigkeit pro Rasterzelle in verschiedenen Höhen berechnet werden. Die Verwendung von digitalen Oberflächenmodellen als Eingangsdaten für die Windströmungsberechnung ermöglicht die Simulation von Gebäudeumströmungen und Verwirbelungen. Dadurch können auch Standortpotenzialen in bebauten Gebieten und im komplexen Gelände extrahiert werden. Besonders hier treten aufgrund von Engstellen, in denen die Windströmung kanalisiert wird (Venturi-Effekt), hohe Windgeschwindigkeiten auf. Deshalb ist eine hohe Modellauflösung notwendig. Dies zeigen auch die nachfolgenden Karten, welche die Ergebnisse einer Windströmungssimulation auf Basis eines 1-m-Grids und eines 3-m-Grids zeigen. Abb. 5: Windströmungssimulationen auf Basis eines 1-m-Grid (links) und eines 3-m- Grid (rechts) Es sind deutliche Unterschiede in den Karten zu erkennen. Die Differenz der beiden Raster zeigt auf, wo genau die hohen Differenzen liegen:
5 WIND-AREA Windpotenzialkarten für Kleinwindanlagen 517 Abb. 6: Differenz zwischen den oben dargestellten Rastern Es sind deutlich hohe Differenzen an den Gebäudekanten zu erkennen. Diese werden in dem 3-m-Grid ungenauer abgebildet und rufen ein abgeändertes Strömungsverhalten hervor. 4 Ergebnisse von WIND-AREA WIND-AREA liefert erstmals eine voll automatisierte Potenzialkarte für ein großes Untersuchungsgebiet auf der Basis bereits vorhandener Daten. Die Potenzialkarten zeigen mittlere Jahreswindgeschwindigkeiten in verschiedenen Höhen auf. Auf dieser Grundlage werden sehr gut und gut geeignete Standorte für Kleinwindanlagen in urbanen und ländlichen Gebieten ermittelt. Abb. 7: Potenzialkarten in 1 m (links) und 5 m (rechts) über dem DOM Die Potenzialkarten zeigen, dass Bereiche mit hohen Windgeschwindigkeiten über Gebäuden punktuell auftreten können. Wird eine Kleinwindanlage nur in die Nähe von einem Bereich mit hohen Windgeschwindigkeiten aufgestellt, so ist der Energieertrag der Anlage viel geringer. Dies zeigt folgender Vergleich:
6 518 M. Klärle und A. Fuchs Abb. 8: Standortvergleich Wie schon unter Punkt 2 beschrieben, verhält sich der Energieertrag eines Standorts in der 3. Potenz zur Windgeschwindigkeit. So kann am Standort A (4 m/s) circa 8-mal so viel Energie gewonnen werden als am Standort B (2 m/s). Durch die Potenzialkarten können die wirtschaftlichsten Standorte für Kleinwindanlagen extrahiert werden. Mithilfe der Ergebnisse von WIND-AREA sollen Bürger und Kommunen in der Planung von Kleinwindanalgen unterstützt werden. Die Notwendigkeit von Windmessungen für die Bewertung der Standorteignung ist nicht mehr zwingend notwendig. Somit wird die Wirtschaftlichkeit der Anlagen, aufgrund der geringeren Einrichtungskosten, verbessert. Durch das Bereitstellen der Potenzialkarten für Kleinwindanlagen soll der Bau von Kleinwindanalgen in Deutschland gefördert werden. Besonders in Städten und Dörfern können Kleinwindanlagen für eine dezentrale Stromversorgung von einzelnen Gebäuden oder von ganzen Stadtquartieren eingesetzt werden. Die Stromerzeugung durch Kleinwindanlagen kann die Stromerzeugung durch Solarstrom ergänzen und zusammen mit Biogas-, Geothermie- oder Wasserkraftanalgen zu einer autarken Energieversorgung von Städten und Gemeinden beitragen. Durch die Verschneidung von Geodaten mit Fachdaten wird in unseren Forschungsprojekten WIND-AREA, Erneuerbar KOMM (ganzheitliche Potenzialanalyse für Erneuerbare Energien) und SUN-AREA (Solardachkataster) die Entwicklung der Erneuerbaren Energien vorangetrieben. Literatur BEHL, A. (2012), Methodenentwicklung zur Simulation von Windströmungen auf der Basis hochauflösender Geodaten. Frankfurt am Main. HAU, E. (2008), Windkraftanlagen Grundlagen, Technik, Einsatz, Wirtschaftlichkeit. 4. Auflage, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg.
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