Psychiatrie und Jugendhilfe -
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- Brigitte Schenck
- vor 8 Jahren
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1 Psychiatrie und Jugendhilfe - - gemeinsame Hilfe gemeinsam gestalten Brücken zur Verständigung - Austausch zwischen Psychiatrie und Kinder-/Jugendhilfe Fachtagung Alexianer-Krankenhaus Aachen, 13. November 2013 Jessika Kuehn-Velten Ärztliche KinderschutzAmbulanz Düsseldorf
2 Brücken bauen - im Auftrag der Kinder und Eltern Leon ist 5 Jahre alt. Seine Mama ist schon seit längerer Zeit krank und so komisch. Was möchte Leon eigentlich von uns? Leon möchte die veränderte Welt verstehen. Er möchte, dass seine Mama wieder gesund wird. Leon möchte, dass auch die guten Anteile in seiner Familie gesehen werden. Er möchte wie seine Eltern beteiligt werden. Leon möchte wissen, wie es weiter geht. Leon möchte keinen Streit (mehr) Jessika Kuehn-Velten 2
3 Sprache - ist Verständigung Psychiatrie und Jugendhilfe haben unterschiedliche Terminologien und Kommunikationsstile, die es nicht anzugleichen, aber kennen zu lernen gilt. Das heißt nicht, dass Psychiatrie Hilfepläne erarbeiten und schreiben und Jugendhilfe Diagnosen stellen und klassifizieren soll. Aber wir könnten wissen, was das jeweils heißt und ist, wo es sich mit Ähnlichem bei uns begegnet, dessen Bedeutung und Grenzen kennen. Die Frage, wofür welche Institution welches Gespräch, welche Information, welche Unterstützung braucht, kann für den Austausch in beide Richtungen wichtig sein. In weiteren Bezugsfeldern kommen weitere Sprachen hinzu: Therapieausrichtungen, Gerichtsbarkeit, Schule, Selbsthilfe und mehr Jessika Kuehn-Velten 3
4 Nicht nur Sprache - auch Sprechen über uns übers voneinander Lernen über Formen gemeinsamer Beratung über Umgang mit Anfragen über Rückmeldungen über und in heilende/n Beziehungen, für die wir Modell sein könnten Jessika Kuehn-Velten 4
5 Gemeinsamkeit heißt, Unterschiede wertzuschätzen Differente Sichtweisen haben alle miteinander Berechtigung wie bin ich, wie sind die anderen was darf geschehen was soll sich verändern was ist wichtig welche Ressourcen haben ich und die anderen wer verantwortet was Jessika Kuehn-Velten 5
6 Bilder voneinander - und Wirklichkeiten Vorurteile, Vermutungen, Fantasien gestalten Bilder und sind Fallen Reflektion, Fragen und Aussprechen kann Fantasien bannen Uns einander zu erklären hilft, Missverständnissen vorzubeugen - und ist doch nicht nur einfach Jessika Kuehn-Velten 6
7 Kooperation Psychiatrie und Jugendhilfe - Fallen (1) Auf Seiten der Jugendhilfe Geringe Kenntnis über psychische Erkrankungen und ihre Auswirkungen auf die Erziehungskompetenz Persönliche Unsicherheit, Abwehr, Vorurteile, Angst vor Belastung im Angesicht von psychischer Erkrankung Unterlegenheitsgefühle und kompensatorische Machtausübung gegenüber der gesellschaftlichen Stellung der Psychiatrie Angst vor heftigen Reaktionen, Krisen und Kontaktabbrüchen seitens des psychisch erkrankten Elternteils und damit vor Verlust des Zugangs Orientierung am Kindeswohl Jessika Kuehn-Velten 7
8 Kooperation Psychiatrie und Jugendhilfe - Fallen (2) Auf Seiten der Psychiatrie Sicht als psychische Funktionsbeeinträchtigung ohne Reflektion der Auswirkung auf die Erziehungskompetenz Vorurteile gegenüber der Jugendhilfe mit folgender Kontaktvermeidung und daraus resultierender Bestätigung des Vorurteils Überlegenheitsgefühle gegenüber der Jugendhilfe Parteilichkeit zugunsten des psychisch erkrankten Elternteils, der/des Patientin/en Orientierung am Erwachsenen-/Elternwohl Jessika Kuehn-Velten 8
9 Kooperation Psychiatrie und Jugendhilfe - Fallen (3) Auf Seiten der Psychiatrie und der Jugendhilfe Zu wenig Wissen über Aufträge und Auftraggeber, Arbeitsweisen, Hilfe-/ Heilungskonzepte, Handlungsstrategien und -abläufe Falsche Erwartungen mit der Folge von Unzufriedenheit, Enttäuschung, Vertrauensverlust und Aufgabe der Kooperation Unterschiedliche Finanzierung, Leistungsansprüche und Leistungen, die finanzierbar sind Unterschiedliche Kooperationen mit Dritten (Schule und KiTa; Gericht ) Jessika Kuehn-Velten 9
10 Bild und Rahmen (1) Bildbeschreibung: Wir sehen eine/n Erwachsene/n, ein Kind, eine Familie, ein Lebensumfeld Wir sehen, hören, erfahren, was in diesen Zusammenhängen geschieht Wir bekommen die Gefühle der Beteiligten dazu mit Wir erleben Kontakt des Kindes zu Eltern, Bezugspersonen und zu uns Jessika Kuehn-Velten 10
11 Bild und Rahmen (2) Rahmung Wir geben dem Bedeutung, was wir wahrnehmen, im Rahmen unseres (professionell geprägten) Verständnisses von Rolle, Hilfe- und Behandlungsbeziehung unseres Verständnisses von Macht und Verantwortung unseres Verständnisses von Beziehungen und Bindung, Strukturen und Hierarchien unseres professionellen Umgangs mit Emotionalität unserer Wahrnehmungs- und Denkmuster unseres Umgangs mit Erklärungen Jessika Kuehn-Velten 11
12 Übersetzung - Vermittlung - Rahmung: Was wir und die Familien brauchen Sprachübersetzung Vermittlung für das, was in unseren Professionen jeweils üblich ist und als Normalität gilt Kultur ist, auch aus der Ausbildung heraus rechtliche und gesellschaftliche Wirklichkeit ist wertschätzend oder kränkend ist Bilder von Hilfe und von Kontrolle sind Augenhöhe bedeutet! Jessika Kuehn-Velten 12
13 Was haben wir im Korb? Vorsorge, Präventions- und Informationsarbeit Diagnose, Klassifikation, Clearing Frühe Hilfen, Hebammen, Krankenpflege, Entwicklungspsychologische Beratung, Videoauswertung Beratung, Begleitung, Therapie, Behandlung, Medikation Einzel- und Familienarbeit Stationäre und teilstationäre Hilfen mit und ohne Trennung Zwangskontexte, Unterbringung, Inobhutnahme Familienhilfe, Home treatment, Familienaktivierungsmanagement, Patenschaften Betreutes Wohnen, Eingliederungshilfe, Familienwohnen Gruppenangebote, Selbsthilfe Umgangsbegleitung Gefährdungseinschätzung Hilfeplan und Helferkonferenz, Konferenzstrukturen Jessika Kuehn-Velten 13
14 Und was geschieht mit dem Korb? Wer darf was nehmen? Wer darf hineinsehen? Wem gehört der Inhalt? Wessen Korb ist es? Gibt es Tandemlösungen? Jessika Kuehn-Velten 14
15 Die unterschiedliche Kultur der Professionen und Institutionen Freiwilligkeit/intrinsische Motivation Zwangskontext Freie Wahl Vorgabe/ Empfehlung der Helferpersonen Komm-Strukturen aufsuchende Hilfen Vorstellungen von Verantwortung und Entscheidungskompetenz Machtoptionen, soziale Hierarchien, Bevormundung Vertraulichkeit, Datenschutz Selbstverständlichkeit von Informationsweitergabe Strukturelle, systemische individuelle Sicht Unterschiedliche Prozessorientierung Jessika Kuehn-Velten
16 Kooperation in der Praxis: Zum Beispiel Leon Leon, 5 Jahre alt, besucht den Kindergarten Die Mutter ist an schizophrener Psychose erkrankt, in ambulanter Behandlung und immer wieder in der Klinik. Der Vater leidet an Depressionen - Wie geht es Leon? Nach einer Vorstellung der Arbeit der KinderschutzAmbulanz im Qualitätszirkel der Fachärzt/inn/e/n für Psychiatrie ruft der behandelnde Arzt an - Geteilte Sorge, gelungener Kontakt Es kommt zum Austausch, die Tante kommt mit Leon in die Beratung, möchte Hilfe, Erklärung für den Jungen und Planung mit der Familie - Erweiterte Hilfe Es entstehen Fragen: Wer koordiniert jetzt die Informationen? Wer trifft Absprachen und Vereinbarungen? Wer hat das Sagen, das Hausrecht, die Kompetenz? - Unsicherheit Wessen Sache ist Kinderschutz? Wie schnell muss wer handeln? Wichtige Fragen, Klärung nötig Jessika Kuehn-Velten 16
17 Was fördert Kooperation und Vernetzung? Authentische Motivation zur Zusammenarbeit Gute und unterstützende Rahmenbedingungen Offenheit und Auseinandersetzungsbereitschaft Interesse für Tätigkeitsfelder, Inhalte und Sichtweisen anderer Professionen Wissen, persönliches Kennen und Vertrauen Gegenseitige Wertschätzung Keine Vorurteile und Fantasien, sondern Kommunikation Erlaubnis für Unterschiede Klare Vereinbarungen über Austausch und Kooperation, Konferenzstrukturen Rollenbewusstsein und Rollenklarheit Arbeit an gemeinsamen Kriterien für Erfolg / Misserfolg Krisen- und Fehlermanagement, Evaluationsroutine Jessika Kuehn-Velten 17
18 Was hindert Kooperation und Vernetzung (1) Kooperation ist in Risikosituationen besonders schwierig Kooperation ist immer gefordert, wird aber im Alltag oft nicht unterstützt (Zeit-/ Geld-Kosten) Vergessen von Beteiligten Angst: eigene Arbeit zu öffnen, Konflikte auszutragen, Gewohnheit zu verlassen, sich auf neue Sichtweisen einzustellen, Macht zu verlieren Andere Intersystemgefühle: Neid, Konkurrenz Schwierigkeiten beim Einordnen und Vermitteln eigener Kompetenzen Jessika Kuehn-Velten 18
19 Was hindert Kooperation und Vernetzung (2) Unrealistische Erwartungen an die anderen Professionen Pseudo-Kooperation: wird benutzt, um Verantwortung zu verschieben wird benutzt zur eigenen Sicherung, nicht zur Sicherheit für Kinder und Familien übergeht die notwendige Beteiligung von Kindern und Eltern an der Planung von Hilfen Emotionalisierung und Medialisierung von Risiko-Situationen Schwierigkeiten, Fehler zu machen/einzuräumen Jessika Kuehn-Velten 19
20 Kooperation der Institutionen (1) Gegenseitige Wertschätzung ist das Zauberwort für Kooperation der Hilfen. Nachfragen, gemeinsames Reflektieren, Geduld miteinander Offenheit mit Gefühlen, Informationen, Fakten, Planungen, Zielen; Vertraulichkeit, aber kein Verstecken hinter dem Datenschutz Verteilung von Aufgaben und Verantwortung, Klärung und Anerkennung von Kompetenzen und Grenzen Routine, regelmäßiger Kontakt der Helfer/innen, gegenseitige Kenntnis von Handlungsmöglichkeiten Klare Strukturen für und Kommunikation über Aufgaben, Entscheidungen, Verantwortung Jessika Kuehn-Velten 20
21 Kooperation der Institutionen (2) Handlungsfähigkeit durch Konferenzstrukturen, uns in unseren unterschiedlichen Zugangsweisen, Aufgaben, Sprachen, Empfindlichkeiten immer wieder verstehen lernen und üben Veränderung ist prozesshaft. Kinder und Eltern haben unterschiedliche Entwicklungszeiten Institutionen in der Arbeit mit den Familien auch Regelmäßige Antworten auf Fragen: Haben wir alles getan, um die ganze Familie zu sehen und zu beteiligen? Wo liegen unsere Aufgaben? Wo sind die Grenzen unserer Arbeit? Jessika Kuehn-Velten 21
22 Kooperation für gelingende Hilfe Was macht Hilfeerfolg aus? Die Hilfe achtet auf den Schutz für die Kinder Die Hilfe nimmt die Bedürfnisse der Kinder auf Die Hilfe nimmt die Bedürfnisse der Eltern auf Kontakt und Beziehung zwischen HelferInnen und Familie gelingen Kontakt und Beziehung zwischen Eltern und Kind entstehen und werden sicherer Die Hilfe arbeitet in gegenseitigem Vertrauen Die Hilfe schafft Sicherheit für Kinder, Eltern, HelferInnen Es geht Kindern, Eltern und HelferInnen gut Jessika Kuehn-Velten 22
23 Balance in der Kooperation Balance zwischen Hilfen (und Kontrolle) zwischen Hilfe für Eltern und Kinder zwischen Entwicklungs- und Prozessorientierung zwischen den Beteiligten / Systemen zwischen Macht / Selbstverantwortung zwischen Sicherheit und Selbstkontrolle zwischen Offenheit / Vertraulichkeit Systemübergreifende Zusammenarbeit birgt die Chance, dass Abläufe noch besser reflexiv überprüfbar bleiben, nicht selbstverständlich werden, dass sich Neues entwickeln kann Jessika Kuehn-Velten 23
24 Brücken bauen - im Auftrag der Kinder und Eltern Haben wir die Möglichkeit, etwas für und mit Leon (und seinen Eltern) zu schaffen? Leon möchte die veränderte Welt verstehen. Er möchte, dass seine Mama wieder gesund wird. Leon möchte, dass auch die guten Anteile in seiner Familie gesehen werden. Er möchte wie seine Eltern beteiligt werden. Leon möchte wissen, wie es weiter geht. Leon möchte keinen Streit (mehr) Jessika Kuehn-Velten 24
25 Ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und glückliches Miteinander Tun! Jessika Kuehn-Velten 25
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