1. Kapitel: Grundlagen des Jahresabschlusses
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- Eike Förstner
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1 1. Kapitel: Grundlagen des Jahresabschlusses 1. Zweck und Aufgaben des Jahresabschlusses Computerfachmann Meier macht sich ab dem als EDV-Händler selbstständig. Er hat gespart, die er für die Anmietung und Einrichtung eines Büros und zum Kauf von Waren (Computer, Drucker und Zubehör) verwendet. Da er kein regelmäßiges Gehalt bezieht, fragt sich Meier nach einiger Zeit, ob sich seine Tätigkeit "gelohnt" hat. Er möchte Folgendes wissen: 1. Wie hat sich das Vermögen verändert? 2. Wie hoch ist das Vermögen? Die erste Frage wird von der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV-Rechnung) beantwortet. Sie bildet den Erfolg eines Geschäftsjahres ab und informiert über die Ertragslage des Unternehmens. Das Geschäftsjahr ist die handelsrechtliche Abrechnungsperiode, die höchstens zwölf Monate umfassen darf. Bei unterjähriger Betriebseröffnung ist das Geschäftsjahr kürzer, wenn es zum Ende des Kalenderjahres abgeschlossen wird. Ein positiver Erfolg (Gewinn) erhöht das Vermögen, ein negativer Erfolg (Verlust) vermindert es. Es gilt: Erfolg = Erträge - Aufwendungen Hat Meier in der Zeit vom bis Erträge von und Aufwendungen von erwirtschaftet, beträgt der Gewinn per Saldo Erträge erhöhen das Vermögen, Aufwendungen vermindern es. Der Gewinn gibt die Vermögensmehrung an, der Verlust die Vermögensminderung. Die GuV-Rechnung zeigt die Vermögensänderungen in einem Zeitraum, sodass es sich um eine Veränderungsrechnung bzw. Zeitraumrechnung handelt. Die Antwort auf die zweite Frage gibt die Bilanz. Sie bildet den Bestand des Vermögens zu einem bestimmten Zeitpunkt ab (Bestandsrechnung, Zeitpunktrechnung) und informiert über die Vermögenslage. Da vom Vermögen noch die Schulden abgezogen werden müssen, informiert die Bilanz genau genommen über das Reinvermögen (Eigenkapital). Dieser Saldo wird zum Ende eines Geschäftsjahres, dem Bilanzstichtag, ermittelt. Für das Reinvermögen eines Unternehmens gilt die Gleichung: Eigenkapital (Reinvermögen) = Vermögen - Schulden
2 2 1. Kapitel: Grundlagen des Jahresabschlusses Neben dem Vermögen und den Schulden enthält die Bilanz weitere spezielle Posten wie z.b. Rechnungsabgrenzungsposten. Sie werden an späterer Stelle erläutert. Nach 242 Abs. 3 HGB bilden die Bilanz und GuV-Rechnung den Jahresabschluss für alle Kaufleute. Zusammenfassend gilt: Jahresabschluss Bilanz GuV-Rechnung Nach Größen Bestandsrechnung Veränderungsrechnung Nach Zeit Zeitpunktrechnung Zeitraumrechnung Nach Inhalt Abbildung der Vermögenslage Abbildung der Ertragslage Abb. 1: Merkmale des Jahresabschlusses (alle Kaufleute) Die Beantwortung der obigen Fragen ist nicht nur für Einzelunternehmer, sondern auch für die Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft (z.b. OHG) von Bedeutung. Wenn an der A-B-OHG die Gesellschafter A und B zu je 50% beteiligt sind, interessieren sie sich für die Höhe des erwirtschafteten Erfolgs eines Geschäftsjahres und für den Stand des Vermögens zum Bilanzstichtag. Neben den Eigenkapitalgebern sind auch Fremdkapitalgeber an den obigen Informationen interessiert. Oft müssen zur Finanzierung zusätzlich Kredite aufgenommen werden. Benötigt der EDV-Händler für die Aufnahme seines Geschäftsbetriebs , muss das vorhandene Eigenkapital ( ) um einen Kredit von ergänzt werden. Dieses Fremdkapital zeichnet sich im Gegensatz zum Eigenkapital durch die folgenden Merkmale aus 1 : Fehlende Haftung. Im Fall der Insolvenz haftet das von außen bereitgestellte Fremdkapital nicht für die betrieblichen Schulden. Es beinhaltet eine Forderungsstellung der Kapitalgeber. Feste Zinszahlung. Zu bestimmten Zeitpunkten müssen Zinsen gezahlt werden. Der Zinsanspruch besteht auch in Verlustjahren. Feste Laufzeit. Das Fremdkapital steht für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung. Nach Ablauf der Zeitspanne ist es zum vollen Betrag zurückzuzahlen, wenn keine Tilgungen im Zeitablauf vereinbart wurden. Die Fremdkapitalgeber (insbesondere Banken) benötigen für die Kreditvergabe Informationen über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens. Sie setzt sich bei allen Kaufleuten aus der Vermögens- und Ertragslage zusammen. In der Bilanz wird das Reinvermögen und in der GuV-Rechnung wird der Erfolg dargestellt. Somit gilt: 1 Vgl. Wöhe, G./Bilstein, J. (Unternehmensfinanzierung), S. 12.
3 Zweck und Aufgaben des Jahresabschlusses 3 Komponenten der wirtschaftlichen Lage - Alle Kaufleute - Vermögenslage Darstellung des Vermögens und der Schulden (Reinvermögen) Instrument: Bilanz Ertragslage Darstellung der Erträge und Aufwendungen (Erfolg) Instrument: GuV-Rechnung Abb. 2: Komponenten der wirtschaftlichen Lage (alle Kaufleute) Je besser die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens beurteilt wird, umso eher werden Kredite vergeben und umso besser sind die Kreditkonditionen (insbesondere die Zinshöhe). Ein im Zeitpunkt der Kreditvergabe hohes Vermögen sichert den Kreditbetrag besser ab als ein geringes Vermögen. Das Ausfallrisiko sinkt. Eine vergleichbare Aussage gilt hinsichtlich des Gewinns: Je höher der erwirtschaftete Erfolg ist, umso besser sind die Rückzahlungsaussichten, sodass ein Kredit eher gewährt wird als im umgekehrten Fall. Beispiel: Die X-Bank soll über einen Kredit an die Unternehmen A, B und C entscheiden. Unternehmen A weist eine "gute", Unternehmen B eine "ausreichende" und Unternehmen C eine "mangelhafte" wirtschaftliche Lage auf. Das Risiko steigt von Unternehmen A bis C an. Relevant sind das Kreditausfallrisiko und das Risiko von Zinsausfällen. Die Kreditentscheidung kann wie folgt ausfallen: Unternehmen A erhält einen Kredit zum Marktzinssatz, B muss höhere Zinsen bezahlen und C wird der Kredit versagt. Potenzielle Kreditempfänger Wirtschaftliche Lage Risiko von Zinsausfällen Entscheidung Unternehmen A Gut Gering Kredit zum Marktzins Unternehmen B Ausreichend Mittel Kredit zum erhöhten Zins Unternehmen C Mangelhaft Hoch Kein Kredit Abb. 3: Beispiel einer Kreditvergabeentscheidung Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens darf aus Sicht der Gläubiger nicht zu positiv dargestellt werden. Wird der Kreditnehmer insolvent und die Unternehmenstätigkeit eingestellt, ist die Rückzahlung der Kredite gefährdet. Wurde das Vermögen zu hoch ausgewiesen, können die bilanzierten Werte nicht am Markt erzielt werden. Das Vermögen reicht nicht zur vollständigen Schuldendeckung aus und die Kreditgeber erleiden Verluste. Daher fordert das Handelsrecht eine eher niedrige Vermögensbewertung. Durch einen vorsichtigen Vermögensausweis werden die Gläubiger geschützt, da die
4 4 1. Kapitel: Grundlagen des Jahresabschlusses Kredite besser gesichert sind als bei einer zu positiven Vermögensdarstellung. Anders formuliert: Das Handelsrecht geht eher von einer pessimistischen als von einer optimistischen Bilanzierung aus 1. Es gilt somit: Vorsichtiger Vermögensausweis im HGB Die handelsrechtlichen Vorschriften sind vorrangig auf die Bedürfnisse der Gläubiger zugeschnitten. Sie sind im geltenden Handelsrecht die wichtigsten Bilanzadressaten, die durch eine Bilanz informiert werden sollen. Der vorrangige Rechnungslegungszweck des Handelsrechts ist der Gläubigerschutz. Dadurch werden auch die Interessen anderer Personen wie z.b. der Lieferanten und Arbeitnehmer gewahrt. Diese Gruppen sind ebenfalls am Erhalt des Unternehmens interessiert, um dauerhaft Einkünfte zu erzielen 2. Vorrangiger Rechnungslegungszweck: Gläubigerschutz Der Gläubigerschutz wird durch die Bereitstellung von Informationen erreicht. Eine wichtige Aufgabe des handelsrechtlichen Jahresabschlusses ist somit die Informationsfunktion. Da die Gläubiger nicht zum Unternehmen gehören, spricht man von Fremdinformation. Auch der Unternehmer wird über die Ergebnisse seiner wirtschaftlichen Entscheidungen informiert (Selbstinformation). Wurde ein Gewinn erzielt, hat er richtige Entscheidungen getroffen. Im Verlustfall muss geprüft werden, welche Fehlentscheidungen begangen wurden. Beispiel: EDV-Händler Meier erwirbt in 01 EDV-Geräte im Wert von Sie werden in 01 für (Fall a) bzw (Fall b) veräußert. Die Kosten für den Geschäftsbetrieb (Miete, Personalkosten, sonstige Kosten) betragen in beiden Fällen Im Fall a) entsteht ein Gewinn von , im Fall b) ein Verlust von Es wurden richtige bzw. falsche Entscheidungen getroffen, wenn der Erfolg als Maßstab verwendet wird. Auch bei der Selbstinformation ist der Vorsichtsgedanke wichtig. Er führt tendenziell zu niedrigen Erfolgsausweisen, die den Unternehmer zur Überprüfung seiner Entscheidungen veranlassen. Bei hohen Erfolgen scheinen alle Entscheidungen richtig zu sein, obwohl vielleicht noch bessere Ergebnisse möglich wären. Ein zu hoher Erfolgsausweis verhindert kritische Überlegungen. Informationen stehen dem Unternehmer bzw. seinen Gläubigern in unterschiedlicher Weise zur Verfügung. Der Unternehmer gehört als interne Person zum Unternehmen und kann jederzeit die wirtschaftlichen Daten ermitteln. Dagegen 1 Vgl. Wöhe, G./Döring, U. (Betriebswirtschaftslehre), S Vgl. Federmann, R. (Bilanzierung), S
5 Zweck und Aufgaben des Jahresabschlusses 5 sind die externen Gläubiger auf die Jahresabschlüsse angewiesen. Diese Benachteiligung wird dadurch ausgeglichen, dass die Fremdinformation in Grenzfällen Vorrang vor der Selbstinformation hat. Die Gläubiger müssen aber beachten, dass die Unternehmen ihre wirtschaftliche Lage durch bilanzpolitische Maßnahmen günstiger darstellen, um bessere Kreditkonditionen zu erlangen. Insbesondere in wirtschaftlich angespannten Zeiten sind die vermittelten Informationen kritisch zu prüfen. Bilanzpolitik kann wie folgt definiert werden: Zielorientierte Gestaltung des Jahresabschlusses durch Wahlrechtsausübung Um Informationen bereitstellen zu können, müssen die Geschäftsvorfälle aufgezeichnet werden. Ohne die Dokumentationsfunktion bestände die Gefahr, dass der Unternehmer viele Vorgänge im Laufe eines Jahres vergisst. Dokumentation ist eine Voraussetzung zur Informationsbereitstellung. Es gilt 1 : Aufgaben des Jahresabschlusses (alle Kaufleute) Dokumentationsfunktion Informationsfunktion Aufzeichnung sämtlicher Geschäftsvorfälle eines Geschäftsjahres Fremdinformation: Externe Personen erhalten Daten Selbstinformation: Unternehmer selbst erhält Daten Abb. 4: Aufgaben des Jahresabschlusses (alle Kaufleute) Der Gläubigerschutz muss in Verbindung mit der Haftung gesehen werden. Die Rechtsform bestimmt den Haftungsumfang für die betrieblichen Schulden. Einzelunternehmer haften mit ihrem betrieblichen und privaten Vermögen (Vollhaftung). Entsprechendes gilt für die Gesellschafter einer OHG 2. Bei der Kommanditgesellschaft (KG) haftet nur der Komplementär unbegrenzt, während die Haftung des Kommanditisten auf die (volle) Einlage beschränkt ist. Durch die Haftungserweiterung auf das Privatvermögen werden Gläubiger geschützt. Reicht das betriebliche Vermögen im Insolvenzfall nicht aus, um Kredite zu tilgen, kann auf das Privatvermögen der Unternehmer zurückgegriffen werden. Es liegt eine breite Haftungsbasis vor. Daher können Einzel- 1 Vgl. Döring, U./Buchholz, R. (Jahresabschluss), S Vgl. Klunzinger, E. (Gesellschaftsrechts), S
6 6 1. Kapitel: Grundlagen des Jahresabschlusses unternehmer und die Gesellschafter einer OHG auch jederzeit Privatentnahmen tätigen. Hierdurch wird das Betriebsvermögen vermindert, während das Privatvermögen steigt. Wenn die Erhöhung dauerhaft ist, bleibt die Haftungsmasse insgesamt gleich. Entscheidend ist somit die private Mittelverwendung. Beispiel: Ein Einzelunternehmer hebt von seinem betrieblichen Bankkonto ab. Er will eine private Urlaubsreise durchführen (Fall a) bzw. einen Anbau an seinem privaten Eigenheim finanzieren (Fall b). Im Fall a) ist das Geld nach der Reise endgültig verbraucht. Im Fall b) steigt der Wert des Hauses durch die Baumaßnahme an. Im letzten Fall bleibt der Gläubigerschutz erhalten, da die Kreditgeber im Insolvenzfall auf das wertvollere Haus zurückgreifen können. Die Haftungsmasse wird nicht vermindert. Es gilt: Bei Entnahmen: Gläubigerschutz durch Vollhaftung Da bei der Kommanditgesellschaft nur der Komplementär unbeschränkt haftet, dürfen Entnahmen nur von ihm vorgenommen werden 1. Zusammenfassend gilt: Rechtsform Personenzahl Haftung Entnahmen Einzelunternehmen Einer Vollhaftung Ja OHG Mind. zwei Vollhaftung Ja KG Mind. zwei Voll-/Teilhaftung (Komplementär/ Kommanditist) Komplementär: Ja Kommanditist: Nein Abb. 5: Rechtsformen, Haftung und Entnahmen 2. Rechtsvorschriften 2.1 Geltung nationaler Vorschriften Damit der Jahresabschluss seine Dokumentations- und Informationsaufgaben wahrnehmen kann, müssen verbindliche Aufstellungsregeln festgelegt werden. Ansonsten bestände die Gefahr, dass die rechnungslegenden Unternehmer ein beliebiges Vermögen oder einen beliebigen Erfolg ausweisen würden. Die Kredite der Gläubiger wären nicht geschützt, sondern durch eine falsche Informationsvermittlung gefährdet. Daher hat der Gesetzgeber Rechtsvorschriften für 1 Vgl. Klunzinger, E. (Gesellschaftsrechts), S. 116.
7 Rechtsvorschriften 7 die Aufstellung des Jahresabschlusses festgelegt, die im Handelsrecht enthalten sind. Das HGB gilt für Kaufleute. Hierzu gehören insbesondere 1 : Istkaufmann ( 1 Abs. 1 HGB): Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Hierzu zählen gewerbliche Einzelunternehmer und insbesondere die Personenhandelsgesellschaften OHG und KG. Freiberufler wie z.b. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte sind keine Kaufleute. Formkaufmann ( 6 Abs. 1 HGB): Kapitalgesellschaften wie die GmbH oder Aktiengesellschaft (AG) unterliegen durch ihre Rechtsform dem HGB. Inhalt und Umfang der Tätigkeit sind ohne Bedeutung. Bei einer untergeordneten Bedeutung des Gewerbebetriebs (nach Art oder Umfang) liegt keine Kaufmannseigenschaft vor. Eine Definition dieser Kriterien wird im HGB nicht vorgenommen. Zur Konkretisierung werden z.b. der Umsatz und die Art der Leistung herangezogen 2. Beispiel: Steuerberater Müller betreibt seine Praxis in Würzburg und erzielt einen Jahresumsatz von Trotz der Umsatzhöhe unterliegt er nicht den handelsrechtlichen Vorschriften, da er nicht gewerblich, sondern freiberuflich tätig ist. Würde der Steuerberater die Rechtsform der GmbH wählen, wäre nach 6 Abs. 1 HGB die Kaufmannseigenschaft erfüllt. Das gilt auch, wenn der Umsatz der GmbH niedriger ist als der obige Betrag. Variante 1: Einzelhändler Müller betreibt ein großes Kaufhaus in Würzburg und erzielt einen Jahresumsatz von Es liegt ein Handelsgewerbe vor, da das Kaufhaus eine gewerbliche Tätigkeit darstellt. Müller ist ein Istkaufmann. Da keine untergeordnete Bedeutung besteht, kommt die in 1 Abs. 2 HGB enthaltene Ausnahmeregelung nicht zur Anwendung. Variante 2: Müller betreibt Verkäufe von Getränken und Süßigkeiten in einem kleinen Nebenraum seines privaten Einfamilienhauses (Umsatz: pro Jahr). Müller ist kein Kaufmann, da weder nach Art (kein gesonderter Geschäftsraum) noch Umfang (Umsatz nur ) ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb vorliegt. Die geplante Reform des HGB soll kleine Unternehmen entlasten. Zukünftig sind diese Unternehmen im Handelsrecht von der Buchführung und Abschlusserstellung befreit. Die relevanten Merkmale werden im 11. Kapitel behandelt. Die folgende Abbildung zeigt den Aufbau der Regelungen im HGB. Auch die Vorschriften zum Lagebericht ( 289 HGB bzw. 315 HGB), der nicht zum Jahresabschluss gehört, werden dargestellt. 315a HGB regelt die Anwendung der internationalen Vorschriften. Es ergibt sich eine Abstufung von den allgemeinen Normen aller Kaufleute zu den speziellen Regelungen der Konzerne. 1 Vgl. Wöhe, G./Kußmaul, H. (Bilanztechnik), S Vgl. Klunzinger, E. (Handelsrechts), S
8 8 1. Kapitel: Grundlagen des Jahresabschlusses Wenn die Unternehmen der Einzelkaufleute oder Personenhandelsgesellschaften eine bestimmte Größe überschreiten, gelten sie als "gefährlich" und müssen nach 5 Abs. 1 PublG einige Normen der Kapitalgesellschaften anwenden 1. Spezieller Speziell Allgemein Vorschriften für Konzerne ( a HGB) Ergänzende Vorschriften für KapG und haftungsbeschränkte PersG ( HGB) Vorschriften für alle Kaufleute ( HGB) Abb. 6: Aufbau der Rechnungslegungsvorschriften im HGB Die Basis der Rechnungslegung bilden die Vorschriften für alle Kaufleute, die die 238 bis 263 HGB umfassen. Die Regelungen zum Jahresabschluss beginnen mit 242 HGB. Kapitalgesellschaften stellen aus Sicht des Gesetzgebers "gefährliche" Rechtsformen dar, weil ihre Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist. Die Gesellschafter selbst haften nicht für die betrieblichen Schulden. Daher werden ergänzende, meist strengere, Vorschriften festgelegt. Relevant sind die 264 bis 289 HGB. Zum Aufbau gilt: Grundsätzlich gelten für Kapitalgesellschaften die Vorschriften für alle Kaufleute. Ergänzend gelten für Kapitalgesellschaften die 264 bis 289 HGB. Enthalten sie abweichende Regelungen, sind diese vorrangig zu beachten. Haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften (z.b. GmbH & Co. KG) weisen keinen unbeschränkt haftenden Gesellschafter auf. Ihre Gesellschafter sind nur Kapitalgesellschaften, die nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen haften. Daher werden diese Rechtsformen nach 264a HGB wie Kapitalgesellschaften behandelt. Zu Einzelheiten wird auf die Literatur verwiesen 2. Das HGB wird durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) reformiert werden. Am wurde im Internet auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz ( unter: Themen, Handels- und Wirtschaftsrecht, Bilanzrecht) der Gesetzentwurf veröffentlicht. Die wesentlichen Inhalte der HGB-Reform werden im 11. Kapitel zusammengefasst. Kapitalgesellschaften im Sinne des HGB sind Aktiengesellschaften (AG), Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). Sowohl international tätige Aktiengesellschaften mit hohen 1 Vgl. Federmann, R. (Bilanzierung), S Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (Bilanzen), S. 34.
9 Rechtsvorschriften 9 Jahresumsätzen von mehreren hundert Millionen Euro als auch regional tätige GmbHs mit einer halben Million Euro Jahresumsatz gehören dazu. In 267 HGB werden Kriterien für kleine, mittelgroße und große Gesellschaften festgelegt, um die Vorschriften an die Unternehmensgröße anzupassen 1. Für Kapitalgesellschaften gelten weitere Rechnungslegungsvorschriften, die in den folgenden rechtsformspezifischen Gesetzen enthalten sind: Für die AG und KGaA: Im Aktiengesetz. Für die GmbH: Im GmbH-Gesetz. Diese Vorschriften sind auf die jeweiligen Rechtsformen zugeschnitten. Sie werden an den entsprechenden Stellen mitbehandelt. Auf die KGaA wird nicht weiter eingegangen, da sie in der Praxis keine große Rolle spielt. Die rechtsformspezifischen Gesetze sind spezieller als das allgemeine HGB und haben Vorrang vor den handelsrechtlichen Regelungen. Schlagwortartig gilt: Spezielle Vorschriften vor allgemeinen Vorschriften Die Vorschriften für Konzerne sind noch spezieller als die Regelungen für Kapitalgesellschaften. Ein Konzern besteht aus rechtlich selbstständigen Unternehmen, die wirtschaftlich eng miteinander verbunden sind. Wenn ein Mutterunternehmen die Leitung bei einer Tochtergesellschaft ausübt, muss die Mutter einen Konzernabschluss für den Unternehmensverbund erstellen. Hierbei sind spezielle Vorschriften zu beachten, die die Verbindungen zwischen den Unternehmen betreffen. Die Konzernmutter muss die folgenden Abschlüsse erstellen: 1. Einzelabschluss: Der Jahresabschluss des Mutterunternehmens selbst. 2. Konzernabschluss: Der Jahresabschluss des Konzerns (Jahresabschluss verbundener Unternehmen). Einzelheiten finden sich im 6. und 7. Kapitel. Für den Konzernabschluss kapitalmarktorientierter Unternehmen gelten seit dem die International Financial Reporting Standards (IFRS). Daher wurde 315a HGB ins Gesetz aufgenommen. Eine Kapitalmarktorientierung liegt vor, wenn Eigenkapital- oder Fremdkapitaltitel in einem EU-Staat zum Handel auf einem geregelten Markt (z.b. einer Börse) zugelassen sind 2. Für kapitalmarktorientierte Unternehmen gelten weitere Besonderheiten, die im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) festgelegt sind. Neben dem Jahresfinanzbericht nach 37v WpHG ist ein Halbjahresfinanzbericht nach 37w Abs. 2 WpHG zu erstellen, der einen verkürzten Abschluss, einen Zwischenlagebericht und den Bilanzeid (Versicherung nach 264 Abs. 2 Satz 3 HGB) enthält. 1 Vgl. zu den Größenklassen die Ausführungen im 4. Kapitel. 2 Vgl. Pellens, B./Fülbier, R.U./Gassen, J. (Rechnungslegung), S. 49. Eigenkapitaltitel sind Teilhaberpapiere wie z.b. Aktien, die im 2. Kapitel näher erläutert werden.
10 10 1. Kapitel: Grundlagen des Jahresabschlusses 2.2 Geltung internationaler Vorschriften Von deutschen Unternehmen sind grundsätzlich nur die nationalen Rechnungslegungsvorschriften zu beachten 1, die hauptsächlich im HGB enthalten sind. Diese Regeln werden vom deutschen Gesetzgeber verabschiedet und müssen befolgt werden. Die Vorschriften ausländischer Institutionen sind im Inland ohne Bedeutung. Durch die steigende Globalisierung der Kapitalmärkte gewinnen die internationalen Rechnungslegungsvorschriften immer stärker an Bedeutung. Als erstes deutsches Unternehmen wurde 1993 die damalige Daimler Benz AG an der New Yorker Börse notiert. Da der HGB-Konzernabschluss von der amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde nicht anerkannt wurde, musste ein Konzernabschluss nach den amerikanischen US-GAAP (United Staates - Generally Accepted Accounting Principles) aufgestellt werden 2. Die Gültigkeit der amerikanischen Rechtsvorschriften ist auf das amerikanische Rechtsgebiet beschränkt. Sie verfolgen nicht das Ziel der weltweiten Anwendung. Somit stellen sie keine echten internationalen Vorschriften dar. Anders verhält es sich bei den IFRS. Die vom International Accounting Standards Board (IASB) in London entwickelten International Financial Reporting Standards (IFRS) sollen von allen Unternehmen der Welt angewendet werden. Es wird eine weltweite Standardisierung der Rechnungslegung angestrebt, die eine Vergleichbarkeit von Vermögen und Erfolg gewährleisten soll. Bisher waren die IFRS-Vorschriften nicht direkt für deutsche Unternehmen verbindlich. Durch die EU-Verordnung 1606/2002 vom sind die IFRS ab dem von kapitalmarktorientierten Konzernunternehmen im Konzernabschluss verbindlich anzuwenden 3. Für Unternehmen, deren Aktien an der New Yorker Börse notiert sind und die die US-GAAP anwenden müssen, bestand eine zeitlich befristete Übergangsregelung: Sie mussten die IFRS-Vorschriften im Konzernabschluss erst ab 2007 anwenden. Auf diese Sonderregelung wird im 6. Kapitel eingegangen. Für die Konzernabschlüsse der übrigen Konzernunternehmen und die Einzelabschlüsse werden den nationalen Gesetzgebern in der EU-Verordnung weite Umsetzungsmöglichkeiten eingeräumt. Die IFRS können ganz oder teilweise zur Pflicht gemacht werden. Die Vorschriften können auch als Wahlrecht zugelassen werden. Auch die Anwendung auf einzelne Rechtsformen ist möglich. Durch das Bilanzrechtsreformgesetz vom gelten seit dem die folgenden Regelungen in Deutschland: 1 Einen Sonderfall bilden EU-Verordnungen, die unmittelbar nationales Recht darstellen. Vgl. van Hulle, K. (Bilanzrichtlinien), S Zum Inhalt der US-GAAP vgl. Schildbach, T. (US-GAAP), S Vgl. Prinz, U. (Reform), S
11 Rechtsvorschriften 11 Kapitalmarktorientierte Unternehmen Übrige Unternehmen Konzernabschluss Pflicht für IFRS (EU-Verordnung) Wahlrecht für IFRS Einzelabschluss Grundsätzlich HGB Unternehmenswahlrecht für IFRS-Offenlegung Abb. 7: Rechnungslegungsvorschriften in Deutschland Im Konzernabschluss dürfen auch nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen die IFRS anwenden. Dieses Wahlrecht wird in 315a Abs. 3 HGB verankert. Bei Ausübung dieser Option durch die betreffenden Unternehmen sind alle Konzernabschlüsse direkt miteinander vergleichbar. Im Einzelabschluss ist auch weiterhin das HGB anzuwenden. Allerdings können Unternehmen, die den Jahresabschluss nach 325 Abs. 1 HGB offenlegen müssen, anstelle des HGB-Abschlusses einen IFRS-Abschluss veröffentlichen. 325 Abs. 2a HGB enthält ein entsprechendes Wahlrecht. Die möglichen Ausschüttungen an die Gesellschafter richten sich aber nach dem HGB-Abschluss. Für mittelständische Unternehmen in den Rechtsformen der Einzelunternehmen oder OHG bleibt das HGB erhalten. Dieses Vorgehen ist sinnvoll, da die IFRS- Regelungen die bilanziellen Besonderheiten dieser Unternehmen bisher weitgehend vernachlässigen 1. Auch der Standardentwurf für kleine und mittelgroße Unternehmen vom Februar 2007 ist als ungenügend anzusehen. Auf diesen Entwurf wird im 8. Kapitel noch genauer eingegangen. 3. Aufstellung und Offenlegung von Jahresabschlüssen Der Jahresabschluss aller Kaufleute besteht aus der Bilanz und GuV-Rechnung. Kapitalgesellschaften müssen nach 264 Abs. 1 HGB zusätzlich einen Anhang erstellen, der zu einem erweiterten Jahresabschluss führt. Der Anhang soll insbesondere die Bilanz und GuV-Rechnung erläutern. Große und mittelgroße Kapitalgesellschaften müssen außerdem einen Lagebericht aufstellen, der aber nicht zum Jahresabschluss gehört. Im Lagebericht sind der Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage des Unternehmens so darzustellen, dass die tatsächlichen Verhältnisse vermittelt werden ( 289 Abs. 1 HGB). Außerdem muss eine Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage erfolgen. Im Prognosebericht sind die Chancen der voraussichtlichen Entwicklung darzustellen 2. 1 Vgl. Prinz, U. (Reform), S Vgl. Coenenberg, A.G. (Jahresabschluss), S. 913.
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