Blume - ist Kind von Wiese
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- Gerhard Vogt
- vor 7 Jahren
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1 Blume - ist Kind von Wiese Kamel - Lebt in einer Sandkiste, so schaut aus. Er hat zwei Hügel mit Wasser. Zwei Jahre muss er nicht trinken. Kamel ist wichtig für eine Wüste. Eidechse - Tier, man fängt, bleibt Schwanz in Hand. Liebe - Wenn man liebt, dann spricht man nicht mehr. Ist für Heiraten. Da spazieren sie zusammen in Park, dann kauft der Mann der Frau ein Kleid und Gold und Ohrringe. Dann gehen sie zusammen in eine Hochzeit. In der Nacht gehen sie Abend essen, dann küssen sie sich und schlafen zusammen in einem Bett. Dann macht die Frau ein Frühstück mit Tee, und der Mann geht in die Arbeit. Dann klingelt er und sagt: Ich bin gekommen. Und die Frau nimmt in seine Arme. Literaturnachweis Glantschnig, H. (1996): Blume ist Kind von Wiese oder Deutsch ist meine Zunge. Herder 4438: Freiburg u. a. Berlitz, C. (1982): Die wunderbare Welt der Sprachen. Fakten, Kuriosa, Geheimnisse. Knaur 3747 München (engl. 1982). Crystal, D. (1993): Die Cambridge Enzyklopädie der Sprache. Campus-Verlag: Frankfurt (engl. 1987).
2 Je größer der Ausländeranteil in einer Klasse, umso schwieriger der Unterricht. Wirklich? Beitrag von Hans Brügelmann zur Ringvorlesung Migration Sommersemester 2007 Vorschau: Aspekt 1: Die Entwicklung fachlicher Leistungen Sind die Leistungen von MigrantInnen generell schlechter? Soweit ja: wo liegen Gründe für unterschiedliche Leistungen? Ist damit auch der Lernerfolg von MigrantInnen geringer? Beeinträchtigt eine multikulturelle Zusammensetzung den Lernerfolg a) der deutschsprachigen SchülerINnen b) der MigrantInnen?
3 Vorschau Aspekt 2: Das soziale Zusammenleben Schotten sich Migranten(kinder) in ihrer Kultur ab? Zeigen sie häufiger abweichendes Verhalten? Wie wirkt sich eine multikulturelle Zusammensetzung negativ auf die Beziehungen in der Klasse und auf das soziale Verhalten der SchülerInnen aus? Drei Botschaften (1) Wir tun so, als ob alle Migranten Problemkinder wären. Die Gruppe ist aber genauso heterogen wie die der deutschen SchülerInnen. Beide Gruppen überlappen sich deshalb stark. Auch viele deutsche SchülerInnen haben unzureichende Sprachfähigkeiten oder Status- und Beziehungsprobleme. Die Schule sollte mehr auf das einzelne Kind und seine individuellen Bedürfnisse schauen - als darauf, zu welcher Gruppe es gehört.
4 Drei Botschaften (2) Ein zentrales Ergebnis unserer Lese-Studie LUST: Zwar lesen Kinder mit anderer Muttersprache auf jeder Klassenstufe im Durchschnitt schlechter als ihre deutschen MitschülerInnen. Aber ihr Leistungszuwachs von Jahr zu Jahr ist gleich hoch. Ein solcher Karawaneneffekt zeigt sich auch im Vergleich anderer Teilgruppen von SchülerInnen. Leistungsbewertung und Evaluation des Unterrichts muss sich an den unterschiedlichen Voraussetzungen und dem jeweiligen Lernfortschritt orientieren. Drei Botschaften (3) Die notwendige Aufmerksamkeit für Schwächen, darf nicht den Blick auf die Stärken von Kindern und Gruppen verstellen. Die Deutsch- und Englisch-Studie DESI hat gezeigt, dass MigrantInnen aus der gleichem sozialen Schicht und mit vergleichbaren kognitiven Fähigkeiten deutschen Kindern im Englischen um ein halbes Jahr voraus sind. Unterricht soll nicht nur besondere Schwächen kompensieren, sondern auch besondere Potenziale entfalten helfen.
5 Vorweg: Probleme der Forschung (I) Wer gehört überhaupt zur Gruppe der Ausländer/ der MigrantInnen? Wann sprechen wir von Migration? Wie homogen ist die Gruppe der MigrantInnen? Wie hat sie sich verändert? Wer ist wann Migrant? Politisch-rechtliche oder sozio-kulturelle Differenzen? Es gibt unterschiedliche Grade der Migrationsintensität: Freudenberg - Siegburg (Dialekt, Religion) - München (Großstadt, Entfernung) - Wien (Geschichte, nationale Identität) -Rom(Sprache) - Sao Paolo (Alltagskultur, Lebensbedingungen) Wechsel aus dem nationalstaatlich definierten Heimatland in einen anderen Staat ist ein sehr grobe Klassifikation.
6 Unterscheidung von Teilgruppen ArbeitsmigrantInnen Manager/ Diplomaten vs. Lohnarbeiter EU-Ausländer vs. andere Erste vs. zweite vs. dritte Generation AsylantInnen Asylsuchende vs Asylberechtigte Aussiedler schon 1991 rund 5% bi-national (und 10% der Ehen)* > Unterschiede im rechtlichen, sozialen, biografischen Status Wechselnde Dominanz der Teilgruppen 1960er Jahre: ArbeitsmigrantInnen 1980er Jahre: Asylsuchende 1990er Jahre: AussiedlerInnen > unterschiedliche Erfahrungen, Perspektiven, Probleme Verteilung der Nationalitäten (mit je besonderen Problemen): 27 % aus der Türkei 14 % aus dem ehemaligen Jugoslawien 20 % weitere Mittelmeerstaaten... besondere Bedeutung von Polen und Russland
7 Vorweg: Probleme der Forschung (II): Was bedeutet Mehrsprachigkeit? Wann ist eine Sprache eine andere Sprache? Wie besonders ist Mehrsprachigkeit? Wann ist eine Sprache eine (eigenständige) Sprache?* Von der Ost-Schweiz bis Ost-Belgien gibt es ein Dialektkontinuum, so dass sich Nachbarn verstehen, aber nicht die Extremgruppen. Norweger, Schweden und Dänen (nicht Finnen!) verstehen sich - aber sie definieren sich anders: politische Identität und gemeinsame Geschichte. Politisch entscheidend: gemeinsame Staatsangehörigkeit z.b. serbisch vs. kroatisch. Linguistisch entscheidend: gemeinsame Schriftsprache aber auch nicht trennscharf Verschriftung der Dialekte
8 Wie hoch ist der Anteil bilingualer Menschen? Es ist die große Mehrheit. Bilingualität ist normal, denn es gibt ~ Sprachen, aber nur ~ 200 Staaten In den ehemaligen Kolonien z.b. bis zu 90% bilingual. Immer eine starke und eine schwache Sprache; sie können wechseln nach Themen Situationen oder Leistungsform (Sprechen vs. Lesen). > Bilingualität ist nicht eine doppelte Einsprachigkeit!. - Aspekt (1): Leistung Lesen - Sind die Leistungen von MigrantInnen generell schlechter? Wo liegen Gründe für schwächere Leistungen? Ist der Lernerfolg von MigrantInnen geringer? Beeinträchtigt eine multikulturelle Zusammensetzung den Lernerfolg a) der deutschsprachigen SchülerInnen b) der MigrantInnen?
9 1. Lesen MigrantInnen wirklich schlechter? Ja: PISA und LUST* ca. 1;6 Jahre Rückstand aber interessante Abweichungen Es gibt viele Migrantenkinder, die lesen genauso gut große Überlappung der Verteilungen ALI liest Bücher, aber laut liest er stockend Lernbiografie** OECD-Bericht (1995): schwächer im Narrativen, weniger schwach in Gebrauchstexten*** Maßstab, Aufgabenform und Schwellenwerte kritisch prüfen vor allem aber Untergruppen Berlin : Griechen = Deutsche Bremen : Türken minus Punkte, andere minus Punkte 2. Warum lesen MigrantInnen im Durchschnitt schlechter? wegen anderer Muttersprache (liegt auf der Hand) aber deutsche Kinder aus der Unterschicht auch also Frage: Welcher Anteil sprachlich bedingt, welcher sozio-kulturell - und welcher Faktor Letztursache? PISA und die KMen : Migration über Sprache entscheidend Zinnecker/ Stecher: soziale Schicht zentral denn ganz andere Anteile unter MigrantInnen 1989 Arbeiterschicht : 71 % der MigrantInnen 33 % der Deutschen PISA-Differenzen* Migration vs. einheimisch 422 vs Schicht oberes vs. unteres Viertel: 427 vs
10 3. Lernen MigrantInnen schlechter? Verbesserung des Durchschnitts* von Klasse 2 auf 4: Sätze deutsche SchülerInnen Sätze MigrantInnen Abnahme der Anteile in der untersten Leistungsgruppe** von Klasse 2 auf 4: 72 % => 19 % MigrantInnen + 53 %-Punkte 50 % => 7 % deutsche SchülerInnen + 43 %-Punkte Ebenso in der Rechtschreibung in der Sekundarstufe Karawaneneffekt bedeutsam für die Einschätzung von individuellem Lernerfolg und Unterrichtserfolg: Lernzuwachs statt Niveaus als Maßstab 4. Welche Bedeutung hat dabei der Anteil an Migrantenkindern in der Klasse? immense Streuung zwischen Klassen (Essen 4% bis 97%)* PISA-Bericht (2003*) 20%-Hürde generelle Befunde: je höher Migrantenanteil, desto schlechter der Klassendurchschnitt aber nach (3.) trivial: Wir müssen trennen in deutsch- vs. anderssprachig Studie LUST-1 : Lernzuwachs fast gleich unterhalb 80% *** > Heterogenität schadet beiden Gruppen nicht (s. auch PISA 2006*) analog in der Schweiz: nicht Migrantenanteil allein, sondern sozioökonomischer Anteil**
11 - Aspekt (2): Sozialverhalten - Schotten sich Migrantenkinder in ihrer Kultur ab? Zeigen sie häufiger abweichendes Verhalten? Wie wirkt sich eine multikulturelle Zusammensetzung auf die Beziehungen in der Klasse und auf das soziale Verhalten der SchülerInnen aus? Soziale Abschottung? Migranten wohnen in Gettos, sind problembeladen und haben sprachliche Defizite: Dieses Bild wird laut der wissenschaftlichen Untersuchung seit mehr als zwei Jahrzehnten in vielen Schulbüchern transportiert. (Irle 2006 nach einer Schulbuchanalyse der letzten 20 Jahre) In der Regel: Kinder viele Freunde anderer Nationalität Erwachsene viele Kontakte außerhalb der eigenen Subkultur
12 Lebenssituation von Türken in NRW (2000) Kontakte zu Deutschen: Arbeit/ Nachbarn/ Freunde % Familie/ Verwandtschaft 32 % Wohngegend: ~ 60 % überwiegend deutsch ~ 15 % beide zu gleichen Teilen ~ 20 % überwiegend türkisch ~ 5 % überwiegend andere Ausländer Situation der Kinder (DJI-Studie 2000): I enge Verbindungen zu Personen aus dem Herkunftsland aber im sozialen Alltag nicht abgeschottet (105) weniger als die Hälfte nimmt kinderkulturelle Angebote wahr damit auch wichtige Kontaktmöglichkeiten verschlossen; stattdessen Nutzung öffentlicher Räume (105) vielfältige und stabile Kontakte zu Gleichaltrigen, häufig in multikulturell zusammengesetzten Netzen (106) Freunde aus dem gleichen Herkunftsland: 19-37% (56)
13 Häufigkeit abweichenden Verhaltens Bei Konstanthalten der Sozialschichtzugehörigkeit usw.* unter Erwachsenen nicht höher genauer Geißler (1995) unter Jugendlichen erst in den letzten Jahren Anstieg > andere Lebensperspektiven (Arbeitslosigkeit) dann auch unter Deutschen höher Bedeutung des Ausländeranteils in der Klasse Studie von Dollase (1999) in der Sekundarstufe: Je höher der Ausländeranteil, um so geringer die Fremdenfeindlichkeit. > Erklärungen? Es handelt sich um Gegnerschaftskonflikte (durch Abgrenzung von anderen nach bestimmten Kategorien) Diese erklärt die Theorie der sozialen Identität von Tajfel (1981) mit folgenden sozialpsychologischen Mechanismen :
14 ...kein Fremdheitsproblem, sondern eines der Überwindung kategorialer Gegnerschaft. * Menschen werden immer in soziale Kategorien eingeordnet. Man identifiziert sich selbst mit einer Kategorie. Man vergleicht die Kategorien miteinander. Man will, dass die eigene Gruppe besser ist. Variabel ist in diesem Prozess nur, welche Kategorien die Wahrnehmung dominieren. Problematisch: Interkulturelle Erziehung, die die Besonderheit von nationalen Gruppen betont - auch wenn sie diese positiv bewertet. Personalisierung von Beziehungen statt Thematisierung von Gruppenzugehörigkeit Bedingungen für ein förderliches Klima: soziale Kategorien spielen eine geringe Rolle im Miteinander; Anlässe für eine Bedrohung der persönlichen Identität werden minimiert; die Beziehungen untereinander werden personalisiert; Entwicklung sozialer Kompetenzen wird generell gefördert. > Schüler als individuelle Person, nicht Mitglied ansprechen > Neue In-Group bilden, vgl. Fußball-Verein/ Nationalmannschaft
15 Personalisierung von Beziehungen statt Thematisierung von Gruppenzugehörigkeit: Beispiel Die Wissenschaftler haben aber auch positive Unterrichtsmaterialien gefunden, in denen das Thema Fremdsein ganz anders vermittelt wird. So schildere ein neues Schulbuch, wie ein deutscher Junge in eine fremde Schule in Berlin komme, berichtet Höhne: Vier Migrantenkinder weisen den Neuling ein, zeigten ihm die Stadt, ihren Kiez, ihre Freunde. Das gelungene daran ist, dass die ethnische Zugehörigkeit in dieser Geschichte keine Rolle spielt und der Fremde quasi geographisch, aber nicht kulturell definiert ist, sagt Höhne. (Irle 2006) Verallgemeinerung als Kritik an fünf verbreiteten Annahmen Homogenität/ Heterogenität einer Gruppe ist durch Eigenschaften ihrer Mitglieder gegeben. Homogenität einer Gruppe ist durch Selektion herstellbar. Homogenität ist für die soziale und fachliche Entwicklung von SchülerInnen förderlich. Durch Differenzierung von Aufgaben kann Unterricht eine Passung der Anforderungen auf die Unterschiede in einer Klasse erreichen. Homogenität von Leistungen ist als Ziel von Unterricht anzustreben.
16 (1) Heterogenität/ Homogenität nicht gegeben In einer Gruppe gibt es eine Unzahl von Besonderheiten: Ali zum Beispiel ist Junge acht Jahre alt Kind einer allein erziehenden Mutter Fußballspieler katholisch hat die türkische Staatsangehörigkeit... Ob Merkmale für eine Gruppenbildung bedeutungsvoll sind, hängt von der Bewertung durch die Gesellschaft ab > Gruppen sind soziale Konstruktionen und > wechseln je nach Kontext. (2) Homogenität durch Selektion nicht herstellbar. PISA: Streuung der Leistungen innerhalb der Schularten Überlappung der Leistungsverteilung zwischen den Schularten. Schulkindergarten, Sitzenbleiben, Sonderschule... schaffen Unterschiede nicht ab - feinere Unterschiede werden nach Selektion bedeutsamer ( Olympia vs. Kreismeisterschaft ) etablierte Rollen werden nach Aussonderung neu besetzt ( der schwache Schüler, der Klassenclown )
17 (3) Homogenität für Entwicklung nicht förderlicher Forschung zur Selektion in Sonderschulen. Analog PISA zur Auswirkung - von unterschiedlichen Lernmilieus wie HS, RS, GY - auf SchülerInnen mit vergleichbaren Voraussetzungen Auch Studien zur Leistungsentwicklung bei Mono- vs. Koedukation (4) Passung durch Differenzierung nicht möglich Differenzierung von oben überfordert LehrerInnen: weder Diagnose des Leistungsstands noch Passung durch alternative Programme sind möglich. Aber: Raum für Individualisierung von unten -auch in einer heterogenen Lerngruppe.
18 (5) Homogenität als Ziel nicht erstrebenswert Kritik an Bildungsstandards als gleiche Anforderungen zu gleichen Zeitpunkten Lernzuwachs statt Vorgabe von Kompetenzniveau ( Karawaneneffekt ) Bedarf der Gesellschaft an Vielfalt Beispiel: AD(H)S Originalität oder Störung? Literatur Grundlage sind die Kap. 26 und 32 in meinem Buch: Brügelmann, H. (2005): Schule verstehen und gestalten Perspektiven der Forschung auf Probleme von Erziehung und Unterricht. Libelle: CH-Lengwil ( fortlaufend aktualisiert unter: ). in einer Vorfassung auch im Netz ( Geißler).
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Je größer der Ausländeranteil in einer Klasse, umso schwieriger der Unterricht. Wirklich? Beitrag von Hans Brügelmann Zur Ringvorlesung Migration Sommersemester 2006 www.agprim/uni-siegen.de/ trusted/sose06/heterog_sose06/start.htm
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