System der deutschen Sprache Phonetik und Phonologie
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- Calvin Martin
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1 System der deutschen Sprache Phonetik und Phonologie Beat Siebenhaar Frank Liedtke ARTIKULATORISCHE PHONETIK Basis! Initiation Bildung des zur Lauterzeugung notwendigen Luftstroms! Suprasegmentalia! Phonation Stimmgebung! Suprasegmentalia! Artikulation Modifikation des Luftstroms zur differenzierenden Lautbildung! Konsonanten! Vokale! (Suprasegmentalia) 2!
2 ARTIKULATORISCHE PHONETIK Initiation! Unter Initiation versteht man in phonetischer Hinsicht die Bildung eines zur Lauterzeugung benötigten Luftstroms.! Üblich ist die Verwendung der verbrauchten Atemluft aus der Lunge (pulmonal-egressiver Luftstrom).! Während dem Sprechen wird die Expirationsphase gegenüber der Inspirationsphase wesentlich verlängert.! Seltener genutzte Luftströme:! Pulmonal-ingressiv! Glottal-egressiv! Glottal-ingressiv! Velar (Schnalzlaute/Clicks) 3! ARTIKULATORISCHE PHONETIK Phonation! Unter Phonation versteht man den Vorgang der kontrollierten Stimmtonerzeugung durch die im Kehlkopf (Larynx) befindlichen Stimmlippen.! Die Primärfunktion des Kehlkopfes ist der Schutz der Luftwege, Hustenreflex. 4!
3 ARTIKULATORISCHE PHONETIK Larynx - Kehlkopf Frontalschnitt Larynx! Epiglottis - Kehldeckel, schließt die Luftröhre beim Schlucken! Falsche Stimmlippen, Taschenfalten! Stimmlippen! Trachea = Luftröhre 5! ARTIKULATORISCHE PHONETIK Stimmlippenstellungen g" 6! (g) Murmelstimme, (h) Knarrstimme! h" Grassegger, Hans ( ). S. 24." Ergänzung: phonologie4.htm"
4 ARTIKULATORISCHE PHONETIK Stimmerzeugung! Stimmerzeugung erfolgt durch regelmäßige, quasi-periodische Öffnung und Schließung der Glottis.! Die Frequenz der Stimmlippenschwingung und damit die wahrnehmbare Tonhöhe ist abhängig von! der natürlichen Länge und Masse der Stimmlippen! der individuell und willkürlich veränderlichen Spannung der Stimmlippen! der Stärke des subglottalen Drucks.! Frequenz der mittleren Sprechstimmlage bei Männern Hz, bei Frauen Hz.! Für stimmlose Laute ist die Glottis offen gestellt, der Luftstrom fließt ungehindert durch die Glottis. 7! ARTIKULATORISCHE PHONETIK Artikulation! Unter Artikulation versteht man den physiologischen Prozess der Produktion von Sprachlauten durch Modifikation des Luftstroms im Ansatzrohr. Als Ansatzrohr wird dabei der gesamte supraglottale Bereich bezeichnet, der sich aus Rachen-, Mund- und Nasenraum zusammensetzt und in welchem die Artikulation im engeren Sinn stattfindet.! Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Konsonanten, bei denen der Luftstrom behindert wird, und Vokalen, die bei freier Strömung den Resonanzraum modifizieren. 8!
5 ARTIKULATORISCHE PHONETIK Artikulatoren und Artikulationsstellen Oberkiefer" Unterkiefer" Lippen" Zunge" Gaumen- segel" Gaumen- zäpfchen" Rachen" Kehlkopf" glottal" pharyngal" uvular" velar" palatal" alveolar" dental" (bi-)labial" 9! Grassegger, Hans ( ): Phonetik Phonologie. Idastein: Schulz-Kirchner Verlag (Basiswissen Therapie). S. 35." ARTIKULATORISCHE PHONETIK Artikulationsarten! Je nach Modifikation des Luftstroms ergeben sich verschiedene Artikulationsarten zwischen vollem Verschluss und ungehindertem Ausströmen.! Plosiv - volständiger Verschluss! Nasal - Verschluss des Mundraums, Öffnung des Nasenraums! Frikativ Enge zwischen Artikulator und Artikulationsstelle ergibt ein Reibegeräusch! Lateral Verschluss der Mittellinie des Mundraums, Luft strömt seitlich der Zunge aus! Vibrant mehrmaliger kurzer Kontakt des Artikulators mit der Artikulationsstelle (einmalig - geschlagene Laute, Tap)! Approximant - Halbvokale, nur leichte Engung! Vokal - supraglottal freies Strömen der Luft 10!
6 ARTIKULATORISCHE PHONETIK Koartikulation! Artikulation ist nicht ein Aneinanderreihen einzelner Laute, sondern ein (ziemlich schnelles) Hinübergleiten von einem Laut zum nächsten, also ein artikulatorisches Kontinuum im zeitlichen Verlauf. 11! ARTIKULATORISCHE PHONETIK Konsonanten
7 ARTIKULATORISCHE PHONETIK Vokaltrapez Bezeichnungen für Deutsch Hochzungenvokale" Mittelzungenvokale" Tiefzungenvokale" gespannt/geschlossen" ungespanntf/offen" gespannt/geschlossen" ungespannt/offen" 13! ARTIKULATORISCHE PHONETIK Schematische Darstellung!"#$%"&'()*+$",-./,$% uvular 14!
8 PHONOLOGIE Grundbegriffe! Die Phonologie beschäftigt sich mit Funktion und Eigenschaft von Sprachlauten als Elementen eines Sprachsystems. Ihr Gegenstand ist die funktionelle Seite der Sprachlaute.! Aufgabe der Phonologie ist es also Sprachlaute unter dem Aspekt ihrer funktionalen Eigenschaft zu analysieren, das Phonemsystem einer Sprache zu erstellen und die Regeln zu ermitteln nach denen dieses System funktioniert.! Phonem ist die Bezeichnung für kleinste aus dem Schallstrom der Rede abstrahierte lautliche Segmente mit potentiell bedeutungsunterscheidender Funktion. Das Phonem ist eine Abstraktion, in der alle Phone mit gleicher distinktiver Funktion zusammengefasst sind. Phoneme werden in Schrägstriche gesetzt /fo'ne:m/. 15! PHONOLOGIE Distinktive Merkmale! Laute können als Bündel von Merkmalen aufgefasst werden.! Phonologische Merkmale sind artikulatorisch begründet.! Zwei Phoneme können gemeinsame und verschiedene Merkmale aufweisen, sie müssen sich aber in mindestens einem (distinktiven) Merkmal unterscheiden.! /p/ und /t/! haben gemeinsam: Plosiv, stimmlos,! sie unterscheiden sich in der Artikulationsstelle: bilabial vs. Alveolar! /p/ und /l/! haben gemeinsam: ø! sie unterscheiden sich in Stimmbeteiligung, Artikulationsart (Plosiv - Lateral), Artikulationsstelle (bilabial - alveolar! Gewisse Laute sind sich ähnlicher als andere. Sie könnnen deshalb in Klassen zusammengefasst werden. 16!
9 PHONOLOGIE Distinktive Merkmale! Merkmalsmatrix als Tabelle sämtlicher Laute (nach Hall 2000)! Oberklassenmerkmale! konsonantisch [±kons]! sonorantisch [±son]! approximantisch [±appr]! Laryngale Merkmale! stimmhaft [±sth]! aspiriert [±asp]! glottalisiert [±glottal]! Merkmale der Artikulationsart! kontinuierlich [±kont]! nasal [±nas]! lateral [±lat]! sibilantisch [±siblil]! Ortsmerkmale 17! PHONOLOGIE Distinktive Merkmale! Ortsmerkmale! LABIAL [LAB]! rund [±rund]! KORONAL [KOR]! anterior [±ant]! apikal [±apik]! DORSAL [DORS]! hinten [±hint]! hoch [±hoch]! tief [±tief]! gespannt [±gesp]! RADIKAL [RAD] 18!
10 PHONOLOGIE Distinktive Merkmale! Als Merkmale werden meist binäre Merkmale gewählt (± hoch; ± tief; ± hinten, ±gerundet, ±Obstruent, ±Sonorant ); Ortsmerkmale werden als privativ beurteilt [LAB], [KOR], [DORS], [RAD].! Zwei Laute unterscheiden sich in mindestens einem unterschiedlichen Merkmalswert.! Für die Einzelsprache wird das System auf die in diesem System relevanten Merkmale reduziert. Redundante Merkmale werden aufgegeben. 19! PHONOLOGIE Merkmalsmatrix des Deutschen 20!
11 PHONOLOGIE Grundbegriffe: phonologische Regel! engl. [le t], [liːf], [fiːɫ], [beɫ]! /l/ [ɫ] / _#! [n çt], [naxt] [ çt], [d ç], [d x], [dax], [manç ], [v lç ], [arç ],[çemi:]?! /ç/ [x] / [uʊoɔa]_ 21! PHONOLOGIE Phonologische Regel: Auslautverhärtung! /bdgvzʒ/ -> [ptkfsʃ]/_#! /bdgvzʒ/ -> [ptkfsʃ]/_$! [-son, +sth] -> [-sth]/_$! [-son] -> [-sth]/ _ $ kleinste Anzahl von Merkmalen, die die Eingabe bilden" Merkmale, die sich verändern" kleinste Anzahl von Merkmalen im linken Kontext (hier leer)" kleinste Anzahl von Merkmalen im rechten Kontext" 22!
12 PHONOLOGIE Phonologische Regel: Bsp. 2! Genf, Senf, Anfang, sinnvoll, Pinwand, Inbegriff, Input! /n/ -> [m]/_[fv]! /n/ -> [m]/_[bp]! [+nas -kont] -> [LAB]/_[LAB]! [+nas] -> [LAB]/ _ [LAB] kleinste Anzahl von Merkmalen, die die Eingabe bilden" 23! Merkmale, die sich verändern" kleinste Anzahl von Merkmalen im linken Kontext (hier leer)" kleinste Anzahl von Merkmalen im rechten Kontext" PHONOLOGIE Auslautverhärtung Neutralisierung! [ra:t] [ra:dəs], [ta:k] [ta:gəs], [di:p] [di:bəs]! Sind damit [d] und [t] Allophone eines Phonems /d/ bzw. /t/?! Oder sind [d] und [t] zwei Phoneme /d/ und /t/?! [d] und [t] sind zwei Phoneme /d/ und /t/! weil der Kontrast wortinitial und wortintern beibehalten wird! weil nur der wortfinale Kontrast aufgehoben wird.! Eine Neutralisierung ist ein Prozess, der den Kontrast zwischen Lauten in einem bestimmten Kontext aufhebt. 24!
13 PHONOLOGIE Phonologische Prozesse! Wörter können sich von ihrer ursprünglichen Form entfernen.! Veränderungen zeigen eine gewissen Regelhaftigkeit! artikulatorisch! sprachhistorisch (als Folge der artikulatorischen Veränderung)! unterschieden werden! Assimilation! Dissimilation! Elision (Tilgung)! Epenthese (Einschub)! Metathese (Umstellung)! Dehnung / Kürzung 25! Phonologie Variation - gebundene Allophone ç, x, ( ) ç" x" 26! sich" Tücher" Gerüche" mechanisch" Rechen" Töchter" leuchten" seicht" manch" Milch" durch" Chemie" -chen" Tuch" Spruch" hoch" doch" brauchen" Fach" nach"
14 Phonologie Variation - gebundene Allophone ç, x, ( ) /ç/ /x/ -> [x] / [u: ʊ oː ɔ aː a aʊ ]_" -> [ç] / [iː ɪ yː ʏː eː øː ɛ ɛː œ œɪ aɪ l r m # +]_" 27! Phonologie Der Status von! Ist ein Phonem des Deutschen?! Minimalpaaranalyse I! ʔaʊ s - haʊ s! ʔas - pas! ʔʊntən - tʊntən! ʔalt - kalt! Minimalpaaranalyse II! ʔaʊ s - aʊ s! ʔas - as! ʔʊntən - ʊntən! ʔalt - alt 28!
15 Phonologie Konsonanten-Systeme des Deutschen Duden 4" Grassegger" Hakkarainen" 29! Hall"
ARTIKULATORISCHE PHONETIK! Einleitung"
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