Zweisprachigkeit in der Familie - Eine Sammlung von Fallstudien
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- Maximilian Dresdner
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1 Pädagogik Andrea Albrecht Zweisprachigkeit in der Familie - Eine Sammlung von Fallstudien Examensarbeit
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3 1. EINLEITUNG ZWEISPRACHIGKEIT EIN ÜBERBLICK Definitionen von Zweisprachigkeit Kategorien der Zweisprachigkeit Simultane vs. sukzessive Zweisprachigkeit Ausgewogene vs. dominante Zweisprachigkeit Additive vs. subtraktive Zweisprachigkeit Sprachverlust Fazit Theorien des Zweitspracherwerbs Hypothese der Kritischen Periode Sensitive Period Eine allumfassendere Betrachtung Fazit Einflüsse der Zweisprachigkeit Zweisprachigkeit und Intelligenz Negative, neutrale und positive Auswirkungen Neuere Untersuchungen Fazit Zweisprachigkeit und Sprachstörungen Sprachverweigerung Sprachmischungen und Interferenz Fazit ZWEISPRACHIGKEIT IN DER FAMILIE Methoden der Zweisprachigkeitserziehung One Person/One Language Familiensprache = Nichtumgebungssprache Situativer Sprachgebrauch/Mixed Languages Fazit
4 3.2 Zentrale Aspekte für den Erfolg der Zweisprachigkeitserziehung in der Familie Erziehungs- und Persönlichkeitsmerkmale der Eltern Ethnische Identität der Eltern Einstellungen zur kindlichen Zweisprachigkeit Nebenaspekte Fazit AUSGEWÄHLTE FALLSTUDIEN Ein gescheiterter Versuch künstlicher zweisprachiger Erziehung Beschreibung Analyse Zweisprachigkeit in einer Immigrantenfamilie Beschreibung Analyse Ein Fall von Mixed Languages Beschreibung Analyse Ein Fall von Verlust der Erstsprache Beschreibung Analyse Ein Fall von One Person/Two Languages Beschreibung Analyse Zusammenfassung SCHLUSS BIBLIOGRAPHIE ANHANG Interviewleitfäden Abbildungsverzeichnis
5 7.3 Excel Tabelle des Statistischen Bundesamtes ERKLÄRUNG
6 1. EINLEITUNG Das Verhältnis des Menschen zu seiner Sprache ist nicht das der vollkommenen Einsprachigkeit, sondern im Gegenteil das der unvollkommenen Mehrsprachigkeit und der mehrsprachigen Unvollkommenheit (Wandruszka 313). Schon damals hat Wandruszka treffend erkannt, dass Zweisprachigkeit eher die Normalität als die Ausnahme darstellt. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung sieht sich in ihrem täglichen Leben mit mindestens zwei Sprachen konfrontiert (vgl. Saunders, Guidance for the Family 1). Drei Faktoren spielen hierbei eine wichtige Rolle: Minderheitensprachen, Mobilität und Migration (vgl. Seupel 7). Vor allem die beiden letztgenannten Aspekte gewinnen durch zunehmende Modernisierung und Globalisierung von Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur immer mehr an Bedeutung. Von 1991 bis 2008 stieg der Anteil an Ehen zwischen einem deutschen Partner und einem nichtdeutschen Partner, im Vergleich zu deutsch-deutschen Ehen, von 9,7% auf 11,0% an 1. Zusätzlich vollzieht sich ein starker Anstieg an Fremdsprachenbedarf in der modernen Berufswelt. Diese beiden Faktoren bieten erstens die Möglichkeit und zweitens den Bedarf einer zweisprachigen Erziehung der Kinder in der Familie, sofern die Voraussetzungen dafür vorhanden sind. Rein schulischer Fremdsprachenunterricht, im Gegensatz zu dem Idealfall einer gelungenen zweisprachigen Erziehung zu Hause durch einen muttersprachlichen Vertreter einer Fremdsprache, führt in den seltensten Fällen zu einer muttersprachlichen Kompetenz in einer Sprache. Trotz aller Vorteile, die eine erfolgreich beendete zweisprachige Erziehung bietet, müssen bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt werden, um einen Erfolg der zweisprachigen Erziehung in der Familie zu gewährleisten. Im Rahmen dieser explorativen Arbeit liegt der Fokus auf der Zweisprachigkeit in der Familie. Zuerst wird in Kapitel 2 ein Überblick über die Zweisprachigkeitsforschung gegeben. Darin werden verschiedene Definitionen für Zweisprachigkeit diskutiert, Kategorien der Zweisprachigkeit erläutert und Theorien des Zweitspracherwerbs dargestellt. Des Weiteren werden Einflüsse der Zweisprachigkeit auf die Intelligenz und 1 Diese Daten stammen aus einer Excel-Tabelle, welche die Autorin auf Anfrage per vom Statistischen Bundesamt erhielt. Die Tabelle ist unter 7.3 im Anhang dieser Arbeit aufgeführt. 5
7 mögliche Sprachstörungen erörtert. In Kapitel 3 erfolgt eine Eingrenzung auf die Zweisprachigkeit in der Familie. Nach einer Abhandlung der verschiedenen Methoden der Zweisprachigkeitserziehung werden zentrale Aspekte einer erfolgreichen zweisprachigen Erziehung diskutiert. Nach dieser Darstellung der theoretischen Grundlagen werden in Kapitel 4 fünf ausgewählte Fallstudien vorgestellt, die auf Interviews der Autorin beruhen 2. Diese fünf Fallstudien werden anschließend in Bezug auf die theoretisch vorgestellten Aspekte und Kriterien von Zweisprachigkeit und einer zweisprachigen Erziehung untersucht und abschließend bewertet. 2 Die Interviewleitfäden sind im Anhang unter 7.1 zu finden. 6
8 2. ZWEISPRACHIGKEIT EIN ÜBERBLICK 2.1 Definitionen von Zweisprachigkeit Die Definition von Zweisprachigkeit scheint auf den ersten Blick leicht: Eine Person, die in der Lage ist zwei Sprachen zu sprechen. Sobald man sich jedoch eingehender mit dem Thema befasst, stellen sich einige Fragen. Welcher Kompetenzgrad muss in den jeweiligen Sprachen erreicht werden, um als zweisprachig zu gelten? Ist eine Person zweisprachig, die eine Sprache zwar sprechen könnte, sie jedoch nie benutzt? Zudem kann man sich die Frage stellen, ob alle Sprachkompetenzbereiche beherrscht werden müssen: Gilt beispielsweise eine Person auch dann als zweisprachig, wenn sie eine Sprache nur verstehen, aber nicht schreiben kann? Aus diesen Fragestellungen lässt sich erkennen, dass eine gemeinsame und von allen akzeptierte Definition von Zweisprachigkeit nicht existieren kann. Vielmehr müssen verschiedene Definitionsansätze in Kombination betrachtet werden, um dem Begriff Zweisprachigkeit gerecht zu werden. Die Definitionen befinden sich zwischen zwei extremen Polen. Die wohl engste Definition stammt von Bloomfield. Er beschreibt Zweisprachigkeit als native-like control of two languages (Bloomfield 55). Demnach gilt ausschließlich eine ausgeglichene, muttersprachliche Kompetenz in beiden Sprachen als Zweisprachigkeit und der Sprecher darf von Muttersprachlern beider Sprachen nicht als non-native erkannt werden. Ein weiterer Vertreter einer strengen Definition ist Blocher. Er erweitert jedoch Bloomfields Definition, die sich ausschließlich auf die Sprachbeherrschung bezieht, um den Aspekt des Sprachgebrauchs: Unter Zweisprachigkeit ist zu verstehen die Zugehörigkeit eines Menschen zu zwei Sprachgemeinschaften in dem Grade, daß [sic] Zweifel darüber bestehen können, zu welcher der beiden Sprachen das Verhältnis enger ist, oder welche als Muttersprache zu bezeichnen ist, oder welche mit größerer Leichtigkeit gehandhabt wird, oder in welcher man denkt (Blocher 17). Ebenso den Gebrauch der Sprachen betonend, definiert Weinreich Zweisprachigkeit als die Praxis, abwechselnd zwei Sprachen zu gebrauchen [ ], die an solcher Praxis beteiligten Personen werden zweisprachig genannt (Weinreich 15; Emphase im Original). Diese Definition stellt allerdings die andere Extremposition der Begriffsklärungsdiskussion dar. Weinreich geht hier von einem pragmatischen Ansatz aus. Für ihn gilt eine Person bereits dann als zweisprachig, wenn sie in ihrem täglichen Leben mehr als eine Sprache gebraucht und erlebt. MacNamara vertritt ebenfalls eine 7
9 sehr weite Definition von Zweisprachigkeit. Seiner Definition zufolge sind Personen, die in geringstem Maße eine Sprache verstehen, lesen, sprechen oder schreiben können, bereits zweisprachig (vgl. MacNamara 82). Beide Extrempositionen sind kritisch zu betrachten. Bei zu enger Definition existiert die Zweisprachigkeit nur rudimentär, bei zu weiter Definition gilt fast die gesamte Weltbevölkerung als zweisprachig. Daher muss ein vernünftiger Mittelweg gefunden werden, denn Sprachkompetenz ist nichts, das einfach gemessen werden kann. Vielmehr besteht sie als relative Fähigkeit aus verschiedenen Facetten (vgl. Fitzpatrick 19) und bedarf daher einer dynamischen Definition, da sie [die Kinder; A.A.] sich in der Phase des Spracherwerbs befinden. Das heißt, beide Sprachen sind per definitionem unfertig und instabil. Anstatt zu fragen, ob Kinder zweisprachig sind, ist es angebrachter zu fragen, wie zweisprachig sie sind (Mahlstedt 19). Somit gibt es zwischen den beiden extremen Polen der Zweisprachigkeit unzählige Grade an positiv zu bewertender Zweisprachigkeitserziehung (vgl. Mahlstedt 20). 2.2 Kategorien der Zweisprachigkeit Die beschriebenen Definitionsschwierigkeiten sind, gemäß Mahlstedts Aussage, auf die Komplexität und Dynamik der Sprache und damit auch der Zweisprachigkeit zurückzuführen. Es gilt also Kriterien zu finden, die als Indikatoren für die Zweisprachigkeit eines Individuums geeignet sind und mit denen gleichzeitig verschiedene Typen der Bilingualität identifiziert werden können (Wilken 42), denn die Zwei- und Mehrsprachigkeit ist ein Phänomen, das sich nur mehrdimensional erfassen lässt (Wilken 43). Dies führt zu verschiedenen Dichotomien, die zur besseren Übersicht zuerst tabellarisch dargestellt werden, um im Anschluss im Einzelnen weiter ausgeführt und erläutert zu werden. simultane simultsimutl Zweisprachigkeit // sukzessive Zweisprachigkeit Lebensalter ausgewogene Zweisprachigkeit // dominante Zweisprachigkeit Kompetenz additive Zweisprachigkeit // subtraktive Zweisprachigkeit gegenseitiger Einfluss Abb. 1 Gegensatzpaare der Zweisprachigkeit 8
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