Über die Alpen mit der Berninabahn

Transkript

1 BAHNoptikum Nr. 4 Über die Alpen mit der Berninabahn Fotos: Hans Rudi Lüthy, E. Suter, Mag. Stefan Schindler, Bernhard Schindler, SVEA-Fotoarchiv Bildtexte: Hans Rudi Lüthy, Mag. Stefan Schindler Plan: Rupert Göd Umschlaggestaltung: Mag. Werner Prokop Layout: Christine Kinsperger Fotobearbeitung: BERNSTEINER Media GmbH Druck: BERNSTEINER Media GmbH, Rautenweg 10, A-1220 Wien Herausgeber und Medieninhaber: 2015 Railway-Media-Group, Währinger Gürtel 128/12, A-1090 Wien Nachdruck und Aufnahmen in digitale Datenverarbeitungssysteme, auch auszugsweise, sind verboten. Jegliche Art der Reproduktion bedarf der schriftlichen Genehmigung durch den Verlag und die Fotogeber. 1. Auflage 2015, ISBN Railway-Media-Group 1

2 BERNINABAHN Baubeginn: Spurweite: Betriebseröffnung: 1000 mm St. Moritz Celerina Celerina Pontresina Pontresina Morteratsch Morteratsch Bernina Suot Bernina Suot Ospizio Bernina Ospizio Bernina Poschiavo Poschiavo Tirano Streckenlänge: Höchste Steigung: 70 60,68 km (3 km in Italien) Stromsystem: 750 V Gleichstrom/Umbau 1935 auf 1000 V Die Berninalinie hat seit der durchgehenden Inbetriebnahme 1910 also schon mehr als 100 Jahre nichts von ihrer Faszination eingebüsst. Im Gegenteil: Dank dem weltbekannten BERNINA-EXPRESS mit seinen roten Panoramawagen und die 2008 erlangte UNESCO-Welterbeauszeichnung, gehört sie heute zu den weltweit bekanntesten Bahnlinien. Erst am Ende des 14. Jahrhunderts begann am Berninapass der Warenverkehr. Beidseits des Passes bildeten sich Fuhrorganisationen, die auf verschiedenen Routen über Jahrzehnte im Einsatz standen. Als die Strasse ausgebaut wurde, plante der international bekannte Alpenstrassen- Architekt und gleichzeitige Bahninitiant Richard La Nicca ( ) 1842 die erste Etappe und 1865 eine durchgehende Strasse nach Campogologno an der Landesgrenze. Zu dieser Zeit wurde auch der Postkutschenverkehr über den Berninapass eröffnet. So kam auch der Gedanke, die lange Kutschenreise durch den Bau einer Berninabahn zu verkürzen. Eine Schienenverbindung sollte die Sommertouristen schneller und bequemer an den Seen-Gletschern und Berggipfeln vorbeiführen hatte der Eisenbahnstrang den italienischen Ort Tirano im Veltlin erreicht. Kurz nach Eröffnung der Albulabahnlinie der RhB 1903 reichte ein Zürchricha-Ingenieur ein konkretes Projekt einer elektrischen Strassenbahn Samaden Pontresina Campocologno Tirano ein. Zur gleichen Zeit war auch das Projekt St. Moritz Pontresina Tirano auf dem Tisch. Auf der Nordseite verlief die Trassierung entlang der Strasse bis Bernina- Hospiz, anschliessend via Alp Grüm nach Cavaglia-Cadera 2

3 nach Poschiavo und dem Kutschenweg folgend nach Tirano. Der Bauentscheid für die Bahn war eng mit der Verwirklichung des Kraftwerkes Campocologno verknüpft, welches die elektrische Energie liefern sollte. Die englische Gesellschaft General Water Power Ltd., als neue Konzessionsinhaberin, scheiterte infolge des Burenkrieges an Finanzproblemen. Erst 1904, nach erneuten Anläufen zur Geldbeschaffung, gelangte der Durchbruch. Dank Energieabnahme von der lombardischen Baumwollindustrie wurde das Kraftwerk Brusio und damit der Bauentscheid für das Kraftwerk und die Berninabahn gefällt. Bei der Bahn selber waren die Eisenbahnbank und Investoren aus Basel am Werk. So konnte am die private Bernina-Bahngesellschaft mit Sitz in Poschiavo gegründet werden. Die Elektrizitätsgesellschaft Alioth Münchenstein besorgte die Planung und Bauausführung mit der Aktien-Gesellschaft Alb. Buss & Cie. Basel. Am war Baubeginn zwischen Pontresina und Morteratsch und zwischen Poschiavo und Miralago. Die Oberbauleitung hatte Dirk Nachemius ( ), ein gebürtiger Holländer, der bis 1911 für Alioth AG gleichzeitig auch Direktor des Kraftwerks Brusio war. Es war vorgesehen, die 60 km lange Strecke in drei Etappen bis 1910 in Betrieb zu nehmen, vorerst am Pass nur während der Sommermonate. Den beiden Ingenieuren W. Siegrist und E. Bosshard gelang es, diesen Plan einzuhalten, obwohl verschiedene Hindernisse mit Brücken und Tunnels bewältigt werden mussten. Auf der Südseite stand ab 1907 eine G 3/3-Tramway-Dampflok ex Birsigtalbahn als Baulok bis 1909 im Einsatz. In der Alp Grüm konnte aus klimatischen Gründen nur während weniger Sommermonate gearbeitet werden. Auf der Südseite mussten verschiedene Tunnels, Galerien und Brücken erstellt werden. Als besonderes Bauwerk ging der Kreisviadukt von Brusio hervor. Nach der Station Brusio (780 m ü.m) warten die Reisenden auf den Höhepunkt der Sehenswürdigkeiten entlang der Bernina-Strecke, den berühmten Kreisviadukt, der erforderlich ist, damit die Bahn das vorgesehene maximale Gefälle von 70 nicht überschreitet. Geologische Gründe sprachen gegen einen vorgesehen Spiraltunnel, sodass man sich für eine 360-Grad-Kurve mit m Radius in offener Bauweise (107 m langer Vidaukt in Steinbauweise) entschied. Die Baukosten, die Anschaffung der Fahrzeuge und Einrichtungen konnten im Rahmen des Voranschlages von 15 Millionen Franken abgerechnet werden. Die Baukosten wurden auch deshalb eingehalten, weil die Gemeinden entlang der Strecke sich finanziell engagiert hatten. Die BERNINABAHN wird als besondere Adhäsions-Schmalspurbahn erwähnt und ist mit dem Bernina-Hospiz (2256 m über dem Meer) die höchstgelegene Bahnstation Europas. Ab Poschiavo-Miralago wird sie sogar als Strassenbahn bezeichnet. Als Unternehmung mit rein touristischem Charakter musste die junge Berninabahn in den ersten Jahren ihres Betriebes ohne jegliche Subventionen der Schweizerischen Bundesregierung und des Kantons Graubünden auskommen. Die offizielle Eröffnungsfeier fand am mit einem grossen Volksfest sowohl im Engadin als auch in Puschlav statt. 3

4

5 ABe 4/4 48 mit Bernina-Express in Pontresina im Februar Foto: H.R. Lüthy 12

6 Eines der wohl bekanntesten Motive entlang der Berninabahn ist der Bogen in der Montebello-Kurve, von wo aus sich ein großartiges Panorama auf den Morteratschgletscher und die Berninakette eröffnet. Am 29. Juli 2010 fährt der Zug mit den Triebwagen ABe 4/4 II 43 und 47 Richtung Tirano. Foto: Stefan Schindler 15

7 Die Xrot Dampfschneeschleuder während der Schneeräumung in Doppeltraktion mit zwei ABe 4/4 der 50er-Serie in Puschlav im März Foto: Sammlung SVEA 20

8 Die ABe 4/4 56 mit roten Waggons und ein Güterwagen am Schluss in Alp Grüm im Winter Personenzug mit Güterwagen auf der Berninabahn ist ein tägliches Bild. Foto: H.R. Lüthy 38

9 RhB Triebwagen Nummer 30 mit zwei grünen zweiachsigen Personenwagen in Alp Grüm im Mai Foto: E. Suter 40

10 Eine Doppeltrakion mit zwei Maschinen der Type ABe 4/4 der 50er Serie auf der Alp Grüm im August Foto: H.R. Lüthy 41

11 Auf dem Viadukt Val Pila die Lokomotive Gem 4/4 801 und der Triebwagen ABe 4/4 47 im Juni Foto: H.R. Lüthy 43

12 Zwischen den beiden Aufnahmen liegen nur wenige Fahrsekunden, als am 20. Juni 2010 die Triebwagen ABe 4/4 I 34 und 30 das bekannteste Bauwerk der Berninabahn passieren. Fotos: Stefan Schindler 55