Vereinsführung in Theorie und Praxis. - Stammtischgespräche - Vereinsstrafen

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1 Vereinsführung in Theorie und Praxis - Stammtischgespräche - Vereinsstrafen

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3 Nimmt man die einschlägige Literatur zu diesem Thema zu Hilfe, dann sieht sie im Gegensatz zu den Entscheidungen der OLG und des BGH die Vereinsstrafe als Vertragsstrafe im Sinne der 339 ff. BGB an, wie dies auch in einigen Urteilen von untergeordneten Gerichten zum Ausdruck kommt. Was bedeutet dies für die Problematik des Vereinsstrafrechts? Nun, wenn es sich um Vertragsstrafen handelte, dann könnte jedes Gericht die verhängte Strafe in der Höhe korrigieren (vgl. 343 BGB). Der BGH schließt mit seiner Ansicht, dass die Vereinsstrafe keine Vertragsstrafe ist und nur der Sicherung der mitgliedschaftlichen Pflichten dient, eine Korrektur grundsätzlich aus. Im Falle einer Klage des Betroffenen hat das Gericht lediglich zu prüfen, ob die Bestimmungen des Vereinsstrafrechts eingehalten und ob eventuell gegen höherstehende gesetzliche Bestimmungen verstoßen wurde. Unbestritten ist jedoch in der Literatur und in der Auffassung der Gerichte die Ansicht, dass die Vereinsstrafe keine Kriminalstrafe ist. Das im Grundgesetz enthaltene Verbot der Doppelbestrafung wirkt sich daher nicht auf Vereinsstrafen aus. Eine Vereinsstrafe bleibt somit auch in den Fällen möglich, in denen ein Vereinsmitglied wegen desselben Vergehens auch (noch) durch staatliche Gerichte eine Strafe zu erwarten hat. Vereinsstrafen können sich nur gegen Vereinsmitglieder richten, also nicht gegen Außenstehende, zukünftige oder ehemalige Vereinsmitglieder. Vereinsmitglieder können sich daher dem Wirken einer Vereinsstrafe dadurch entziehen, dass sie ihre Mitgliedschaft kündigen. Dabei gilt natürlich die Zeit der Kündigungsfrist als Mitgliedschaftszeit, in der das Vereinsstrafrecht noch voll wirksam ist. Angestellte des Vereins und auch Mitglieder der Vereinsorgane, die nicht Vereinsmitglieder sind, unterliegen der Vereinsstrafgewalt nicht. Hier können nur die ordentlichen Gerichte angerufen werden. Will der Verein Ordnungsmaßnahmen für sich nutzen, muss er seine Satzung entsprechend aufbereiten bzw. gestalten. Mit klaren Satzungsregelungen wird sichergestellt, dass sich jedes Vereinsmitglied durch Einsichtnahme in die Satzung darüber informieren kann, mit welchen Sanktionen bei einem bestimmten Verhalten gerechnet werden muss. Regelungsbedürftig ist: was sanktioniert werden soll Bezeichnung der einzelnen Straftatbe- welche Strafe bzw. Ordnungsmaßnahme zu erwarten ist wer ggf. anstelle der Mitgliederversammlung für die Strafverhängung zuständig ist welches Verfahren bei einer Strafentscheidung beachtet werden muss stände Bezeichnung der konkreten Rechtsfolgen, wobei bei Geldbußen ein Strafrahmen ausreichen ist Festlegung des für Vereinsstrafen zuständigen Vereinsorgans Bestimmungen über die wesentlichen Verfahrensgrundsätze Selbstverständlich muss das einzuhaltende Verfahren nicht unbedingt vollständig in der Vereinssatzung festgelegt sein. Es ist ausreichend, wenn in der Satzung ein Ver- 1

4 weis auf eine ergänzende Vereinsordnung enthalten ist. Eine Konkretisierung der Strafe ist in Vereinsordnungen ebenfalls möglich. Strafverschärfungen dürfen dort hingegen nicht zu finden sein. Die Erfahrung im Umgang mit neben der Vereinssatzung bestehenden Vereinsordnungen zeigt aber, dass es für die praktische Arbeit im Verein besser ist, alle Bestimmungen nur in den beiden Vertragswerken Satzung und Pachtvertrag festzulegen und auf die zusätzliche Erstellung von Ordnungen zu verzichten. In welchen Fällen eine Sanktion gegen ein Mitglied möglich ist, kann die Vereinssatzung weitgehend frei bestimmen. Die Satzung kann aber nur künftige Fälle erfassen eine Rückwirkung von Ordnungsmaßnahmen ist nicht zulässig. Auch bei dem ggf. zu sanktionierenden Verhalten ist darauf zu achten, dass stets ein sachlicher Bezug zum Verein besteht. Strafen, die sich nicht auf Fehlverhalten gegen die Vereinsziele, den Vereinszweck oder das Verhalten im Verein beziehen, sind willkürlich und damit unwirksam. Sanktionierbares Fehlverhalten wäre zum Beispiel: Interner Bereich 1. Mitgliedsbeiträge werden nicht oder nicht fristgerecht bezahlt 2. Der Vereinsgemeinschaft entstehen finanzielle Schäden durch das Verhalten Einzelner 3. Ein Vereinsmitglied beleidigt in einer Mitgliederversammlung Mitglieder des Vorstandes 4. Ein Vereinsmitglied hält sich nicht an seine Pflicht, sich anderen Vereinsmitgliedern gegenüber anständig zu verhalten (Störung des Vereinsfriedens) Externer Bereich Ein Vereinsmitglied äußert sich in vereinsschädigender Weise gegenüber Dritten Welche Strafen bzw. Ordnungsmaßnahmen in einem Verein verhängt werden können, bestimmt jeder Verein entsprechend den eigenen Vorstellungen. Der Verein ist bei der Auswahl der Strafmöglichkeiten an keine staatlichen Vorgaben gebunden. Er ist auch nicht gehindert, bei einem Vergehen, mehrere der in der Satzung beschriebenen Sanktionen gleichzeitig zu ergreifen. Beispielsweise könnten folgende Maßnahmen vorgesehen werden: die Ermahnung bzw. Verwarnung eine Geldstrafe der Entzug von Ehrenrechten der befristete Ausschluss von der Benutzung der Vereinsreinrichtungen den Vereinsveranstaltungen der Verlust eines/mehrerer Vereinsämter das Ruhen der Wählbarkeit in Vereinsämter der Entzug des Stimmrechts dauernd oder zeitweise den Ausschluss das Ruhen der Mitgliedschaft Aberkennung besonderer Qualifikationen. 2

5 Neben diesen echten Sanktionen kann in der Vereinssatzung auch eine Regelung hinsichtlich der Verfahrenskosten getroffen werden. Die einzelnen Strafgründe brauchen nicht in der Satzung detailliert dargestellt werden. Eine solche Regelung ist zwar möglich, von ihr sollte jedoch Abstand genommen werden, weil nicht alle Fälle erfasst werden können. Es sollten daher Generalklauseln aufgenommen werden, wie etwa: Verstöße gegen die Satzung Verletzung der Mitgliederpflichten Zuwiderhandlung gegen Vereinsziele vereinsschädigendes Verhalten Verstöße gegen berechtigte Weisungen des Vorstandes. Begrenzt werden die Möglichkeiten des Vereinsstrafrechts natürlich durch höherwertige gesetzliche Bestimmungen und auch durch die Grundregeln der Wahrung der guten Sitten. Auch ist dringend die Wahrung der Verhältnismäßigkeit von Fehlverhalten und Strafmaß zu beachten also in der Strafordnung nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen. Generell unzulässige Strafen wären: Freiheitsstrafen jeder Art, jedoch nicht Sonderdienste für den Verein Züchtigungsstrafen diskriminierende Strafen wie etwa Aushang am schwarzen Brett Mitteilung des Verstoßes in der lokalen Presse oder im Vereinsblatt mit Namensnennung. Neben den Grundregeln der Verhältnismäßigkeit der Mittel ist auch zwingend der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitglieder zu beachten. Außerdem ist in jedem Fall vor Verhängung einer Strafe ein Anhörungsverfahren durchzuführen. Werden die vorgenannten Regeln nicht beachtet, dann kann das zuständige ordentliche Gericht die verhängte Strafe aussetzen, ohne eine Prüfung des Tatbestandes vornehmen zu müssen. Ziel einer jeden Vereinsstrafe muss sein, dass das zu bestrafende Mitglied unter Beachtung aller seiner Rechte nur dann in angemessener Form bestraft wird, wenn es der Gemeinschaft in unzumutbarer Weise Schaden zugefügt hat. 3