Blockflöten für Anfänger ein Ratgeber für Eltern und angehende Amateure

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1 Lucia Mense Blockflöten für Anfänger ein Ratgeber für Eltern und angehende Amateure Seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts erfreut sich das Spiel auf der Blockflöte wachsender Beliebtheit und konnte durch das Wirken einiger professioneller SpielerInnen in den 70er und 80er Jahren einen zwischenzeitlichen Boom erleben. Neben dem anhaltenden Interesse unter erwachsenen Amateuren und professionellen MusikerInnen, gilt es zu Recht als geeignetes Anfängerinstrument für Kinder: Hier trifft eben nicht die Devise zu aller Anfang ist schwer, sondern im Gegensatz zu anderen Instrumenten erreicht man relativ schnell passable musikalische Ergebnisse. Die grundlegenden Erfordernisse für das Musizieren auf jeglichem Instrument wie Kenntnis der Notenschrift, Rhythmusgefühl, Motorik der Finger, Kreativität, Intonationsicherheit, Ensemblespiel können gezielt gefördert werden. Ich will nicht verschweigen, dass sich die Schwierigkeiten des Blockflötenspiels dem fortgeschrittenen Spieler bald offenbaren, aber das auszuführen würde an dieser Stelle zu weit führen. Der anhaltenden Nachfrage steht ein großes Angebot von Seiten des Handels gegenüber: Schulblockflöten aus Plastik, mit Plastikkopf und Holzkörper oder komplett aus Holz mit deutscher oder barocker Griffweise Instrumente aller Größen für Fortgeschrittene mit und ohne Klappen, Nachbauten originaler Instrumente aus Barock und Renaissance, moderne Modelle. Der Kunde hat nun die Qual der Wahl. Daher stellt sich die Frage: Worauf muss man beim Kauf achten? Die Familie der Blockflöten - womit fängt man an? Die verschiedenen Größen der Blockflötenfamilie werden wie bei den Chorstimmen Sopran, Alt, Tenor und Bass genannt. Tiefere Instrumente als die Bassflöte sind Großbass und Subbass, höhere als die Sopranflöte heißen Sopranino und Garkleinflöte. Eine andere gebräuchliche Namensgebung ist, die Instrumente nach ihrem tiefsten Ton zu benennen: So gibt es C- und F- Blockflöten. Garkleinflöte Sopranino In F Sopran Alt In F Tenor Bass In F Großbass Subbass In F

2 Darüber hinaus existieren Blockflöten in G, B und D, die aber ausschließlich von professionellen MusikerInnen und interessierten Laien gespielt werden. Für Kinder ist die Sopranblockflöte wegen ihrer Größe das geeignete Instrument für den Einstieg. Erwachsene oder Kinder ab ca. 10 Jahren können auch mit der Altblockflöte beginnen. Wer die gesamte Blockflötenfamilie kennen lernen möchte, um das Solorepertoire für Blockflöte zu spielen oder in Ensembles zu musizieren, sollte nacheinander Sopran- und Altblockflöte erlernen. Denn wer Sopranflöte spielen kann, kann, bei entsprechender Größe der Hand, auch alle anderen C-Blockflöten spielen (Garkleinflöte, Tenor, Großbass). Durch die Altblockflöte erlernt man die Griffe der F-Blockflöten. Sopran und Alt sind auch die Größen, für die die meiste Sololiteratur existiert. Was ist eine Schulblockflöte? Das Modell der Schulblockflöte ist ein Instrument mit für den Anfängerbereich guter Klangqualität zu einem niedrigen Preis. Da es vor allem für Kinder gedacht ist, wird Material verwendet, das beansprucht werden kann. Auf gute, kindgerechte Griffigkeit wird besonders geachtet. Wegen der vereinfachten Bauweise kann es maschinell hergestellt werden. Die Schulblockflöte wird von allen führenden Blockflötenfirmen in Deutschland angeboten. Die Vorbilder in Bauweise und Klangideal sind überlieferte Instrumente aus der Zeit der Renaissance und des Barock, die heute noch in Museen und privaten Sammlungen zu finden sind. Die Anfänge der Schulblockflöte liegen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Vorausgegangen war Ende des 19. Jahrhunderts ein gesteigertes Interesse an historischen Instrumenten aus Renaissance und Barockzeit durch den Wunsch, Musik auf den Instrumenten zu spielen, für die sie geschrieben wurde. In England bauten Pioniere wie Arnold und Carl Dolmetsch oder später Edgar Hunt die ersten Blockflöten nach Kopien von noch erhaltenen Instrumenten des 18. Jahrhunderts. Sie waren die ersten, die nach erhaltener Literatur aus der Barockzeit forschten, die Blockflöte in Konzerten einsetzten und Festivals für Alte Musik initiierten. Eines dieser Festivals (in Haslemere/England) wurde in den 20er Jahren vom deutschen Instrumentenbauer Peter Harlan besucht, der die Qualitäten der Blockflöte für das Laien-Musizieren erkannte. Er baute die ersten Instrumente in guter Qualität zu einem niedrigen Preis in Deutschland. Parallel dazu förderte die damalige Jugendbewegung die Musikausübung zu Hause und unter Jugendlichen, wodurch die Blockflöte zu einem populären Instrument wurde. Der erste öffentliche Einsatz eines Blockflöten-Ensembles in Deutschland fand 1928 in Essen- Ruhr während eines Theaterstücks statt folgten die Plöner Musiktage: Hindemith schrieb die Musik für jugendliche Teilnehmer, u. a. ein Trio für Blockflöten. Auch bei den Eröffnungsfeierlichkeiten der 11. Olympischen Spiele in Berlin waren im Jugendorchester bei der Aufführung einer Komposition von Carl Orff neben Perkussionsinstrumenten Blockflöten beteiligt. In den 30er Jahren erschienen die ersten Blockflötenschulen und Fachzeitschriften für Alte Musik in England und Deutschland. Instrumentenbaufirmen und Notenverlage erweiterten ihr Programm um die Blockflöte und ihr Repertoire (Peters, Breitkopf & Härtel, Mollenhauer, Schott) oder wuchsen durch sie (Nagel, Moeck, Bärenreiter). Die in den 30er Jahren angebotenen Schulblockflöten kosteten im Durchschnitt fünf Mark. Kopien von Instrumenten aus Renaissance und Barock für Fortgeschrittene Viele der in Museen, Antiquariaten und privaten Sammlungen erhaltenen Instrumente wurden im 20. Jahrhundert von Instrumentenbauern vermessen. Die daraufhin entwickelten Kopien sind Versuche, die Originale so getreu wie möglich nachzubauen. Andere Modelle entstanden in Anlehnung an die Vorlagen oder auf Grund von Bildern und historischen Beschreibungen. Das Ziel ist immer das Erreichen einer möglichst authentischen Tonqualität.

3 Ich möchte eine kurze Übersicht geben über die im Handel angebotenen Nachbauten: Modell Kynsecker: Hieronimus F. Kynsecker lebte von in Nürnberg. Im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg sind Instrumente dieses Typus zu finden. Die Nachbauten sind für die Interpretation der Musik des Frühbarock gedacht. Für Barockmusik geeignete Instrumente sind: a) Modell Rottenburg: Die Familie Rottenburg, unter ihnen Musiker, Komponisten und Bauer von Holzblas- und Streichinstrumenten, stammt aus Salzburg. Ein Instrument von Johannes H. Rottenburg ( ) liegt im Museum Preußischer Kulturbesitz in Berlin. Die Nachbauten sind vielfältig einsetzbar und sprechen in allen Lagen sehr gut an. b) Modell Denner: Johann Chr. Denner, geboren 1655 in Leipzig, hatte seine Werkstatt zum Bau von Holzblasinstrumenten in Nürnberg. Seine Instrumente hatten eine enge, konische Bohrung. Sein Sohn Jakob ist ein Zeitgenosse Telemanns. Von ihm ist ein Instrument im Musikhistorisk Museum in Kopenhagen überliefert. Die Denner-Kopien zeichnen sich besonders aus durch eine sichere, schnelle Ansprache in der obersten Lage und einen kräftigen, obertonreichen, brillanten Klang. c) Modell Stanesby: Thomas Stanesby wurde 1668 in Derbyshire geboren. Seine Werkstatt in London wurde 1734 von seinem Sohn übernommen. Es sind ca. zehn Blockflöten überliefert, einige davon befinden sich in der privaten Sammlung von Frans Bruggen. Ihre besonderen Eigenschaften liegen in einem vollen, runden und warmen Klang, mit gleichzeitiger leichter Ansprache. Weitere Modelle, wie z. B. nach Rafi, Ganassi, Rippert, Bressan, werden von Instrumentenbauern in Einzelanfertigung hergestellt und sind individuell über ihre Werkstätten zu beziehen. Ebenso verhält es sich mit für die Musik des Mittelalters geeigneten Blockflöten. 4. Das Material Das Modell der Schulblockflöte wird in folgenden Materialien angeboten: a) aus Holz: Oft wird Ahorn oder Birne verwendet. Beide Hölzer sind elastisch, langfaserig und rissunempfindlich. Es sind mittelharte, mäßig dichte Hölzer mit einem offenen Klang. Da diese Hölzer strapazierfähig sind, aber trotzdem einen guten Klang haben und am ehesten den Eindruck eines richtigen Instruments vermitteln, sind sie für Kinder im Anfängerbereich sehr gut geeignet. b) Plastik: Dieses Material wurde zuerst aus Holzknappheit im 2. Weltkrieg verwendet, hat sich aber bewährt, da die Herstellung billiger ist als die Bearbeitung von Holz. Die klangliche Qualität ist nicht auf demselben Niveau wie die der Holzinstrumente. Aber Qualität hat ihren Preis. Vergleicht man daher Plastik- und Holzblockflöten in derselben Preiskategorie, so schneiden oft die Plastikflöten besser ab. c) Plastikkopf mit Holzkörper: Gerade der Kopf der Blockflöte und besonders das Mundstück sind der empfindlichste Teil des Instruments. Deshalb kann es bei kleinen Kindern sinnvoll sein, diese Version zu wählen, bis sie das Bewusstsein für eine sensible Behandlung des Instruments entwickelt haben. Bei Instrumenten für Fortgeschrittene werden vor allem folgende Hölzer verwendet: a) Ahorn: meistens aus Österreich oder Kanada, gelblich oder beige, mittelhart und mäßig dicht, elastisch und rissunempfindlich, offener Klang. b) europäischer Buchsbaum: das bevorzugte Material im Barock, eines der dichtesten und feinsten Hölzer, warmer und auch brillanter Klang. c) Palisander: für den Instrumentenbau geeignete Arten sind Honduras-, Rio- oder Madagaskar-Palisander, weich und offenporig, beständig gegen Feuchtigkeit, gedeckter und brillanter Klang.

4 d) Ebenholz: meist aus Indien, schwarz, schwerer als Wasser, wenig elastisch und rissanfällig, nicht so hart wie Grenadill, kräftiger und dominanter Klang. e) Grenadill: aus Afrika, härtestes Holz, dass auch für den Klarinetten- und Oboenbau verwendet wird, sehr dicht, fest und elastisch. Der Klang ist markant, kräftig, oft hart. Gutes Anwärmen ist äußerst wichtig, sonst aber kaum pflegeaufwändig. Die Verarbeitung Eine Blockflöte besteht aus einem Kopfstück, dem Mittelstück und meistens zusätzlich einem Fußstück. Das Wichtigste am Bau dieses Instruments ist der Block und seine Einpassung in das Kopfstück. Denn hier, am Mundstück, entsteht der Klang der Blockflöte. Während zum Beispiel bei der Querflöte ein guter Ansatz des Spielers wichtig ist, werden hier durch millimetergenaue Bearbeitung des Blocks und des Kopfstücks die gewünschten Klangeigenschaften erzielt. Der Block, der dem Instrument den Namen gibt, ist ein rundes Stück Holz, meistens aus Zedernholz. Seine obere Seite, die Blockbahn, wird vom Instrumentenbauer oder von computergesteuerten Maschinen akribisch gefeilt. Hierin liegt die eigentliche Kunst der Erzeugung eines schönen Blockflötenklangs. Achten Sie daher besonders bei diesem Teil auf eine saubere Verarbeitung. Der Block sollte gerade ins Mundstück eingepasst sein. Einige Modelle werden alternativ zwei- oder dreiteilig angeboten. Auf den Klang hat dies kaum Einfluss. Bei dreiteiligen Instrumenten kann man das Fußstück verstellen, sodass man für den kleinen Finger der rechten Hand eine bequemere Lage des untersten Lochs findet. Man kann auf diese Weise auch die tiefen Töne noch etwas genauer stimmen. Das Modell Schulblockflöte wird meines Wissens nur zweiteilig angeboten. Deutsche oder barocke Griffweise Das Entstehen der deutschen Griffweise beruht auf einem Missverständnis: Wie oben erwähnt war es der deutsche Instrumentenbauer Peter Harlan, der in England die ersten modernen Blockflöten kennen lernte und sie für den deutschen Markt nachbaute. Leider hatte er sich in England nicht die Zeit genommen, sich nach den richtigen Griffen zu erkundigen. Er verwendete die Griffweise der Tin-Whistles, bei der im ersten Register die Töne tiefer werden, wenn man in Folge jeweils ein Loch mehr abdeckt. Dass dadurch beim C-Instrument das F unrein klang, führte er auf eine Intonationsunsicherheit der englischen Flötenbauer zurück und korrigierte den Fehler. Die dadurch vereinfachte Griffweise wurde später von englischen Blockflötisten mit deutlichem Missfallen als deutsch bezeichnet. Dieses Missfallen ist gut nachzuvollziehen: Die deutsche Griffweise mag zwar leichter zu greifen sein, sie hat aber nicht vertretbare Mängel in der Intonation, die schon bei den ersten Vorzeichen zu hören sind. Deshalb ist unbedingt die barocke oder auch englische Griffweise zu bevorzugen. Sie ist abgeleitet von überlieferten Grifftabellen aus Instrumentalschulen des 18. Jahrhunderts. Stimmtonhöhe Als Stimmton bezeichnet man im Allgemeinen einen durch eine festgelegte Frequenz definierten Ton, nach dem Instrumente gestimmt werden. Seit dem Jahr 1939 gilt die allgemeine Regelung, dass Instrumente in a=440 Herz gestimmt sind. Dieser Wert hat sich inzwischen in der Praxis nach oben verschoben. Einige Orchester haben den Stimmton inzwischen bei a=450 Hz. Leider bieten einige Instrumentenbaufirmen immer noch Blockflöten mit dem Stimmton a=440 Hz an. Das führt zu offensichtlichen Problemen, sobald man mit anderen Instrumenten, z. B. dem Kla-

5 vier, zusammenspielen möchte, was an Musikschulen und im Amateurbereich gang und gäbe ist. Diese sind meist auf a=442 oder 443 Hz gestimmt, also höher als manche Blockflöten. Man kann aber den Stimmton der Blockflöten nicht spontan erhöhen, sondern nur tiefer werden lassen. Achten Sie daher unbedingt beim Kauf darauf, dass das Instrument einen Stimmton von mindestens a=442 Hz hat. Da der Stimmton in der Barockzeit tiefer war, werden im Handel auch Instrumente mit dem Stimmton a=415 Hz angeboten. Im Barock war der Stimmton nicht normiert, sondern variierte je nach Land oder sogar Ort. Gebräuchlichste Stimmtöne waren a=415, 410, 406 oder 392 Hz. Instrumente mit den drei letztgenannten Werten sind nur beim Flötenbauer in Spezialanfertigung erhältlich. Kopien von Instrumenten aus der Renaissance werden auch in a=466 Hz angeboten. Weitere Informationen: European Recorder Teachers Association (ERTA)