1. Definition der trigonometrischen Funktionen für beliebige Winkel
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- Gerburg Dresdner
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1 1 Trigonometrie 2 1. Definition der trigonometrischen Funktionen für beliebige Winkel In einem Kreis mit Mittelpunkt M(0,0) und Radius r ist der zunächst spitze Winkel α gezeichnet. α legt auf dem Kreis eindeutig einen Punkt mit den Koordinaten (x,y) fest. Problem: Wie lassen sich die kartesischen Koordinaten (x,y) eines Punktes aus den Polarkoordinaten (r,α) ohne Fallunterscheidung berechnen? Bisher gilt nur im 1. Quadranten: x = r cos α bzw. y = r sin α Damit ergibt sich folgende Erweiterung der Definition für beliebige Winkel Def. y sin α = r x cosα = r y tan α = x α 90 + k 180 x cot α = y α k 180 k Z Die trigonometrischen Funktionswerte können gemäss der neuen Definition näherungsweise folgendermassen bestimmt werden: Man trägt in einem Kreis mit Mittelpunkt M(0,0) und Radius r den Winkel α ab und liest die Koordinaten des zugehörigen Kreispunkts aus der Skizze ab. Aus den betreffenden Verhältnissen von x, y, r können dann die Funktionswerte bestimmt werden. Beispiele: a) r = 5, α = 53 : Skizze: x 3.1, y sin , cos , tan , cot b) r = 5, α = 250 : Skizze: x -1.7, y -4.7 sin , cos , tan , cot
2 2 Wählt man den Kreisradius insbesondere 1, so lässt sich sagen: Der Sinus eines Winkels ist gerade gleich der y-koordinate des zugehörigen Punktes im Einheitskreis, der Cosinus gleich der x-koordinate. Die Definition hängt nur vom Winkel, jedoch nicht vom Radius des gewählten Kreises ab (ähnliche Dreiecke!). Als Konsequenz der Definition ergibt sich, dass die trigonometrischen Funktionswerte auch negativ sein können. Die bereits bekannten Grundbeziehungen zwischen den trigonometrischen Funktionen bleiben richtig: 2 2 sin α + cos α = 1 sinα cosα tanα = cotα = cosα sinα tanα cotα = 1 (1) (2) (3)
3 3 2. Der Graph der Sinusfunktion Aus der Definition der Sinusfunktion ergeben sich die nachstehenden Folgerungen, die sich auch aus dem Graphen der Sinusfunktion herauslesen lassen: 1. Periodizität: Der Sinuswert ändert sich nicht, wenn man zum Winkel ein ganzzahliges Vielfaches von 360 (2π) addiert d.h. sin(α + k 360 ) = sinα (die y-koordinate des Punktes ändert sich nicht). Der Graph geht bei Verschiebung um 2π (360 ) in x-richtung in sich über. 2. Vorzeichen: Das Vorzeichen ergibt sich aus der Definition entsprechend der Lage des Punktes P in den vier Quadranten. Der Sinus ist im 1. und 2. Quadranten positiv, im 3. und 4. Quadranten negativ (das Vorzeichen der y-koordinate ist negativ). 3. Quadrantenrelationen: Spiegelt man den Punkt P(x,y) zunächst an der y-achse, der x-achse und wieder an der y-achse so erhält man schrittweise die Punkte im Bogenmass P(-x,y) Zentriwinkel: α sin(180 - α) = sinα sin(π - x) = sin x P(-x,-y) α sin(180 + α) = - sinα sin(π + x) = - sin x P(x,-y) α sin(360 - α) = - sinα sin(2π - x) = - sin x d.h. die Sinuswerte stimmen vom Vorzeichen abgesehen (dem Betrage nach) an den Stellen α, α, α, α und -α überein bzw. im Bogenmass an den Stellen x, π - x, π + x 2π - x und x. 4. Symmetrie: Da sin (-α) = - sin α ist die Sinuskurve zentralsymmetrisch zum Nullpunkt.
4 4 Mit dieser erweiterten Definition entsprechen einem gegebenen Sinuswert unendlich viele Winkel. Beschränkt man sich auf das Intervall [- π /2, π /2] dann hat die Gleichung y = sin x für y [-1,1] genau eine Lösung x. Die zugehörige Funktion heisst Arcussinus und wird mit arcsin bezeichnet: y = arcsin (x) ist gleichbedeutend mit sin y = x d.h. y ist der Bogen (arcus), dessen Sinuswert x ist z.b. y = arcsin(1) = π /2 denn sin ( π /2) = 1 Funktion: Sinus [- π /2, π /2] [-1,1] Umkehrfunktion: Arcussinus [-1,1] [- π /2, π /2] Es wird empfohlen, ausschliesslich positive Sinuswerte bei der Arcussin-Funktion einzugeben (die Bestimmung der übrigen Winkel wird vereinfacht). B: geg. sin α = 0.8 ges. alle Winkel mit 0 < α < 360. Der Sinus ist im 1. und 2. Quadranten positiv. Mit dem TR ergibt sich die Lösungen α1 = arcsin(0.8) = 53.1 und damit α2 = α1 = bzw. im Bogenmass x1 = 0.93 und x2 = π - x1 = 2.21 Weitere Lösungen ergeben sich daraus, indem man ein ganzzahliges Vielfaches von 360 bzw. von 2π addiert. B: sin α = -0.4 (1) Löse zunächst sin α = 0.4 Lösung α = arcsin(0.4) 23.6 Lösungen von (1): α1 = = und α2 = = Übungsaufgabe: sin α = 0.8 Lösungen: α1 = 0.64 rad bzw α2 = π rad bzw
5 5 3. Der Graph der Cosinusfunktion Der Graph der Cosinusfunktion ergibt sich entsprechend zu dem des Sinus, wobei der Cosinus eines Winkels die x-koordinate im Einheitskreis ist. Aus der Definition der Definition ergibt sich: 1. Periodizität: Der Cosinus ist periodisch, mit der Periode 360 (2π). 2. Vorzeichen: Der Cosinus ist im 1. und 4. Quadranten positiv, im 2. und 3. Quadranten negativ (entsprechend dem Vorzeichen der x-koordinate des Punktes auf dem Einheitskreis). 3. Quadrantenrelationen: cos (180 - α) = - cos α cos (180 + α) = - cos α cos (360 - α) = cos α 4. Symmetrie: Wegen cos ( - α) = cos α ist die Cosinuskurve axialsymmetrisch zur y-achse. d.h. der Cosinuswert ändert sich nicht, wenn man das Vorzeichen des Winkels ändert (d.h. die Drehrichtung wechselt). Beschränkt man sich in diesem Fall auf das Intervall [0, π], so entspricht einem gegebenen Cosinuswert genau ein Winkel. Die zugehörige Funktion heisst Arcuscosinus und wird mit arccos abgekürzt. y = arccos (x) ist gleichbedeutend mit cos y = x d.h. y ist der Bogen (arcus), dessen Cosinuswert x ist z.b. y = arccos(-1) = π denn cos π = -1 Funktion: Cosinus [0,π] [-1,1] Umkehrfunktion: Arcuscosinus [-1,1] [0,π]
6 6 Es wird empfohlen, ausschliesslich positive Cosinuswerte bei der Arcuscosinus-Funktion einzugeben (die Bestimmung der übrigen Winkel wird vereinfacht). B: geg. cos α = 0.65 ges. alle Winkel mit 0 < α < 360. Der Cosinus ist im 1. und 4. Quadranten positiv. Mit dem TR ergibt sich α1 = arccos(0.65) = 49.3 und damit α2 = α1 = Weitere Lösungen ergeben sich daraus, indem man ein ganzzahliges Vielfaches von 360 addiert. cos α = -0.3 (1) Löse zunächst cos α = 0.3 Lösung: α = arccos(0.3) 72.5 Der Cosinus ist im 2. und 3. Quadranten negativ. Lösungen von (1) α1 = = und α2 = = Aufgabe: Bestimme alle Lösungen α der Gleichung cos (2 α -30 ) = mit 0 < α <360 2 α -30 = k 360 α = 75 + k α -30 = k 360 α = k 180 L = {75, 135, 255, 315 } Multipliziert man diese Lösungen mit dem Umrechnungsfaktor entsprechenden Lösungen im Bogenmass L = {1.31, 4.45, 2.36, 5.50} π 180 dann erhält man die Übungsaufgabe: sin(3x + 60 ) = -0.5 Lösungen: 50, 90, 170, 210, 290, 330 Aufgabe: cos(1.5x) = sin 312 (Aufnahmeprüfung an die ETH) sin 312 = - sin 48 = sin (-48 ) = cos ( ) = cos 138 = cos 222 3x = k 720 oder 3x = k 720 x = 92 + k 240 oder x = k 240 L = {92, 148, 332 }
7 7 Übungsaufgabe für Fortgeschrittene (*) Suche alle Punkte P(x,y), für die gilt sin ( x + y ) > 0.
8 8 4. Der Graph der Tangens- bzw. Cotangensfunktion Aus der Definition ergibt sich: 1. Periodizität: Tangens und Cotangens sind periodisch sogar mit der Periode 180 (π). 2. Vorzeichen: Tangens und Cotangens sind im 1. und 3. Quadranten positiv, im 2. und 4. Quadranten negativ. 3. Quadrantenrelationen: tan (180 - α) = - tan α tan (180 + α) = - tan α tan (360 - α) = - tan α cot (180 - α) = - cot α cot (180 + α) = - cot α cot (360 - α) = - cot α 4. Symmetrie: Tangens und Cotangenskurve sind punktsymmetrisch zum Ursprung. Wegen der Periodizität gehen sie bei einer Translation um 180 (π) in x-richtung in sich über.
9 9 Beschränkt man sich in diesem Fall auf das Intervall [- π /2, π /2] so entspricht einem gegebenen Tangenswert genau ein Winkel. Die zugehörige Funktion heisst Arcustangens und wird mit arctan abgekürzt. y = arctan (x) ist gleichbedeutend mit tan y = x d.h. y ist der Bogen (arcus), dessen Tangenswert x ist z.b. y = arctan(-1) = 3π /4 denn tan 3π /4 = -1 Funktion: Tangens [- π /2, π /2] [-, ] Umkehrfunktion: Arcustan [-, ] [- π /2, π /2] geg. tan α = 1.33 (vgl. die Abbildung) ges. alle Winkel mit 0 < α < 360. Mit dem TR ergibt sich α1 = arctan(1.33) = 53.1 und damit α2 = α1 = cot α = -2 (1) Der Cotangens ist der Kehrwert des Tangens. (1) ist also gleichbedeutend mit tan α = -0.5 (2) Die Lösung der Gleichung tan α = 0.5 ergibt sich mit dem TR zu α = arctan(0.5) = 26.6 Damit erhält man die Lösungen von (2) bzw. (1) zu α1 = = und α2 = α = Zusammenfassung Die trigonometrischen Funktionen sind periodisch mit der Periode 360 (2π), Tangens und Cotangens mit der Periode 180 (π). Die Funktionswerte stimmen vom Vorzeichen abgesehen an den Stellen α, α, α, α und - α überein. Das Vorzeichen richtet sich nach dem Vorzeichen der x- und y-koordinate. Die Graphen der Sinus-, Tangens- und Cotangensfunktion sind zentralsymmetrisch zum Ursprung, jene der Cosinusfunktion axialsymmetrisch zur y-achse. Der Cosinus ist also eine gerade Funktion, Sinus, Tangens und Cotangens sind dagegen ungerade Funktionen d.h. sin (-α) = - sin α cos (-α) = cos α tan (-α) = - tan α cot (-α) = - cot α
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