Die Aufgaben der Jugendhilfe bei den Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz
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1 Landtag Nordrhein-Westfalen 14. Wahlperiode Information 14/444 alle Abg. Die Aufgaben der Jugendhilfe bei den Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz Bearbeitung: Sabine Hibben, Ines Heimermann Datum:
2 Mit dieser Ausarbeitung wurde der Parlamentarische Beratungs- und Gutachterdienst durch Frau Dr. Ruth Seidl MdL, Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, beauftragt. Die Gutachten des Parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdienstes des Landtags Nordrhein-Westfalen sind urheberrechtlich geschützt. Die weitere Verarbeitung, Verbreitung oder Veröffentlichung - auch auszugsweise - ist nur unter Angabe der Quelle zulässig. Jede Form der kommerziellen Nutzung ist untersagt.
3 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis A. AUFTRAG 4 B. EINLEITUNG 4 C. GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG UND ORGANISATION DER JUGENDGERICHTSHILFE 6 1. Geschichtliche Entwicklung 6 2. Organisation der Jugendgerichtshilfe 9 D. RECHTE UND PFLICHTEN DES VERTRETERS DER JUGENDGERICHTSHILFE IN DEN VERFAHREN NACH DEM JUGENDGERICHTSGESETZ Aufgaben der Jugendgerichtshilfe im Jugendgerichtsverfahren 10 a) Ermittlungsfunktion 11 b) Überwachungsfunktion 14 c) Hilfefunktion 15 d) Zeitpunkt der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe 16 e) Erstellung des Ermittlungsberichts Rechtsstellung und Tätigkeit des Vertreters der Jugendgerichtshilfe in der Hauptverhandlung Grenzen der rechtlichen Befugnisse des Vertreters der Jugendgerichtshilfe 22 E. ERGEBNIS 24 F. LITERATURVERZEICHNIS 26 3
4 A. Auftrag A. Auftrag Der Parlamentarische Beratungs- und Gutachterdienst wurde gebeten, eine Skizzierung der Aufgaben von Jugendhilfe im Bereich der Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz vorzunehmen. Insbesondere sollten die Berührungspunkte zum Jugendgerichtsverfahren sowie die Grenzen der Jugendhilfe aufgezeigt werden. Nachfolgend wird nach einer kurzen Einleitung (B) zunächst ein Überblick über die geschichtliche Entwicklung und Organisation der Jugendhilfe im gerichtlichen Verfahren (C) gegeben, um anschließend die Rechte und Pflichten, aber auch die Grenzen der rechtlichen Befugnisse der Vertreter der Jugendgerichtshilfe (D) darzustellen. Die Begutachtung schließt mit einem Ergebnis (E). Der Ausarbeitung ist ein Literaturverzeichnis beigefügt (F). B. Einleitung Das Recht der Kinder- und Jugendhilfe ist im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) geregelt. Nach 2 SGB VIII umfasst die Jugendhilfe im Allgemeinen Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien, zu denen insbesondere Beratungs- und sonstige Hilfsangebote zählen. Beispielhaft sind hier Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege, Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes sowie Hilfeleistungen zur 4
5 B. Einleitung Erziehung in der Familie zu nennen. Diese Aufgaben sind keine echten Sozialleistungen im engeren Sinne, sondern befassen sich mit Fürsorge-, Schutz- und Überwachungsfunktionen und haben ihre Wurzel zu einem großen Teil im staatlichen Wächteramt 1. Eine weitere Aufgabe der Jugendhilfe besteht in der Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG), vgl. 2 Abs. 2 Nr. 8, 52 SGB VIII. Dieses Gesetz findet auf Strafverfahren Anwendung, in denen es um die Verfehlungen von Jugendlichen (wer zur Tatzeit bereits 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist) sowie Heranwachsenden (wer zur Tatzeit bereits 18, aber noch nicht 21 Jahre alt ist) geht. Für Heranwachsende gelten bestimmte Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes entsprechend, wenn die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters ergibt, dass er zu der Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleich stand, oder es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt. Die Mitwirkung der Jugendhilfe in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz wird als Jugendgerichtshilfe bezeichnet. Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe sollen die erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte im Verfahren vor den Jugendgerichten zur Geltung bringen ( 38 Abs. 2 Satz 1 JGG). Ziel ist, im jugendgerichtlichen Verfahren die richtige, 1 Schellhorn, Jugendhilferecht, S. 32 5
6 C. Geschichtliche Entwicklung und Organisation der Jugendgerichtshilfe sich an der Persönlichkeit des Jugendlichen oder jungen Volljährigen orientierende Entscheidung zu finden. 2 Die Jugendgerichtshilfe steht dabei im Schnittpunkt von Jugendstrafjustiz und Jugendhilfe. Dies kann zu Rollenkonflikten führen, da der Jugendgerichtshilfe Aufgaben zugewiesen worden sind, die einerseits in Hilfeleistungen für das Gericht, z. B. durch Ermittlungsarbeit, andererseits in Hilfeleistungen für den Jugendlichen, z. B. durch Beratung, bestehen. 3 Im nachfolgenden Gutachten wird die Stellung und Funktion der Jugendgerichtshilfe im Jugendstrafverfahren, auch im Hinblick auf Kollisionspunkte und rechtliche Grenzen, einer näheren Betrachtung unterzogen. C. Geschichtliche Entwicklung und Organisation der Jugendgerichtshilfe Zum besseren Verständnis der Rolle der Jugendgerichtshilfe in wird zunächst die Entwicklung der Jugendgerichtshilfe und ihre Organisation aufgezeigt. 1. Geschichtliche Entwicklung Die Jugendgerichtshilfe ist ein zentraler Bestandteil des Jugendstrafverfahrens, welches bereits seit Inkrafttreten des 1. Jugendgerichtsgesetzes im Jahre 1923 als eigenständiges 2 Schellhorn, SGB VIII, Kommentar, 52, Rdn. 2 3 vgl. Mrozynski, Kommentar zum SGB VIII, 52, Rdn. 4 6
7 C. Geschichtliche Entwicklung und Organisation der Jugendgerichtshilfe Verfahren gesetzlich normiert ist. In der Zeit davor gab es für Jugendliche kein eigenständiges Strafverfahren, sondern sie wurden von den Gerichten verurteilt, die auch für Erwachsene zuständig waren. Ebenso bestanden, abgesehen von der Möglichkeit eines Verweises, keine Rechtsfolgen, die speziell für die Verletzung von Strafvorschriften durch Jugendliche abgestimmt waren. Sie wurden nach denselben Regeln behandelt und mit denselben Sanktionen belegt wie Erwachsene, wenngleich die Strafe für sie zu mildern war. Die Verabschiedung des 1. Jugendgerichtsgesetzes stellte einen Wendepunkt in der Geschichte des Strafverfahrens dar, denn er bedeutete die Abkehr vom Tatstrafrecht hin zum Täterstrafrecht. Die als Verfehlungen beurteilten Verhaltensweisen dieser Personen wurden bestimmten, nunmehr als zuständig normierten Gerichten zugewiesen. Ferner wurde eigene Reaktionen, nämlich Erziehungsmaßregeln und die Jugendstrafe, geschaffen, um angemessener auf dergestalt beurteilte Verhaltensweisen Jugendlicher reagieren zu können. Diese Sanktionen finden sich auch noch im heutigen Jugendgerichtsgesetz. Das tragende Prinzip des Jugendstrafrechts war und ist das Erziehungsprinzip. So können als Folgen der Straftat eines Jugendlichen nach heutigem Recht Erziehungsmaßregeln angeordnet werden, die die Erteilung von Weisungen (z. B. bezüglich des Aufenthaltsortes, der Unterbringung in einer Familie oder einem Heim, der Erbringung von Arbeitsleistungen) sowie die Anordnung, Hilfe zur Erziehung (z. B. durch einen Erziehungsbeistand oder Betreuungshelfer) in Anspruch zu nehmen, umfassen. Nur wenn diese Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen, wird die Straftat eines 7
8 C. Geschichtliche Entwicklung und Organisation der Jugendgerichtshilfe Jugendlichen mit Zuchtmitteln (Verwarnung, Erteilung von Auflagen oder Jugendarrest, vgl. 13 JGG) oder der Jugendstrafe (Freiheitsentzug in einer Jugendstrafanstalt, vgl. 17 JGG) geahndet. Zuchtmittel sollen zur Anwendung gelangen, wenn Jugendstrafe nicht geboten ist, aber dem Jugendlichen eindringlich zum Bewusstsein gebracht werden muss, dass er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat. Die Jugendstrafe wird dagegen erst verhängt, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist. Um dem Erziehungsprinzip die Geltung zu verschaffen, die der Gesetzgeber vorgesehen hatte, bedurfte es neben den klassischen Verfahrensbeteiligten des Richters, Staatsanwalts und ggf. Verteidigers einer weiteren Institution, die das Erziehungsprinzip verkörpern sollte. Zur Beurteilung, Kontrolle und Betreuung des Beschuldigten wurde sodann die Jugendgerichtshilfe vorgesehen. Ihr wurde, wenngleich unter Einschränkungen, eine eigene Stellung im Verfahren eingeräumt. 4 Vor dem Hintergrund steigender Gewaltkriminalität Jugendlicher in Nordrhein-Westfalen, die sich auf einen bestimmten Kern jugendlicher Straftäter konzentriert, sucht die Landesregierung derzeit nach neuen Wegen, diesen besonders brutal agierenden Kern zu bekämpfen und andere Jugendliche von einer derartigen kriminellen Karriere zu schützen. Neben 4 vgl. Eisenberg, Zur verfahrensrechtlichen Stellung der Jugendgerichtshilfe, in: StV 6/98, S
9 C. Geschichtliche Entwicklung und Organisation der Jugendgerichtshilfe einer schnelleren und spürbareren Strafe und der besonderen Ansprache von Intensivtätern stehen auch neue Formen erzieherischer Angebote unter Betonung des autoritären Aspektes in der Diskussion Organisation der Jugendgerichtshilfe Organisatorisch wird die Jugendgerichtshilfe nach 38 Abs. 1 JGG von den Jugendämtern im Zusammenwirken mit den Vereinigungen für Jugendhilfe ausgeübt. Die Vorschrift überträgt den Jugendämtern somit die Verantwortung für die Jugendgerichtshilfe, während sie den freien Trägern der Jugendhilfe ein Recht auf Mitwirkung gibt. Zu den freien Trägern gehören unter anderem das Evangelische Hilfswerk, die Caritas und die Arbeiterwohlfahrt. Die Jugendgerichtshilfe ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe der Jugendämter, die allerdings auch auf anerkannte Träger der freien Jugendhilfe übertragen werden kann, sofern die Verantwortung bei den Jugendämtern verbleibt. Auch wenn - im Gegensatz zur früheren Rechtslage - keine Verpflichtung mehr zur Übertragung einzelner Aufgaben besteht, sollte nach Auffassung vieler Autoren die Einbeziehung der freien Verbände - soweit rechtlich möglich - schon deshalb gefördert werden, um der beständigen "Gefahr bürokratischer Erstarrung der Jugendgerichtshilfe" entgegen zu wirken. 6 5 Quelle: "Jung, männlich, gewalttätig", Welt am Sonntag vom , S. NRW 1 6 Eisenberg, Kommentar zum JGG; 38, Rn. 6a mit weiteren Nachweisen 9
10 D. Rechte und Pflichten des Vertreters der Jugendgerichtshilfe in den Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz Die rechtlichen Grundlagen für die Mitwirkung der Jugendhilfe im Jugendgerichtsverfahren finden sich in den 38, 50 Abs. 3 und 72 a JGG. Nach diesen Vorschriften umfassen die Aufgaben der Jugendgerichtshilfe die Unterstützung des Gerichts und der sonstigen beteiligten Behörden, die Überwachung des Beschuldigten beim Bestehen von Weisungen und Auflagen sowie Hilfeleistungen während der Bewährungszeit als auch während des Vollzugs. Ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe soll in die Hauptverhandlung entsandt werden. Ferner ist die Jugendgerichtshilfe im gesamten Verfahren und so früh wie möglich heranzuziehen; in Haftsachen ist sie gar unverzüglich zu unterrichten. Die genannten Vorschriften beziehen sich auf Verfahren gegen Jugendliche. Bei Verfahren gegen Heranwachsende sind die Regelungen der 38 (Aufgaben der Jugendgerichtshilfe) und 50 Abs. 3 JGG (Anwesenheit in der Hauptverhandlung) entsprechend anzuwenden. 1. Aufgaben der Jugendgerichtshilfe im Jugendgerichtsverfahren Nach 38 Abs. 1 S. 1 JGG bringen die Vertreter der Jugendgerichtshilfe die erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte im Verfahren vor den Jugendgerichten zur Geltung. Zur Erfüllung dieses Zweckes hat ihnen das Gesetz drei Funktionen zugewiesen: Die 10
11 Ermittlungsfunktion, die Überwachungsfunktion und die Hilfefunktion. 7 a) Ermittlungsfunktion 38 Abs. 1 S. 2 JGG bestimmt, dass die Vertreter der Jugendgerichtshilfe die beteiligten Behörden durch Erforschung der Persönlichkeit, der Entwicklung und der Umwelt des Beschuldigten unterstützen und sich zu den Maßnahmen äußern sollen, die zu ergreifen sind. Die Informationsermittlung erfolgt im Vorverfahren - also vor der Hauptverhandlung - und dient der Erstellung des Ermittlungsberichts für die Hauptverhandlung. Soweit sich der Jugendliche oder junge Volljährige in Haft befindet, hat der Vertreter der Jugendgerichtshilfe eine beschleunigte Berichtspflicht (vgl. 38 Abs. 2 S. 3 JGG). Hier haben sich die Nachforschungen der Jugendgerichtshilfe auch auf Möglichkeiten alternativer Unterbringung zu erstrecken. Die Ermittlungstätigkeit umfasst die Familien- und Lebensverhältnisse, den Werdegang, das bisherige Verhalten des Beschuldigten und alle übrigen Umstände, die zur Beurteilung seiner seelischen, geistigen und charakterlichen Eigenart dienen können. Die wichtigste Quelle für die Ermittlungstätigkeit ist der Jugendliche selbst, so dass bei jeder Ermittlung zumindest ein persönliches Gespräch mit diesem stattfinden sollte, welches die entscheidende Grundlage für die Erforschung und den später zu erstellenden Bericht darstellen sollte. 7 Schellhorn, Kommentar zum SGB VIII, 52 Rn. 7 11
12 Die Ermittlungstätigkeit erstreckt sich nicht auf den Tatvorwurf, das heißt der Vertreter der Jugendgerichtshilfe hat nicht den als Straftat beurteilten Geschehensablauf zu erforschen. Die Ermittlungen sollen sich aber auf den Stellenwert dieses Geschehensablaufes im Lebenszusammenhang des Beschuldigten beziehen. Legt der Beschuldigte gegenüber dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe ein Geständnis ab oder erlangt dieser sonst von Umständen Kenntnis, die den Tatvorwurf betreffen, muss er dies - im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft - dem Gericht nicht mitteilen. Eine Mitteilungspflicht entsteht nur, soweit es um die Planung zukünftiger Straftaten - die Nichtanzeige geplanter Straftaten ist nach 138 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar - geht. 8 Die Ermittlungstätigkeit der Jugendgerichtshilfe im Vorfeld des Strafverfahrens ist von zentraler Bedeutung für den Jugendlichen oder Heranwachsenden, da von dem Bericht des Vertreters der Jugendgerichtshilfe viel abhängen kann. So ist die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters insbesondere auch entscheidend für die Frage, ob auf einen Heranwachsenden, der zur Tatzeit bereits 18, aber noch nicht 21 Jahre alt war, noch das Jugendstrafrecht gemäß 105 Abs. 1 JGG anzuwenden ist. Der Vertreter der Jugendgerichtshilfe soll sich, nach dem er sich ein Bild von dem Jugendlichen gemacht hat, auch zu den in Betracht kommenden Rechtsfolgen wie Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder Jugendstrafe bzw. der Einstellung des Verfahrens äußern (vgl. 38 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 JGG). Diese 8 Eisenberg, StV 6/98, S. 305/306 12
13 Aufgabe wird als beratende Tätigkeit verstanden, die sich aber auch auf die Voraussetzungen des Rechtsfolgenausspruchs beziehen soll, so wie zum Beispiel auf die Frage, ob wegen der Schwere der Schuld die Verhängung der Jugendstrafe (Freiheitsentziehung in einer Jugendstrafanstalt) aus erzieherischen Gründen angezeigt ist. 9 Nach 52 Abs. 2 SGB VIII hat das Jugendamt zudem frühzeitig zu prüfen, ob für den Jugendlichen oder jungen Volljährigen Leistungen der Jugendhilfe in Betracht kommen. Ist dies der Fall oder ist eine geeignete Leistung bereits eingeleitet oder gewährt worden, so hat das Jugendamt den Staatsanwalt oder den Richter umgehend davon zu unterrichten, damit geprüft werden kann, ob eine Einstellung des Verfahrens nach den 45, 47 JGG in Betracht kommt. Nicht in allen Jugendstrafverfahren werden Ermittlungen durch die Jugendgerichtshilfe geführt oder Berichte erstellt. In vielen Fällen der sog. "Bagatelldelinquenz" wird hierauf verzichtet. Dies erscheint in Fallgruppen ohne Erziehungsbedürfnis vertretbar, da die Jugendgerichtshilfe sich vorwiegend auf solche Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende konzentrieren sollte, bei denen es sozialpädagogischer Intervention bedarf bzw. der Ausspruch einschneidender Sanktionen zu besorgen ist. Ein Eingreifen der Jugendgerichtshilfe bei Bagatelldelikten wäre unverhältnismäßig, vielleicht sogar schädlich Eisenberg, Kommentar zum JGG, 38, Rn Eisenberg, StV 6/98, S
14 b) Überwachungsfunktion Die Überwachungsfunktion des Vertreters der Jugendgerichtshilfe nach 38 Abs. 2 S. 5 JGG beschränkt sich auf die Kontrolle, ob der betroffene Jugendliche gegebenenfalls durch das Gericht angeordnete Weisungen und Auflagen gemäß 10, 15 JGG befolgt. Vor der Erteilung von Weisungen ist der Vertreter der Jugendgerichtshilfe gemäß 38 Abs. 3 S. 3 JGG zu hören, weil er möglicherweise am ehesten ermessen kann, ob die angeordnete Überweisung durchführbar und nach den örtlichen Verhältnissen auch überwachbar ist. Unter Weisungen in diesem Sinne sind dabei gemäß 10 Abs. 1 S. 1 JGG Gebote und Verbote zu verstehen, welche die Lebensführung des Jugendlichen regeln und dadurch seine Erziehung fördern sollen. Darunter sind beispielsweise Weisungen zu verstehen, die sich auf den Aufenthaltsort beziehen, bei einer Familie oder im Heim zu wohnen oder eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle anzunehmen. Bei der Erteilung einer Betreuungsweisung gemäß 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 JGG, d.h. der Weisung, sich der Betreuung und Aufsicht eines Betreuungshelfers zu unterstellen, soll sich der Vertreter der Jugendgerichtshilfe auch zur Frage nach der zu bestellenden Person äußern, vgl. 38 Abs. 3 S. 3 JGG. Betreuungshelfer kann auch der Vertreter der Jugendgerichtshilfe werden, der die Ermittlungen durchführt. Erhebliche Verstöße des Jugendlichen gegen Weisungen und Auflagen teilt der Vertreter der Jugendgerichtshilfe dem Richter mit, vgl. 38 Abs. 2 S. 6 JGG. Kleinere Verstöße werden hingegen nicht mitgeteilt, weil die Bewältigung anstehender Probleme weitgehend zwischen dem Vertreter der 14
15 Jugendgerichtshilfe und dem Jugendlichen stattfinden soll. Die Überwachungsfunktion dient weiterhin dem Ziel, festzustellen, ob der mit der Weisung bzw. Auflage verfolgte erzieherische Zweck erreicht worden ist oder überhaupt erreicht werden kann. 11 c) Hilfefunktion Die Hilfefunktion des Vertreters der Jugendgerichtshilfe für den betroffenen Jugendlichen umfasst erzieherische, soziale und fürsorgerische Komponenten. Sie besteht zum einen darin, dass - auch schon während des Ermittlungsverfahrens und der Hauptverhandlung - bestimmten äußeren Umständen, insbesondere im familiären und sozialen Umfeld des Jugendlichen, die zur Straftatbegehung beigetragen haben können, entgegengewirkt wird. Zum anderen wird aber auch Hilfe beim Vollzug eventueller Jugendstrafen geleistet. 12 Diese Hilfeleistung geschieht vor allem durch Gespräche mit dem Jugendlichen oder auch mit dessen Erziehungsberechtigten und anschließend durch Verbesserung der aktuellen Situation des Jugendlichen, zum Beispiel durch Geldleistungen, Vermittlung von Arbeitsplätzen, Bereitstellung von Therapieplätzen oder bei Ausländern gegebenenfalls durch Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung. 13 Weiterhin ist es eine zentrale Aufgabe der Jugendgerichtshilfe, den ggf. 11 Eisenberg, StV 6/98, S Mrozynski, Kommentar zum SGB VIII: Kinder- und Jugendhilfe, 52 Rn Eisenberg, Kommentar zum JGG, 38 Rn
16 gerichtsunerfahrenen Angeklagten auf den Ablauf der Hauptverhandlung vorzubereiten. Nicht nur der Inhalt des Ermittlungsberichts einschließlich der Erwägungen zu den in Betracht kommenden Reaktionen sollten mit dem Jugendlichen besprochen werden, sondern auch der formale Ablauf der Hauptverhandlung und die Rolle der beteiligten Prozesssubjekte. Während des Freiheitsentzugs soll die Jugendgerichtshilfe nach 38 Abs. 2 S. 9 JGG ebenfalls mit dem Jugendlichen in Verbindung bleiben und sich seiner Wiedereingliederung in die Gemeinschaft annehmen. Dies umfasst neben Besuchen und Schriftwechseln auch Hilfestellungen bei der Aufrechterhaltung von Kontakten zu Verwandten und sonstigen Bezugspersonen während der Haftzeit. d) Zeitpunkt der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe Nach 38 Abs. 3 S. 1 und 2 JGG ist die Jugendgerichtshilfe im gesamten Verfahren und so früh wie möglich heranzuziehen. Die Staatsanwaltschaft soll nach Ziffer 6 der bundeseinheitlichen Richtlinien 14 zu 43 JGG darauf hinwirken, dass das Jugendamt verständigt wird, sobald der Stand der Ermittlungen dies erlaubt, und das Jugendamt seine Erhebungen mit größter Beschleunigung durchführt. Diese Regelungen sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass Maßnahmen und Strafen des Jugendstrafrechts regelmäßig dann am wirksamsten sind, wenn sie der Tat auf dem Fuße folgen. 14 Richtlinien zum Jugendgerichtsgesetz, Allgemeine Verfügungen des Justizministeriums vom JMBl. NW S
17 In der Praxis scheint dies allerdings nicht immer umgesetzt zu werden. So wird die Jugendgerichtshilfe vielfach erst durch die Übersendung der Anklageschrift bzw. den Antrag an den Jugendrichter auf Entscheidung im vereinfachten Jugendverfahren durch die Staatsanwaltschaft informiert. 15 In derartigen Fällen kann die Jugendgerichtshilfe ihre Aufgabe, durch die Ermittlungen über den Beschuldigten eine sachgerechte Entscheidung der Staatsanwaltschaft zum Beispiel zur Frage der Einstellung des Strafverfahrens zu ermöglichen, nur eingeschränkt wahrnehmen. Andererseits wird bei einer zu frühen Einschaltung der Jugendgerichtshilfe auch die Gefahr gesehen, dass diese zu leicht in die Nähe der Tataufklärung gerückt werden bzw. sich dorthin bewegen könnte, was gerade nicht ihre Aufgabe ist. Wegen der hohen Fallbelastung der einzelnen Vertreter der Jugendgerichtshilfe beschränkt sich der persönliche Kontakt oftmals auf ein einmaliges Gespräch mit dem Jugendlichen. Dementsprechend dominiert dann die Wahrnehmung der Gerichtstermine den zeitlichen Aufwand der Vertreter der Jugendgerichtshilfe. 16 Wird die Jugendgerichtshilfe nicht herangezogen, liegt ein Verstoß gegen 38 Abs. 3 S. 1 JGG sowie gegen die Aufklärungspflicht des Gerichts nach 244 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) vor, welches bei entsprechender Rüge ein ausreichender Grund für die Aufhebung eines daraufhin ergangenen Urteils im Wege der Revision wäre. Da 15 vgl. Eisenberg, StV 6/98, S Eisenberg, Kommentar zum JGG, 38 Rn
18 die Heranziehung der Jugendgerichtshilfe zwingend vorgeschrieben ist und diese in ihrer Funktion als Ermittlungshilfe der Wahrheitsfindung dient, kann der Verteidiger des Jugendlichen oder Heranwachsenden - bzw. auch der Erziehungsberechtigte oder gesetzliche Vertreter - auf die Mitwirkung der Jugendgerichtshilfe nicht wirksam verzichten. 17 e) Erstellung des Ermittlungsberichts Die Jugendgerichtshilfe erstellt auf der Grundlage der erhobenen Informationen den Ermittlungsbericht. Die Berichterstattung kann schriftlich oder mündlich erfolgen; die Äußerungsform richtet sich nach der Lage des Einzelfalls. Adressaten des Berichts sind die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht, das heißt der Bericht wird dem Jugendlichen nicht zur Kenntnis gebracht. Da der Ermittlungsbericht aber Bestandteil der Ermittlungsakten wird, kann ein etwa beauftragter Verteidiger des Beschuldigten Einsicht in den Bericht als Bestandteil der Akten nach 147 StPO nehmen. Die Jugendgerichtshilfe ist verpflichtet, nach Möglichkeit nur objektive Tatsachen in den Bericht aufzunehmen. Wenn Wertungen enthalten sind, sind diese entsprechend deutlich zu machen. Der Ermittlungsbericht ist in der Praxis das bedeutsamste Ergebnis der Tätigkeit der Jugendgerichtshilfe. Er sollte die Konsequenz aus den Feststellungen zur persönlichen Situation des Jugendlichen sein. Durch die Einführung des Ermittlungsberichts in die Hauptverhandlung kann der Vertreter 17 Eisenberg, Kommentar zum JGG, 38 Rn. 52 f. 18
19 der Jugendgerichtshilfe maßgeblich zur Entscheidung des Gerichts insbesondere über die Rechtsfolgen bezüglich der Straftat des Jugendlichen beitragen. 2. Rechtsstellung und Tätigkeit des Vertreters der Jugendgerichtshilfe in der Hauptverhandlung Der in die Hauptverhandlung entsandte Vertreter der Jugendgerichtshilfe wird als ein Prozess- bzw. Prozesshilfsorgan eigener Art mit bestimmten Rechten und Pflichten bezeichnet. 18 Er ist ein weisungsfreier Gehilfe für das Gericht, ohne selbst ein Organ der Strafrechtspflege zu sein. 50 Abs. 3 JGG sieht vor, dass dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe Ort und Zeit der Hauptverhandlung mitzuteilen sind und er auf Verlangen das Wort erhält. Das Anwesenheitsrecht des Vertreters der Jugendgerichtshilfe steht nicht zur Disposition, das heißt weder der Angeklagte selbst noch seine Erziehungsberechtigten bzw. gesetzlichen Vertreter oder sein Verteidiger können wirksam darauf verzichten. Er kann auch nicht vom Vorsitzenden nach 51 JGG, der die zeitweilige Ausschließung von Beteiligten von der Verhandlung regelt, ausgeschlossen werden. Daraus ist zu folgen, dass der Vertreter der Jugendgerichtshilfe weder Verteidiger oder Vertreter des Jugendlichen ist, noch die Funktion eines Beweismittels (Zeuge, Sachverständiger) hat. Er kann nach überwiegender Meinung aber ausnahmsweise als Zeuge vernommen werden Eisenberg, Kommentar zum JGG, 38 Rn Eisenberg, StV 6/98, S
20 In die Hauptverhandlung soll der Vertreter der Jugendgerichtshilfe entsandt werden, der die Nachforschungen angestellt hat, 38 Abs. 2 S. 4 JGG. Die Praxis des sog. "Gerichtsgehers", der den Jugendlichen nicht betreut oder nicht einmal kennt und nur den Verfasser des Ermittlungsberichts vertritt, soll damit weitgehend ausgeschlossen werden. In der Praxis scheint dies gleichwohl - bedingt wohl auch durch organisatorische Probleme- nicht immer umgesetzt zu werden. Vereinzelt wird die Frage aufgeworfen, ob mit dem gesetzlich normierten Anwesenheitsrecht der Jugendgerichtshilfe in der Hauptverhandlung auch eine Pflicht zur Anwesenheit korrespondiert. Die überwiegende Meinung lehnt eine derartige Teilnahmepflicht mit der Begründung ab, dass die Pflicht zur Heranziehung der Jugendgerichtshilfe im gesamten Verfahren nach 38 Abs. 3 S. 1 JGG zwar die Staatsanwaltschaft und das Gericht binde, nicht jedoch ein Gebot für die Jugendgerichtshilfe enthalte. 20 Dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe ist nach 50 Abs. 3 S. 2 JGG auf Verlangen das Wort zu erteilen. Er hat somit einen Anspruch auf rechtliches Gehör. Der Richter muss ihn zwar nicht von Amts wegen anhören, denn die Anhörung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden. Jedoch wird eine Anhörung im Hinblick auf die Aufklärungspflicht des Gerichts regelmäßig geboten sein 21. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör korrespondiert die Pflicht, sich zu den zu ergreifenden Maßnahmen zu äußern, vgl Eisenberg, StV 6/98, S Eisenberg, Kommentar zum JGG, 50 Rn
21 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 JGG. 22 Dies betrifft nicht nur die materiellrechtlichen Rechtsfolgen der Tat, sondern alle prozessualen Maßnahmen wie z. B. die Einholung eines Gutachtens oder auch die Frage der Verfahrenseinstellung. Der von der Jugendgerichtshilfe im Vorverfahren erstellte Ermittlungsbericht muss ferner in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Dabei gelten die allgemeinen Regeln der Strafprozessordnung über die Beweisaufnahme nach den 249 ff. StPO, insbesondere der Grundsatz der persönlichen Vernehmung von Personen nach 250 StPO (Prinzip der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit). Der Ermittlungsbericht darf im Urteil somit nur insoweit verwertet werden, wie er mündlich vorgetragen wurde. 23 Der Jugendgerichtshilfe kommt durch ihre Pflicht zur Leistung von Ermittlungshilfe für das Gericht einerseits und zur Hilfestellung für den Jugendlichen andererseits sowie ihrer daraus resultierenden Sonderstellung in der Hauptverhandlung eine Doppelfunktion zu. Dieser "Intra-Rollenkonflikt" 24 der Jugendgerichtshilfe führt in der Praxis nicht selten zu Spannungen und Konflikten. Ob und inwieweit die Tätigkeit der Jugendgerichtshilfe insgesamt und insbesondere der Ermittlungsbericht erzieherisch einen positiven Beitrag leisten, ist nicht belegt. 25 Auch gibt es keine kriminalsoziologischen Untersuchungen aus 22 vgl oben Ziff. D.1 a) 23 Eisenberg, Kommentar zum JGG, 38 Rn Mrozynski, Kommentar zum SGB VIII: Kinder- und Jugendhilfe, 52 Rn Eisenberg, Kommentar zum JGG; 38, Rn
22 neuerer Zeit über die Jugendgerichtshilfe bzw. die Jugendämter als deren Träger, die belegen könnten, inwieweit ihr im Entwicklungsverlauf sog "krimineller Karrieren" Jugendlicher Einfluss zukommt Grenzen der rechtlichen Befugnisse des Vertreters der Jugendgerichtshilfe Die Grenzen der rechtlichen Befugnisse des Vertreters der Jugendgerichtshilfe ergeben sich aus der Berührung mit anderen Verfahrenszwecken, die der Funktion der Jugendgerichtshilfe vorrangig sind, sowie aus dem Umstand, dass der Vertreter der Jugendgerichtshilfe kein Organ der Strafrechtspflege ist, sondern vielmehr als Prozessorgan bzw. Prozesshilfsorgan eigener Art tätig wird. Auch auf Grund seiner Doppelfunktion, zum einen dem Gericht Ermittlungshilfe zu leisten und zum anderen dem Jugendlichen Hilfestellung zu geben, hat der Vertreter der Jugendgerichtshilfe nur eingeschränkte rechtliche Befugnisse. Diesen eingeschränkten Befugnissen, die nachfolgend im Einzelnen erläutert werden, stehen das Recht auf Teilnahme an der Hauptverhandlung und der Anspruch auf rechtliches Gehör gegenüber. Nach überwiegender Auffassung hat der Vertreter der Jugendgerichtshilfe zunächst keinen Anspruch auf Akteneinsicht. Dies ergibt sich daraus, dass das Gesetz ihm 26 Quelle: telefonische Auskunft vom des Geschäftsführers der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfe e.v. (DVJJ), Hannover 22
23 gerade keine einem Verteidiger entsprechende Rechtsstellung zukommen lässt. 27 Der Vertreter der Jugendgerichtshilfe hat ferner in der Hauptverhandlung kein Recht, Fragen an den Angeklagten, die Zeugen und den Sachverständigen zu stellen. Entsprechend kommt ihm auch kein formelles Beweisantragsrecht zu. Da ihm nach 50 Abs. 3 S. 2 JGG auf Verlangen das Wort zu erteilen ist, kann er aber Anregungen vermitteln. 28 Das Recht des Vertreters der Jugendgerichtshilfe auf Anwesenheit in der Hauptverhandlung erfährt weiterhin eine Einschränkung, wenn dessen Vernehmung als Zeuge in Betracht kommt. 29 Auch besteht grundsätzlich kein Zeugnisverweigerungsrecht nach den 52 ff. StPO für den Vertreter der Jugendgerichtshilfe. Dies wird damit begründet, dass dieser seinem Klienten nicht als Vertrauensperson begegnet, die Verschwiegenheit garantieren könnte, sondern als Helfer des Gerichts, der sein in dieser Funktion erlangtes Wissen von Amts wegen weiterzugeben hat. 30 In der Entscheidung des Gesetzgebers, dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe kein Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen nach 53 StPO zuzugestehen, kommt der Vorrang der Wahrheitsermittlung vor dem Schutz des Jugendlichen zum Ausdruck. 27 Eisenberg, Kommentar zum JGG, 38 Rn Eisenberg, Kommentar zum JGG, 38 Rn Eisenberg, Kommentar zum JGG, 38 Rn BVerfGE 33, 367 (Anmerkung 29) 23
24 E. Ergebnis Aufgrund der erheblichen Belastungen des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Jugendlichen und dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe und der möglichen Beeinträchtigung erzieherisch wirksamer Hilfeleistungen, die dadurch entstehen können, wird im Einzelfall auch eine Versagung der Aussagegenehmigung durch das Jugendamt befürwortet. 31 Nach allgemeiner Auffassung hat die Jugendgerichtshilfe auch keine Befugnis zur Einlegung von Rechtsmitteln. 32 E. Ergebnis Die Aufgaben der Jugendhilfe im Bereich der Mitwirkung bei bestehen hauptsächlich darin, insbesondere durch den Ermittlungsbericht die erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte in die Hauptverhandlung einzubringen. Diese Aufgabe trägt maßgeblich dazu bei, dass das Gericht auf den sozialen Hintergrund eines angeklagten Jugendlichen eingehen kann um dadurch eine Entscheidung zu treffen, die dem jeweiligen Jugendlichen eine weitestgehende Hilfe bietet, in Zukunft straffrei zu bleiben und wieder in die Gesellschaft eingegliedert zu werden. Um der Doppelfunktion des Vertreters der Jugendgerichtshilfe, zum einen dem Gericht Ermittlungshilfe zu leisten und zum anderen dem Jugendlichen Hilfestellung zu geben, gerecht zu 31 Eisenberg, Kommentar zum JGG, 38, Rn Eisenberg, Kommentar zum JGG, 38 Rn
25 E. Ergebnis werden, sind dessen rechtliche Befugnisse jedoch deutlich eingeschränkt. So hat der Vertreter der Jugendgerichtshilfe zwar einerseits ein Recht auf Teilnahme an der Hauptverhandlung und dort einen Anspruch auf rechtliches Gehör. Seine Rechte sind aber andererseits nicht mit denen eines Verteidigers vergleichbar, so dass dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe weder ein Recht auf Akteneinsicht noch ein Fragerecht zusteht. Auch kann sich dieser nicht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. 25
26 F. Literaturverzeichnis F. Literaturverzeichnis Eisenberg, Ulrich: Kommentar zum Jugendgerichtsgesetz, 11. Auflage, München 2006 Eisenberg, Ulrich: Zur verfahrensrechtlichen Stellung der Jugendgerichtshilfe, Strafverteidiger 6/98, S Kiehl, Walter: Die neue JGH: Jugendhilfebetonte Jugendgerichtshilfe, Neue Praxis 21/91, S Mrozynski, Peter: SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, Kommentar, 4. Auflage, München 2004 Schellhorn, Walter: Jugendhilferecht, 7. Auflage, München 2006 Schellhorn, Walter (Hrsg.): Sozialgesetzbuch Achtes Buch, Kinder- und Jugendhilfe, Kommentar, 2. Auflage, Neuwied/ Kriftel
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