Stellungnahme. zum Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen ( Diskussionsentwurf ) Zusammenfassung
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- Julia Glöckner
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1 Stellungnahme zum Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen ( Diskussionsentwurf ) vom September 2010 Zusammenfassung Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e.v. (GDV) begrüßt grundsätzlich die geplanten Erleichterungen bei der Sanierung von fortführungsfähigen Unternehmen. Die untenstehenden Ausführungen zeigen jedoch auch, dass das Zusammenspiel einzelner Regelungen des Diskussionsentwurfs mit bestehenden insolvenzrechtlichen Vorschriften sowie die Auswirkungen auf bestimmte Gläubigergruppen noch nicht in ihrer gesamten Komplexität durchdacht und angemessen ausgestaltet sind. Insbesondere betrifft dies die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses. Aber auch die Regelung der Fiktion einer Zustimmung zum Insolvenzplan sollte zumindest unter dem Gesichtspunkt der Frist, nach deren Ablauf die Fiktion eintritt, überdacht werden. Grundlegende Änderungen im Bereich des Unternehmensinsolvenzrechts können erhebliche Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit der Kredit- und Kautionsversicherer haben. Deren Interessen, wie die Interessen anderer großer Gläubiger auch, finden im Diskussionsentwurf noch keine hinreichende Berücksichtigung, da diese Gruppen ihre Stellung als Gläubiger regelmäßig erst im Laufe des Verfahrens erlangen. Der Gesetzentwurf ist daher noch in einigen Punkten nachzubessern. Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Wilhelmstraße 43 / 43 G, Berlin Postfach , Berlin Tel.: Fax: , avenue de Cortenbergh B Brüssel Tel.: Fax: Ansprechpartner: Dr. Natascha Sasserath-Alberti Recht n.sasserath@gdv.de
2 Einleitung Die vorliegende Stellungnahme behandelt in den Abschnitten 1.1. bis 1.3. die aus dem Diskussionsentwurf resultierenden Probleme. In Abschnitt 1.4. wird zudem eine kritikwürdige Auswirkung des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 auf den Diskussionsentwurf angesprochen Stärkung des Gläubigereinflusses auf die Verwalterauswahl Die Regelungen zum vorläufigen Gläubigerausschuss ( 21 InsO-E) sowie zur Mitwirkung der Gläubiger bei der Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters ( 56 InsO-E) sind aus Sicht der Warenkredit- und Kautionsversicherer änderungsbedürftig, damit diese auch künftig ihre wichtige Rolle bei den entscheidenden Weichenstellungen für den Verlauf und den Erfolg von Insolvenzverfahren beibehalten können Warenkreditversicherungen und Kautionsversicherungen Die Warenkreditversicherung bietet Schutz vor Forderungsausfällen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen. Die Insolvenz eines Waren- oder Dienstleistungsabnehmers bedeutet für den Versicherer, dass er von seinem Versicherungsnehmer in Anspruch genommen wird. In Höhe der vom Warenkreditversicherer geleisteten Entschädigung gehen sämtliche Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen seinen insolventen Abnehmer auf den Versicherer über. Das Volumen der von den deutschen Kreditversicherern in Deckung genommenen Liefergeschäfte betrug im Jahr 2009 über 280 Mrd.. Eine wichtige Dienstleistung der Kreditversicherer besteht darin, dass sie in der Funktion als Gläubigervertreter im Insolvenzfall die Interessen und Rechte ihrer Versicherungsnehmer bestmöglich vertreten, etwa durch aktive Mitarbeit an der Erstellung und Durchführung von Sanierungskonzepten sowie durch die Bildung von Sicherheitenpools der Banken und Lieferanten. In der Kautionsversicherung übernimmt der Versicherer Bürgschaften zur Sicherung vertraglicher oder gesetzlicher Verpflichtungen, deren Schuldner der Versicherungsnehmer ist. Wird der Versicherungsnehmer insolvent, kann der Begünstigte den Versicherer in Anspruch nehmen. Nach vollständiger Zahlung aus der Bürgschaft geht die Forderung des Bürgschaftsgläubigers gegen den Gemeinschuldner auf den Kautionsversicherer als Bürgen über. Die deutschen Kautionsversicherer haben im Jahr 2009 Bürgschaften mit einem Gesamtvolumen von über 30 Mrd. übernommen. Seite 2 / 6
3 Vorläufiger Gläubigerausschuss, 21 InsO-E Die mit 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO-E geschaffene Möglichkeit, einen vorläufigen Gläubigerausschuss bereits im Eröffnungsverfahren bestellen zu können, ist im Sinne der Stärkung des Gläubigereinflusses auf das Verfahren grundsätzlich von Vorteil. Da jedoch die Warenkredit- und Kautionsversicherer zu diesem frühen Verfahrenszeitpunkt regelmäßig (noch) nicht Gläubiger geworden sind, steht zu befürchten, dass sie bei der Bestellung dieses Gremiums nicht berücksichtigt werden. Auch der 67 Abs. 3 InsO, nach dem auch Nichtgläubiger zu Ausschussmitgliedern bestellt werden können, hilft hier nicht weiter, da nach der Regelung im Diskussionsentwurf für den vorläufigen Gläubigerausschuss lediglich die 69 bis 73 InsO entsprechend gelten sollen. Von dieser Regelung dürften nicht nur die Warenkredit- und Kautionsversicherer, sondern z.b. auch der Pensionssicherungsverein und die Agenturen für Arbeit betroffen sein, da auch diese häufig erst im Laufe des weiteren Verfahrens zu Gläubigern werden. Ein Ausweg aus der geschilderten Problematik könnte darin bestehen, die Regelung zum vorläufigen Gläubigerausschuss nicht in 21 InsO, sondern in 67 Abs. 1 InsO vorzunehmen. Damit erledigt sich wegen der Geltung des 67 Abs. 3 InsO die Diskussion über die Gläubigereigenschaft. Darüber hinaus wäre sichergestellt, dass die in 67 Abs. 2 InsO aufgeführten Vorstellungen des Gesetzgebers zur Zusammensetzung des Ausschusses auch für den im Eröffnungsverfahren zu bestellenden Gläubigerausschuss gelten. Schließlich ist die hier zur Einfügung in 67 InsO vorgeschlagene Regelung auch sachgerecht, weil die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses keine Sicherungsmaßnahme im Sinne des 21 InsO darstellt (so auch Frind, ZInsO 2010, 1476). 67 InsO könnte wie folgt ergänzt werden (Ergänzungen kursiv): Abs. 1: Vor der ersten Gläubigerversammlung kann das Insolvenzgericht einen Gläubigerausschuss einsetzen. Als Sicherungsmaßnahme kann das Insolvenzgericht zudem einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen. Abs. 3: Zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses oder eines vorläufigen Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die keine Gläubiger sind. Seite 3 / 6
4 Gläubigereinfluss auf die Verwalterbestellung Mit den Regelungen in 56 Abs. 2 und Abs. 3 InsO-E soll der Gläubigereinfluss auf die Verwalterbestellung ausgeweitet werden. Bereits vor der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters wird den Gläubigern Gelegenheit gegeben, sich zum Anforderungsprofil des Verwalters zu äußern bzw. konkrete Personenvorschläge zu unterbreiten. Sofern bereits ein vorläufiger Gläubigerausschuss eingesetzt wurde, steht diesem das Äußerungs- bzw. Vorschlagsrecht zu. Ist ein solches Gremium noch nicht bestellt, soll das Gericht eine Anhörung der wesentlichen Gläubiger durchführen. Falls diese mit Summenmehrheit einen bestimmten Vorschlag unterbreiten, soll das Gericht davon nur noch in begründeten Ausnahmefällen abweichen können. Bei der Variante im Hinblick auf die Summenmehrheit besteht die Gefahr, dass künftig de facto die Kreditinstitute, die bereits mit Kündigung und Fälligstellung der Darlehen zu wesentlichen Gläubigern werden, entscheiden, wer als (vorläufiger) Verwalter eingesetzt wird. Die Gerichte werden, schon um Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, die Anhörung auf eine geringe Zahl von Großgläubigern beschränken. Damit dürfte es für die Kreditinstitute ein Leichtes sein, die geforderte Summenmehrheit zu erreichen, um eine ihnen genehme Person als Verwalter vorzuschlagen und in den meisten Fällen auch durchzusetzen. Hier ist eine Korrektur erforderlich, bei der auch andere Gläubiger(-gruppen) eine realistische Chance erhalten, ihre Vorstellungen bei der Verwalterauswahl mit Aussicht auf Erfolg einzubringen. Denkbar wäre, neben der Summenmehrheit zusätzlich eine Kopfmehrheit zu fordern, wie dies bereits in 57 InsO für die Wahl eines anderen Insolvenzverwalters vorgesehen ist. Daneben wäre sicherzustellen, dass bei der Anhörung auch die Warenkredit- und Kautionsversicherer sowie andere institutionelle Großgläubiger berücksichtigt werden, die ihre Gläubigerstellung erst im Laufe des weiteren Verfahrens erlangen Ausbau des Insolvenzplanverfahrens / Debt-Equity-Swap Umwandlung von Forderungen in Gesellschaftsanteile, 225 a Abs. 2 Ausweislich der Gesetzesbegründung zu 225 a Abs. 2 InsO-E (Seite 34, zweiter Absatz) führt die Umwandlung von Gläubigerforderungen in Gesellschaftsanteile zur Konfusion und damit zum Erlöschen sowohl der Seite 4 / 6
5 Forderung als auch sämtlicher akzessorischer Sicherungsrechte (...Zugleich sind Regelungen für eventuell bestellte Sicherheiten zu treffen, sofern diese nicht ohnehin erlöschen, weil sie akzessorisch zur umzuwandelnden Forderung sind. ). Damit droht in der Kautionsversicherung aufgrund der Akzessorietät der Bürgschaft der Untergang von Sicherungsrechten. Unklar ist in diesem Zusammenhang, in welchem Verhältnis die Konfusion zu der Regelung in 254 Abs. 2 InsO steht, wonach die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen den Bürgen nicht durch den Insolvenzplan berührt werden. Unklar ist ferner, was in Fällen geschieht, in denen der Bürge etwa bei Vorliegen einer Höchstbetragsbürgschaft die geschuldete Leistung nur teilweise erbracht hat. Geht man davon aus, dass der primäre Gläubiger in diesem Fall alleine am Debt-Equity-Swap teilnimmt, würden auch die eigentlich dem Bürgen zustehenden Forderungsanteile untergehen. Die in 225 a Abs. 2 InsO-E vorgesehene Möglichkeit der Umwandlung von Forderungen in Gesellschaftsanteile könnte unter Umständen zu versicherungsaufsichtsrechtlichen Problemen führen, da Versicherungsunternehmen neben Versicherungsgeschäften nur solche Geschäfte betreiben dürfen, die hiermit in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Ein solcher Zusammenhang ist nur anzunehmen, wenn das betreffende Geschäft nicht mit einem zusätzlichen finanziellen Risiko verbunden ist ( 7 Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 VAG). Die versicherungsaufsichtsrechtliche Zulässigkeit der geplanten Umwandlung sollte daher sichergestellt sein Fiktion der Zustimmung, 230 Abs. 2 InsO-E Bedenklich ist ferner die Neuregelung in 230 Abs. 2 InsO-E, wonach die Zustimmung derjenigen Gläubiger fingiert wird, die der geplanten Maßnahme nicht binnen einer Frist von lediglich zwei Wochen zugestimmt haben. Aufgrund der sehr kurzen Frist kann es hier auch zu ungewollten Zustimmungen kommen, etwa dadurch, dass das Schreiben des Insolvenzverwalters in großen Unternehmen durch Verzögerungen zu spät bei der zuständigen Stelle landet. Dies spricht dafür, weiter an einer ausdrücklichen Zustimmung festzuhalten. Jedenfalls sollte die Frist zwecks Vermeidung ungewollter Zustimmungen auf mindestens vier Wochen verlängert werden Stärkung der Eigenverwaltung Das Konzept der Eigenverwaltung ist sinnvoll, wenn es sich nicht auf die Verringerung der Anforderungen beschränkt, sondern der Vorbereitung Seite 5 / 6
6 und Durchführung des sanierenden Planverfahrens dient. Ob dieses Ziel durch den Diskussionsentwurf erreicht wird, muss bezweifelt werden. Die Bescheinigung fehlender offensichtlicher Aussichtslosigkeit ( 270 a Abs. 1 InsO-E) ist mit keiner sinnvollen wirtschaftlichen Konzeption verbunden und nur einseitig auf die Weiterführung des Unternehmens des Schuldners, ungeachtet jeder positiven Prognose, gerichtet. Der Begriff offensichtlich aussichtslos verlangt ein so hohes Maß an Überzeugungsbildung bei dem Insolvenzgericht, das eine gegenteilige Entscheidung praktisch ausgeschlossen wird. Die Eigenverwaltung ist damit selbst dann anzuordnen, wenn die Sanierung überwiegend wahrscheinlich erfolglos ist. Dies erscheint nicht zielführend. Sachgerechter wäre eine Prüfung danach, ob die Sanierung wenigstens geeignet ist. Durch diesen Maßstab würde die in der Vergangenheit vorhandene zu hohe und damit hinderliche Anforderung an die Überzeugung eines positiven Ergebnisses vermieden. Zugleich würde aber weiterhin der sachliche Bezug gewahrt. Zu kritisieren ist ferner auch in Bezug auf die Anordnung der Eigenverwaltung, dass hier wiederum nur der vorläufige Gläubigerausschuss bzw. die Gruppe der wesentlichen Gläubiger Einfluss auf die Entscheidung ausüben können ( 270 Abs. 3 InsO-E). Wie bereits unter dargelegt, führt dies de facto zu einer Privilegierung der Kreditinstitute bei der Entscheidungsfindung Aufrechnung des Fiskus im Insolvenzverfahren Schließlich ist darauf zu achten, dass die mit dem Diskussionsentwurf angestrebte und zu begrüßende Erleichterung der Sanierung von Unternehmen im Einklang mit den Zielen des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 steht. Der Entwurf dieses Haushaltsbegleitgesetzes sieht eine Ergänzung des 96 InsO vor, wonach der Fiskus im Insolvenzverfahren privilegiert aufrechnen kann. Dies sollte vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung noch einmal überdacht werden. Berlin, den Seite 6 / 6
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