Lösungshinweise Fall 8 (BVerfGE 112, 118 nachgebildet)
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- Klaus Morgenstern
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1 Lösungshinweise Fall 8 (BVerfGE 112, 118 nachgebildet) Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion hat Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig und begründet ist. A. Zulässigkeit I. Zuständigkeit des BVerfG II. Parteifähigkeit (Beteiligtenfähigkeit) 1. Antragsteller CDU/CSU-Fraktion Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG 63 BVerfGG 10 ff. GOBT 2. Antragsgegner Bundestag Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, 63 BVerfGG II. Antragsgegenstand Rechtserhebliche Maßnahme 64 Abs. 1 BVerfGG Verfassungsrechtliches Rechtsverhältnis III. Antragsbefugnis 64 Abs.1 BVerfGG Möglichkeitsformel Art. 38 Abs.1 Satz 2 GG Recht der Fraktion? V. Form 64 II BVerfGG - 1 -
2 23 I BVerfGG VI. Frist 64 III BVerfGG Zwischenergebnis: Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion ist zulässig. B. Begründetheit Der Antrag der CDU/CSU Fraktion ist begründet, wenn die Maßnahme des Antragsgegners den Antragsteller tatsächlich in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt oder unmittelbar gefährdet. I. Rechtsstellung der Fraktionen (Grundsatz der Spiegelbildlichkeit) Art. 38 I GG als Anspruch auf dem Wahlergebnis entsprechende Repräsentation im Vermittlungsausschuss? Freiheit und Gleichheit des Abgeordnetenmandats: Jeder einzelne Bundestagsabgeordnete muss dieselben Einflussmöglichkeiten auf die Staatsgewalt und dieselben Rechte im Parlament haben. Bundestagsordnete schließen sich gem. 45 Abs. 1 AbgG zu Fraktionen zusammen, die die Interessen der Abgeordneten kanalisieren und denen deshalb im Arbeitsparlament Bundestag eine Schlüsselstellung zukommt. 12, 57 GOBT Grundsatz der Spiegelbildlichkeit für die Ausschüsse Grundsatz der Gleichberechtigung gem. Art. 38 I GG schlägt somit vom Abgeordneten über die Fraktion in die Besetzung der Ausschüsse durch
3 II. Beeinträchtigung der Spiegelbildlichkeit durch die Sitzverteilungsverfahren 1. Zusammensetzung des Vermittlungsausschusses aufgrund des Beschlusses vom 30. Oktober 2002 a) Sitzverteilung im Bundestag Laut Sachverhalt entfielen auf die SPD Fraktion 251 Sitze mit einem Wahlergebnis von 41,63 %. Die CDU/CSU Fraktion errang 248 Sitze mit einem kombinierten Wahlergebnis von 41,13 %. b) Sitzverteilung nach alter Berechnung im Vermittlungsausschuss Nach St.Laguë/Schepers: auf beide Fraktionen je 7 Sitze. Ein Sitz im Vermittlungsausschus repräsentierte somit 36 Abgeordnete der SPD Fraktion bzw. 35 Abgeordnete der CDU/CSU Fraktion. Problem: Keine Abbildung der Mehrheit im BT c) Sitzverteilung nach neuer Berechnung Modifizierung von St. Laguë/Schepers: SPD Fraktion 8 Sitze, auf die CDU/CSU Fraktion 6 Sitze. Hiernach repräsentiert ein Sitz im Vermittlungsausschuss 41 CDU/CSU Abgeordnete bzw. 31 SPD Abgeordnete Zwischenergebnis: Erhebliche Abweichung von der Spiegelbildlichkeit - 3 -
4 III. Verfassungsrechtliche Rechtmäßigkeit der Beeinträchtigung 1. Beeinträchtigung der Spiegelbildlichkeit in Bundestagsausschüssen Spannungsfeld: Spiegelbildlichkeit (Art. 38 I GG) <> Mehrheitsprinzip (Art. 42 II GG) Proportionale Repräsentation <> Funktionsfähigkeit des Parlaments Funktion der Ausschüsse: Vorbereitung von BT-Beschlüssen, Ausgleich von Fraktionsinteressen Abweichung von Spiegelbildlichkeit bei allen Zählverfahren unumgänglich Pflicht zur Minimierung von Verzerrungen der Spiegelbildlichkeit In BT-Ausschüssen kann Problem einfach durch zusätzlichen Sitz behoben werden 2. Beeinträchtigung der Spiegelbildlichkeit im Vermittlungsausschuss Vermittlungsausschuss ist ständiges gemeinsames Unterorgan von Bundestag und Bundesrat 32 Sitze (16 BT/16 BR), Art. 77 II 2 GG ivm GOVermAS Funktion: Ausgleich von Bundes- und Länderinteressen Unterschiede zu normalen Ausschüssen: Erhöhtes politisches Konfliktpotential und geringerer fachspezifischer Hintergrund Pro Mehrheitsprinzip - 4 -
5 Ausschuss zur Repräsentation von Bundestag und Bundesrat, nicht von Parlamentsmehrheit/Regierung und Ländern Pro Spiegelbildlichkeit Zu berücksichtigen: Kein Zählverfahren führt zu einem Ergebnis, welches Spiegelbildlichkeit und Mehrheit angemessen berücksichtigt Rechtsgedanke 57 I 1 GOBT: BT-Beschluss war vorläufig nicht zu beanstanden Jedoch: langfristig neuer Beschluss mit proportionalitätsgerechterer Sitzverteilung nötig Zwischenergebnis: Wegen Verletzung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit als Ausprägung der Erfolgswertgleichheit verletzt der Bundestagsbeschluss vom 30. Oktober 2002 die CDU/CSU-Fraktion in ihren verfassungsmäßigen Rechten aus Art. 38 I GG. Gesamtergebnis: Der Antrag der Fraktion ist damit zulässig und begründet
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