V fordert nach weiteren zwei Wochen nunmehr Zahlung des Kaufpreises von K.
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- Clemens Möller
- vor 8 Jahren
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1 Übung im Privatrecht I Wintersemester 2014/15 Fall 2: Computerkauf mit Problemen Rentner Karl (K) beabsichtigt seit geraumer Zeit, sich einen Laptop zu kaufen, um endlich standesgemäß mit seinen Enkeln (Kevin und Jaqueline) twittern zu können. (Seine Briefe insbesondere die ohne Geldgeschenke bleiben in letzter Zeit zumeist unbeantwortet.) Als er eines Morgens einen Prospekt des ansässigen Computerladens des Viktor (V) findet, ist er von dem darin angebotenen Laptop der Marke Eicer 7750g zum Preis von 599,- EUR sofort begeistert. Wörtlich heißt es dort: Einmaliges Angebot: Profi-Laptop Eicer 7750g zum einmalig günstigen Preis. Nutzen Sie noch heute dieses exklusive Angebot. Noch am gleichen Tag schreibt K daraufhin einen Brief an V, in dem er formuliert: Ich nehme das in Ihrem Prospekt enthaltene Kaufangebot über einen Eicer 7750g zum Preis vom 599,- EUR an. und wirft diesen persönlich in den Briefkasten des V ein. Den Brief entnimmt V am nächsten Tag aus dem Briefkasten, verlegt ihn jedoch zunächst. Erst nach einem Monat bemerkt er sein Missgeschick und erklärt noch am gleichen Tag per Brief an K, dass: er das Kaufangebot des K über einen Eicer 7750g zum Preis von 599,- EUR annehme. Als K der mittlerweile ein anderes Laptop im Großhandel erstanden hat den Brief in Empfang nimmt, misst er diesem jedoch keine weitere Bedeutung mehr bei und legt ihn beiseite. Zwei Tage später versendet V ein Paket mit einem Laptop Eicer 7750g samt Rechnung an K. Als K dieses in Empfang nimmt, legt er es kurzerhand beiseite und lässt es ungeöffnet liegen. V fordert nach weiteren zwei Wochen nunmehr Zahlung des Kaufpreises von K. Aufgabe 1: Aufgabe 2: Hat V einen Anspruch gegen K auf Zahlung des Kaufpreises i.h.v. 599,- EUR? Wie wäre es, wenn K den Laptop zwischenzeitlich in Betrieb genommen hätte? 1
2 Lösungsskizze Aufgabe 1: V könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises i.h.v. 599,- EUR gem. 433 Abs. 2 BGB haben. Voraussetzung ist ein wirksamer Kaufvertrag zwischen V und K über den Kauf des Laptops - ein Vertrag kommt zustande durch Angebot und Annahme 1 ( 151, 145 ff. BGB) - = zwei übereinstimmende, in Bezug aufeinander abgegebene, 2 Willenserklärungen - Angebot 3 des V durch Zusendung des Werbeprospekts? - das Angebot ist eine Willenserklärung 4 - obj. Erklärungstatbestand 5 (+) - Versenden des Prospekts - subj. Erklärungstatbestand 6? - Handlungswille 7 (+) - V versendet den Prospekt willentlich - Erklärungswille 8 und Geschäftswille 9? - könnten hier fraglich sein, da jedenfalls reine Werbung nicht auf Setzung von Rechtsfolgen gerichtet ist - denn Problem hier: besteht Bindungswille des V? BGB: der Antragende ist an das Angebot gebunden 10 => muss entsprechenden Bindungswillen haben 11 - Vorliegen von Bindungswille ist durch Auslegung 12 ( 133 u. 157 BGB) der Erklärung des V zu ermitteln 1 S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn. 246 ff. 2 S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn. 247 ff. 4 S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn. 178 ff. 5 S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn. 180 f. 6 S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn. 182 ff. 7 S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn. 287 ff. 2
3 - Maßstab ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen der objektive Empfängerhorizont (wie musste ein verständiger Adressat die Erklärung verstehen?) 13 - Wortlaut der Erklärung hier: einmaliges Angebot - aber Bindungswille des V hier mit Blick auf die objektive Interessenlage 14 gleichwohl zu verneinen - Argument: wenn alle Haushalte, die den Prospekt erhalten, das Angebot annehmen, ist V mit einer Vielzahl von Kaufverträgen konfrontiert, die er nicht alle erfüllen kann => er würde auf Schadensersatz wg. Nichterfüllung haften => V will hier aus objektiver Sicht sinnvollerweise keine Bindung => Prospekt ist lediglich Aufforderung zur Abgabe von Angeboten (invitatio ad offerendum) 15 => V handelte für den Rechtsverkehr erkennbar ohne Bindungswille => der Werbeprospekt ist kein wirksames Angebot des V - Angebot des K durch seinen Brief an V? - obj. Erklärungshandlung (+) - Einwerfen des Briefes in den Briefkasten des V - subj. Erklärungshandlung (+) - K hat hier ohne weiteres Handlungswillen, Erklärungswille und Geschäftswille (wenn dies wie hier offensichtlich ist, in Klausur nicht weiter ausführen) - inhaltliche Qualität der Erklärung des K - Wortlaut: Annahme des Angebots des V - mangels Vorliegen eines tatsächlichen Angebots des V kann die Erklärung des K jedoch selbst nur ein Angebot auf den Abschluss des Kaufvertrags darstellen - (da Angebot und Annahme inhaltlich übereinstimmen, kommt es für die Qualifikation als Angebot oder Annahme allein auf die zeitliche Reihenfolge an) => Brief des K ist ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags über das Laptop 13 S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn
4 - Zugang 16 des Angebots? - die Erklärung muss so in den Machtbereich des Empfängers gelangen, dass dieser Kenntnis nehmen konnte und mit der Kenntnisnahme zu rechnen war 17 => Zugang hier mit Einwurf des Briefs in den Briefkasten des V innerhalb der regelmäßigen Geschäftszeiten (tatsächliche Kenntnisnahme nicht erforderlich) - Annahme 18 des Angebots durch V mittels Brief an K? - obj. und subj. Erklärungstatbestand liegt unproblematisch vor - fraglich, ob noch wirksames, annahmefähiges Angebot des K vorliegt - Bindung des Antragenden an das Angebot ist zeitlich beschränkt (vgl. 147 BGB) 19 - Angebot des K könnte hier durch Verstreichen der Annahmefrist gem. 147 Abs. 2 BGB erloschen sein - Übermittlung per Brief => Angebot gegenüber einem Abwesenden => Annahmefirst: so lang mit der Annahme unter regelmäßigen Umständen gerechnet werden kann - Rechtsprechung: die Zeit, die für die Übermittlung und Bearbeitung sowie die Überlegung der Entscheidung, gemessen an der Tragweite und Schwierigkeit des Geschäfts, erforderlich ist 20 => 1 Monat hier nicht mehr regelmäßige Annahmezeit => das Angebot ist erloschen => der Brief des V ist ein neues Angebot an K zum Abschluss des Kaufvertrags (vgl. 150 Abs. 1 BGB) - Zugang des (neuen) Angebots? - K erhält den Brief tatsächlich => dieser ist in seinem Machtbereich und er kann Kenntnis nehmen - ob er tatsächlich Kenntnis genommen hat, ist irrelevant 16 S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn. 254 mit Beispielsfall. 4
5 Ergebnis: - Annahme des neuen Angebots des V durch K? - ausdrückliche Annahmeerklärung nicht ersichtlich - Annahme durch schlüssiges (konkludentes 21 ) Verhalten? - hier in Form des Behaltens (=nicht Zurücksendens) des Laptops denkbar - grundsätzlich kann schlüssigem Tun Erklärungswert beigemessen werden 22 - grundsätzlich jedoch kein Erklärungswert bei bloßem Schweigen 23 (Ausnahme: kaufmännisches Bestätigungsschreiben 24 ) - hier folgt unabhängig davon, ob man das Verhalten des K als Schweigen interpretiert, bereits aus 241 a BGB, dass keine Annahme Seitens des K vorliegt, da durch das Zusenden von Ware durch einem Unternehmer an einen Verbraucher kein Anspruch begründet wird 25 - K ist Verbraucher 26 (vgl. 13 BGB) - V ist Unternehmer 27 (vgl. 14 BGB) => keine konkludente Annahme des Angebots des V durch K => zwischen V und K ist kein wirksamer Kaufvertrag über den Kauf des Laptops zustande gekommen V hat gegen K keinen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises i.h.v. 599,- EUR gem. 433 Abs. 2 BGB Aufgabe 2: Unterschiede können sich allein insofern ergeben, als K möglicherweise das in dem Brief des V zu erblickende Angebot durch die Nutzung des Laptops konkludent angenommen hat. Es fragt sich also, ob K durch die Nutzung des Rechners das Verkaufsangebot des V konkludent angenommen hat und somit zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet ist. - Einigkeit besteht insofern, dass eine konkludente Annahme auch in Fällen des 241 a BGB grundsätzlich denkbar ist - welches Verhalten im Rahmen von 241 a BGB jedoch als konkludente Annahme gilt, ist umstritten S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn. 193 ff. 24 S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn. 198 ff. 25 S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn. 55 ff. 27 S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn. 62 ff. 28 S. dazu Skript Privatrecht I, 2 Rn. 194, dort insbes. Fn. 192, 5
6 - die Rechtsprechung und die h.m.: - beschränken die konkludente Annahme bei 241 a BGB auf den Fall der Erbringung der Gegenleistung hier also einer Kaufpreiszahlung durch K - Teile der Literatur: => es läge keine konkludente Annahme vor => K wäre gegenüber V nicht gem. 433 Abs. 2 BGB verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen - eine derart weitgehende Einschränkung der konkludenten Annahme ist 241 a BGB nicht zu entnehmen => Ingebrauchnahme der Sache soll konkludente Annahme darstellen => es läge ein wirksamer Kaufvertrag über den Laptop zwischen V und K vor => K wäre gegenüber V zur Zahlung des Kaufpreises gem. 433 Abs. 2 BGB verpflichtet 6
V fordert nach weiteren zwei Wochen nunmehr Zahlung des Kaufpreises von K.
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