Deutscher Brandschutzpreis Neubau eines sechsgeschossigen Pflegeheims in Holzbauweise
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- Günter Krause
- vor 7 Jahren
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1 Deutscher Brandschutzpreis Sechs mit Holz Neubau eines sechsgeschossigen Pflegeheims in Holzbauweise Dipl.-Ing. Robert Kerbl - Kerbl Architekten + Ingenieure, Berlin Dr.-Ing. Mandy Peter - Ingenieurbüro Peter, Prenzlau Für eine bestehende Pflegeeinrichtung wird ein neues Gebäude für 90 vollstationäre Pflegeplätze in Berlin Lichtenberg entstehen. Das geplante Bauwerk wird innerstädtisch sechsgeschossig in Holzbauweise mit teilweise sichtbaren Holzoberflächen errichtet. Im Focus der Konzeptentwicklung standen höchste Ansprüche an Wohnqualität und Raumklima, da die Bewohner oft Ihr gesamtes Leben in den Wohngruppen verbringen. Hinzu kamen ökologische Bestrebungen, überwiegend nachwachsende Rohstoffe zu verwenden, ohne dabei die Wettbewerbsfähigkeit der Einrichtung in Frage zu stellen. Bild 1: Gartenansicht des Gebäudes DAS BRANDSCHUTZKONZEPT Allgemeines Über das Brandschutzkonzept wurde nachgewiesen, dass die allgemeinen Schutzziele des Brandschutzes trotz der vorhandenen Abweichungen vom Baurecht erfüllt werden. Die Brandschutzplanung erfolgte unter besonderer Berücksichtigung der vorgesehenen Nutzung des Gebäudes als Pflegeeinrichtung für körperlich und geistig behinderte Menschen. Das primäre Schutzziel ist der Personenschutz. Folglich stehen im Mittelpunkt der Planung vor allem die Flucht- und Rettungsmöglichkeiten. Zusätzlich wurden geeignete kompensatorische Maß-
2 Deutscher Brandschutzpreis nahmen geplant, welche die Einhaltung des erforderlichen brandschutztechnischen Sicherheitsniveaus gewährleisten. Im Folgenden werden die wesentlichen Aspekte des Brandschutzkonzepts näher erläutert. Der Schwerpunkt wird auf die Beschreibung der Kompensationsmaßnahmen für die Abweichungen von den bauordnungsrechtlichen Anforderungen gelegt. Diese basieren im Wesentlichen auf einem durchdachten Rettungskonzept zur Gewährleistung einer sicheren Evakuierung der Nutzer und anlagentechnischen Maßnahmen, die einen Brand frühzeitig melden und ihn auf ein beherrschbares Szenario begrenzen. Beurteilungsgrundlagen An Pflegeeinrichtungen stellt der Gesetzgeber im Vergleich zu gewöhnlichen Wohnnutzungen erhöhte Brandschutzanforderungen, die der Tatsache Rechnung tragen, dass sich in diesen Gebäuden Personen aufhalten, die sich z. T. nicht aus eigener Kraft in Sicherheit bringen können. Demzufolge fordert das Baurecht, dass die Tragkonstruktion in Pflegeheimen grundsätzlich feuerbeständig (F 90-AB) herzustellen ist. Diese Anforderung bedeutet, dass die tragenden Bestandteile der Konstruktion aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen müssen. Um das Projekt, wie vorgesehen, sechsgeschossig in Holzbauweise ausführen zu können, wurde ein ganzheitliches Brandschutzkonzept erstellt, mit dem das in Deutschland geforderten hohe Sicherheitsniveaus gewährleistet werden kann. Mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde wurde abgestimmt, dass als Beurteilungsgrundlage für das Projekt im Wesentlichen die Landesbauordnung Berlin in der derzeit gültigen Fassung herangezogen wird. Zusätzlich waren die Entscheidungshilfen des Senats für Stadtentwicklung Berlin für die bauaufsichtliche Behandlung von Wohngebäuden mit Serviceeinrichtungen und vollstationären Pflegeeinrichtungen zu beachten. Aufgrund der Holzbauweise ergeben sich zwei Abweichungen von diesen Beurteilungsgrundlagen: Befreiung von 23 (1) BauO Bln (Ausführung der tragenden Bauteile nicht in F 90-AB) Befreiung von Abschnitt Entscheidungshilfen SenStadt Berlin (Ausführung der Decken nicht in F 90-AB) Baulicher Brandschutz Alle tragenden Wände werden, mit Ausnahme der Brandwände, Treppenraumwände und durchgehenden Schächte, als hohlraumlose Massivholzkonstruktionen in der Feuerwiderstandsklasse F 90-B errichtet. Sie erhalten nichtbrennbare Bekleidungen aus Gipskartonbzw. Gipsfaserplatten in einer Dicke von 12,5 mm, so dass nichtbrennbare Oberflächen vorliegen.
3 Deutscher Brandschutzpreis Bild 2: Brandschutzqualitäten der Wände (braun: F 90-B, blau: Brandwandqualität F 90-A, orange: F 90-AB) Die Brandwände werden in üblichen Brandwandqualitäten in Stahlbeton hergestellt, die Ausführung der Treppenraumwände und durchgehenden Schächte, wie beispielsweise der Fahrstuhlschächte, erfolgt in einer feuerbeständigen Bauweise. Die Trennwände zwischen den Bewohnerzimmern werden in F30-A, nichttragende Wände von Technikräumen, Lagern und Räumen ähnlicher Nutzung werden in F90-A-Qualität ausgeführt. Die Geschossdecken des Gebäudes werden ebenfalls aus Massivholzelementen in der Feuerwiderstandsklasse F 90-B hergestellt. Die Deckenunterseiten werden jedoch unbekleidet in Sichtholzqualität ausgeführt. Als Dämmstoffe werden sowohl für die Wände als auch für die Decken ausschließlich nichtbrennbare Materialien verwendet. Da die tragenden Bauteile durchweg 90 Minuten Feuerwiderstand aufweisen, besteht der Unterschied zur feuerbeständigen Bauweise (F 90-AB) ausschließlich in der Verwendung der Baustoffklasse B anstelle A. Weiterhin weisen die massiven Holzbauteile keine Hohlräume auf, die bei Hohlraumkonstruktionen ohne Volldämmung zur Brandweiterleitung innerhalb der Bauteile führen können. Massive Holzbauteile weisen zudem ein positives Verhalten im Brandfall auf. Bei einer Naturbrandbeanspruchung mit einem Abfallen der Brandraumtemperatur nach meist 30 Minuten wirkt die sich bildende schützende Holzkohleschicht isolierend. Sie verhindert bzw. verlangsamt ein weiteres Vordringen des Brandes in das Bauteil, so dass der Brand häufig von allein verlischt. Die Tragkonstruktion der Außenwände wird aus nichtbrennbaren Baustoffen hergestellt (Aluminium-Profile). Es werden ausschließlich nichtbrennbare diffusionsoffene Dämmstoffe (Steinwolle) verwendet, um einer Brandausbreitung im Fassadenhohlraum wirksam vorzubeugen. Für die Bekleidung der Außenwände werden in den Obergeschossen ausschließlich schwerentflammbare Fassadenplatten verwendet. Zur Verhinderung eines Brandüberschlags von Geschoss zu Geschoss wird die Sprinklerung in den Bereichen der Außenwände verdichtet angeordnet.
4 Deutscher Brandschutzpreis Das Rettungskonzept Bei Pflegeheimen wird ebenso wie bei Krankenhäusern das Prinzip der horizontalen Evakuierung angewendet. Dies bedeutet, dass die zum Teil auf fremde Hilfe angewiesenen Nutzer bei einem Brandereignis zunächst in einen sicheren Brandabschnitt verlegt werden, bevor sie mit Hilfe der Feuerwehr und des Personals über die Treppenräume gerettet werden. Um dieses Prinzip realisieren zu können, muss das Gebäude mindestens zwei Brandabschnitte aufweisen. Im vorliegenden Fall wird das Bauwerk durch zwei massive Brandwände in drei Brandabschnitte, zwei Bewohnerbereiche sowie den dazwischen befindlichen Marktplatzbereich, untergliedert. Innerhalb der Treppenräume wurden zusätzliche, großzügige Evakuierungsbereiche mit einer Fläche von jeweils 34 m 2 geschaffen, die im Brandfall beispielsweise von Rollstuhlfahrern genutzt werden können, bevor sie von der Feuerwehr evakuiert werden. Damit stehen je Ebene insgesamt fünf durch Wände in Brandwandqualität abgetrennte Bereiche zur Verfügung. Die nach der Landesbauordnung Berlin geforderte Rettungsweglänge von maximal 35 m bis ins Freie oder bis zu einer notwendigen Treppe wird für das geplante Bauwerk weit unterschritten. Im ungünstigsten Fall beträgt die Rettungsweglänge lediglich 24 m. notwendiger Treppenraum 24 m allgemein zugänglicher Flur Bewohnerzimmer Bild 3: Maximale Rettungsweglänge zur Evakuierung der Bewohnerzimmer Eine Unterteilung der drei Brandabschnitte in jeweils mehrere Rauchabschnitte durch Rauchschutztüren nach DIN ist nicht notwendig, da die Flurlängen überall kleiner als 30 m sind. Das beabsichtigte Schutzziel, die Begrenzung der Rauchausbreitung, wird bei dem vorliegenden Konzept durch die Bildung kleiner Brandabschnitte erfüllt. Die maximale Belegungsdichte pro Brandabschnitt beträgt 10 Personen. Durch die massiven F 90-B-Wände zwischen den Bewohnerzimmern und den Fluren sowie die F 30-A-Metallständerwände zwischen den Bewohnerzimmern wird die Brandausbreitung begrenzt.
5 Deutscher Brandschutzpreis Anlagentechnischer Brandschutz Um den Mehreintrag von Brandlasten durch die brennbare Tragkonstruktion zu kompensieren, wurde eine vollflächige automatische Löschanlage geplant, die mögliche Brände auf ein Entstehungsbrandszenario begrenzt, welches erfahrungsgemäß nicht dazu führen kann, die massiven Holzwände und -decken zur Entzündung zu bringen. Die Vollsprinklerung dient auch als Kompensation für die brennbare Fassade (B1), indem die äußerste Sprinklerreihe verdichtet wird und einen Abstand von maximal 0,75 m zur Außenwand erhält. Damit kann ein vertikaler Brandüberschlag wirksam behindert werden. Als weitere anlagentechnische Brandschutzmaßnahme ist die Ausstattung der Bewohnerzimmer, des Marktplatzbereiches sowie des Foyers mit automatischen Brandmeldern in Form von Rauchmeldern vorgesehen. Vor dem Hintergrund, dass die meisten Brandopfer infolge Rauchvergiftung ums Leben kommen, sind Rauchmelder vor allem in den Bewohneraufenthaltsbereichen und den Pflegezimmern äußerst sinnvoll, da sie zeitlich vor dem Auslösen der Sprinkler die Entstehung eines Brandes signalisieren und somit ein rasches Einleiten notwendiger Rettungsmaßnahmen ermöglichen. Um die Fluchtwege neben der Sprinklerung zusätzlich abzusichern, werden die Flure, der Marktplatz und das Foyer mit Rauchabzugsanlagen ausgestattet. FAZIT Es lohnt neue Wege trotz schwieriger Baugesetze zu beschreiten. Die Unterstützung durch die Agenda 2004 und der Forderung nach verstärktem Einsatz von Holz helfen über Schwierigkeiten hinweg. Die Zusammenarbeit mit Behörden, der Bauaufsicht Berlin/Lichtenberg und der Berliner Feuerwehr war positiv und überaus konstruktiv. Die Erstellungskosten des Holzbaus sind verglichen mit herkömmlichen Bauweisen etwas- der Mehrwert, nicht zuletzt durch die wesentlich kürzeren Bauzeiten jedoch wesentlich höher. Insgesamt konnte durch die Erstellung eines ganzheitlichen Brandschutzkonzepts gezeigt werden, dass sich auch in mehrgeschossiger Holzbauweise genehmigungsfähige Bauwerke planen lassen, die im Vergleich zu Konstruktionen in Beton oder Mauerwerksbauweise einen in brandschutztechnischer Hinsicht mindestens gleichwertigen Sicherheitsstandard erreichen. Am wurde für das geplante Gebäude die Baugenehmigung durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde erteilt.
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