Beheizen von Kirchen eine Kurzübersicht. Stand des Wissens und Ansatzpunkte. Dipl.-Ing. Christian Dahm EnergieAgentur.NRW
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- Angela Simen
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1 Beheizen von Kirchen eine Kurzübersicht. Stand des Wissens und Ansatzpunkte Dipl.-Ing. Christian Dahm EnergieAgentur.NRW
2 Der Versuch einer Struktur Anforderungen von Holz, Leder, Putzen, Metallen u.a. an das Raumklima 2. Über das Zusammenwirken von Raumklima und Gebäude 3. Bauliche Maßnahmen zur Beeinflussung des Raumklimas 4. Planung der techn. Beeinflussung des Raumklimas 5. Installation und Betrieb der technischen Arbeiten Folie 2
3 1.1 Zielfeuchte zur Erhaltung von Baustoffen Einzelne Werkstoffe werden bei extremen Raumluftzuständen geschädigt: Leder, Putze, Leinwände: trocknen aus und können zerstört werden Metall: beginnende Korrosion bei 65 % (Maximalwert muss noch geprüft werden!) allg. Empfehlung: relative Feuchtigkeit: % Vermeidung extremer Schwankungen Folie 3
4 1.2 Volumenänderungen bei Feuchteschwankungen Holzvolumen ist stark von Raumluftfeuchte abhängig: Abplatzungen bei Werkstoffverbünden (farbgefasste Figur) reißendes Holz bei massiven Hölzern und verbautem Holz allg. Empfehlung: Vermeidung extremer Schwankungen Erhaltung des historischen Raumklimas Folie 4
5 DIN EN 15757: Erhaltung des kulturellen Erbes... (1) Das Kunstwerk hat sich seiner Umgebung angepasst Trotz ggf. vorhandener Grundschädigung können die Schäden größer werden, wenn das Raumklima auf Normwerte zurückgeführt wird. Empfehlung der Norm: Erstellung einer Langzeit-Messreihe des Raumklimas Beurteilung des Kunstgegenstandes durch einen Sachverständigen => Ist bei Beibehaltung des Raumklimas keine Schädigung des Werkstücks zu erwarten, soll das historische Klima beibehalten werden. Kurzzeitige Schwankungen des Raumklimas ist zu vermeiden Erkenntnis: Kurzzeitige Schwankungen sind meist sehr stark und abrupt. => größte Schädigung Empfehlung: Kurzzeitige Schwankungen sollen den Bereich der langfristige Schwankungen nicht überschreiten => Vermeidung von Spitzenwerten Folie 5
6 DIN EN 15757: Erhaltung des kulturellen Erbes... (2) - Konsequenz Jede Kirche mit wertvollen Einbauten sollte einen Datenlogger besitzen. Jede Kirchenheizung sollte über eine Regelautomatik mit Feuchte-Vorrangschaltung verfügen. Folie 6
7 1 Literaturhinweise: Anforderungen von Holz, Leder, Putzen, Metallen u.a. an das Raumklima Grundsätzliche Hinweise NORM DIN EN : Erhaltung des kulturellen Erbes - Festlegungen für Temperatur und relative Luftfeuchte zur Begrenzung klimabedingter mechanischer Beschädigungen an organischen hygroskopischen Materialien. Zur Durchführung und Interpretation von Langzeitmessreihen ERZBISCHÖFLICHES ORDINARIAT FREIBURG (Hrsg.): Projektbericht Prima-Klima II. Richtig Lüften und Heizen in Kirchen. Freiburg: 2012 Folie 7
8 2. Spannungsfeld Gebäude und Raumklima Folie 8
9 Folie 9
10 2.1 Feuchte in Kirchen: Sommerkondensation Folie 10
11 2.1 Lüften von Kirchen NICHT Lüften: Taupunkttemperatur der Außenluft > Oberflächentemperatur der Innenwand Lüften ist MÖGLICH: Bei trockener Raumluft: Abs. Wassergehalt der Außenluft > Abs. Wassergehalt der Innenluft Bei feuchter Raumluft: Abs. Wassergehalt der Außenluft < Abs. Wassergehalt der Innenluft ABER: ggf. erhöhte Heizkosten Folie 11
12 2.2 Zieltemperatur im Kirchenraum Die zulässigen Temperaturen sind abhängig von der Einhaltung des erlaubten Fensters der rel. Feuchte. gewünschte Raumtemperaturen sollten nur als WUNSCH -Temperaturen zu verstehen sein. Grundtemperatur ist zur Vermeidung der Verdreckung und zur Steigerung der Aufenthaltsqualität sinnvoll. Folie 12
13 2.3 Schwärzen von Kirchen Folie 13
14 2.3 Problem: Schwärzen der Außenwände Hauptgrund für Schwärzen: - Heizungen produzieren einen Warmluftstrom - Wandoberfläche kälter als Warmluftstrom - Feuchtekondensation an Außenwand - hohe Luftgeschwindigkeiten => Turbulenzen => Verstärkte Kondensation Feuchtefilm an der Innenoberfläche der Außenwand - In der Luft sind immer Schmutzpartikel, die sich an dem Feuchtefilm anhaften. Herkunft der Partikel: - von Außen, Rußpartikel (Kerzen), Weihrauch - Verwitterung der Kirche (Putze etc.) Folie 14
15 2.3 Problem: Schwärzen der Außenwände Empfehlung zur Vermeidung von Schwärzen: - Verringerung Kondensation: T (Basis, Gottesdienst) = max. 5 Kelvin - Verringerung von Turbulenzen: mögl. kleine Luftgeschwindigkeiten mögl. gleichmäßige, flächige Wärmeeinbringung - Verringerung Schmutzpartikel: rußarme Kerzen, Reinigen der Kirche bei Warmluft-Hzg: Wechsel der Luftfilter keine Luftauslässe im Gangbereich Folie 15
16 2 Literaturquellen zum Zusammenwirken von Gebäude und Raumklima Allgemeine Literatur ERZBISCHÖFLICHES ORDINARIAT FREIBURG (Hrsg.): Projektbericht Prima-Klima II. Richtig Lüften und Heizen in Kirchen. Freiburg: 2012 Automatische Lüftung von Kirchen GARRECHT, HARALD: Raumklimatische Untersuchungen und bauphysikalische Konzepte. In: Klimastabilisierung und bauphysikalische Konzepte. ICOMOS 2004 ARENDT, CLAUS: Unter welchen Voraussetzungen ist die Beheizung von Kirchen zu bejahen und wie soll sie durchgeführt werden? In: Klimastabilisierung und bauphysikalische Konzepte. ICOMOS 2004 VIELHABER, PROF. DR. JOHANNES U.A.: Klimastabilisierung in temporär genutzten Gebäuden. In: Erhalt temporär genutzter Gebäude. DBU Initiativen zum Umweltschutz. Band 77. Erich Schmidt Verlag 2009 Folie 16
17 3. Bauliche Maßnahmen zur Beeinflussung des Raumklimas Holzböden Windleitbleche HEIMSCH, RAINER: Ermittlung und Validierung von Planungsparametern.... In: Erhalt temporär genutzter Gebäude. DBU Initiativen zum Umweltschutz. Band 77. Erich Schmidt Verlag 2009 Schutzverglasung Forschungsprojekt: Schutzverglasungen historischer Glasmalereien und Kunstverglasungen im Spannungsfeld von Denkmalpflege und energetischer Verbesserung von Baudenkmälern (Vitrocentre Romont) Vermeidung von Undichtigkeiten an der Gebäudehülle Windfänge Luftwechselraten hängen vom Außenwetter und der Größe der Undichtigkeiten ab Beispiel Renatuskapelle: 0,24 (windstill); 0,54 (frische Brise); 0,67 (starker Wind); 2,34 (geöffnete Tür) KILIAN, RALF: Die Wandtemperierung in der Renatuskapelle in Lustheim. Auswirkungen auf das Raumklima. Anton Siegl Verlag 2004 In dieser Quelle wird auch ein Verfahren beschrieben, mit dem man anhand der Klimawerte Außen und Innen die Luftwechselzahl der Kirche bestimmen kann. Folie 17
18 3.1 Historische bauliche Maßnahmen zur Beeinflussung des Raumklimas Passive Klimaregulierung von Kirchen KOLLER, MANFRED: Zur Geschichte der vorbeugenden Konservierung. In: Österreichische Sektion des IIC (Hrsg.): Schutz und Pflege von Kunst- und Baudenkmälern. Wien, 1995 (Restauratorenblätter 15) Hinweis auf die ursprünglich üblichen Arten der passiven Klimaregulierung von Kirchen, wie zum Beispiel Holzröhren in den Gewölbescheiteln zur Belüftung des Dachbodens oder perforierte Blecheinsätze anstatt Verglasungen zur Dauerbelüftung des Kirchenraumes. Die im Haupttext recht kurz gefassten Hinweise auf die verschiedenen Varianten der althergebrachten Klimaregulierung werden durch eine ausführliche Liste an Literaturquellen ergänzt. Fehlerquellen bei der Klimaregulierung historischer Gebäude ARENDT, CLAUS: Fehlerquellen bei der Klimaregulierung historischer Gebäude. In: Österreichische Sektion des IIC (Hrsg.): Schutz und Pflege von Kunst- und Baudenkmälern. Wien, 1995 (Restauratorenblätter 15) Neben vielen anderen Aspekten erklärt Claus Arendt die besondere Funktion von belüfteten Dachräumen oberhalb der Gewölbe zur Klimaregulierung des Kirchenraumes. Sehr hilfreiche Informationen, bei der aktuell oft diskutierten Frage, ob Öffnungen in den Gewölben geschlossen oder besser offen gelassen werden sollen! Folie 18
19 4. Planung der Anlagentechnik - VDI 3817! VDI 3817 Technische Gebäudeausrüstung denkmalwerter Gebäude Anforderungen an die TGA sollen in einem Raumbuch festgelegt werden. Festlegung ergänzender Leistungen (Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen, raumklimatische Messungen) Detaillierte Bestandsaufnahme und Dokumentation Führung eines Betriebsbuches (Wann erfolgte wo welche Instandhaltungsmaßnahme?) Bedienungshandbuch für techn. Anlagen Folie 19
20 4.1 Planung der Heizungsanlage Es gibt verschiedene Heizungsarten, die jeweils spezifische Eigenschaften haben und sich unterschiedlich für verschiedene Kirchentypen eignen. ARENDT, CLAUS: Raumklima in großen historischen Räumen. Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Köln NORM DIN EN : Erhaltung des kulturellen Erbes - Raumklima - Teil 1: Leitfäden für die Beheizung von Andachtsstätten Orte und Arten der Wärmeeinbringung müssen für jede Kirche einzeln geplant werden. Auch eine Heizlastberechnung in üblicher Art ist nach unserer Meinung nicht möglich. (Es gibt verschiedene Formeln, die sich erheblich wiedersprechen) PFEIL, AXEL: Kirchenheizung und Denkmalschutz. Wärmebedarf Feuchtehaushalt Heizungssysteme. Bauverlag GmbH Da das raumklimatische Verhalten von der Geometrie und den bauphysikalischen Eigenschaften der Wände abhängt, dürfte eine Simulation der erfolgreichste Weg sein. DJAHANSCHAH, Sabine (Hrsg.) ; DJAHANSCHAH, Darius (Hrsg.) ; ROLOFF, Jürgen (Hrsg.): Erhalt temporär genutzter Gebäude. Berlin : Erich Schmidt Verlag, 2009 (Initiativen zum Umweltschutz, Band 77). ISBN Idee: Zuschuss des Bistums zur Finanzierung der Heizungserneuerung aufteilen in: Planung der Heizung + Investition Beispiel: Erzbistum Paderborn: Mittel aus dem Energiesparfond Folie 20
21 Aktuelle Forschungsprojekte und Messreihen Vitrocentre Romont (CH) Forschungsprojekt: Schutzverglasungen historischer Glasmalereien und Kunstverglasungen im Spannungsfeld von Denkmalpflege und energetischer Verbesserung von Baudenkmälern Folie 21
22 Zusammenfassung der Vorgaben möglichst konstante relative Feuchte bei %, bzw. im historischen Klima Regelung der Heizung über Feuchtefühler zulässige Raumlufttemperaturen hängen von Feuchtewerten ab möglichst langsame und seltene Änderungen der Raumluftfeuchte kleine Luftgeschwindigkeiten, gleichmäßige Wärmeeinbringung Verringerung der Schmutzpartikel Differenz zwischen Nutz- und Absenktemperatur max. 5 C Steigerung der Aufenthaltsqualität durch passive Maßnahmen Aufnahme von Fachrichtlinien in die Ausschreibungen/Aufträge (VDI 3817, WTA E 6-12, DIN EN ) Einfache, nachvollziehbare, angemessene Heizungsregelung! Folie 22
23 5. Installation + Betrieb der technischen Arbeiten <Platzhalter für eine kurze Überlegung, wie in dem eigenen Umfeld Kirchenheizungen ausgeschrieben und beauftragt werden> Welche Kenntnisse hat i.d.r. die für die Beheizung der Kirche zuständige Person? Wer betreut die Erneuerung einer Heizungsanlage in einer denkmalgeschützten Dorfkirche? Das Bistum oder das Ehrenamt? Diese Person muss die bisher besprochenen Kenntnisse haben. Unterstützung des Bistums wäre wünschenswert. Wie brauchbar und verständlich ist die vorhandene Regelungstechnik? Beispiel: Förderprogramm zum Einbau einer Heizungsregelung (Erzbistum Hamburg) Folie 23
24 These: Planungsgrundlagen und Anforderungen an Kirchenheizungen sind vorhanden. Allerdings ist dieses Wissen nicht bei den handelnden Personen präsent. Weitere Forschungsprojekte sind eigentlich nicht notwendig. Strategie: Versuchsweise eine/mehrere Kirchenheizung nach den Vorgaben planen und Alltagstauglichkeit der Empfehlungen prüfen. Evaluieren!!! Befähigen der Ehrenamtlichen regelmäßige Schulungen, Handreichungen als Arbeitshilfe... Folie 24
25 Weitere Literaturquellen zum Raumklima von Kirchen DJAHANSCHAH, Sabine (Hrsg.) ; DJAHANSCHAH, Darius (Hrsg.) ; ROLOFF, Jürgen (Hrsg.): Erhalt temporär genutzter Gebäude. Berlin : Erich Schmidt Verlag, 2009 (Initiativen zum Umweltschutz, Band 77). ISBN EXNER, MATTHIAS ; JAKOBS, DÖRTHE (Hrsg.): Klimastabilisierung und bauphysikalische Konzepte. Wege zur Nachhaltigkeit bei der Pflege des Weltkulturerbes. München : Deutscher Kunstverlag, 2005 (ICOMOS, Hefte des deutschen Nationalkomitees XLII). ISBN X KÜNZEL, HELMUT: Bauphysik und Denkmalpflege. 2.Aufl. Stuttgart : Fraunhofer IRB Verlag, ISBN NORM WTA E 6-12 : Klima und Klimastabilität in historischen Bauwerken ÖSTERREICHISCHE SEKTION DES IIC (Hrsg.): Schutz und Pflege von Kunst- und Baudenkmälern. Klosterneuburg : Verlag Mayer & Comp, 1995 (Restauratorenblätter, Band 15) Folie 25
26 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dipl.-Ing. Christian Dahm EnergieAgentur.NRW Tel.: 0202 / , dahm@energieagentur.nrw.de
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