Wege zur inneren Schönheit

Transkript

1 Wege zur inneren Schönheit - Erziehungsethik Mathias Claus Der vorliegende Text ist urheberrechtlich geschützt. Der Autor behält sich alle Rechte vor. April Copyright bei Mathias Claus, Ländestrasse 27c, 5210 Windisch

2 Erziehungsethik Vater und Mutter sollen ihre Kinder lieben, hüten und pflegen und zu edlen, lebenstüchtigen, arbeitsfrohen Menschen erziehen... Vater und Mutter sollen vereint alles Gute für ihre Kinder tun, das Beste, das sie ihren Kindern schenken können, ist aber eine gute geistige und körperliche Veranlagung, Gesundheit, eine fortentwicklungsfähige und widerstandsfähige Lebenskraft und eine gute Erziehung. In diesen Punkten sollen Vater und Mutter vereint zusammenwirken und alles tun, was in ihren Kräften steht zum Wohle ihres Kindes. Die Erziehungsarbeit ist eine heilige Aufgabe, welche uns hilft, unsere Kinder in Liebe, Wertschätzung und Kooperation zu erziehen. Wie unsere Kinder in Freiheit und Selbständigkeit gedeihen, so benötigen sie auch unsere Grenzen und Strukturen. Wie eine Erziehung die Kinder mit den Anforderungen des realen Lebens konfrontiert so soll sie auch die inneren Werte, das Seelenleben und die ethische Schönheit der Kinder fördern. Das höchste Gut, das man einem Kinde, überhaupt einem Menschen für das Leben mitgeben kann, ist nächst den vererbten, angeborenen Gütern, welche in guter Charakteranlage, Talent, Gesundheit, Schönheit, Geistesschärfe und Seelengrösse bestehen, eine gute Erziehung und neben dieser eine gute Allgemeinbildung. Diese Güter sind wertvoller als stattliche Vorteile und materieller Reichtum. Wie wir als Eltern uns um eine kindgerechte Erziehung bemühen, so soll auch unser Land kinderfreundlicher werden, denn in den Kindern liegt die Zukunft der Menschheit. Die Lebensumstände von Kindern, ihr Lebensumfeld in der Familie, in der Schule und Freizeit beeinflussen, welche Werte unsere Gesellschaft in Zukunft prägen werden. Ein Mann ging in den Wald, um nach einem Vogel zu suchen, den er mit nach Hause nehmen konnte. Er fing einen jungen Adler, brachte ihn heim und steckte ihn in den Hühnerhof zu den Hennen, Enten und Truthühnern. Und er gab ihm

3 Hühnerfutter zu fressen, obwohl er ein Adler war, der König der Vögel. Nach fünf Jahren erhielt der Mann den Besuch eines naturkundigen Mannes. Und als sie miteinander durch den Garten gingen, sagte der: "Dieser Vogel dort ist kein Huhn, er ist ein Adler!" "Ja", sagte der Mann, "das stimmt. Aber ich habe ihn zu einem Huhn erzogen. Er ist jetzt kein Adler mehr, sondern ein Huhn, auch wenn seine Flügel drei Meter breit sind." "Nein", sagte der andere. "Er ist noch immer ein Adler, denn er hat das Herz eines Adlers. Und das wird ihn hoch hinauffliegen lassen in die Lüfte. Lass es mich versuchen!" So geschah es. Der erste Versuch war ein Misserfolg. Der zweite auch. Doch dann nahm der naturkundige Mann den Adler mit in die Berge. Er hob ihn hoch und sagte zu ihm: "Adler, du bist ein Adler. Du gehörst dem Himmel und nicht dieser Erde. Breite deine Flügel aus und fliege!" Da liess ihn der naturkundige Mann direkt in die Sonne schauen. Und plötzlich breitete er seine gewaltigen Schwingen aus, erhob sich mit dem Schrei eines Adlers, flog höher und höher und kehrte nie wieder zurück. James Aggrey Jedes Kind hat das Recht auf eine Erziehung, welche seine Individualität respektiert und fördert. Kinder haben das Recht, dass ihre Würde und ihre individuelle Persönlichkeit geachtet werden. Auch sollte eine Bildung darauf abzielen, dass in einem natur- und lebensnahen Umfeld das Kind seine Neugier, sein Empfindungsleben und seine Würde entfalten kann. Dabei sollen nicht Leistungsdruck und Anpassung, sondern das Erkennen und die Förderung der individuellen Anlagen und Begabungen im Zentrum stehen. Die ganzheitliche Schulung des Kindes "Was unsere allgemeine sinnliche Empfindungsfähigkeit und die Vorstellungskraft, von der jene getragen wird, anbelangt, so zielt unsere ganze Erziehung darauf hin, sie entweder brach liegen zu lassen oder zu unterdrücken, statt sie zu integrieren und die von ihr ausgehende Energie in geeignete Bahnen zu lenken. Vom Elementarsten besitzen wir nur noch abstrakte Kenntnisse: fast zur Gänze verkümmert ist unsere Intuition für das Lebendige, sei es Pflanze oder Tier. Einige wenige besitzen noch die Gabe

4 instinktiver Sympathie und wissen Freundschaft zu schliessen mit einem Fuchs und Kraft aus dem mächtigen Stamm einer Eiche zu beziehen, indem sie ihn umarmen. Die Mehrzahl bleibt jedoch an der Oberfläche nicht nur der Dinge der Lebewesen, sondern auch ihrer eigenen Empfindungen und Gefühle. Es fehlt uns jene allzeit gegenwärtige, grenzenlose Liebe, die die Verbindung zur universalen Wirklichkeit ist, dem Einklang aller Teilelemente. Pierre Emanuel Heutzutage lernen die Kinder in der Schule das Universum und den menschlichen Körper als eine funktionierende Maschine kennen. Von dem wunderbaren, geistigen Wirken der Natur entfremdet bleibt ihnen das geheimnisvolle, innere Wesen des Lebens meist verborgen. Von früh auf werden die Kinder einseitig in ihren nüchternen Denkfähigkeiten und im Ansammeln von Fakten trainiert. Während ihre Sinne einseitig auf das Äussere der Dinge gelenkt werden bleibt den Kindern das intelligente, seelische, unsichtbare, kreative Streben in allem Sein oft vorenthalten. Was gibt uns das Recht, diese wunderbare Welt in der geistigen Bildung unserer Kinder nur in Schweigen zu hüllen? Oft gehen auf diese Weise wichtige Jahre der seelischen Entfaltung vorüber, ohne dass die Kinder die Lebendigkeit und schöpferische Vielfalt des Lebens erleben und erforschen können. Nüchternheit und Fixierung auf die fassbare Welt werden auf diese Weise als Lebensideal gefördert während eine Entfremdung von dem tieferen Wesen des Lebens vorprogrammiert wird. Doch wieso sollen nicht schon in den Kindern die inneren Sinne und das Bewusstsein für die in der Tiefe des Lebens wirkenden geistigen Kräfte geweckt werden? Oder sind sie damit einverstanden, wenn ihre Kinder einseitig auf die Bedürfnisse einer an Profit, Nüchternheit, Funktionalität und Leistungssteigerung ausgerichteten Wirtschaftsform vorbereitet werden? Die Schule der Zukunft hat die Aufgabe, die Sinne zu wecken und zu schärfen, nicht aber den noch nicht entwickelten Geist des Kindes in abstrakte Idee und Glaubensformen zu zwingen. Den Weg der Wahrheit findet das Kind selber durch die Schärfung der Sinne für die Natur und das Wesen der Dinge, und später findet es den weg zum Guten durch die Erfahrung. Nicht

5 drillen, sondern schulen; nicht zwingen, sondern raten; nicht strafen, sondern leiten, das ist die Aufgabe der zukünftigen Schule. Eine Schule der Zukunft wird unsere Kinder sowohl in ihrer sachlichen Rationalität schulen, ergänzend dazu aber auch der seelischen, emotionalen und sozialen Bewusstseinsentwicklung der Kinder mehr Raum und Zeit einräumen. "Rein logisches Denken verschafft uns keine Erkenntnis über die wirkliche Welt. Alle Erkenntnis der Wirklichkeit beginnt mit der Erfahrung und endet mit ihr. Alle Aussagen, zu denen man auf rein logischen Wegen kommt, sind, was die Realität angeht, vollkommen leer." Albert Einstein Im Rahmen der Empfindungsschulung sollen die Kinder an das Wesen der geistig, seelischen Lebenskräfte herangeführt werden. Die Kinder sollen auch in die Natur geführt werden, um dort das geistige Wirken elementarer Lebenskräfte zu erleben. Die Kinder sollen die Kreativität, die Schönheit und die Intelligenz des Universums hautnah erleben können. Das Ziel soll es sein, dass die Kinder ihre inneren Sinne, ihre Intuition und ihre reiche Imaginationskraft schulen können. Sie sollen den Wert des seelischen und geistigen Lebens kennen und schätzen lernen. Denn was gibt es Wertvolleres, als unseren Kindern diese tiefe, seelische Erfahrung mitzugeben und sie auf diese Weise zu einem verantwortungsvollen, bewussten Umgang mit ihrer Umwelt zu führen?