Wenn alles Zusammenbricht, Wege aus der Trennungskrise

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1 Seite 1 von 6 Wenn alles Zusammenbricht, Wege aus der Trennungskrise Öffentlicher Vortrag von,, Leiterin der Trennungsgruppe im Frauentreff, Frauenberatungsstelle, Elmshorn Wenn das eigene Leben durch eine Trennungs- und Scheidungssituation betroffen ist, stecken wir in einer Lebenskrise, die sich zunächst wie ein psychischer Schock äußert. Wir reagieren emotional, haben das Gefühl den Boden unter unseren Füßen zu verlieren. Wir fallen in ein grenzenloses Nichts. Das ganze Leben scheint einem Scherbenhaufen zu gleichen. Wir könnten unser Leben dann auch als eine Art Kinofilm, der gerade auf einer Leinwand spielt, vergleichen, dessen Titel nicht mehr passt. Ein Trennungsprozess kann ein Verlassenheitstrauma hervorrufen aber auch Schuldgefühle, wenn wir es selbst sind, die sich trennen wollen, weil wir uns z.b. in einen neuen Partner verliebt haben. Durch diese seelische Zerrüttung, werden existentielle Ängste, Misstrauen, unbekannte Gefühlslagen und körperliche Symptome hervorgerufen, die uns Seiten in uns selbst entdecken lassen, von denen wir nie dachten, dass wir solche hätten. Wir müssen lernen, uns in dieser Emotionalität mitfühlend, anzunehmen, um die Trennungskrise gut bewältigen zu können. Eine andere Schwierigkeit in einer Trennungskrise ist: dass unser Nochpartner uns einerseits sehr vertraut ist, andererseits erkennen wir sein Verhalten überhaupt nicht wieder. Er ist uns fremd geworden. Wir verstehen unsere herkömmliche Welt nicht mehr. Wir leben in einem Gefühlschaos: Unsere Sicherheiten und Lebensstrukturen zerfallen, wie ein Kartenspiel. Das macht das Gefühl aus, das wir den Boden unter den Füßen verlieren. Wir brauchen neue Strategien und Strukturen für unser Leben. Wir brauchen auch Zeit,um den psychischen Schock, die Ohnmacht einer Trennung zu verarbeiten. Was ist eine seelische Verletzung? Wir sprechen von seelischer Verletzung ( Kränkung ), wenn wir durch einen anderen, der etwas sagt, tut, nicht tut, im Inneren tief getroffen sind.zum Beispiel, wenn wir verlassen werden und der Partner schon länger, ohne unseres Wissens die Trennung geplant hat oder eine Außenbeziehung hat. Wir erleben die Kränkung als schmerzhaft. Sie kann Ohnmachtsgefühle, Erstarrung, das Gefühl neben uns zu stehen, hervorrufen. Wir können uns minderwertig, schuldig und nutzlos fühlen. Oft reagieren wir auf eine seelische Verletzung zerstörerisch: entweder mit Wut, die wir gegen den anderen oder gegen uns selbst wenden, Beleidigungen, Trotz, depressiven Rückzug, Rachegelüsten oder körperlichen Beschwerden.

2 Seite 2 von 6 Wir reagieren mit Kontaktabbruch, entziehen dem anderen unsere Aufmerksamkeit. Mit so einer Reaktion vermeiden wir, einen wirklichen Klärungsprozess, der uns in unserer Entwicklung weiterbringen würde, und dadurch ein gutes Ende für die Beziehung erzielt werden könnte. Symptomatiken des psychischen Schocks die nach Stunden bis Tagen wieder abklingen: Betäubungsgefühl mit Bewusstseinseinengung und eingeschränkter Aufmerksamkeit Desorientiertheit Rückzug aus der Umweltsituation, Verstummen, oder die Umkehr: Unruhezustand, Überaktivität Vegetative Schlafstörungen, Alpträume, nächtliches Grübeln Panische Angst, Atemnot, Schwitzen, Erröten, Unkontrolliertes Weinen, Menstruationsbeschwerden Magen - und Darmprobleme Rückenschmerzen Erschöpfungsgefühle, Schwächegefühle Wir erfahren vier Phasen im Trennungsprozess Erste Phase: Es nicht wahrhaben wollen Wir wollen nicht wahrhaben, dass unser Partner uns nicht mehr liebt, oder dass unsere eigene Liebe aufgehört hat. Wir wollen nicht wahrhaben, dass unser bisheriges gewohntes Leben vorbei ist,dass die Vertrautheit mit unserem Partner ein Ende hat oder dass sich unsere Tagesstruktur und Wohnsituation verändern wird. Wir wollen auch die Schwierigkeiten in unserer Partnerschaft nicht wahrhaben, auch nicht, dass wir vielleicht längere Zeit schon unglücklich waren. Wir vermeiden unseren Trauerprozess. Zunächst halten wir die Trennungsabsicht vor der Familie, vor Freunden, vor Fremden geheim und versuchen alles mit uns selber auszumachen und wir versuchen den Partner zu überzeugen, dass wir doch die bessere Wahl sind und dass wir uns ändern werden, dass wir so werden, wie er es sich wünscht, nur damit er uns nicht verlässt und dass wir weiter in unserem gewohnten Lebens-Kinofilm bleiben können. Wir entfremden uns von uns selbst. Wir fühlen irgendwie, dass wir neben uns stehen und die Gefahr droht: sich als wertvollen Menschen aufzugeben. Zweite Phase: Wir wachen auf und sehen unser Leben in Trümmern Wir sind verzweifelt. Wir grübeln. Wir schlafen kaum. Wir fühlen eine innere Unruhe, einen tiefen verkörperten Schmerz. Wir ziehen uns ganz und gar zurück oder lenken uns ab und sind ständig unter Menschen. Uns wird bewusst, dass wir nicht nur den Partner und dessen Familie verlieren, sondern das sich alles ändern wird: Gemeinsame Rituale, Lebensvorstellungen, Ideale, Vertrautheit, Kindererziehung, Freundeskreis, das gemeinsame zu Hause, Zukunftsvisionen, Tagesstruktur, sozialer Status,

3 Seite 3 von 6 Finanzielle Situation verändert sich, meist zum Nachteil von Frauen, besonders, wenn sie kaum oder gar nicht berufstätig waren und sich um das Familienwohl kümmerten. Diese Verzweiflung ist eine ganz existentielle und geht unter die Haut. Sie kann sich verschieden zeigen: Wir weinen, machen uns Vorwürfe, dass wir nicht gemerkt haben, dass wir uns vom Partner entfernt haben. Fühlen uns schuldig, dass wir es nicht verhindern konnten. Wir sind in unserem Selbstwert verletzt, dass unser Partner uns nicht mehr will, nicht mehr liebt. Wir stellen das ganze gemeinsame Leben in Frage. Fühlen uns ohnmächtig und erstarrt vor Schreck Wir werden geschüttelt von Wutausbrüchen und Vorwürfen von Traurigkeit, von Rachegefühlen von Selbstzerstörung bis hin zu Todeswünschen. Können nicht mehr schlafen, fühlen uns ruhelos, leiden an Appetitlosigkeit, Magen und Darmbeschwerden, Rückenschmerzen, Herzschmerzen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen. Wir sind verletzt und erschüttert. Wir fühlen uns minderwertig, nicht mehr gebraucht, nicht geliebt. Wir sind einsam und mit der Angst vor dem Alleinsein konfrontiert. Wir sind überrascht, welche neuen Charakterzüge der Ex auch noch hat, die wir noch nie an ihm bemerkt haben. Er wird uns fremd. Das tut weh. Wir haben also einen wildfremden Mann vor uns, lernen Charakterzüge an ihm kennen, die wir nicht für möglich gehalten hätten. Wir müssen jetzt ganz genau überprüfen, dass das, was er uns verspricht und sagt, wirklich verlässlich ist. Vorsichtshalber einen Anwalt einschalten, um genau zu wissen, welche Rechte wir haben und wie wir finanziell abgesichert sind. Wir sind unsicher, wie viel Kontakt wir noch zu unserem Exmann ertragen können. Das ist besonders schwer, wenn Kinder da sind. Denn eine Partnerschaft kann zerbrechen, aber Eltern bleibt man sein ganzes Leben. Dritte Phase Bewältigungs - und Überlebensstrategie - Ein gutes Ende finden Wenn wir uns in dieser Zeit keine professionelle Hilfe holen und in den aufbrechenden Gefühlen steckenbleiben, können wir durch die seelische Verletzung sowohl psychisch z.b. Depression, Alkoholismus als auch körperlich z.b. Krebs schwer erkranken. Denn dieses oft vergiftete Gefühlserleben ist wirklich in seiner Härte ernst zu nehmen und braucht Unterstützung, um bearbeitet zu werden. Die Entscheidung trotz der seelischen Trennungs-Verletzung, für sich selbst und für das eigene Leben muss jetzt gefällt werden. Diese Entscheidung wird zu individuellen Zeitpunkten gefällt. Nehmen wir Verantwortung für unser Leben und für unsere Gefühle, können wir uns mit der seelischen Verletzung aussöhnen und die Lebenskrise bewältigen. Wir können herausfinden, wer wir sind, was wir können und was wir wirklich wollen.

4 Seite 4 von 6 Hierfür lohnt es sich eine Gesprächsgruppe mit Gleichgesinnten auf zu suchen, um über den Trennungsprozess reden zu können, mit Gefühlen umgehen zu lernen, verstanden zu werden, Mut, Trost und, Rückhalt zu bekommen und die Verletzungen zu verarbeiten und sich mit der eigenen Lebensgeschichte zu versöhnen. Auch erholsame Momente schaffen sind wichtig: wie Natur, Kultur, Freunde, Musik, Sauna, ein Haustier, Bewegung. Vierte Phase Neuorientierung Je mehr wir uns mit unsere eigenen Lebens-Ehe- Geschichte versöhnen, umso mehr können wir ein zufriedenes, authentisches, selbstbestimmtes zukünftiges Leben führen. Warum kann nun eine Partnerschaft zerbrechen? Eine Partnerschaft ist einzigartig und das Rezeptbuch für das Gelingen und nicht Gelingen gibt es meiner Meinung einfach nicht. Eine Partnerschaft ist einem ständigem Wandel unterworfen, weil wir Menschen uns stetig verändern. Wenn man Angst vor Veränderungen hat, oder nicht gelernt hat mit Wandlungskrisen umgehen zu können, besteht die Gefahr einander zu verlieren. Oft verläuft dieser Prozess schleichend.. Eine der Hauptgründe ist wohl: Das Vergessen der Paarebene: Durch den Ausbau der beruflichen Karriere traditionell durch den Mann, Frau bleibt zu Hause, stärkt dem Mann den Rücken, versorgt den Haushalt, die Kinder, evtl. ein Minijob. Oft wird dort ein Machtgefälle in der Partnerschaft deutlich. Frau hat ihre Vereine, ein soziales Umfeld, ihren eigenen Freundeskreis. Die Liebe und Nähe der Kinder. Die gemeinsamen Interessen driften auseinander, sie ist von ihm finanziell abhängig. Der Mann als Alleinversorger, kann sich heutzutage aber auch überfordert fühlen, die alleinige Verantwortung der Finanzen und des Unterhalts in seiner Familie zu haben. Selbstständigkeit, eigener Betrieb. Beide stecken ihre ganze Kraft in ihre eigene Firma. Das Private gibt es nicht mehr. Höchstens mal ein Kurzurlaub. Elternebene Beide kümmern sich um die Erziehung der Kinder. Alle Aktivitäten werden mit der ganzen Familie gemacht. Es bleibt keine Zeit für die Partnerschaft. Selbstverwirklichungsebene

5 Seite 5 von 6 Jeder der Partner möchte sich selbstverwirklichen. Alltagsaufgaben werden aufgeteilt. Es entsteht eine Art Wohngemeinschaft. Jeder verbringt die freie Zeit mit sich selbst, um sich selbst besser kennenzulernen. Für Gemeinsamkeiten bleibt keine Zeit. Veränderung des gemeinsamen Lebensentwurfs Außenbeziehungen körperliche, seelische Erkrankungen unbewusste Kindheitstraumen: Verlassenheit, seelische, körperliche, sexuelle Gewalterfahrung und Beziehungstraumata Arbeitslosigkeit, Geldsorgen Die häufigste Ursachen sind wohl die zwischenmenschlichen Kränkungen, Missverständnisse Vertrauensbrüche und Verletzungen bis hin zur seelischer, körperlicher, sexueller Gewalt in der Ehe und Partnerschaft: abwertende Kommentare, die das Selbstvertrauen zerstören, vollzogene Gewalt bis hin zur Vergewaltigung abzustreiten, so tun als sei nichts geschehen Nicht reden, den anderen zum Schweigen zwingen. Beschimpfungen, Vorwürfe, Schuldzuweisungen Finanzielle Unterversorgung Macht, Kontrolle, Manipulation, den anderen so zu erniedrigen und zu demütigen, dass er willenlos wird und sich selber aufgibt. manchmal, weiß man das einfach nicht, warum das Auseinanderleben geschah, vielleicht ist die gemeinsame Zeit einfach abgelaufen.und die Liebe verflogen. 10 Punkte zur Krisenbewältigung in Trennungsphasen: 1. Geduld und Mitgefühl erwerben und sich ausreichend Zeit nehmen > äußere Umstände ändern sich schnell, innere langsam 2. Zwischenlösungen einplanen z.b. bei einer Freundin wohnen 3. Sich Zeit für sich selber nehmen und mit Gefühlen und Trauer umgehen lernen 4. Menschen begegnen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und die sich gegenseitig unterstützen können 5. Trennungsphasen sind beunruhigend und stressig Erholungsphasen, Sauna, Kino, Bewegung einplanen. 6. Interesse und Forschertalent entwickeln: ob eine Veränderung freiwillig oder unfreiwillig erfolgt, in jedem Fall ist es sinnvoll sich gedanklich mit dem, was Gut war und mit dem was Schwierig war,

6 Seite 6 von 6 auseinander zu setzen. Herauszufinden, was lehrreich war und was man für sich nicht mehr in Partnerschaft erfahren möchte. 7. Das eigene Potential erforschen Vernachlässigte Talente und Fähigkeiten wieder aktivieren über eigene Interessen nachdenken 8. Neues Lernen Offenheit für Neues in Beziehung,und Berufliches-, 9. Es hilft Die Trennungsphasen wirklich anzunehmen, das entstandene Gefühlschaos als ein normales wenig beunruhigendes Symptom einer Lebenskrise zu empfinden 10. Es hilft auch Eine zeitlang professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um gestärkt und in Frieden aus der Trennungskrise hervorzukommen. Der Frieden gilt nur für einen selbst, um seinen Heilungsprozess voran zu treiben. Quellen: Eigene Erfahrungen aus der psychotherapeutischen Trennungs Gruppenarbeit Eigener Trennungsprozess und Verarbeitung Sautter Systemische Beratungskompetenz, Kapitel Paartherapie, Trennung, Krise ICD10-F 43.0 Symptomatik der akuten Belastungsreaktion Doris Wolf: Wenn der Partner geht Bärbel Wardetzki: Erste Hilfe für die Seele Pemna Chödron: Wenn alles zusammen bricht