Keine Alternative? So verhandeln Sie Ihre SGB XI- Vergütung individuell
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- Matthias Dresdner
- vor 8 Jahren
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1 Keine Alternative? So verhandeln Sie Ihre SGB XI- Vergütung individuell ALTENPFLEGE Management Kongress Hannover, Rechtsanwalt Henning Sauer Fachanwalt für Sozialrecht Fachanwalt für Arbeitsrecht Vergütungsverhandlungen - ja oder nein? Beginn der Überlegungen: Drei Monate vor Ablauf der laufenden Vergütungsvereinbarung Stehen Kostenerhöhungen (z. B. Lohnsteigerungen durch Tarif, Energiekosten) an? Gab es Leistungsveränderungen oder sind solche geplant? Gab es gesetzliche oder vertragliche Änderungen, die zu Kostenerhöhungen führen oder stehen solche an? Beobachtung der Marktsituation unter Beachtung der eigenen Auslastung Was ist Bestandskunden zumutbar? Pauschale Anhebung möglich und auskömmlich? Kann die eigene Kostenkalkulation offengelegt werden? (Leichen im Keller?) Vergütungsverhandlungen vorbereiten 1. Vertragsparteien der Vergütungsverhandlung bestimmen ( 89 Abs. 2 SGB XI): Träger des Pflegedienstes, die Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger, die Träger der Sozialhilfe, die für die durch den Pflegedienst versorgten Pflegebedürftigen zuständig sind, ggf. Arbeitsgemeinschaften der Pflegekassen und Sozialhilfeträger, nicht aber die Landesverbände der Pflegekassen ABER: Nur die Kostenträger oder Arbeitsgemeinschaft, auf die im Vorjahr der Vergütungsverhandlungen jeweils mehr als 5 % der vom Pflegedienst betreuten Pflegebedürftigen entfallen! 1
2 Vergütungsverhandlungen vorbereiten 2. Entwicklung einer Strategie: Formulierung eines Verhandlungsziels Welche Kostenpositionen können belegt werden? (Beachte: Prospektivität = Voraussichtlich entstehende Kosten, keine Phantasiewerte!) Wie lange liegt letzte Vereinbarung zurück? Wie hat sich Lohnkostenentwicklung (Tarif) und Inflation in der Zwischenzeit ausgewirkt? Welche Besonderheiten kann die Einrichtung vorweisen? Welche Abschlüsse haben andere Einrichtungen im Landkreis aktuell erzielen können? Aufbau einer Drohkulisse (Verhandlungsmasse!) Erstellung einer Kalkulation 1. Kostenermittlung a) Personalkosten b) Verwaltungskosten c) Sachkosten = Gesamtkosten des Pflegedienstes : Vollzeitstellen = Gesamtkosten pro Vollzeitstelle 2. Ermittlung der Arbeitszeit, in der diese Kosten erwirtschaftet werden müssen a) Bruttoarbeitszeit b) abzüglich unproduktive Zeiten = Nettoarbeitszeit Keine Angst vor der Schiedsstelle Schiedsstelle kann angerufen werden, wenn innerhalb von sechs Wochen nach Verhandlungsaufforderung keine Vereinbarung zustande kommt ( 85 Abs. 5 SGB XI) Darlegung, über welche Positionen Einigkeit erzielt werden konnte und welche strittig geblieben sind Schiedsstelle setzt Vergütung zwischen letztem Angebot der Kostenträger und letzter Forderung der Einrichtung fest Verhandlungsprotokoll von erheblicher Bedeutung, unbedingt juristisch prüfen! Begründung des eigenen Antrags auf Basis des BSG-Modells Schiedsstelle entscheidet rückwirkend zum Zeitpunkt des Antragseingangs 2
3 Vergütungsverhandlung SGB XI Grundsatz: Nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG- Urteile v , Az.: B 3 P 8/07 R und v , Az.: B 3 P 3/08 R) hat die Ermittlung des leistungsgerechten Entgelts wie im stationären Bereich in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen, bei dem der externe Vergleich nur noch eine Nebenrolle spielt: 1. Stufe: Plausibilitätsprüfung 2. Stufe: externer Vergleich 3. Stufe: Wertung von Besonderheiten der Einrichtung 1. Stufe: Plausibilität Grundlage der Verhandlungen über die Entgelte ist zunächst die Abschätzung der voraussichtlichen Kosten der vom Pflegedienst zu erbringenden Leistungen nach 89 SGB XI (Prognose). Die voraussichtlichen Gestehungskosten müssen plausibel und nachvollziehbar sein, also die Kostenstruktur des Pflegedienstes erkennen und eine Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit im Einzelfall zulassen. Die Schiedsstelle hat eine umfassende Aufklärungspflicht und darf Aufklärungsermittlungen auf beiden Seiten durchführen. Sie soll Auflagen zur Sachverhaltsaufklärung möglichst schon mit der Ladung zum Schiedstermin verbinden. 1. Stufe: Plausibilität Mit der Plausibilitätsprüfung soll die Nachvollziehbarkeit der Unterlagen geprüft werden, keine Tiefen- oder Einzelfallprüfung zur Wirtschaftlichkeit. Ausgangspunkt: vorherige Vereinbarung Kostenkalkulation ist hinreichend zu belegen und nachvollziehbar zu machen Abweichungen zu Kostenansätzen der Vorjahre müssen plausibel erklärt werden - normale Kostensteigerungen sind plausibel (z. B. normale Lohnsteigerungen) Kostenträger haben die Plausibilität und Schlüssigkeit der Kalkulation zu prüfen und ggf. mit Argumenten zu erschüttern 3
4 2. Stufe: Externer Vergleich Bei plausiblem Kostenansatz erfolgt ein externer Vergleich mit den Pflegesätzen vergleichbarer Einrichtungen im Einzugsbereich (Regelungen im Versorgungsvertrag - Landkreis bzw. kreisfreie Stadt) In den Vergleich sind grundsätzlich alle Pflegeeinrichtungen im Einzugsbereich aufzunehmen Drittelbildung der Vergütungen nach den Vorgaben des BSG (Ein Drittel der Differenz zwischen billigster und teuerster Einrichtung) Bei unterschiedlicher Vergütungssystematik (Komplex, Zeit, Einzelleistung) fehlt Vergleichbarkeit 3. Stufe: Wirtschaftliche Angemessenheit Externer Vergleich ist keine Höchstgrenze Liegt die Kalkulation nicht im unteren Drittel, ist die wirtschaftliche Angemessenheit zu prüfen Pflegedienst muss Gründe für höhere Forderung aufzeigen, z.b. Besonderheiten im Versorgungsauftrag Standort und Größe, wenn hierdurch wirtschaftliche Nachteile gegenüber Lage oder Zuschnitt anderer Anbieter vorliegen und ohne den teuren Pflegedienst Versorgungslücke bestünde Einhaltung der Tarifbindung ist immer als wirtschaftlich angemessen zu werten - Abschlag von einer Tarifsteigerung kann nur vorgenommen werden, wenn die bisherigen Personalkosten bereits über den Tariflöhnen lagen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v , Az.: L 4 P 4532/08 KL) Weitere Aussagen des BSG zur Tarifbindung (Urteil v , Az.: B 3 KR 1/10 R und Urteil v , Az.: B 3 P 2/12 R) Grundsatz: Die Wahrung der Tarifbindung durch den Träger der Einrichtung steht der Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung nicht entgegen. Sinn dieses Grundsatzes: Den in der Pflege tätigen Arbeitnehmern soll ein ihren Leistungen und ihrem Einsatz für kranke und behinderte Mitmenschen angemessenes Entgelt gewährt werden. Ein Preiskampf, der sich dem gesetzlichen Mindestlohn annähert, soll verhindert werden. Der Anreiz, Tarifverträge zu verlassen und Leistungen auszulagern oder ähnliche kostensenkende aber die Stammbelegschaft benachteiligende Maßnahmen zu ergreifen, soll verringert werden. 4
5 Die Schiedsstellen zur Frage der Angemessenheit der Tarifbindung Die Entscheidung eines Einrichtungsträgers, in einen Tarifvertrag zu wechseln, kann nicht als unwirtschaftlich behandelt werden (Schiedsstelle BW, Beschluss v ). Tariflöhne sind stets als wirtschaftlich angemessen anzuerkennen, auch wenn das Tarifniveau im Vergleich zu anderen Tarifverträgen hoch ist (Schiedsstelle Hessen, Beschluss v ). Die AVR Diakonie stehen im Sinne der Angemessenheitsprüfung Tarifverträgen gleich. Eine kirchliche Einrichtung kann sich der Anwendung der AVR nicht entziehen, will sie sich nicht dem öffentlichkeitsschädlichen Vorwurf des Lohndumpings aussetzen (Schiedsstelle Sachsen, Beschluss v ). Klage gegen Schiedsspruch Keine volle, sondern nur eingeschränkte gerichtliche Kontrolle der Entscheidung BSG: Den Gerichten steht bei Überprüfung von Schiedsstellenentscheidungen nur ein eingeschränkter Prüfungsrahmen zu, weil die Schiedsstelle aufgrund ihrer paritätischen Zusammensetzung, des Mehrheitsprinzips und ihrer fachlichen Weisungsfreiheit vom Gesetzgeber dazu in die Lage versetzt wird, Entscheidungen auf der Grundlage einer sachnahen vermittelnden Zusammenführung verschiedener Interessen zu finden. Gerichte prüfen nicht, ob Schiedsspruch inhaltlich richtig ist! Vergütungsverhandlung SGB XI Gerichte prüfen nur, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt ist, der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten und zwingendes Gesetzesrecht beachtet worden ist, wozu eine hinreichende Begründung erforderlich ist Sozialgericht kann Schiedsspruch nicht ändern, nur insgesamt aufheben oder bestätigen Schiedsstelle muss ggf. unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe des Gerichts einen neuen Schiedsspruch erlassen, soweit sich die Vertragsparteien nicht selbst einigen sollten 5
6 Zusammenfassung Jeder Pflegedienst muss eine individuelle Kalkulation erstellen eine gute Datengrundlage ist entscheidend! Pauschale Anhebung möglich oder Einzelverhandlung notwendig? Vertragsparteien ermitteln (5%-Hürde)! Ziele klar definieren und mit Verhandlungsmasse, aber nicht mit Mondpreisen kalkulieren! Keine Panik, keine vorschnellen Vereinbarungen! Keine Angst vor der Schiedsstelle! Für Rückfragen: Iffland Wischnewski Rechtsanwälte RA Henning Sauer Pfungstädter Str. 100 A Darmstadt Tel: / Fax: / info@iffland-wischnewski.de 6
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