6.6. Röntgenstrahlung (eintägig, Durchführung für den Studiengang Biological Sciences)
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- Johannes Arnold
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1 6.6 Röntgenstrahlung (eintägig, Durchführung für den Studiengang Biological Sciences) Röntgenstrahlung (eintägig, Durchführung für den Studiengang Biological Sciences) X-rayswillprovetobeahoax. Lord Kelvin 1 SICHERHEITSHINWEISE: Ziel Da der Umgang mit Röntgenstrahlen potentiell gesundheitsschädlich ist, unterliegt er der Röntgenverordnung. Bei der Durchführung dieses Versuches sind die Anforderungen dieser Verordnung strikt einzuhalten. Bitte informieren Sie sich vor Versuchsbeginn entsprechend. Vor Versuchsbeginn ist das Röntgengerät auf sichtbare Schäden insbesondere an der Abschirmung (Fenster,...) und am Sicherheitsschalter zu überprüfen. Eine beschädigte Anordung darf nicht in Betrieb genommen werden. Bei während dem Versuch auftretenden Beschädigungen ist der Versuch sofort abzubrechen und der Praktikumsleiter zu informieren. Ziel des Versuches ist es, die Vorgänge bei Erzeugung und Nachweis von Röntgenstrahlung zu verstehen, sowie sich mit der Beugung an Kristallgittern vertraut zu machen (Bragg-Reflexion), die zur spektroskopischen Untersuchung von Röntgenstrahlung genutzt wird. Hinweise zur Vorbereitung Die Antworten auf diese Fragen sollten Sie vor der Versuchdurchführung wissen. Sie sind die Grundlage für das Gespräch mit Ihrer Tutorin/Ihrem Tutor vor dem Versuch. Informationen zu diesen Themen erhalten Sie in der unten angegebenen Literatur. Wie erzeugt man hochenergetische Partikelstrahlen (Elektronen, Ionen und Photonen)? Welche Effekte beobachtet man, wenn diese hochenergetischen Partikelstrahlen auf einen Block Materie treffen? Grobe Einteilung der Beobachtung. Welche Effekte werden im Speziellen durch hochenergetische Photonen ausgelöst? 1 Zitat entnommen aus [JP01].
2 Versuche zur Atom- und Quantenphysik Wenn man diese Beobachtungen zusammenfügt, wie sieht dann prinzipiell das Lichtspektrum einer Röntgen- Lampe aus? Welchen der betrachteten Effekte sind zur Detektion von hochenergetischen Photonen oder anderen Partikelstrahlen verwendbar? Wie kann durch Bragg-Reflexion Röntgen-Strahlung verschiedener Wellenlängen aufgetrennt werden? Wie funktioniert das Geiger-Müller-Zählrohr? Kann die Aussage eines russischen Piloten stimmen, der im Jahr 1986 kurz nach dem GAU über den Reaktor von Tschernobyl flog: Mein Messgerät hat keine Strahlung angezeigt! Welches Messgerät hatte er vermutlich verwendet, wenn man davon ausgeht, dass es davor und danach noch funktionierte? Auf welche andere Weise kann man noch die Photonen-Energien im Röntgenstrahl messen? Zubehör Röntgengerät 2 bestehend aus folgenden Komponenten: Röntgenröhre mit Molybdän-Anode Goniometer mit über Schrittmotoren getrennt einstellbaren Winkeln für Target und Detektor Bragg-Kristall: NaCl, Oberfläche (100), Netzebenenabstand d = pm Geiger-Müller-Zählrohr PC mit Software X-Ray zur Datenaufnahme Grundlagen Bremsstrahlung 3 Wird eine elektrische Ladung beschleunigt, so sendet sie dabei elektromagnetische Strahlung aus. Die Wellenlänge hängt dabei von der Beschleunigung ab. In einer Röntgenröhre werden die Elektronen zunächst im elektrischen Feld zwischen der Kathode und der Anode auf hohe Geschwindigkeit gebracht und dann beim Auftreffen auf die Anode sehr plötzlich abgebremst. Dabei emittieren sie energiereiche durchdringende Strahlung, wie 2 Entweder Leybold Didactic Nr oder LD Didactic Nr Die Geräte sind von Aufbau und Bedienung her sehr ähnlich. 3 Auch in der englischsprachigen Literatur wird der Ausdruck bremsstrahlung verwendet.
3 6.6 Röntgenstrahlung (eintägig, Durchführung für den Studiengang Biological Sciences) 639 schon Wilhelm Conrad Röntgen am 8. November1895 bei Experimenten mit einer Gasentladungsröhre entdeckte. 4 Der Wirkungsgrad einer Röntgenröhre ist näherungsweise gegeben durch mit η Z U 10 9 V Z = Ordnungszahl des Anodenmaterials, U = Beschleunigungsspannung. (6.6.1) Der größte Teil der kinetischen Energie der Elektronen wird also nicht in Röntgenstrahlung umgewandelt, sondern in strahlungslosen Prozessen umgesetzt. Das duane-huntsche Gesetz Die Abhängigkeit der Grenzwellenlänge der Röntgenbremsstrahlung von der Beschleunigungsspannung wurde bereits im Jahr 1915 von W. Duane und L. Hunt erkannt. Ein Röntgenphoton kann maximal die gesamte kinetische Energie eines Elektrons bekommen, daher gilt: U e = h ν 0 = h c (6.6.2) λ 0 = λ 0 = h c (6.6.3) U e mit Charakteristische Strahlung U = Beschleunigungsspannung, e = Elementarladung, h = plancksches Wirkungsquantum, c = Lichtgeschwindigkeit, ν 0 = Grenzfrequenz (=höchste Frequenz), λ 0 = Grenzwellenlänge (=kleinste Wellenlänge). Außer der Bremsstrahlung findet man bei bestimmten vom Anodenmaterial abhängigen Wellenlängen noch besonders intensive Strahlung, die sog. charakteristische Strahlung. Wie wir heute wissen entsteht diese, wenn Elektronen aus den innersten Elektronenschalen eines schweren Elementes herausgeschlagen werden und die entstandene Lücke durch 4 Röntgen selbst bezeichnete seine Entdeckung als X-Strahlen und auch heute noch ist das die weltweit üblichste Bezeichnung (z. B. engl. X-rays). Interessanterweise ist kaum etwas über die näheren Umstände der Entdeckung und gar nichts über das Ziel der durchgeführten Experimente bekannt. Röntgen hat sich darüber ausgeschwiegen. Weitere historische Details sind in [Hüb03] nachzulesen.
4 Versuche zur Atom- und Quantenphysik Elektronen aus den höherliegenden Schalen wieder aufgefüllt wird. Bei diesem Vorgang kann die freiwerdende Bindungsenergie in Form eines Röntgenphotons abgestrahlt werden. Es sind allerdings auch andere Prozesse möglich, so dass die Ausbeute insgesamt recht gering ist. Abbildung zeigt beispielhaft ein charakteristisches Linienspektrum für eine Molybdän-Anode. Das kontinuierliche Bremsspektrum ist als Grundlinie sichtbar. Abbildung : Typisches Röntgenspektrum einer Mo-Anode mit charakteristischen Linien auf dem Bremskontinuum. Die Intensitätsachse wurde logarithmisch skaliert, um auch bei größeren Winkeln den Verlauf noch deutlich sehenzukönnen. Man erkennt die K α - und K β -Linie von der ersten bis zur fünften Ordnung. Die Tatsache, dass das Bremskontinuum leicht wellig erscheint, liegt daran, dass sich hier die verschiedenen Beugungsordnungen überlagern. Das moseleysche Gesetz Die Abhängigkeit der Energie der charakteristischen Röntgenstrahlung von der Ordnungszahl des Anodenmaterials kann in einer einfachen Formel ausgedrückt werden, die eine Verallgemeinerung der Rydbergformel für die Wasserstoffspektrallinien darstellt und als moseleysches Gesetz bekannt ist: ( 1 E = R h c (Z a) 2 m 1 ) (6.6.4) 2 n 2
5 6.6 Röntgenstrahlung (eintägig, Durchführung für den Studiengang Biological Sciences) 641 mit R = Rydbergkonstante = (73) m 1, h = plancksches Wirkungsquantum, c = Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, Z = Ordnungszahl des Anodenmaterials, a = Abschirmzahl. 5 Dieses Gesetz hat eine gewisse Bedeutung dadurch erlangt, dass bei seiner Entdeckung manche Elemente des Periodensystems noch gar nicht bekannt waren. Die Lücken im Moseley-Diagramm zeigten, dass es eventuell noch weitere Elemente geben könnte und man hatte auch gleich eine passende Messmethode zur Hand, um das Vorhandensein dieser Elemente in einer Probe nachzuweisen. Auf diese Weise wurde u. a. das Element Hafnium entdeckt. Bragg-Reflexion In einem Kristall sind die Atome regelmäßig angeordnet. Wird nun Röntgenstrahlung an diesen Atomen elastisch 6 gestreut, so überlagern sich die gestreuten Wellenzüge kohärent und es gibt je nach Wellenlänge, Netzebenenabstand des Kristalls und Beobachtungswinkel entweder konstruktive oder destruktive Interferenz. Kontruktive Interferenz, also ein Intensitätsmaximum, ergibt sich immer dann, wenn alle gestreuten Wellen einen gegenseitigen Gangunterschied von ganzzahligen Vielfachen der Wellenlänge haben. Dies ist genau dann der Fall, wenn die sog. Bragg-Bedingung erfüllt ist. Sie lautet: mit 2d sin ϑ = n λ (6.6.5) d = Netzebenenabstand, ϑ = Winkel zur Oberfläche, 7 n = ganze Zahl, λ = Wellenlänge. 5 Die Abschirmzahl gibt an, wie stark die Ladung des Kerns für ein Elektron auf einem bestimmten Niveau durch die anderen Elektronen abgeschirmt wird. Sie beträgt z. B. 1 für die K-Linien und fast 8für die L-Linien. 6 Elastische Streuung wird auch als Rayleighstreuung bezeichnet. Die Wellenlänge ändert sich dabei nicht. Es gibt außerdem auch den Vorgang der Comptonstreuung, bei dem die Röntgenphotonen Energie an die Elektronen abgeben, wodurch sich die Wellenlänge vergrößert. Dieser Effekt wird hier nicht näher betrachtet.
6 Versuche zur Atom- und Quantenphysik Um Missverständnissen vorzubeugen: Bei der Bragg-Reflexion handelt es sich nicht um eine besonders starke Reflexion. Der Anteil der reflektierten Strahlung ist immer noch gering, so dass der größte Teil der Strahlung den Kristall geradlinig durchläuft. Das Wichtige ist aber, dass bei der Reflexion jede Wellenlänge überhaupt nur unter bestimmten Winkeln reflektiert wird, so dass die Möglichkeit besteht, das Spektrum der Strahlung zu untersuchen. 8 Halbwinkelführung Auch bei der Bragg-Reflexion an einem Kristall gilt das Reflexionsgesetz in der Form Einfallswinkel=Ausfallswinkel. Daher kann das Geiger-Müller-Zählrohr nur dann Strahlung empfangen, wenn es geeignet positioniert wird. Bei der verwendeten Versuchsanordnung werden die Schrittmotoren für das Zählrohr und den Bragg-Kristall automatisch so angesteuert, dass der Drehwinkel des Zählrohrs doppelt so groß ist wie der Drehwinkel des Kristalls. Das lambert-beersche Gesetz Für monoenergetische Photonenstrahlung nimmt die transmittierte Intensität I(x) exponentiell mit der durchstrahlten Schichtdicke x ab: mit I(x) =I 0 e μ x (6.6.6) I 0 = Anfangsintensität bei x =0, μ = material- und energieabhängiger Schwächungskoeffizient. Man bezeichnet diesen Zusammenhang als lambert-beersches Gesetz. Man kann für diesen Fall eine sog. Halbwertsschichtdicke angeben, nach deren Durchlaufen die Intensität auf die Hälfte abgefallen ist. 7 Im Bereich der Röntgenstrahlung versteht man unter dem Einfallswinkel üblicherweise den Winkel zur Oberfläche, während man in der Optik unter dem selben Begriff den Winkel zur Oberflächennormalen versteht. Das ist historisch begründet und in gewisser Weise verwirrend, aber doch auch verständlich. Röntgenstrahlen lässt man nämlich sehr häufig fast streifend auf eine Oberfläche auftreffen (sog. Kleinwinkelstreuung ). Dabei wäre es schlichtweg unpraktisch, Winkel wie z. B anzugeben. Der Wert ( ) ist da viel besser handhabbar. 8 Bei einem Spiegel im optischen Bereich ist man normalerweise gewohnt, dass er möglichst alle Wellenlängen gleichermaßen unter allen Winkeln reflektiert. Es gibt aber auch im Spektralbereich des sichtbaren Lichts ähnliche Effekte. Sie kennen dies vermutlich von den sog. Regenbogenhologrammen, die als Schutz vor Fälschungen z. B. in EC-Karten integriert sind. Wenn man den Betrachtungswinkel ändert, so ändert sich deren Farbeindruck, weil andere Wellenlängen reflektiert werden.
7 6.6 Röntgenstrahlung (eintägig, Durchführung für den Studiengang Biological Sciences) 643 Mechanismen der Schwächung von Photonenstrahlung Die Schwächung von Photonenstrahlung zu der auch die Röntgenstrahlung gehört in Materie erfolgt durch eine Reihe unterschiedlicher Prozesse, die je nach Photonenenergie zu unterschiedlichen Anteilen beitragen: 1. Rayleighstreuung Durch elastische Streuung wird die Strahlung zwar nicht im eigentlichen Sinne geschwächt, allerdings wird gerichtete Strahlung quasi in alle Richtungen verteilt, so dass zumindest die sich in gerader Linie weiter ausbreitende Strahlung geschwächt wird. Dieser Effekt tritt auch bei sehr niedrigen Energien auf. Ein typisches Beispiel ist die Streuung von Licht im Nebel. Das Licht eines Autoscheinwerfers wird durch vielfache Streuung an den kleinen Nebeltröpfchen von der geraden Bahn abgelenkt, so dass man aus dem Auto heraus nur noch eine helle weiße Wand sieht, aber schon auf kurze Entfernungen keine Konturen der Umgebung mehr zu erkennen sind. 2. Photoeffekt Der Photoeffekt ist für Energien bis 50 kev der dominierende Prozess. Dabei verliert das Photon seine gesamte Energie 9 in einem Ionisationsprozess, bei dem ein Elektron den Großteil der Energie aufnimmt und diese dann auf seinem Weg in weiteren Ionisationsprozessen nach und nach wieder abgibt. 3. Comptonstreuung Bei Energien > 100 kev tritt vermehrt inelastische Streuung auf, bei der das Photon nur einen Teil seiner Energie und seines Impulses auf ein Elektron überträgt, das dadurch vom Atom gelöst wird. Das Photon verliert dabei nicht nur Energie, sondern ändert auch seine Ausbreitungsrichtung. 4. Paarbildung Bei Energien ab 1.03 MeV können die Photonen bis ins Kernfeld vordringen und dort ihre Energie gemäß der Einsteinformel E = mc 2 in Ruhemasse umwandeln. Es entsteht dabei ein Elektron und ein Positron. Diese Umwandlung gelingt nur in Gegenwart eines Atomkerns oder anderen schweren Körpers, da neben dem Energieerhaltungssatz auch der Impulserhaltungssatz erfüllt sein muss. Das geht nur, wenn ein Stoßpartner mit relativ hoher Masse vorhanden ist, der viel Impuls mit wenig Energie aufnehmen kann. 5. Kernreaktionen Für Photonenenergien > 10 MeV kann schließlich eine Wechselwirkung mit den Nukleonen (Bausteinen des Atomkerns) stattfinden, bei der diese mehr als ein bisschen angeschubst werden. Diese Prozesse führen i. d. R. zur Erzeugung radioaktiver Atome. 9 Mit anderen Worten: das Photon wird absorbiert.
8 Versuche zur Atom- und Quantenphysik Diese Betrachtung zeigt, dass das lambert-beersche Gesetz für hohe Photonenenergien nureineerstenäherung sein kann, denn durch die verschiedenen Prozesse wird ja auch die Energie und sogar die Art der Strahlung verändert, so dass andere Schwächungskoeffizienten ins Spiel kommen. Es kann also vorkommen, dass die 1. Halbwertsschichtdicke für eine bestimmte Strahlung dünner ist als die 2. Halbwertsschichtdicke mit der die so veränderte Strahlung noch einmal um den Faktor zwei geschwächt werden kann. Man beobachtet in diesem Fall also eine Abweichung vom exponentiellen Verlauf. 10 Bei den im Praktikumsversuch vorkommenden Photonenenergien ist der Photoeffekt der bei weitem wichtigste Schwächungsmechanismus, so dass für jede Wellenlänge jeweils mit einem konstanten Schwächungskoeffizienten gerechnet werden kann. Absorptionskanten Bei der Absorption von Röntgenphotonen durch ein Atom können durch die hohe Energie der Photonen auch bei schwereren Elementen Elektronen aus inneren Schalen, z. B. der K-Schale, angeregt werden. Auf Grund des Pauliprinzips kommt nur eine Anregung in ein freies Niveau (oft als optisches Niveau bezeichnet) oder die Ionisation, d. h. eine Anregung ins Kontinuum, in Frage. Eine Anregung durch ein Photon der charakteristischen Strahlung des jeweiligen Elementes ist nicht möglich, weil die dabei erreichbaren Zustände alle besetzt sind. Man beobachtet daher keine Absorptionslinien, die den fraunhoferschen Linien im sichtbaren Sonnenspektrum vergleichbar wären. Stattdessen tritt beim Überschreiten der zur Ionisation eines bestimmten Niveaus nötigen Energie jeweils eine sog. Absorptionskante auf. Kürzere Wellenlängen können absorbiert werden, längere nicht. Faustregel Die Absorption ist umso stärker, je höher die Dichte ϱ und die Ordnungszahl Z eines Materials sind. Versuchsdurchführung Hinweise: Die Röntgenanlage darf aus Sicherheitsgründen nur von Ihrer Betreuerin/Ihrem Betreuer in Betrieb genommen werden! Verwenden Sie die Anlage ausschließlich bestimmungsgemäß. Achten Sie darauf, dass die Bleiglasschiebetüren während der Messung unbedingt geschlossen sein müssen. Speichern Sie alle Messungen und übertragen Sie die Dateien nach dem Versuch entweder auf einen USB-Stick, oder senden Sie sich die Dateien per zu. Das 10 Das ist kein Widerspruch zum lambert-beerschen Gesetz, da dieses ja nur für monoenergetische Strahlung gilt. Wenn sich die Energie ändert, muss das entsprechend berücksichtigt werden.
9 6.6 Röntgenstrahlung (eintägig, Durchführung für den Studiengang Biological Sciences) 645 zur Messung eingesetzte Programm können Sie kostenlos aus dem Internet herunterladen und zur Auswertung der Daten verwenden. Messung: 1. Nehmen Sie bei einem Emissionsstrom von 1.00 ma zwei Spektren mit unterschiedlicher Beschleunigungsspannung (z. B. 25 kv, 30 kv) auf. 2. Nehmen Sie mit der maximalen Beschleunigungsspannung von 35 kv drei Spektren mit unterschiedlichem Emissionsstrom (z. B ma, 0.5mA, 1.00 ma) auf. 3. Messen Sie die Transmissionsspektren verschiedener Metallfolien, indem Sie bei einer Beschleunigungsspannung von 35 kv und einem Emissionsstrom von 1.00 ma jeweils die Zählraten mit der Folie im Strahlengang aufnehmen und diese später bei der Auswertung mit der Zählrate ohne Folie vergleichen. Auswertung 1. Bestimmen Sie aus dem N(β)-Diagramm und durch anschließende Umrechnung der Winkel in Wellenlängen mit Hilfe der braggschen Gleichung (6.6.5) a) die Position λ max des Maximums des Bremskontinumns, b) die Positionen λ Kα und λ Kβ der charakteristischen Linien, sowie c) die kurzwellige Grenze λ 0 des Bremskontinuums. 2. Berechnen Sie aus λ 0 und der Betriebsspannung der Röntgenröhre das plancksche Wirkungsquantum h. 3. Berechnen Sie aus h, λ Kα und λ Kβ die Energie der charakteristischen Linien. 4. Zeichnen Sie je ein Transmissionsspektrum für alle von Ihnen untersuchten Absorbermaterialien. Hinweise: Zur Berechnung eines Transmissionsspektrums teilen Sie Punkt für Punkt das Spektrum mit Absorber durch das Spektrum ohne Absorber und tragen dieses Verhältnis über dem Braggwinkel bzw. der Wellenlänge auf. Wählen Sie eine logarithmische Skalierung für das Zählratenverhältnis. Fragen und Aufgaben 1. Warum verwendet man zum Schutz vor Röntgenstrahlung Bleiwesten? Warum wäre eine Leichtmetallausführung z. B. aus Aluminium nicht praktikabel? 2. Bei Röntgenaufnahmen im medizinischen Bereich werden üblicherweise zwischen der Röntgenröhre und dem Patienten Metallbleche mit einer Dicke von mehreren Millimetern angebracht. Was bewirken diese Bleche? Wie verändert sich das Spektrum? Warum ist das erwünscht?
10 Versuche zur Atom- und Quantenphysik Ergänzende Informationen Röntgenröhren mit drei Elektroden Vorwiegend in älteren Büchern findet man Darstellungen von Röntgenröhren mit drei statt zwei Elektroden. Solche Röhren wurden eine Zeit lang vor allem in Deutschland tatsächlich hergestellt. Die Bedeutung der dritten Elektrode lag vermutlich im Herstellungsprozess der Röhren. Sie wurde wohl während des Abpumpens verwendet, um die Hauptelektroden zu schonen. In [Hüb03] finden Sie ein paar mehr Details zu diesem Thema. Natürliche Röntgenquellen Röntgenstrahlung ist in der Natur durchaus nicht unüblich. Jeder Stern, z. B. auch unsere Sonne strahlt auch im Röntgenbereich. Außerdem entsteht Röntgenstrahlung beim Auftreffen ausreichend hochenergetischer radioaktiver Strahlung auf Materie. Röntgenaufnahmen der Sonne finden Sie z. B. im Internet unter: oder Röntgenstrahlen in der Medizin Die Einsatzmöglichkeiten von Röntgenstrahlen in der Medizin sind vielfältig. Die erste Aufnahme eines menschlichen Körperteils war vermutlich eine Aufnahme von Röntgens Hand aus dem Jahr Diese wurde allerdings nie veröffentlicht. Die erste veröffentlichte Aufnahme stammt ebenfalls aus dem Jahr 1895 und zeigt die Hand von Röntgens Frau. In Abbildung ist diese Aufnahme zusammen mit einer modernen Aufnahme einer Hand dargestellt. Die Zunahme von Röntgenuntersuchungen, insbesondere der Computertomographien 11, trägt leider auch wesentlich zur zivilisatorisch bedingten Strahlenbelastung des Menschen bei. Bei der praktischen Anwendung von Röntgenstrahlung in der Medizin ist es daher wichtig, die Strahlenbelastung des Patienten möglichst niedrig zu halten und gleichzeitig Durchdringungsvermögen und Kontrast zu maximieren. Der Einsatz von Filtern kann hier sehr vorteilhaft sein. Als Filter dienen meist mehrere Millimeter dicke Metallbleche. Diese absorbieren den größten Teil der langwelligen Strahlung, haben aber vergleichsweise wenig Einfluss auf die kurzwellige Strahlung. Das Spektrum wird also gezielt verändert, man sagt auch, die Strahlung werde gehärtet. 11 Bei einer Computertomographie (CT) werden in kurzer Folge sehr viele Röntgenaufnahmen aus verschiedenen Richtungen gemacht, um ein dreidimensionales Bild zu rekonstruieren. Dieses Verfahren sollte nicht mit der Magnetresonanztomographie (MRI, früher auch Kernspintomographie genannt) verwechselt werden, bei der statt Röntgenstrahlen Magnetfelder und Radiowellen zum Einsatz kommen.
11 6.6 Röntgenstrahlung (eintägig, Durchführung für den Studiengang Biological Sciences) 647 Abbildung : Links ist die erste veröffentlichte Röntgenaufnahme eines menschlichen Körperteils abgebildet. Es handelt sich um die Hand von Röntgens Frau Anna, aufgenommen Ende des Jahres Rechts daneben zum Vergleich eine mit moderner Technik angefertigte Aufnahme aus dem Jahr Um die hohe Qualität der Aufnahme zu zeigen, ist rechts noch eine Ausschnittvergrößerung des Zeigefingers eingefügt. Schwächung von Strahlung aus geladenen Teilchen Andere Arten ionisierender Strahlung wie z. B. Elektronen- und Positronenstrahlen (β + und β )oderheliumkerne(α-strahlen) verlieren ihre Energie nach anderen Gesetzmäßigkeiten. Die geladenen Teilchen können viel effizienter Atome ionisieren. Bei jedem Ionisationsvorgang verlieren sie Energie und haben dadurch eine begrenzte Reichweite. Da der Wirkungsquerschnitt für Ionisation auch von der Teilchenenergie abhängt, ist die Reichweite allerdings nicht direkt proportional zur Energie. Man kann diesen Effekt nutzen, um Teilchen in einer relativ definierten Tiefe einer Probe zu stoppen, sei es zu wissenschaftlichen Zwecken oder zur Tumorbehandlung in der Medizin. Literaturhinweise Standardlehrbücher, z. B. [Mes02], zum kontinuierlichen Spektrum (λ max = 3 2 λ grenz): [HW87] S , [Hel74], [Gob80] S. 167, zum charakteristischen Spektrum: [HW87] S. 315 ff., [Hel74], [Gob80] S , historische Informationen: [Hüb03], für den Studiengang Physik auch ausführlichere Beschreibungen in [Mar73].
12 Versuche zur Atom- und Quantenphysik Literaturverzeichnis [Gob80] Gobrecht, Heinrich (Herausgeber): Bergmann-Schaefer Lehrbuch der Experimentalphysik, Band IV: Aufbau der Materie. Walter de Gruyter, Berlin, 2. Auflage, [Hel74] Hellwege, Karl Heinz: Einführung in die Physik der Atome. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, 4. Auflage, [Hüb03] Hübner, Klaus: Eine Original-Versuchsanordnung von Röntgen für das Deutsche Museum: Erzeugung, Absorption und ionisierende Wirkung der Röntgenstrahlen. Deutsches Museum; Diepholz: Verlag für Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik, Berlin München, [HW87] Haken, Hermann und Hans Christoph Wolf: Atom- und Quantenphysik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, 3. Auflage, [JP01] Jargodzki, Christopher and Franklin Potter: Mad about Physics: Braintwisters, Paradoxes, and Curiosities. John Wiley & Sons, Inc., New York, 1. edition, [Mar73] Marmier, P.: Kernphysik I Vorlesung von Prof. Dr. P. Marmier. Verlag der Fachvereine an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, Zürich, 7. Auflage, ausgearbeitet von Eric Sheldon und Roland Szostak. [Mes02] Meschede, Dieter: Gerthsen - Physik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, 21. Auflage, 2002.
Die Abbildung zeigt eine handelsübliche Röntgenröhre
Die Röntgenstrahlung Historische Fakten: 1895 entdeckte Röntgen beim Experimentieren mit einer Gasentladungsröhre, dass fluoreszierende Kristalle außerhalb der Röhre zum Leuchten angeregt wurden, obwohl
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